Zum Inhalt springen

Schlagwort: WM-Finale

Grätschen sind aut

Der 4. Juli ist nicht nur der amerikanische Unabhängigkeitstag, sondern laut diverser Quellen auch der Tag der Wiedergeburt der Deutschen, bezogen auf die Anerkennung in der Welt. Von diesem Datum herrührend die Erkenntnis, dass es früher andere Wörter als heute gab. Zum Beispiel:

Spagatschritt.

Ein solcher war es, mit dem Max „Maxl“ Morlock vor 59 Jahren — lebt Horst Eckel noch? — den Ball zum 1:2 gegen Ungarn in die Maschen des ungarischen Tores fabrizierte. Sagte Herbert Zimmermann, „mit einem Spagatschritt“, und der muss es wissen, er war schließlich leibhaftig dabei.

(Siehe dazu auch, sehr wissenswert, im „Blonden Engel“.)

2 Kommentare

Cool retourniert Valérien Medienschelte

In der letzten Woche führte eine plötzliche Eingebung während einer „nächtlichen Internetsafari“ (© Stadioncheck) dazu, nachzuschauen, was denn eigentlich Harry Valérien macht. Er lebte in Bayern und freute sich seines Lebens, war zu erfahren, er sei zwar nicht mehr sehr kameraaffin, treibe aber regelmäßig noch Sport, zumindest Wandern. Das war in der letzten Woche. Nun ist er tot.

Harry Valérien ist gestorben, für jede und jeden in meiner Generation und drumherum wohl der Sportreporter schlechthin, noch weit vor Manni Breuckmann, Adi Furler oder Jochen Hageleit.

Mir war damals immer klar, dass Harry Valérien entweder ein Alien oder ein Österreicher oder ein Luxemburger sein musste. Ein Deutscher konnte er nicht sein, weil er a) so einen französischen Nachnamen trug, der zusätzlich zum Akzent auf dem erste E in meiner Muttersprache auch keine Bedeutung transportierte, b) einen so herben Akzent sprach, dazu immer wieder stakkato-artige Aussetzer in seinen Satzmelodien hatte, dass er nun mal kein Deutscher sein konnte. Oder vielleicht zwar vom Pass her Deutscher, aber in Monaco aufgewachsen, vielleicht auch in Rumänien, aber niemals ein eingeborener Deutscher. Und dass sich ein Ausländer so sehr für deutschen Sport interessiert und das sogar zu seinem Beruf machte, das war natürlich schon eine besondere Auszeichnung dessen, über was er dort berichtete.

Mittlerweile weiß man, in München geboren und aufgewachsen, mit der für jene Generation typischen Zeit in alliierter Kriegsgefangenschaft, war er eigentlich dann doch absolut deutsch, nur eben kein Preuße. Daher auch der mit westdeutschen Ohren gehört fast unnatürliche, starke Akzent. Sicher Rumäne. Oder Ungar. Nein, Münchner, aha. Die durch all diese Umstände von meinem Hirn nur konstruierte Besonderheit hätte Harry Valérien allerdings gar nicht nötig gehabt, schließlich war er durch sein Tun ein außergewöhnlicher Sportberichterstatter, wie wir gleich noch unten sehen werden.

Was mich bei all den bislang konsumierten Nachrufen wundert, ist das Fehlen einer — jedenfalls für „uns“ damals — ganz wichtigen Komponente des Schaffens von Harry Valérien. Nun gut, dass er womöglich nur seinen Namen fürs Cover hergab und mit den Inhalten eventuell gar nichts zu tun haben könnte, das ahnte man erst später. Aber Harry Valérien ist uns allen — und ich kenne niemanden, der wirklicher Fußballfan ist, der nicht eine Ausgabe davon besitzt oder besaß — bekannt ist er uns allen natürlich wegen seiner WM- und EM-Bücher, wie Benny Berger hier seines zeigt und ich selbst auch diverse besaß (bis sie mir in einer Nacht- und Nebel-Guerilla-Aktion während der WM 1998 geklaut wurden, aber das ist eine andere Geschichte). Solch eines, solch eines oder auch solch eines.

