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Schlagwort: Wolfgang Funkel

Hitzig auf dem Betze mit Co-Kommentator Franz Beckenbauer

Eine der vielen, man ist glatt geneigt, dieses Wort noch einmal zu wiederholen, vielen Rollen, die Franz Beckenbauer im deutschen Fußball ausfüllte, war jene des Co-Kommentators. Wie es der Zufall so will, lief einem just in diesen Tagen die Aufzeichnung eines kompletten Bundesligaspiels (mit Vorberichterstattung und sogar mit Werbespots) von 1992 über den Weg, das der Kanal Betze Retro zur Verfügung stellt. Darin gibt der „Kaiser“ eben jenen Co-Kommentator, allerdings nicht wie manchmal üblich, nur dann, wenn er gefragt wird. Es entwickelt sich über die Spieldauer ein ständiger Austausch und Beckenbauer brilliert in dieser Rolle, die er fortan eigentlich ständig ausfüllen würde. Also nicht jene des Co-Kommentators, sondern des den Fußball verbal begleitenden, sanft dahin schwadronierenden Grandseigneurs, der er 1992 allerdings eigentlich noch gar nicht war, schließlich war da sein WM-Titel noch keine zwei Jahre her und er übernahm danach noch zweimal den FC Bayern als Interimstrainer.

Anders als an dem eigentlichen Ort für solche Videos, „In voller Länge“, wo die Partie ebenfalls zu finden ist, wird an dieser Stelle darauf verzichtet, das Ergebnis des Spiels zu nennen. So kann man möglicherweise tatsächlich eine komplette alte Bundesliga-Partie nacherleben, in der versprochenermaßen ziemlich viel Pfeffer ist, und bei der man noch nicht weiß, wie sie ausgeht. Ein Fingerzeig für das viele Pfeffer könnte sein, dass der Trainer des FC Bayern in dieser Partie Sören Lerby hieß.

In welchem zeitgeschichtlichen Rahmen diese Partie stattfand, verdeutlicht vielleicht die Wahl des Schiedsrichters. Mit Karl-Heinz Gläser ist einer von fünf aus der früheren DDR ausgewählten Schiedsrichtern hier an der Pfeife, die erstmals für die Bundesliga-Saison 1991/92 nominiert worden waren.

Hörenswerter aber ist diese Partie wegen des sehr motiviert co-kommentierenden Franz Beckenbauer, der schließlich in dieser Konstellation nicht neutral ist, wie er selbst am Mikro zugibt, weshalb sich ein Nachmittag von ganz exquisitem Unterhaltungswert entfaltet.

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Das erste Mal im Stadion

Eigentlich dachte ich, ich hätte das schon längst aufgeschrieben. Im Zuge der „Blogparade“ von elfgegenelf (mit weiteren Texten dort) fiel mir aber auf, dass das nicht der Fall ist. Deshalb hier gerne mein Beitrag zu dieser Blogparade, „Das erste Mal im Stadion“.

Es war der 24. Oktober 1986, zu jener Zeit waren gerade Austauschschüler aus England an unserer Schule. Die Mutter meines besten Freundes dachte, nicht ganz dumm, dass so etwas wie Fußball gucken vielleicht eine bessere Aktivität wäre als ins Theater oder ins Kino zu gehen, weil man dafür kein Deutsch verstehen muss, was Engländer ohnehin selten tun, aber zufällig zusammengewürfelte Schüler aus England dann schon mal gar nicht. Also packte sie ihren Sohn, dessen Austauschschüler und aus welchen Gründen, weiß ich nicht mehr, auch mich in ihren VW Jetta und düste die unglaublich weite Strecke (etwa 20km) bis nach Uerdingen über die Autobahn. Das war vor allem deshalb gut, weil ich aus einer fußballfernen Familie stammend — meine Eltern schauten sich zwar manchmal Spiele von mir an, aber rein aus dem Umstand heraus, dass sie ja ohnehin dort waren, um mich dorthin zu bringen, nicht, weil sie das Spiel interessiert hätte — sonst wohl noch Jahre hätte warten müssen, bis ich das erste Mal in ein Stadion gekommen wäre.

