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Schlagwort: WM 2002

Denk ich an Finnland in der Nacht, werd arg ins Schwitzen ich gebracht

Und das nicht wegen der dortigen Saunen.

Was nach dem gestrigen trotz einer kurzen Ribbeck’schen-Reminiszenz-Phase überzeugenden Sieg ein wenig aus dem Fokus geraten könnte, ist die Tatsache, dass man ja jetzt und auch vorher schon annehmen mag, dass ein Remis in Russland im Bereich des Möglichen läge. Das tut es natürlich für eine deutsche Auswahl in den letzten 60 Jahren (wirklich no pun intended) immer. Und auch die Leistung aus dem Hinspiel gegen Russland gibt zu dieser Hoffnung allen Grund. Und dann nehmen wir mal an, es reichte zu diesem Unentschieden.

Dann sieht man auf dem letzten Kalenderblatt der deutschen Gruppe immer noch ein Heimspiel gegen Finnland.

Finnland.

Klingelt’s?

Das war der Gegner, gegen den man „nur einen Sieg im letzten Heimspiel“ benötigt hätte, um im letzten Gruppenspiel bei gleichzeitigem Punktverlust dieser an England vorbeizuziehen (Didi Hamann, 1:5, Michael Owen und ein schlechter Oliver Kahn). Fehlerhafterweise wählte man damals Gelsenkirchen als vermeintlich co-stimmungsvollstes oder zumindest co-lautstärkstes Stadion in Deutschland, doch Bierhoff und Ziege rumpelten sich zu einem ziemlich laut- und vor allem sieglosen 0:0.

Und am 14. Oktober tritt man nach dem Auswärtsspiel in Russland auch noch mal gegen jene Finnen an, die schon im Hinspiel so stark waren, dass es nur zu einem 3:3 reichte. Ein Remis in Russland und ein Remis zu Hause gegen Finnland, während die Russen im nun mal nicht so ganz so starken Aserbaidschan antreten. Und da wären wir bei der nächsten Parallele zu 2002: Während die Deutschen in Gelsenkirchen sich vergeblich zu einem Sieg gegen Finnland mühten, war ein anderer Deutscher — Otto Rehhagel nämlich — bemüht, zeitgleich beim direkten Gruppenrivalen der Deutschen mit einem Punktverlust der Engländer dafür zu sorgen, dass Deutschland sich direkt qualifiziert. Was Otto Rehhagel auch fast gelungen wäre, nachdem er zwei Mal mit seinem Griechenland in Führung lag, während England erst in der 93. Minuten mit einem — übrigens völlig unverständlicherweise ekstatisch gefeierten — Tor von David Beckham ausglich.

Man muss nicht mal Berti Vogts für den schlechteren Trainer als Otto Rehhagel halten, man muss nur auf den Vergleich Aserbaidschan/Griechenland blicken, um mit der bösen Ahnung ins Geschäft zu kommen, dass gegen Russland ein Remis ganz banal nicht zur direkten Qualifikation reichen würde, wenn man nur ein ebensolches Remis zu Hause gegen Finnland folgen ließe.

(Gepaart mit der noch schlimmeren Ahnung, dass für den Fall dass Aserbaidschan sich dann doch, weil Russland ja auch schon mal gegen Andorra gerne Probleme hat, als der entscheidende Stolperstein für Russland erweisen sollte, wir über Jahre hinaus nicht davon verschont bleiben werden, in unsäglichen Interviews daran erinnert zu werden, dass Berti selbst ja erst den Weg zum WM-Titel 2010 oder was auch immer geebnet hat. So wie er praktisch für alles verantwortlich ist, was je seit ihm im deutschen Fußball passiert. Aber wir wollten uns ja nicht schon wieder wiederholen, so wie er.)

Also, schwitzen wir erstmal, siehe Titel.