Dazu hatte er natürlich das Glück, dass er in einer Zeit tätig war, in der einerseits das Volk in Deutschland nur drei Sender hatte, die Chance, das man ihm abends zusah, also bei etwa einem Drittel lag, so man an jenem Abend fernschaute. Außerdem bewirkte dieses dünne Medienangebot, dass man sich auch als Flachlandtiroler für Skiabfahrten oder Golfturniere im fernen Florida interessierte, in Ermangelung an Alternativen im sportlichen Fernsehprogramm. Und Harry Valérien andererseits in einer Zeit wirkte, in der das Fernsehen sich noch nicht als Partner der Bundesliga verstand, sondern eben als neutraler Berichterstatter. Und da die meisten sein Wirken nicht selbst miterlebt haben, wollen wir mal schauen, wieso Harry Valérien so sehr geschätzt und als derart integer wahrgenommen wurde.

Da gibt es sicher viele Beispiele, aber weil hier das Thema Fußball lautet und nicht Golf, Schwimmen oder Ski, soll es eben auch ein Fußballbeispiel sein. Et voilá, ein weiteres Resultat jener eingangs erwähnten nächtlichen Internetsafari stand dann auch sofort bereit: Harry Valérien im Gespräch mit einem der schwierigsten Charaktere, die es im deutschen Fußball gibt. Auch und erst recht damals schon, ohne dass Valérien locker lässt oder aber arrogant wird. Von beeindruckender Konsequenz, wobei man den heutigen Reportern zugute halten muss, dass es unter den heutigen Aktiven gar niemanden mehr gibt, an dem man sich derart abarbeiten könnte, wie Valérien diese Gelegenheit damals zuteil wurde, im Sommer 1982, als er an einem spanischen Hotelpool vor johlenden Touristen dieses Enfant Terrible des deutschen Fußballs vors Mikrofon bat. Ein echtes „Musssehen“, dieser Link:

Harry Valérien interviewt einen grantigen, medienscheltenden Fußballer.

Beziehungsweise für den Fall, dass der Link irgendwann nicht mehr funktionieren sollte, das Video auch gleich hier im Bild.



6 Kommentare

Helmut Haller trifft, Hurst aber aucher

Uwe Seeler, der es heute in seiner unnachahmlich botten Art mal wieder genau neben den Punkt brachte, als er Helmut Hallers Tod mit den Worten „Die Einschläge kommen näher“ kommentierte, führte diesen heute verstorbenen Helmut Haller als Kapitän der westdeutschen Nationalmannschaft im Wembleystadion aufs Feld, um dort das Finale der Weltmeisterschaft gemeinsam mit ihm gegen England zu verlieren.

Helmut Haller schoss in diesem WM-Finale das erste Tor. Und da es vermessen wäre, zu behaupten, hier an dieser Stelle hätte man irgendetwas mit Haller verbunden außer dem Umstand seiner ganz frühen Tätigkeit als Fußball-“Legionär“ in Italien, folgen hier statt Blumen das Video von jenem WM-Finale 1966, in dem Haller der Schütze des ersten von insgesamt fünf Toren an diesem Tag war, in voller Länge und — allein deshalb schon hörenswert — mit englischem Kommentar, die Übertragung der BBC.

“ … and Haller, number eight, plays in Italy, they England will have to watch.“



Die Queen ist immer noch die selbe, das Stadion inzwischen nicht mehr.

5 Kommentare

Gerald keine Graupe

Letztens spielten wir mal gegen eine Mannschaft aus der Landesliga und verloren 2:12. Die beiden Tore erzielten wir nur, weil wir zwei Elfmeter mehr oder weniger aus Mitleid vom Schiedsrichter geschenkt bekamen, nachdem wir über 90 Minuten insgesamt vier Mal im gegnerischen Strafraum waren. Die Niederlage war in allen Belangen vernichtend, obwohl man sagen muss, dass wir einen guten Tag erwischt hatten. Niemand machte gröbere Fehler, und wenn man zweieinhalb Augen zudrückt und unsere im Vergleich zum Gegner nun mal nicht so ausgeprägte Fitness berücksichtigt, dann hatten wir uns an dem Tag gut geschlagen.

