Nachdem die Anreise nach Dortmund hinter mir lag, war meine Fahrt mit der U-Bahn zum Stadion im Vergleich zu der meines später folgenden Begleiters ziemlich entspannt, da nicht ganz so voll wie noch der Regionalexpress. Lieder gesungen wurden trotzdem und eigentlich ist das ja auch nichts Besonders bei einer Anreise zu einem Fußballspiel. Das hier war aber nicht irgendein Fußballspiel, sondern a) ein WM-Spiel und b) ein WM-Spiel mit schwedischer Beteiligung. Und so ging es in der Westfalenhalle 1 weiter, wo auf einer Leinwand das Spiel England — Paraguay gezeigt wurde: Gesänge, Geklatsche und bereits um 15h La Ola im Rund der Westfalenhalle. Gänsehaut auch bei mir, und ich bin schließlich nicht das erste Mal bei einem Länderspiel gewesen, anders als mein Begleiter, für den es das erste Fußballspiel überhaupt in einem größeren Stadion war.
Dass das Spiel der Engländer weniger als bescheiden war und diese irgendwann dachten, ein 1:0 würde schließlich auch 3 Punkte bringen, brachte der Stimmung keinen versicherungsmeldungspflichtigen Schaden bei. Einzig die englische Familie auf den Sitzen hinter uns schien nicht ganz überzeugt zu sein, dass man hier gute Laune haben sollte. Ansonsten flachten die Gesänge erst dann ab, als sich immer mehr Menschen aus der Halle in Richtung Stadion auf den Weg machten:
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So auch wir. Doch schon nach wenigen Metern war klar, dass die Angabe eines Bekannten, dass man von der Halle zum Stadion keine fünf Minuten zu Fuß brauchen würde, nur für normale Spieltage gelten könne. Der erste Stau traf uns am Geldautomaten, an dem mein Begleiter noch Geld ziehen wollte, um ein Stadionerlebnis inklusive Bratwurst zelebrieren zu können. Wofür einige der Schweden das viele Geld aus dem Automaten benötigten, wurde klar, als mich ein Schwede ansprach und erst 300, dann 350, dann 400 und schließlich 500 Euro für meine Karte bot, die mir oben aus der Jackentasche herausguckte.
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Trotz dieses einen Angebots, welches ich natürlich ablehnte (drüber nachgedacht hätte ich erst ab einer vierstelligen Summe): Dass die Schweden in solch einer Vielzahl Karten bekommen hatten, erstaunte mich schon ein wenig. Und diese Bemerkung, in der Schlange vor dem Geldautomaten ausgesprochen, rief dann gleich den ersten kleinen Poser auf den Plan, der, mit Deutschlandtrikot bewaffnet, mir verkündete: „Das war doch bei der Euro 2004 auch schon so, dass die Stadien fest in schwedischer Hand waren.“
Danke sehr, Herr vielgereister Fan, für diese wertvolle Information. Nun gut, recht wird er wohl gehabt haben, auch wenn ich ihn gar nicht gefragt hatte.
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Als mein Begleiter sein Geld schließlich erhalten hatte, ging es weiter, wieder eingliedern in den Strom, der nicht abreißen wollte. Schwede um Schwede um Schwedin floss an uns vorbei, und wir flossen wieder mit. Ebenso ortsunkundig wie wir, flossen alle durch einen Irrgarten, den findige Architekten auf dem Weg zum Stadion aufgebaut hatten. Das sah dann ungefähr so aus wie auf dem Bild oben. Wie man sieht, wusste keiner, wo es lang geht.
Die Masse floss dann wahllos durch die Gegend, manche flossen auch wieder zurück und irgendwann stand alles still. Das hatte einen Grund, und zwar diesen Zaun hier, den wiederum findige Menschen einfach irgendwo in der Landschaft aufgebaut hatten. Dahinter befand sich ein schwedischer Polizist, der mit Megaphon Anweisungen gab. Leider auf schwedisch, so dass ich immer noch nicht wusste, wo denn nun der Eingang zum Stadion sein würde.
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Der schwedische Polizist sah übrigens tatsächlich aus wie ein Schwede in Lindgren-Verfilmungen aussieht. Und weil ich dachte, dass Schweden doch eigentlich alle Englisch sprechen, fragte ich meine Nebenleute auf Englisch, was der Polizist denn erzählt hätte. Leider waren meine direkten Nebenleute selbst Deutsche und hatten auch nix verstanden, und von den Schweden, die ich fragte, wollte keiner Auskunft geben. Entweder war mein Englisch zu schlecht, ihr Englisch zu schlecht oder sie waren schlicht zu aufgeregt, weil schließlich der WM-Auftakt Schwedens vor der Tür stand und jeder der hier Stehenden das Spiel zu verpassen drohte.