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Jens Jeremies war ein Original

Im Getränkemarkt meines Vertrauens hing seit der WM 2002 ein Plakat der damaligen Nationalspieler, diverse Fotos von Ballack, Ramelow, Jeremies in Aktion, mancher von ihnen mit Trauerflor wegen des damals verstorbenen Fritz Walter. Natürlich auch Oliver Kahn, der Titan, wie er in seinem blauen Shirt mit seinen kurzen blonden Haaren irgendeine Deutschland-sucht-die-Superparade-Parade hinlegt bzw. sich selbst bei selbiger. Im Laufe der Jahre vergilbte das Plakat immer schneller und der eine oder andere Bubi, der dort seine nachmittägliche Dose Cola kaufte, wird mit so manchem Gesicht schon gar nix mehr anfangen können. Jens Jeremies? Marco Bode? Marko Rehmer? Wahrscheinlich nie gehört noch gesehen.

Letztens hat jemand das Plakat gegen eins von der „Euro 2008″ ausgetauscht. Eigentlich eine schöne Idee, Vergilbtseins Charme hat auch irgendwo seine Grenzen, doch offensichtlich hatte der Plakatherausgeber keine Rechte an den Originalbildern. Darauf nämlich auch zu sehen: Mario Gomez in Jubelpose. Man kommt nicht umhin, sich zu fragen, bei welcher Euro 2008 ein fröhlicher, jubelnder Mario Gomez aufgenommen worden sein soll.

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Ich sehe was, was Du nicht siehst

Man erinnere sich an den alten Nick Hornby, der da ja schrieb, dass er mit den Fans von Wolverhampton Wanderers mitfühle, welches irgendwann in den 1950ern zwei, drei Mal Meister wurde und seitdem — gar nicht mehr. Als kleiner Junge dachte er, Meisterschaft, das sei so etwas, was in schöner Regelmäßigkeit reihum ginge. Nun warten Fans der Wolverhampton Wanderers schalke-esk seit den 1950ern auf eine Wiederholung des Titelgewinns, allein: vergeblich.

Seit Einführung der „neuen“ Premier League wurde neben Manchester United, dem FC Arsenal und dem FC Chelsea mit den Blackburn Rovers genau ein Außenseiterteam Meister. Klar, bei Wettbewerben mit Turniercharakter ist die Außenseiter-Durchlässigkeit aufgrund der geringen Zahl der Spiele etwas höher, dennoch sind Turniere wie die WM 2002, bei der wirklich alle Großen früh die Segel strichen, selten. Als Selbstverständlichkeit darf man bei der winzigen Zahl von 4 Teilnehmern an einem Halbfinale aus entweder über 200 oder knapp 50 Kandidaten dennoch nicht nehmen. Man muss nur die Zahl der „Großen“ in Europa zusammenzählen und kommt zur Konsequenz, dass es für je nach Maßstab 3-5 Große einfach nicht reichen kann. Umso bemerkenswerter ist jene Bilanz, der gestern nur ein weiteres Kapitel der langen fußballdeutschen Erfolgsgeschichte angehängt wurde:

möglich gespielt verpasst
WM 82 Finale 7 7 0
EM 84 Vorrunde 5 3 2
WM 86 Finale 7 7 0
EM 88 Halbfinale 5 4 1
WM 90 Finale 7 7 0
EM 92 Finale 5 5 0
WM 94 Viertelfinale 7 5 2
EM 96 Finale 6 6 0
WM 98 Viertelfinale 7 5 2
EM 00 Vorrunde 6 3 3
WM 02 Finale 7 7 0
EM 04 Vorrunde 6 3 3
WM 06 Dritter Platz 7 7 0
EM 08 Finale 6 6 0

So sieht „meine“ Bilanz aus, da ich 1982 bezogen auf große Fußballturniere erwacht bin. Das bedeutet auch: Von den möglichen 88 Spielen, die Deutschland hätte machen können, haben 75 stattgefunden. Ich habe also dank des langfristig gesehen überragenden Erfolgs der deutschen Mannschaft nur schlappe 13 mal keinen Fußballabend mit deutscher Beteiligung gehabt, der hätte sein können, und man muss schon sehr undankbar sein, um das nicht zu würdigen zu wissen.