Bedrückend, nein, einfach ungut war dennoch das Gefühl, dass es deshalb nur 2:12 ausging, weil der Gegner nicht wirklich ernst spielte. Also, er machte keinen Quatsch, keine Demütigungen im Dribbling oder derlei, aber er ließ uns dann und wann mal ein wenig den Ball besitzen, und wenn es ernst gewesen wäre, hätten wir wahrscheinlich über keine 3 Stationen den Ball halten können und dann wäre es 2:22 ausgegangen. Der Gegner vermittelte sehr intensiv den Eindruck, jederzeit ein Stückchen zulegen zu können, während wir schon am oberen Anschlag spielten.

Wenn man dann betrachtet, wie weit die Landesliga von einer „oberen Liga“ entfernt ist, und weiß, dass eine Regionalliga-Mannschaft mit einer Landesliga-Mannschaft normalerweise das Spielchen betreibt, was diese Landesligamannschaft mit uns spielte, dann ahnt man, wie viele Lichtjahre Bundesligafußball vom eigenen Können entfernt ist.

Mehrere Tausend Lichtjahre natürlich.

Kommen wir also zu Gerald Asamoah, seines Zeichens WM-Finalteilnehmer (!) 2002. So gut muss er also damals gewesen sein, das war in einer anderen Zeit, als Fußball noch ohne Blaupause für Spielzüge betrieben wurde, dass man ihn in die Nationalmannschaft beorderte. Eine andere Zeit, Jens Jeremies, Carsten Ramelow, Thomas Linke, in der Gerald Asamoah schon qua seines geringen Alters irgendwie anders und damit frisch und damit wilkommenswert wirkte.

Danach änderten die Zeiten sich allerdings. Was sich wenig änderte, war das Vermögen von Gerald Asamoah. Der zwar noch mit zur WM 2006 durfte, aber nur ein einziges Mal eingesetzt wurde (gegen Ecuador eingewechselt, als es schon 3:0 stand) und danach in der Versenkung verschwand. Völlig zurecht würde man meinen, wie man auch wenig nachvollziehen konnte, wieso er überhaupt so lange noch ein Bundesliga-Stammspieler blieb, als er doch der Inbegriff des Durchschnittsspielers geworden war, der selten einmal eine entscheidende Szene bewirkte. Tore waren trotz seiner Position auf dem Spielfeld äußerst rar und als Vorbereiter trat er noch seltener in Erscheinung. Asamoah war in dieser Zeit ein Spieler der Marke „eigentlich egal, ob er oder ein anderer spielt“ — so kam er mir jedenfalls vor.

Abgesehen von ständiger guter Laune — durchaus auch ein fragwürdig gezeichnetes Bild — und seiner Bulligkeit, die er aber wiederum auch nicht entsprechend ihrer Ausmaße einsetzte, blieb fußballerisch wenig Festhaltenswertes von ihm übrig. Man kam dann irgendwann nicht umhin, ihn doch als Graupe (ist das nur westdeutsch für einen schlechten Fußballspieler?) zu empfinden. Die man auf Schalke wohl noch so ein bisschen aus Dankbarkeit mitschleppte, aber eigentlich war er nicht mehr zu gebrauchen. Einfach schlecht nun mal.

Unterschlagen wir schnell das Jahr bei St. Pauli, das anderen Dingen zum Opfer fiel, so zeigt er plötzlich bei Greuther Fürth, dass er doch tatsächlich so gut ist, dass er in der 2. Liga eine Menge bewirken kann, dass er gar Gegner ausspielen und mehr als nur glückliche Tore erzielen kann. Verknappt gesagt ist er besser als die meisten anderen Zweitligaspieler.

Insofern ist sein Schritt in die zweite Liga absolut begrüßenswert. Denn „zu schlecht“ für die Bundesliga zu sein, bedeutet tatsächlich nicht, schlecht Fußball zu spielen, sondern (hier) immer noch diverse Schritte besser als die Gegner zu sein. Etwas, was nie zum Vorschein gekommen wäre, wenn er wie viele andere vor ihm am Ende der Karriere einfach die Koffer gepackt hätte und nach Hause gegangen wäre. So aber demonstriert er in der zweiten Liga noch einmal, dass es einen Unterschied gibt zwischen erster und zweiter, wie groß dieser ist und dass er selbst, in den Topf der Zweitligaspieler geworfen, da eine herausragende Rolle spielt.

