Wer tatsächlich dauerhaft Fußball-Live-Übertragungen im Fernsehen schaut, der hat entweder kein Geld für eine Eintrittskarte, wohnt zu weit weg von einem relevanten Stadion oder ist einfach zu foul und somit eine Couch-Potatoe.
Wer tatsächlich dauerhaft Fußball-Live-Übertragungen schaut, der wird besser wissen als ich, wie die Landschaft der Kommentatoren derweil aussieht: Wer in dieser Rolle wirklich nervt, wer ganz okay ist und wer eigentlich ein Guter ist. Einschlägige Blogs und Webseiten berichten ausführlich über diese Themen, hier wird in Ermangelung an dauerhafter Fußball-Live-Spiel-Schauen-Motivation nur über einzelne Höhepunkte bzw. Tiefpunkte und noch ein Tiefpunkt und noch ein weiterer Tiefpunkt berichtet.
Gestern brodelte das Westfalenstadion endlich mal wieder so richtig, wenn mich meine alten, müden Augen nicht getäuscht haben, und es brodelte zurecht. Wer dem Zuschau-Vergnügen hinter dem Beamer keinen Abbruch tat, war überraschenderweise, selten genug, der Kommentator. Tom Bartels hat als angenehmen Nebeneffekt eine wohlklingende Stimme, verfügt aber in erster Linie über das Talent, 90 Minuten lang ein Fußballspiel zu kommentieren, indem er 90 Minuten lang ein Fußballspiel kommentiert.
Das ist selten, man darf durchaus anmerken: das ist selten geworden.
Bei ihm ist es aber so und deshalb möchte ich die Nacht heute mal nicht mit Genörgel und negativem Gewitzel beschließen, sondern mit etwas, was man viel zu selten von sich gibt: Mit einem Lob. (Nein, nicht diese hohen Bälle, die nur dazu dienen, einen zu weit vor dem Tor stehenden Torwart zu überwinden: ein echtes Lob.)
Mit Tom Bartels am Mikrofon macht das Fußballschauen Spaß in jeder Hinsicht, natürlich könnte auch er ein wenig mehr Schwafelpausen einlegen, alles in allem aber gibt es nichts zu bemängeln, was uns das Vergnügen verleidet hätte: keine Spielerfrauenfrisuren, keine voreiligen Urteile bei strittigen Szenen und auch kein obszönes Herfallen über den Schiedsrichter bei einer klitzekleinen Fehlentscheidung.
And now for something completely different.
Wer allerdings gar nicht geht und noch mal ins Regelbuch schauen sollte, bevor er sich einer an diesem Abend großen, mehrheitlich wissenden Fußballgemeinde mit seinem lächerlichen Sermon präsentiert, ist Thomas Doll. Natürlich spielt der Dortmunder in jener Szene, die zum ersten Strafstoß führte, zuerst den Ball. Danach senst er aber den dahinterstehenden Bremer voll um und nimmt sogar dessen, hätte er voll getroffen, drastische Verletzung in Kauf. Wie ich hier schon an diversen anderen Stellen bemerkte, ist der Hinweis, dass ein Spieler „den Ball spielt“ für die Entscheidung, ob eine Aktion „Foul“ ist oder nicht, irrelevant. Wichtig ist, ob er „Foul“ spielt, was hier unabweislich der Fall war.
Wenn Doll mit seinen eigenen Fehlern innerhalb des Teams ähnlich umginge, wäre klar, warum er so schnell an Respekt verliert.
Gerettet hat die Doll’sche peinliche Uneinsichtigkeit Thomas Schaaf mit seiner hanseatischen Lässigkeit (obwohl sein Team das Spiel verloren hatte), die zum Hinweis darauf führte, dass man schließlich in der Sendung vorwärts kommen wolle. Es hätte keinen Sinn gehabt, mit einem derart verblendeten Thomas Doll über ein derart eindeutiges hartes Foul zu diskutieren, insofern traf Schaaf die einzig mögliche Entscheidung, das Ganze zu beenden.
Wie auch immer man zu Delling stehen mag, die Verbrüderung zwischen Schaaf und Delling hatte am gestrigen Abend nichts Anbiederndes, vermittelte stattdessen den Eindruck zweier Menschen, die noch nicht den gesunden Menschenverstand verloren haben, die sich aus diesem Grunde zwangsläufig gegen einen wirr daher redenden zu Interviewenden zusammenschließen müssen.
PS: Endlich geht’s weiter.
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