Einfach nur nach Österreich, in die Schweiz, nach Polen, selbst nach Frankreich oder England schauen, um zu sehen, wie gering die bundesdeutsche Quote an nicht stattgefundenen Spielen ist. In den Jahren 82 bis 92 waren es glatt nur 3 Spiele in einem Jahrzehnt, die nicht stattfanden. Nimmt man die Zeit ab der WM 1970 hinzu, wird es nicht schlechter, eher besser. Verpasst nur das Finale der WM 1978, ansonsten alle möglichen Spiel mitgemacht.

Hat da jemand über unansehnlichen Fußball gejammert? Sicher nicht so unansehnlich wie ein Spiel, das gar nicht stattfindet.

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Von Buden und Bekenntnissen

Der Besitzer der Bude (das ist auf Hochdeutsch eine Trinkhalle, man sagt auch Kiosk dazu, wobei Kiosk ein türkisches Wort ist, das ursprünglich „kleines Gartenhaus“ bedeutete), in der ich des Öfteren zu überteuerten Preisen, aber immer begleitet von netter Plauderei, Dinge des alltäglichen Bedarfs erstehe, ist Türke und laut eigenen Angaben seit Mitte der 1960er in Deutschland.

Er ist höchst überzeugt davon, dass Deutschland das Halbfinale gegen die Türkei gewinnt, und wenn er ganz ehrlich ist, sagt er, fühle er ohnehin mehr Verbundenheit mit der deutschen Mannschaft als mit der türkischen.

Er nennt mich immer „Junge“, was eher schmeichelhaft ist, hat die Reinigung gegenüber doch letztens nichts Besseres zu tun gehabt, als an jeden Kleiderbügel der abgeholten Wäsche eine Probepackung einer Anti-Faltencreme für Männer anzuhängen.

„Junge“ — „fossilierte Sprachkenntnisse“ (ein herrlicher Begriff, jeder kennt solche Pappenheimer, deren Deutsch schon immer rudimentär war und sich trotz ständigen Hörens der deutschen Sprache einfach nicht mehr verbessert; die ganz zu Beginn des Spracherwerbs erlernten Fehler scheinen unausmerzbar und vom Zuhören beim Radebrechen bekommt man Kopfschmerzen bis hin zu Schwindelgefühlen, man fragt sich unweigerlich, wie man Jahrzehnte lang etwas falsch machen kann, was man doch jeden Tag in Funk und Fernsehen richtig vorgemacht bekommt) sind da wohl am Werke: Ihm fehlt einfach das Wort für einen Mann mittleren Alters, der aber dadurch noch so jung wirkt, dass er sich EM-Spiele live reinzieht und dann ständig über Fußball diskutieren will, oft für seine Umwelt auch gezwungenermaßen.

Der Meinung des Türken in der Bude nach ist die türkische Mannschaft eine Ansammlung von Stümpern, und die Vehemenz, mit der er diese Meinung vertritt, ließe fast darauf schließen, dass er in Wirklichkeit Kurde ist. Aber: nein. Er ist Türke. Außerdem sei Fatih Terim ein totaler Spinner, ein Disziplin-Fanatiker, was wohl in der Türkei grundsätzlich zwar ginge, aber selbst für dortige Verhältnisse übertreibe Terim.

Der Torhüter ein absoluter Versager und eigentlich seien sie bislang nur mit überbordendem Glück weitergekommen und, man glaubt es kaum, der Kiosk-Besitzer freue sich darauf, dass die deutsche Mannschaft die Türken endlich mal lang mache. Möglicherweise ist auch diese Aussage nur übersteigerter Verkaufsträchtigkeit geschuldet und allen Türken, die nach mir diesen Kiosk betreten, erzählt er das genaue Gegenteil, Hauptsache sie kommen irgendwann wieder und erwerben Spirituosen, Kaugummis oder Zigaretten zu, wie gesagt, überteuerten Preisen bei ihm.