Mag sein, dass diese Erkenntnis trivial ist, natürlich wird die Qualität nach oben hin immer besser, das ist klar, aber selten wird es so deutlich sichtbar wie bei Gerald Asamoah. Und ich wollte es nur noch mal gesagt haben, das mit den Lichtjahren und dem Kontinuum, auf dem Asamoah weit entfernt davon ist, eine Graupe zu sein, wenn man nur den richtigen Ausschnitt des Kontinuums wählt.

8 Kommentare

Zoff-Time: Eine Legende als solche entlarvt

Vorweg das Resultat der gestrigen Messung, wie lange Dino Zoff, seines Zeichens 40-jähriger Kapitän der Finalelf Italiens bei der WM 1982, den Ball während der 90 Minuten unter Kontrolle hatte.

2:37 in der ersten Halbzeit.
4:20 in der zweiten Halbzeit.

Gesamt also:

7:07 von 90 Minuten Spielzeit.

Das klingt erstmal viel, auch wenn es die in der Legende besagten 14 Minuten weit unterbietet. Es war aber gefühlt überhaupt nicht viel, sondern das, was eben im normalen Ablauf eines Spieles, in dem durchaus auch mal aufs Tor geschossen wird, an Torhüterballbesitz nötig war. Und nahezu keine Sekunde mehr als das.

Zur Messung ist zu sagen, dass auch die Zeit gemessen wurde, in der Zoff am Ball war, der Ball aber noch gar nicht im Spiel war. Also jene Zeit zum Beispiel, in der ein Abstoß erteilt wurde, bis dieser ausgeführt wurde.

Außerdem ist hinzuzufügen, dass die Sperenzchen der Bildregie nicht immer genaue Messungen ermöglichten, da immer mal wieder eine vorige Szene in Zeitlupe gezeigt wurde, wenn Zoff abstieß. In diesen Fällen war nur eine ungefähre Messung möglich. Diese Ungenauigkeit wird das Endresultat aber nicht grob beeinflusst haben und wenn, dann war es eher weniger Zeit, die Zoff den Ball unter Kontrolle hatte, als oben aufgeführt.

Das Finale der WM 1982 zwischen Deutschland und Italien war also keines jener Spiele in der Zeit vor Einführung der Rückpassregel, in der endlos auf Zeit gespielt wurde, indem der Ball immer wieder zum Torwart zurückgespielt wird. Das kam in jeder Halbzeit vielleicht ein Mal vor, selbst als die Italiener in Führung lagen, spielten sie nicht mittels dieser Methode fühlbar auf Zeit, wie sie dies abgesehen von Kleinigkeiten im gesamten Spiel nicht taten.

Dennoch hat natürlich jeder einige solcher Spiele im Gedächtnis, in denen quälend lange zwischen Verteidiger und Torhüter hin und her gespielt wurde.

Seit heute weiß man also: das WM-Finale 1982 gehörte nicht dazu. Und die Legende von dem Sechstel Spielzeit, das Zoff okkupierte, ist als solche enttarnt.

Eine andere Legende wurde ebenfalls als solche enttarnt: Dass Rudi Michel das Spiel „gut“ kommentiert hätte. Aber das ist ein anderes Feld …

8 Kommentare

Ein Sechstel Stillstand

[Update] Heute Abend ist es dann soweit. Ich bin eingeladen zu einem netten Menschen, der das WM-Finale 1982 komplett auf DVD besitzt. Nennt mich bescheuert, aber ich werde mich mit der Stoppuhr daneben setzen. Resultat dessen gibt es aber erst morgen, weil danach noch das obligatorische monatliche Fußballquiz ansteht. Hat er wirklich … 14 Minunten lang … ? Morgen werden wir es wissen.

Da dies noch nicht von anderen Quellen bestätigt wurde, ist es mit Vorsicht zu genießen, könnte auch eine urban legend sein. Wenn es stimmt, gibt es allerdings keinen Zweifel, dass die Rückpassregel eine wunderbare Idee war und ist:

Während der WM 1982 in Spanien soll Dino Zoff im WM-Finale zwischen Italien und Deutschland den Ball insgesamt 14 Minuten lang unter Kontrolle gehabt haben, fast ein Sechstel der Spielzeit.