Herbst also und dann noch ein Spiel unter der Woche und somit abends. Gleich die volle Dröhnung an Fußball: ein Flutlichtspiel am nebelgeschwängerten Niederrhein. Die Grotenburg war damals, in den Augen eines Schuljungen, ein ehrfurchteinflößendes Gebäude (und es ist ein Jammer, wie verfallen sie heute dasteht), so dass es auch egal gewesen wäre, wenn gar kein Spiel stattgefunden hätte.


Allein schon sich inmitten dieser Massen an Menschen zu befinden, auch wenn die Statistik zum Spiel — die muss falsch sein — von gerade einmal 7.300 Zuschauern spricht, deren Atem dampfte und die auch ohne Fangesänge ein laut vernehmbares Raunen und Röhren von sich gaben, wie es auf Parties klingt, wenn plötzlich die Musik ausgeht, nur eben in tausendfacher Verstärkung, war überwältigend und vor allem eine völlig neue Erfahrung.

Noch dazu ist die Grotenburg in Krefeld ein besonderes Stadion, besteht sie doch aus vier völlig unterschiedlichen Tribünen bzw. Kurven. Die Haupttribüne weist im unteren Bereich Stehplätze auf, was auch unser Standort sein sollte, die Gegentribüne sieht zwar ähnlich, aber doch anders aus, nämlich ohne Stehbereich. Die Heimkurve schließt schnurgerade mit dem Verlauf des Fußballplatzes ab und ist relativ steil, oben prangt die Anzeigetafel, ob damals schon, weiß ich nicht mehr, während auf der Gästeseite die Kurve aus einer tatsächlichen Kurve besteht. Ganz old school, damals natürlich noch young school, gebogen, mit der Möglichkeit, in diesem gebogenen freien Bereich Autos von Sponsoren oder sonstigen Werbekram abzustellen.

Es war ein Spiel des DFB-Pokals. Der damalige Bundesligist Bayer Uerdingen war in die 2. Runde des DFB-Pokals eingezogen. Als Gegner war der 1. FC Nürnberg mit Andy Köpke im Tor angereist. Abgesehen von den Nationalspielern war mir keiner der Akteure bekannt und so sehe ich heute erst, dass ich in meinem ersten Spiel im Stadion Oliver Bierhoff auf Uerdinger Seite beim Fußballspielen zusah. Ein Omen?

Der teilte sich die Aufgaben im Angriff mit einem weiteren aus heutiger Sicht Star: Stefan Kuntz. Dazu die Funkel-Brüder, Matthias Herget und Werner Vollack im Tor. Nicht nur auf dem Papier eine bemerkenswerte Ansammlung von Könnern ihres Fachs, sieht man vielleicht von Bierhoff ab, der damals noch nicht als Kopfballungeheuer auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Auf Nürnberger Seite wie erwähnt der erst spätere Nationaltorwart Andy Köpke, welcher in der Schlussminute noch mit glatt Rot vom Platz fliegen sollte. Warum, das geben meine Synapsen leider nicht mehr her, aber wie die vom Schiedsrichter hochgehaltene Rote Karte im intensiven Flutlicht glänzte, dieses Bild kommt mir schon noch vor Augen, und im akustischen Gedächtnis höre ich die Heimzuschauer hämisch bis freudig klatschen. Damit hatte die Partie nämlich einen Abschluss gefunden und Uerdingen war eine Runde weiter.

Wie überhaupt die Sinneserfahrungen bei diesem erste Mal im Stadion viel interessanter waren als das Spiel an sich. Dass tatsächlich so ein Profispiel genauso aussieht, wie man es von den Amateurspielen kannte, dass die nicht in Ballnähe befindlichen Spieler gemächlich rumtrabten, all das war schon Sensation genug. Hinzu kam der schwer zu fassende Umstand, dass es all diese Leute aus dem Fernsehen wirklich gab, etwas, was man sich bis dahin nicht so richtig hatte vorstellen können.