Später betreten tatsächlich ein paar „Jungens“ den Raum (ein begehbarer Kiosk), die ziemlich türkisch wirken, und der sicherlich gewiefte Taktiker, offensichtlich dennoch grundehrliche Kioskbesitzer bleibt bei seiner Meinung, dass die Türken keine Chance haben und er sich sogar darüber freuen wird, wenn Deutschland ins Finale einzieht. Dies stößt bei den justament Dazugestoßenen auf wenig Gegenliebe, angesichts des fortgeschrittenen Alters des Besitzers folgen aber keine Widerworte, nur leicht unwilliges Grummeln ohne konkrete Aussagekraft wird protokolliert.

Peinlich, sagt der Besitzer, seien diese Autokorsos, er arbeite zwar in Mitte, lebe aber in Meiderich und da sei gestern die ganze Nacht geautokorsot worden, was er überhaupt nicht abkönne. Man könne sich ja gerne zwei Stunden lang freuen, aber die ganze Nacht müsse das Gehupe nun auch nicht sein; er als rechtschaffender assimilierter Deutscher wolle schließlich seine Ruhe haben, irgendwann, EM hin oder her, wenn er am nächsten Tag arbeiten müsse.

Allen hier aufgewachsenen türkischstämmigen Deutschen empfiehlt er zudem, für die deutsche Nationalmannschaft aufzulaufen, nicht nur sei dieser Terim eben ein verrückter Disziplinfanatiker, die Türken hätten auch dennoch keine Disziplin und keine Kreativität auf dem Platz. 2002 habe er sich noch ordentlich gefreut, 1996 erst recht, damals allerdings nur über die Qualifikation, über die nämliche Leistung dann weniger, doch inzwischen sei klar: Die Türken seien nur mit Glück so weit gekommen. Und deutsche Disziplin schlägt Glück, sagt er.

„Junge, glaubst Du nicht? Wirst du sehen.“

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Der Mann mit der Bürste hört auf

Natürlich sei man sich bewusst, dass man nicht für jeden ehemaligen Nationalspieler, der seine Karriere beendet, eine Ausnahme machen könne. In diesem Falle jedoch lägen die Argumente auf der Hand: All jenen, die wirklich schlecht Fußball spielen können, sei er ein leuchtendes Vorbild gewesen, dass man es auch mit wenig Technik und wenig Körperkraft bis in die Nationalmannschaft schaffen könne. Und, Hand aufs Herz, die meisten, die hierzulande Fußball spielen, haben doch wirklich eine miserable Technik und laufen nur in so komischen Trikots einem Ball hinterher, weil man sich da im Gegensatz zu Tennis oder Volleyball nicht so oft blamieren muss, weil man überhaupt kein Ballgefühl besitzt.

Unvergessen seien auch seine Verdienste um den Finaleinzug bei der WM 2002: Hätte er sich nicht rechtzeitig eine Gelb-Rote Karte genommen und das Spielfeld verlassen, hätte man womöglich gar nicht mit 2:0 gegen Kamerun gewonnen und wäre schon in der Vorrunde ausgeschieden.

(Absolut klickenswerte Impression von Carsten Ramelow bei seiner Tätigkeit.)

Was ihn außerdem noch für ein Abschiedsspiel qualifiziert: Er nahm ganz im Stile Robbie Williams eine CD mit dem Titel „Sing When You‘re Winning“ auf, welche alleine schon dafür sorgen würde, dass das Stadion bei einem solchen Spiel voll seie. Und mit seiner frühen Entscheidung, Berlin zu verlassen, habe er zudem politisches und soziales Geschick bewiesen und all jenen Leverkusenern, die weiterhin unter grauem Himmel neben dem Bayerkreuz vegetieren, bewiesen, dass ihre Stadt vielleicht doch lebenswert ist. Zumindest wenn das Gehalt stimmt.