6 Kommentare

Horrorkabinett beweist: Neuer muss sich konzentrieren (lernen)

In den letzten Tagen weht mir ein bisschen Gegenwind entgegen, weil ich Manuel Neuer stets „kritisiere“. Erstens tue ich das gar nicht (ausschließlich), natürlich hält er hervorragend im Tor und spielt magnifique mit, wie es noch nie ein Torwart in der Nationalmannschaft vor ihm bewerkstelligte. Er ist auch ganz klar meine Nr. 1, Adler hatte mich trotz guten Leistungen gegen Russland oder so nie vollends überzeugt. Zweitens kritisiere ich ja nicht aus Spaß am Kritisieren, sondern weil es angezeigt ist.

Manuel Neuer ist ein toller Torwart, aber er schafft es nicht, sich 90 Minuten lang zu konzentrieren. Natürlich geht nicht jedes Gegentor auf seine Kappe, wenn da ein Verteidiger pennt, dann ist das nicht seine Schuld.

Man verstehe mich also nicht falsch, dass das Folgende kein Plädoyer gegen Manuel Neuer ist, sondern ein Plädoyer für weitere Verbesserung, mehr Konzentration und noch mehr Beschäftigung mit seinem Job.

Aber genau diese Form von Gegentor wie beim 1:3 gegen Belgien nach Ecken/Flanken hat er jetzt in seinen wenigen letzten Nationalmannschafts-Einsätzen bereits zig Mal kassiert — selbst gegen Aserbaidschan. Mag sein, dass er seine Abwehr im Spiel stets perfekt positioniert, im „Eins-gegen-Eins“ wirklich Weltklasse erreicht und dass er mit Fernschüssen kaum zu bezwingen ist.

Mag alles sein.

2 der 4 verlorenen WM-Finals verlor die deutsche Auswahl jedenfalls wegen Torwartfehlern.

Ich möchte einfach nicht, dass das wieder passiert, dass ein Torwart sich über ein gesamtes Turnier hinweg beste Noten erspielt, dann aber im Finale patzt. 1954 ging es dann ja noch glücklich aus, von 1966 liegen (hier) keine Bilder vor.

Wer mich aber als Anti-Neuer missinterpretiert, versteht nicht, dass ich mir ebenfalls nichts* mehr wünsche als den Titel. Und dafür muss man eben 7*90 Minuten lang hochkonzentriert sein und nicht nur 6,99*90 Minuten.

Hier also die Beweise, und ich muss deutlich warnen. Selbst wer damals live dabei war und glaubt, es schon verarbeitet zu haben, selbst für den sind beide Videos noch mal hartes Brot. Ich muss das aber hier in aller schonungslosen Offenheit zeigen, damit man sich nicht immer einen die Tasche lügt, wie toll und Weltklasse Neuer sei. Wer sich in jedem zweiten (Länder)Spiel ein Ei fängt, der ist nicht Weltklasse, sondern ein extremer Risikofaktor in einem so wichtigen Spiel wie einem Finale oder allen anderen Spielen, die ins Finale führen sollen.

Ich hab 1986 zwar mittlerweile so langsam doch deutlich überwunden. Das Video vom Finale 2002 hab ich aber seitdem noch nicht wieder zu schauen geschafft. Und ich meine nicht zeitlich. Und wer jetzt noch innerlich ein wenig lacht:

Denkt dran, jeder hat nur ca. 35 große Turniere pro Lebenszeit — und bei mir sind 15 davon schon vorüber. Reinkarnation ist eine ziemlich schlecht dotierte Wette, weil sich der Buchmacher im nächsten Leben partout nicht an das vorherige Ich erinnern will. Und wer hat neugeboren schon seinen alten Ausweis dabei?

Noch einmal darauf hingewiesen: Die beiden folgenden Videos bitte nur aktivieren, wenn man davon ausgeht, es seelisch auch verkraften zu können.

1954

Fehlt leider, siehe hier.

1986

2002



*fast

15 Kommentare

Gefährliches Gravitationsloch im Olympiastadion entdeckt

Allerdings im Olympiastadion zu Rom. Gefunden, bzw. darüber gestolpert ist niemand Geringerer als Jürgen Klinsmann, der schon immer ein Händchen für die besonderen Fünde hatte.

