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Schlagwort: Vizemeister

[Update] Die vergessenen Niederlagen

[Update 29.5.2013] Premiere: Erstmals verliert ein deutscher Club ein Finale gegen einen deutschen in der Champions League. Ergibt natürlich automatisch einen deutschen Verlierer, wobei diese Niederlage vielleicht nicht ganz so wahrscheinlich vergessen werden wird wie die übrigen.

[Update] Mal sehen, ob wir morgen eine weitere Finalniederlage mit deutscher Beteiligung ergänzen müssen. Allgemein muss man festhalten: In diesem Jahrtausend überhaupt erst ein einziger Titelgewinn! Da ist wohl nicht viel mit zweit- oder drittbester Liga Europas.

Fast vergessen, zu aktualisieren.

Letztens diskutierten wir die UEFA-Cup-Final-Niederlage des 1. FC Köln gegen Real Madrid, bei der nach einem 1:5 im Estadeo Santiago Bernabeu ein 2:0 im Rückspiel in Berlin gelang, welches nach Adam Riese und auch nach der UEFA nicht dazu reichte, dass der 1. FC Köln seinen ersten Europapokal gewönne.

Danach erreichten mich viele, viele (das Pendant zum Vogts’schen „sehr, sehr“) Wortmeldungen, die mitteilten, dass die betreffende Person gar nicht von dieser Niederlage gewusst hätte. Um genau zu sein war es eine Wortmeldung, die reichte aber aus, mich zu diesem Beitrag zu motivieren. Denn kurz davor schon war ich auf eine Niederlage gestoßen, die mir selbst fast unbekannt war. Ich hatte irgendwann mal davon gelesen, es aber dann schon lange zu den anderen Files auf meiner Festplatte gelegt, was nichts Anderes bedeutet als diese Information dem Sarlacc zu überantworten, dem ewigen Schlund, auf dass die Information nie wieder auftauchen möge.

So kommen wir also heute dazu, alle Europapokal-Final-Niederlagen deutscher Klubs, und ja, auch gerne aus der DDR und von mir sogar gerne aus Österreich und der Schweiz, zu sammeln. Und da man nicht umsonst Leser hat, die etwas für ihr Geld tun sollen, geht diese Frage zunächst mal nicht an mich, sondern an Euch:

Welcher deutsche/ostdeutsche/österreichische/schweizer Klub verlor in welcher Saison in welchem Wettbewerb ein Europapokalfinale?

Nun, eins habe ich ja oben schon verlinkt, und die Mutter aller Niederlagen wird wohl auch niemand vergessen haben. Wären wir bei zweien. Da fällt mir natürlich sofort auch noch Bayer Leverkusen ein, doch dabei soll’s erstmal bleiben. Jetzt Ihr.