Mit den Worten „Intimhygiene ist für mich kein Tabu-Thema.“ beschließt der Mann mit der Binde seine Karriere und will sich nun voll auf seinen Job als Dusch-WC-Botschafter konzentrieren.

Zum Thema heißt es weiterhin, es werde auch in Zukunft keine Ausnahmen bei den Abschiedsspielen geben, nur vielleicht, und wenn, dann eben als Ausnahme. Mögliche Kandidaten für weitere Ausnahmen nach unserem Blondschopf mit der Stahlschiene in der Wirbelsäule nannte der DFB-Präsident auch schon: Zoltan Sebescen und Günter Herrmann.

Inspiriert vom Indirekten Freistoß.

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Spielpraxis, fehlende

Wir hatten das schon mal, es sei mir trotzdem noch einmal erlaubt:

Natürlich merkte man Jens Lehmann die fehlende Spielpraxis an. So wie man letztens Timo Hildebrand die fehlende Spielpraxis bei seinem Fehler zur 0:1-Niederlage seines FC Valencias anmerkte, so wie man auch Oliver Kahn im WM-Finale 2002 die fehlende Spielpraxis deutlich anmerkte, ebenfalls beim Durch-die-Beine-Roller nach Roberto Carlos‘ Freistoß im Spiel gegen Real Madrid in München. Man merkte es auch Harald „Toni“ (nein, der Spitzname ist nicht seltsam) Schumacher im WM-Finale 1986 an und man merkte es sogar Toni „Fußballgott“ Turek im WM-Finale 1954 an: so ein paar Turnierspiele in wenigen Wochen sind einfach zu wenig.

Macht ein Torhüter einen Fehler, ist es ein Fehler. Macht ein Torhüter, der nicht jede Woche spielt, sondern nur trainiert, einen Fehler, ist es ein Fehler wegen mangelnder Spielpraxis.

Genauso wird es morgen regnen, weil ich heute meinen Teller nicht aufgegessen habe.

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Schon wieder Barcelona, 1999

Es war neulich erst Thema hier, jetzt ist es das schon wieder, mit neuen Sichtweisen. Wie findige youtube-Spezialisten herausgefunden haben, gibt es von den entscheidenden Minuten im Camp Nou auch Aufzeichnungen einer Hintertorkamera. Fast schon rührend, wie Collina die niedergeschlagenen Bayern zum Weiterspielen animieren will. Und wenn ich mich nicht täusche, ist es der jüngst zurückgetretene Mehmet Scholl mit der Nr. 7, der als erster wieder aufsteht und noch den Ausgleich erzielen will. Das Bild vom platt am Boden liegenden Oliver Kahn „erinnert“ an das Finale der WM 2002.

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Die schöne Tradition von Torwartfehlern deutscher Torhüter in WM-Finals

2002 war es Kahn, der Ronaldo den Ball zum 1:0 servierte. 1986 war es Toni Schumacher, der unter einem Eckball hindurchflog und den Argentiniern ein Tor ermöglichte.

Wahrscheinlich weiß kaum jemand, dass diese gute Tradition schon 1954 von Toni Turek begründet wurde — von wegen Fußballgott. Das Video bringt es ans Tageslicht: Toni Turek macht vor dem 0:2 gegen Ungarn einen haarsträubenden Fehler. Hier ab 0:40 zu sehen.



Man hörte, ein gewisser Tim Wiese nahm sich später gegen Juventus ein Beispiel an Toni Turek.

Wahrscheinlich liest man nur deshalb nie von diesem Fehler, weil das Finale nun mal gewonnen wurde. Das ist nicht fair gegenüber Oliver Kahn und Harald Schumacher.

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Neues von den Natursektfreunden

Kahn-Bashing, es macht schon fast keinen Spaß mehr. Der alte Mann und das Tor.

Grotesken spielen sich ab.