Irgendwann floss die Masse dann aber in die richtige Richtung, der Einlass war auch schon zu sehen. Einen weiten Bogen um die ersten Eingänge („Hospitality Entrance“) gemacht und dann durch eine allerdings äußerst lasche Sicherheitskontrolle. Ich trug zwar ohnehin nicht viel an meinem Körper, auch wenn ich an meinem Körper schon viel zu tragen habe, aber wenn ich gewollt hätte, hätte ich ein Messer ins Stadion reinschmuggeln können. Das taten ja nur wenige Tage später die polnischen Spieler, die mit Selbigem zwischen den Zähnen gegen Deutschland spielten. Erste Sicherheitskontrolle also passiert, und das sah rückblickend so aus:
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Auf diesem Bild gibt es vereinzelte rote Flecken zu sehen, das waren entweder Fans von Trinidad und Tobago oder neutrale Zuschauer. Die große Masse auf dem Weg von der Sicherheitskontrolle zum eigentlichen Stadioneingang sah allerdings so aus:
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Kurze Anspannung bei uns, denn die Karten trugen zwar unsere Namen, ganz sicher waren wir aber nicht, ob sie überhaupt gültig sein würden. Nein, sie waren nicht vom Schwarzmarkt und sie waren auch nicht selbstgemalt, aber a) war da ein Chip in der Karte, der natürlich auch defekt hätte sein können und b) hatte ein Bekannter die Karten für uns bestellt, so dass wir nicht sicher sein konnten, ob alle Daten richtig übermittelt worden waren. Ausreichend Ticketkontrolleingangstore waren geöffnet, so dass es keine Minute dauerte, bis wir an der Reihe waren. Den Personalausweis hatten wir natürlich griffbereit, doch dann die Überraschung: Den wollte niemand sehen. Die Dame am Eingang hielt einfach die Karte vor ein Lesegerät, das zeigte in Sekundenschnelle ein grünes Licht an und schon waren wir drin. Das war’s.
Ich war ziemlich überrascht, dass die aufwändigen Kontrollen (oder zumindest Stichproben) völlig ausblieben.
Nun aber auf ins Stadion, die ersten paar Stockwerke dieses riesigen Gebäudes erklommen, um dann vor Anpfiff noch die erlaubten zwei Pils (Ist amerikanisches Budweiser überhaupt Pilsener Bier? — Ich glaube nicht.) zu kaufen. Und hier natürlich wieder das heute übliche Bild: Lange Schlangen von Menschen in gelber Kleidung.
Am Anfang ging es recht zügig voran, doch als wir nur noch vier oder fünf Leute vor uns hatten, stockte das Ganze, nichts tat sich mehr und als wir einen Blick hinter die Theke werfen konnten, war uns klar, warum: Eine Theke mit einer Länge von 12m, dementsprechend ca. 12 Schlangen, die auf Bier warteten und es war genau ein Zapfhahn für Bier aktiv. Die ziemlich jungen Mitarbeiter hinter der Theke ließen sich auch von der Hektik, die diesseits der Theke herrschte, nicht anstecken und schlurchten auch dann noch lustlos und in Zeitlupe durch die Gegend, als der Anpfiff nur noch Minuten entfernt war.
Aggressionen kamen bei den schwedischen Zuschauern auf. „Is here anybody working?“, „C‘mon, we want beer.“ und „Hurry up!“ wurde in nicht mehr freundlichem Ton gebrüllt. Die Würste an der Theke ließen sich davon nicht beeindrucken und verkauften weiter Selbige im Schlafwagentempo. Und obwohl das ein Phänomen ist, welches man auf vielen Großveranstaltungen erlebt, finde ich es doch reichlich seltsam, über 500 anstehende Leute bei einem WM-Spiel mit genau einem Zapfhahn versorgen zu wollen.
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Genug Gastronomie-Nörgelei, wir bekamen unsere je zwei Biere und machten uns zu unseren Plätzen auf. Die Nationalhymnen waren leider schon gespielt. Gerade, als wir die Treppe zu unserem Block nahmen, ertönte der Anpfiff. Und wie das Spiel verlief, wie die Gänsehautstimmung im Stadion weiterging und was für ein Spektakel das ganze Spiel war, lest Ihr im dritten Teil.