Was passiert bei einem Gravitationsloch? Das ist ganz einfach. An diesem Ort ist ein Loch in der den Erdball umspannenden Gravitation, hier ist sie nicht wirksam. Weshalb man dort für einen kurzen Moment, so lange man sich in diesem Loch befindet oder sich hindurch bewegt, schwerelos fühlt. Natürlich äußert sich das oft in für Außenstehende nicht nachzuvollziehenden motorischen Entgleisungen: Die Bewegungen von Gliedmaßen erscheinen unwillkürlich, auch Frisuren können dadurch in schwere Mitleidenschaft gezogen werden.

Klinsmann hatte Glück bei seinem Fund. Er kam mit dem Leben davon und wurde nicht hinaus ins All gejagt. Wie schnell das aber hätte passieren können, macht die Videoaufzeichnung von seiner Durchschreitung des Gravitationsloch deutlich:

Bei 1:20:43 fällt er zunächst den Gesetzen der Gravitation folgend zu Boden — bis plötzlich! Seine Beine durchs Gravitationsloch gleiten und infolge fehlender Schwerkraft nach oben schnellen, beinahe den gesamten restlichen Körper hinaus ins All befördern. Noch einmal besonders gut zu erkennen bei 1:21:06.


Glück gehabt, Nationalmannschaft von 2004-2006, FC Bayern und amerikanischer Fußballverband!

12 Kommentare

Jörg Wontorra empfängt die Weltmeister 1990 am Frankfurter Flughafen

Während in der Gegenwart heute die ersten beiden Viertelfinals der Frauen-WM 2011 stattfinden, während das Finale in Frankfurt erst in einer Woche über die Bühne gehen wird, blicken wir etwas länger zurück in die Vergangenheit, auf den 9. Juli 1990, einen Tag nach dem 8. Juli 1990.

Die deutsche Nationalmannschaft kehrt unter Bundestrainer Holger Osieck und dem einen oder anderen Teamchefchen aus Rom zurück, mit dem Pokal in den Händen.

Einige Geschenke von den Journalisten (!) kommen hinzu. Andreas Brehme erklärt genau, wie das so war im Spiel, am damaligen gestern. Durchaus zuhörenswert, das alles.

Sollte die deutsche Frauennationalmannschaft Weltmeisterinnen werden, wird es übrigens keinen solchen Empfang am Frankfurter Flughafen geben — denn dann wären sie ja schon in Frankfurt.

10 Kommentare

Blackout der unverzeihlichen Art

Ein beliebtes und auch sehr billiges Spielchen ist es immer, die Leserinnen und Leser nach ihren Erfahrungen mit Thema X zu fragen. Auf dieser Seite zumindest ist es aber nicht „billig“, weil es a) gar nix kostet und b) mich tatsächlich interessiert. So fragte ich zuletzt (keine Angst, weitere Folgen folgen), wo die verehrte Leserschaft das WM-Finale 1990 erlebt habe, welches ich bekanntlich schnöde im Wohnzimmer meiner Eltern verbrachte und danach, ohne noch zum Feiern in die Stadt aufzubrechen, ins Bett ging.

In der aktuellen Sonderausgabe der 11Freunde „Die 90er“ fragen die 11Freunde genau die selbe, billige Frage, die aber auch dort nicht so sonderlich billig ist, weil sie eben berühmte fußballrelevante Persönlichkeiten fragen.

Und dabei kommt doch tatsächlich zutage, dass good old Schiedsrichter Herbert Fandel nicht mehr weiß, wo er das WM-Finale 1990 erlebt hat.

Er weiß es nicht mehr.

Entschuldigung, schwul hin oder her, Freaks, die gerne wollen, aber nicht Fußball spielen können, autoritäre, herrschsüchtige, eitle Charaktere, zwei Gelbe Karten in einem Rutsch, selbst das fälschlicherweise als gültig erkannte Wembley-Tor, das alles würden wir ja noch verzeihen.

Aber: ein Fußball-Schiedsrichter, der sich nicht an ein Fußball-WM-Finale erinnern kann?

Und ausgerechnet so einer soll jetzt das Schiedsrichterwesen revolutionieren?