Nürnberg ging durch Roland Grahammer in Führung, Bierhoff und Wolfgang Funkel drehten den Spielstand zum 2:1 fürs Heimteam, ehe noch ein späterer Weltmeister, Stefan Reuter, für den Club wieder ausglich. In meiner Erinnerung fiel das Siegtor für Uerdingen, wieder Wolfgang Funkel, in der letzten Spielminute und hatte irgendetwas mit Köpkes Roter Karte zu tun. Wie die Statistik zeigt, war dem aber nicht so. Funkel traf schon in der 76. Minute. Wie man sich überhaupt natürlich sehr glücklich schätzen konnte, keinem 0:0 beizuwohnen, sondern a) einem Spiel mit fünf Toren und b) einem Pokalspiel, wo es eben immer um alles geht, was man dem Spielverlauf auch anmerkte.

Obwohl dieses Spiel von einer nicht mal fünfstelligen Zuschauerzahl besucht wurde, fabrizierte es eine derartig mitreißende Atmosphäre mit bleibender Wirkung, dass es nicht einfach nur „das erste Mal im Stadion“ war, sondern der Anfang einer bis heute währenden Begeisterung für das Passivfußballern, an dunklen Abenden, bei Flutlicht und mit einer raunenden Masse im Hintergrund, die schlohweißen Netze an den Torstangen feierlich strahlend.

Ein Hoch auf den Schüleraustausch.

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Die Stimmen werden weniger

Kein Nachruf: Jochen Hageleit ist tot, wie es Zechbauer gestern hier mitteilte.

Selten passte die Vokabel „sonor“ besser zu einer Stimme als zu jener von Jochen Hageleit, die wohl allen noch im Ohr ist. Selbst wer ihn nicht kannte, wird ihn hier im Video sofort an der Stimme erkennen (diese Aussage darf allerdings nicht nach Kriterien der Logik bewertet werden). Da über ihn seltsamerweise nicht mal ein Wikipedia-Eintrag existiert, enden leider auch die hiesigen ausschweifenden Darstellungen dazu, an welchen WM und welchen legendären Bundesliga-Spielen er als Reporter teilgenommen hat.

Die Diskussionen, die in den letzten Tagen geführt werden, ob ein Journalist Stadionsprecher sein oder eine Buchvorstellung moderieren darf, oder — so wie hier Hageleit — die Saison-Eröffnung von Rot-Weiß Oberhausen leiten darf, sollte man nicht ausgerechnet angesichts des Ablebens von Hageleit neu beflammen, jedenfalls nicht an dieser Stelle.

Das hier eingebettete Video zeigt ihn bei eben jener Saisoneröffnung des fabulösen Fußballclubs Rot-Weiß Oberhausen vor der Saison 1983/84, bei der die Spieler alle brav in ihren Trikots und in kurzen Hosen vor den (erstaunlich vielen) Oberhausener Fans aufmarschieren und ebenso erstaunlich eloquent wirken — die meisten jedenfalls.

Das Outfit von Jochen Hageleit in diesem Video wäre mal wieder ein Fall für eine Doppelseite bei den 11 Freunden, darum soll es aber ebenso wenig gehen. Im weiter unten verlinkten Video von der Saisoneröffnung nur ein Jahr später sieht er dann übrigens auch wieder aus wie ein Mensch.

Erklingt seine Stimme, hat man doch — falls man es hat — sofort die späten Nachmittage bei Oma und leckerem Kuchen, bei Borussia Mönchengladbach gegen Waldhof Mannheim, heruntergelassene Stutzen ohne Schienbeinschoner und vor allem die schlecht animierten Männchen im Vorspann zur Auswahl des Tor des Monats vor dem geistigen Auge und Ohr. Dies stellt allerdings eine äußerst egozentrische Erinnerung dar, denn was er geleistet hat, wird damit nicht gewürdigt. Bei welchen WM und EM er dabei war, ist hier wie gesagt nicht bekannt, ganz sicher aber war er bei der Tragödie im Heysel-Stadion anwesend.