Es ist ja nun nicht so, als gäbe es in Deutschland, in Europa oder von mir aus auch in Giesing keinen Torwartnachwuchs. Natürlich war Kahn einer der allerbesten seines Fachs, und nach dem Ende seiner Karriere (Gott allein wird wissen, wann dieser ferne Termin endlich ins Haus stehen wird) wird er auch zurecht in einer Reihe mit den ganz großen Torhütern des Fußballsports genannt werden. Seine Leistungen bei der WM 2002 wurden selbstredend ein wenig überhöht, aber so entstehen Mythen halt. Und Kahn war ja beileibe kein Schlechter. Er war mal ein richtig Guter. Nur ist das ebenso wie die WM 2002 schon fünf (!) Jahre her. Und wäre Kahn nur ein Torwart geblieben, was er ja nie war, sondern immer auch Karatekämpfer, Regelbeuger, Vor-Sich-Hin-Philosophierer und -Esoteriker, dann würde man ihn vielleicht sogar nach dem letzten Spiel seiner Karriere ein bißchen vermissen.

Die Tatsache, dass ich Oliver Kahn so viele Zeilen widme, lässt ja ohnehin schon ahnen, dass er kein Kleiner seines Fachs ist. Doch seine Zeit ist abgelaufen: Dass er aufgrund seiner erlahmenden Torhüterschaft eigentlich schon längst hätte ausrangiert werden sollen, hab ich hier schon mehrfach erwähnt. Dazu bedürfte es aber Non-Sentimentalisten, wie es Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß erstaunlicherweise in Personalfragen nicht sind, während sie es doch in vielen anderen Fragen den Fußball betreffend sind.

Einem offensichtlich nur noch durchschnittlichen Bundesligatorhüter eine Vertragsverlängerung anzubieten, während man ein angebliches Supertalent auf der Bank schmoren hat und ebenso leicht an anderer Stelle besseren Ersatz fände, das grenzt an Realitätsverweigerung. Sicher gab es Zeiten, in den späten 1970ern und davor allemale, in denen auch ein 40-jähriger Torwart noch Weltklasse sein konnte. Damals bestand die Weltspitze allerdings auch nur aus Argentinien, Brasilien und einer Handvoll europäischer Nationen. Heute besteht die Weltspitze aus Spielern aus aller Herren Länder, darunter sicher auch der eine oder andere Torwart. Dass bei solch zunehmender Konkurrenz und vor allem der viel athletischeren Spielweise der Verschleiß größer ist, liegt auf dem Spielfeld.

Und dass der Verschleiß bei Kahn selbst ziemlich groß ist, ist ebenso offensichtlich, so sagt er:

„Aber es ist schwer für einen Außenstehenden, diesen unglaublichen Druck, der rund um ein K.o.-Spiel gegen Madrid herrscht, nachzuvollziehen. Und dann passiert noch so etwas wie mit der Dopingkontrolle.“

Er kann mit dem Druck, dem viel zitierten, nicht mehr umgehen. Behauptete er früher noch, dass er „den Druck“ brauche, um Bestleistung zu bringen, demonstriert er jetzt immer wieder, dass er mit dem Druck nicht klarkommt.

Besonders dreist an dieser Äußerung, die er im Rahmen seiner Entschuldigung an den österreichischen UEFA-Angestellten vom Stapel ließ, ist aber etwas Anderes: Dass er sich entschuldigt und im selben Atemzug die Verantwortung für seine Handlung dann doch wieder von sich weist. Bei diesem „unmenschlichen“ Druck, ja, da kann doch niemand erwarten, dass sich ein erwachsener Mann wie ein erwachsener Mann benimmt, und schon gar nicht, wenn das eigentliche Spiel schon zwei Stunden her ist und der Druck sich eigentlich in Freude (schließlich war man ja weitergekommen) umgewandelt haben müsste.

Der Druck ist es gewesen, nicht Kahn. Solch Rumwinselei ist peinlich für einen Sportler, der immer die „Nr. 1″ sein will.