7 Kommentare

Jahre später noch durchatmen

Little known facts from the WM-Finale 1990. Andreas Brehme, der Mann ohne Hirn. Einem jeden war klar, dass so einer, der ja, selbst wenn er wollte, nicht ins Grübeln kommen konnte vor der Ausführung eines Strafstoßes, nicht verschießen würde können. Anders als bei Lodda Maddäus, der zwar ebenfalls kein Hirn, dafür aber ein eitles Ego besitzt, welches ihn zumindest darüber rätseln hätte lassen, wie das wohl aussähe, vor ungefähr der halben zu diesem Zeitpunkt lebendigen Menschheitsbevölkerung einen Strafstoß zu verschießen, womit er sich genau dieser Prophecy die entscheidenden Quäntchen genähert hätte haben können.

Andreas Brehme also trat an und wir kennen alle das bewegte Bild von diesem astrein, noch dazu gegen einen bekannten „Elfmetertöter“, verwandelten Elfmeter: souverän, hart und platziert ins Eck.

Dass die Realität mal wieder anders aussah als man sich das gemeinhin so zurechtzimmert zurechterinnert, beweist dieses Video ab der als Startsekunde festgelegten Sekunde:

Wenn man sieht, wie der Ball grupschelig auftupft, nur Zentimeter, nachdem er den Strafstoßpunkt verlassen hat, wird einem nachträglich noch mal ein wenig flau im Magen: So ein unglücklicher Zufall hätte auch gut und gerne zu einem verschossenen Strafstoß, gar einem nur peinlich dahindümpelnden, leichte Beute seienden lauen Schüsschen führen können und man ist geneigt zu sagen: Da war doch wesentlich mehr Glück im Spiel, als man erinnert.

Manchmal sollte man die Finger von youtube lassen.

PS: Der Rest des Videos ist natürlich auch sehenswert, wie die Argentinier den Schiedsrichter angrabschen, wie der Dummschwätzer zwar dieselbe komische Frisur wie jetzt hat, damals allerdings noch in einer anderen Farbe und wie Thomas Häßler beim gemeinsamen Torjubel zu spät kommt und angesichts des sich schon auf Andreas Brehme aufgebaut habenden Menschenhaufen auch nicht mehr weiß, wie er da oben nach rankommen soll. Hier ging es aber trotzdem in erster Linie um dieses leichte Auftupfen direkt nach dem Stoß: eiskalt rinnt es den Rücken runter.

13 Kommentare

Heute vor 15.341 Tagen

Man könnte auch 42 Jahre dazu sagen.

Ganz schön spät im Jahr, ganz schön spät in der damals wohl nicht so reglementierten Saison. Mich wundert es ein bisschen, dass ich nirgendwo im Blogos-Quarium davon lese, nicht mal den ordentlichen Chronisten von Thor Waterschei hat das zu einem Beitrag motiviert:

Gebt mir ein W.

Gebt mir ein E.

Gebt mir ein M.

Gebt mir ein B.

Gebt mir ein L.

Gebt mir ein E.

Gebt mir ein Ypsilon!

Dann geb ich Euch diesen Originalartikel jenes Tages, aus englischer Perspektive. Jaja, der junge Beckenbauer, ob das nicht mal ein Fehler war.

In Ermangelung eigener Erlebnisse aus dieser Zeit, vor allem aber in Ermangelung jener DVD mit dem gesamten Spiel, mit der ich sukzessive Lücken wie 1972! und das WM-Finale von 1974 sowie den Gähner von „Jahrhundertspiel“ schließe, bleibt das alles, was ich dazu zu sagen habe. Außer dass der letzte Satz des Beitrags natürlich nicht stimmt. Höchstens für jenen Tag.

5 Kommentare

Man weiß, dass man alt geworden ist …

… wenn man zwei Welt- und zwei Europameistertitel miterlebt hat, gleichzeitig aber schon derer 3 WM-Finalniederlagen und es irgendwie albern bis lächerlich findet, nach einem einfachen Vorrundensieg gegen eine eher marginal daherspielende Mannschaft so etwas wie einen Autokorso zu veranstalten, wild hupend durch die Nacht zu fahren, Fahnen zu schwenken und rumzugröhlen.

Die Leute wissen eben nicht, was es heißt, steigerungsfähig zu bleiben. Wie soll man Sex genießen, wenn man schon vor dem Ausziehen, nun ja.

2:0 in der Vorrunde. Die Hupe bleibt stumm. Man nimmt das genießerisch hin, wohlwissend, dass da noch mehr folgen wird, aber man entblößt sich doch nicht nach einer kleinen Vorspeise schon vor seiner Nachbarin.

12 Kommentare