Das Video zur Saisoneröffnung in Oberhausen:



Ein wesentlich besseres Video, hauptsächlich im Dialog mit dem gerade dann in die 2. Liga zu Rot-Weiß Oberhausen gewechselten Manni Burgsmüller gibt es ebenfalls, ist aber nicht zur Einbettung freigegeben.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Stimmen, die man heutzutage bei sky, Sat1 und den Öffentlich-Rechtlichen vernimmt, alle nicht jene Erinnerungswerte besitzen werden, wie man sie bei Rolf Kramer, Manni Breuckmann und eben jenem Jochen Hageleit hat, was aber nach sehr kurzem Nachdenken auch logisch ist, da sie nun mal jetzt sprechen und nicht in den eigenen Jugendtagen.

Leider ist hier auch kaum etwas darüber bekannt, ob Hageleit eigentlich ein „Guter“ war, im Sinne seiner fachlichen Qualitäten, oder ob er wie Werner Hansch zwar wundervolle Bilder in den Übertragungshimmel malen konnte, aber taktisch-strategisch überhaupt nichts vom Spiel zu vermitteln wusste. Was wiederum, falls es so war, daran gelegen haben könnte, dass es früher auch kaum Taktik gab. De mortuis nihil nisi bene.

Au revoir, sonorer Jochen Hageleit.

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Das Hui Buh des Bundesliga-Fußballs

Jenes „Who is Who“ findet sich in der Geschichte von Bayer Uerdingen. In der Geschichte des KFC Uerdingen jedenfalls findet es sich nicht. Wenn man aber liest, wer alles schon bei Bayer Uerdingen spielte, bevor es ihn zu größeren Vereinen zog, dann kann man schon eine ordentliche Bundesliga-Elf zusammenstellen (und die weniger bekannten Namen sind jetzt noch rausgestrichen):

Oliver Bierhoff
Rudi Bommer
Manfred Burgsmüller
Stéphane Chapuisat
Bernd Dreher
Holger Fach
Wolfgang Funkel
Friedhelm Funkel
Sergej Gorlukowitsch
Jan Heintze
Siegfried Held
Matthias Herget
Simon Jentzsch
Stefan Kuntz
Brian Laudrup
Marek Lesniak
Erik Meijer
Stephan Paßlack
Wolfgang Rolff
Wolfgang Schäfer
Ludger van de Loo
Marcel Witeczek
Claus-Dieter Wollitz

Herausstechend natürlich: Brian Laudrup und Stephane Chapuisat. Aber auch mit dem anderen Gemüse hätte man zur jeweiligen Zeit durchaus etwas reißen können. Wer wusste schon, dass Stefan Kuntz mal in Uerdingen spielte, von Manfred Burgsmüller ganz zu schweigen?

Grundsätzlich wäre das nicht erwähnenswert: Wer hat nicht schon alles bei Bayern München gespielt? Mindestens das Hans Clarin des Bundesligafußballs. Wer hat nicht schon alles bei Borussia Mönchengladbach gespielt? Eine ganze Menge fähiger Leute, würde man meinen und läge damit nicht falsch.

Im Falle von Bayer Uerdingen ist es aber erwähnenswert ist, weil Bayer Uerdingen nie über den Status der kleinen Stiefschwester von Bayer Leverkusen hinauskam. Und ja, ich weiß, dass früher beide Vereine gleichberechtigt nebeneinander existierten und auch mit ähnlich hohen Beträgen vom Konzern gefördert wurden. Dass Uerdingen aber neben einem Pokalsieg nur diverse Aufstiege in seiner Erfolgsliste aufführen kann, sagt doch alles, wenn nicht noch mehr.

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