Und inzwischen hat Herr Krösslhuber auch Licht in die dunklen Szenen in den Katakomben der Allianz-Arena gebracht: „Nr. 1″ hat den Becher mit der Urinprobe an die Wand geworfen. Eurosport schreibt:

Laut „Österreich“ habe Kahn den kompletten Doping-Raum (30 Quadratmeter) besudelt und dabei auch die Unterlagen von Dr. Krösslhuber erwischt: „Zum Glück hatte ich die Formulare in doppelter Ausführung dabei, man kann sich ja mal verschreiben“. Der Doktor selbst blieb von der „Sauerei“ verschont: „Ich wurde körperlich nicht attackiert.

Kahn hat den ganzen Raum mit Pisse besudelt, schmeißt einen Becher Fäkalien durch einen Raum, in dem sich ein anderer Mensch befindet, der nicht zu seiner Mannschaft gehört — und er wird nur ein Spiel gesperrt? Jemanden mit Urin zu bewerfen ist auf der nach unten offenen Abscheulichkeitsskala für meine Begriffe schon ziemlich weit unten. Man sollte Kahn durchaus länger als dieses eine Spielchen sperren, vielleicht auch ein Antiaggressionstraining absolvieren lassen, wie man es Kreisligaspielern in einem solche Falle auferlegte.

Seinen hart erarbeiteten Respekt in der deutschen Fußballszene verspielt er neben seinen immer durchschnittlicher werdenden Leistungen aber vor allem mit solchen Ausfällen.

Wer den Druck nicht aushalten kann, sollte nicht mehr mitspielen.

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Knastgeschichten

Stig Tøfting war kurz nach der WM 2002 bekanntlich im Gefängnis. Über die Zeit hinter Gittern wollte er zunächst nichts erzählen. Das gab er dann aber doch preis:

„Ich habe es nicht als große Strafe angesehen, im Gefängnis zu sitzen. Es war ein bisschen wie im Trainingslager mit einer Fußballmannschaft.“

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Zahl der Woche – Folge VIII

Die Zahl der Woche lautet: 17. In 17 (!) verschiedenen Stadien fanden die Spiele der Fußball-WM 1982 statt. Da Barcelona, Sevilla und Madrid mit je zwei Stadien vertreten waren, bleiben immer noch 14 verschiedene Städte, in denen die WM 1982 durchgeführt wurde.

2x Barcelona
2x Madrid
2x Sevilla
Valencia
Bilbao
Elche
Malaga
La Coruna
Saragossa
Vigo
Oviedo
Alicante
Valladolid
Gijon

Für das bevölkerungsbezogen relativ kleine Spanien eine erstaunlich hohe Zahl. Die WM 1978 fand in 6 verschiedenen Stadien in 5 verschiedenen Städten statt.

Klar, dass die WM 2002 in noch mehr Stadien und noch mehr Städten stattfand. Damals waren es aber auch zwei Länder, die die WM ausrichteten: 20 Stadien in 20 Städten.

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Ich habe beschissen gehalten

„Deutschland ist damals nicht Weltmeister geworden, weil ich so beschissen gehalten habe.“

Das sagt Harald Schumacher über seine Leistung im WM-Finale 1986.

Lothar Matthäus ist genauso ehrlich und behauptet, dass er den Elfmeter im Finale 1990 nicht schießen konnte, weil ihm ein Stollen abgebrochen war. Thomas Berthold hat letztens im Interview noch laut gelacht, als er mit dieser Aussage konfrontiert wurde.

Oliver Kahn erzählte nach dem Finale 2002, als er mit seinem entscheidenden Fehler nach Rivaldos Schuss die Torvorlage für Ronaldo gab (Gerd Müller wird sich inzwischen übrigens besonders über diesen Fehler freuen), dass er eine Kapsel- oder Bänderverletzung in einem seiner vielen Finger gehabt habe. Klar. An der Hand verletzt geht man als Torhüter auch in ein so relativ gesehen unwichtiges Spiel wie ein WM-Finale.

Es geht hier nicht darum, „Eier zu zeigen“. Es geht darum, dass ich mich als Zuhörer einfach nicht gerne verarschen lasse und mir fast schlecht wird vor Peinlichkeit, wenn ich diese dummen Sprüche von Loddar oder Olli höre, die sich selbst auch noch vor der Öffentlichkeit so betrügen, dass es weh tut. Wer soll denn diesen Sermon glauben, dass da ein zufällig abgefallener Stollen oder eine Verletzung im kleinen Zeh verantwortlich seien für die Fehler bzw. Kneiferei der beiden?

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Die legendäre SMS von Peter Neururer

Roy Makaay auf Frank Mills Spuren — das wird Frank Mill gerne hören. Aus zwei Metern vergibt Makaay vor dem leeren Tor. Das schaffte in der Bundesliga zuvor nur der Weltmeister 1990 ohne Einsatz, eben jener Frank Mill. Warum Frank Mill sich nun freut? Wenn einem ein mal so ein Malheur unterlaufen ist, wird man schließlich Zeit seines Lebens dran erinnert. Sei es durch irgendwelche Pleiten-, Pech- & Pannen-Videos, sei es durch Anrufe von Zeitungen und Magazinen, wenn etwas Ähnliches mal wieder passiert. „Herr Mill, wie war das damals bei Ihnen?…“. Je mehr andere Kandidaten es mit diesem Malheur gibt, desto seltener wird man durch solche Anrufe genervt. Ich nehme an, die Kiste Bier aus dem Hause Mill ist schon unterwegs in Richtung Makaay’scher Kühlschrank.

Carsten Ramelow fliegt mit Gelb-Rot vom Platz. Das kennt man von ihm, so hat er auch den Einzug der Deutschen ins Achtelfinale bei der WM 2002 ermöglicht. Im entscheidenden Gruppenspiel gegen Kamerun ging er beim Stand von 0:0 freiwillig vom Platz, um selbigen für Bode und Klose zu schaffen, die dann das 1:0 erzielten. Guter Schachzug damals, heute hat es nicht ganz so gut geklappt. 1:1 nur gegen Wolfsburg, somit kein Sieg und auch kein Achtelfinale. Okay, das mit dem Achtelfinale ist ohnehin schwer in der Bundesliga, aber das müsste Ramelow in seiner 12. Bundesligasaison eigentlich wissen. Die Mannschaftskasse wird sich freuen.

In Hannover sucht man (bald) einen Trainer, ich würde ja gerne sagen: „Hier bin ich.“ Allerdings möchte ich eigentlich gar nicht Hannover 96 trainieren. Hannover ist nämlich nicht ganz so spannend, wie man weiß. Als Stadt mein ich jetzt. Als Verein ist es schon spannender. Da muss man sich jede Saison aufs Neue fragen: Wer trainiert denn jetzt unseren Haufen? Der Nachfolger von Neururer wird der elfte Trainer in der elften Saison sein. Und Elfter bin ich nicht gerne. Ich bin lieber Erster.

Apropos Erster, das ist zur Zeit der 1. FC Nürnberg. Schade, dass der allseits geschätzte Hans Meyer dort Trainer ist und nicht der oben erwähnte Neururer. Meyer wird seine Spieler schon zu bremsen wissen und vor allem sich selbst nicht blenden lassen. Dabei wäre mir ein vor Euphorie taumelnder Neururer lieber, der jetzt schon mal von der Champions League und der dauerhaften Etablierung in der Bundesligaspitze des 1. FC Köln, VfL Bochum, Hertha BSC, Hannover 96 1. FC Nürnberg fabuliert, nur um eine halbe Saison später mit demselben Klub abzusteigen. Wie lautete noch Neururers Begründung im Herbst 2005, warum er den Club nicht übernehmen wolle? „Zu wenig Potenzial in dieser Mannschaft.“

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