  • 1960 Europapokal der Landesmeister Real Madrid – Eintracht Frankfurt 7:3
  • 1965 Europapokal der Pokalsieger West Ham United – 1860 München 2:0
  • 1968 Europapokal der Pokalsieger AC Mailand – Hamburger SV 2:0
  • 1973 UEFA-Pokal FC Liverpool – Borussia Mönchengladbach 3:0 und 0:2
  • 1977 Europapokal der Landesmeister FC Liverpool – Borussia Mönchengladbach 3:1
  • 1978 Europapokal der Pokalsieger RSC Anderlecht – Austria Wien 4:0
  • 1979 Europapokal der Pokalsieger FC Barcelona – Fortuna Düsseldorf 4:3 n.V.
  • 1980 Europapokal der Landesmeister Nottingham Forest – Hamburger SV 1:0
  • 1980 UEFA-Pokal Eintracht Frankfurt – Borussia Mönchengladbach 2:3/1:0
  • 1981 Europapokal der Pokalsieger Dynamo Tiflis – Carl Zeiss Jena 2:1
  • 1982 UEFA-Pokal IFK Göteborg – Hamburger SV 1:0 und 3:0
  • 1982 Europapokal der Landesmeister Aston Villa – Bayern München 1:0
  • 1985 Europapokal der Pokalsieger FC Everton – Rapid Wien 3:1
  • 1986 UEFA-Pokal Real Madrid – 1. FC Köln 5:1 und 0:2
  • 1987 Europapokal der Pokalsieger Ajax Amsterdam – Lok Leipzig 1:0
  • 1987 Europapokal der Landesmeister FC Porto – Bayern München 2:1
  • 1989 UEFA-Pokal SSC Neapel – VfB Stuttgart 2:1 und 3:3
  • 1993 UEFA-Pokal Juventus – Borussia Dortmund 3:1 und 3:0
  • 1994 UEFA-Pokal Inter Mailand – Austria Salzburg 1:0 und 1:0
  • 1996 Europapokal der Pokalsieger Paris St. Germain – Rapid Wien 1:0
  • 1998 Europapokal der Pokalsieger FC Chelsea – VfB Stuttgart 1:0
  • 1999 Champions League Manchester United – Bayern München 2:1
  • 2002 Champions League Real Madrid – Bayer Leverkusen 2:1
  • 2002 UEFA-Pokal Feyenoord Rotterdam – Borussia Dortmund 3:2
  • 2009 UEFA-Pokal Schachtjor Donezk – Werder Bremen 2:1 n. V.
  • 2010 Champions League Inter Mailand – FC Bayern München 2:0
  • 2012 Champions League FC Chelsea – FC Bayern München 5:4 n. E.
  • 2013 Champions League FC Bayern München – Borussia Dortmund 2:1
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Volkskrankheit Gedankengefängnis

Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der usw. Dem Messias sei Dank, er hat uns die Augen geöffnet. Jahrelang war man blind dafür, doch nun ploppen sie überall aus dem Boden wie St.-Pauli-Gegentore: Ja, wer sitzt eigentlich nicht in einem Gedankengefängnis?

Da wäre zunächst der Augenöffner selbst: Er glaubt, es reiche aus, darüber zu sprechen, dass man Durchhalteparolen verwenden müsse, statt sie tatsächlich anzuwenden. Das ist ähnlich wirksam, wie einem Kochtopf Suppe zu erzählen, dass er am besten gleich mal heiß werden sollte. Anstatt ihn einfach heiß zu machen. Ein besonders perfides Gedankengefängnis, wenn jemand ahnt, dass es solche gibt, aber sein eigenes nicht erkennen kann. Was im Prinzip aber für alle Insassen von Gedankengefängnissen gilt.

Ein weiteres seiner Art steht in Hannover, wo man nichts Besseres zu tun hat, als eilig Verträge zu verlängern. Was man spätestens im November — bitte was? — okay, spätestens im Oktober sehr bereuen wird. Das dort aufgestellte Gedankengefängnis erlaubt leider keinen Blick in die Historie von One-Hit-Wondern in Bundesligatabellen. In Hannover ist das Exemplar so groß, dass sogar mehrere Menschen reinpassen. Jene, die die Verträge vorzeitig verlängern, und jene, die auf dem Platz stehen und danach Interviews geben: „Dieser Erfolg hat eine solide Basis.“ Wie gesagt: Von außen sind die Gefängnisse leicht zu erkennen, nur wer drin sitzt, hat es schwer.

Gedankengefängnisse auch in den Hirnen von Münchner Fans. Ein vierter Platz sei ein Ding der Unmöglichkeit. Dabei bräuchte es so wenig, sich daran zu erinnern, wie der FC Bayern in den letzten 2 Millionen Jahren mehrheitlich abgeschlossen hat: Deutlich schlechter als Platz 1, nicht mal Vizemeister wurde man meistens. Doch auch hier: Wieder erlaubt das Gefängnis die Vorstellung nicht, dass sogar ein vierter Platz jederzeit möglich ist.

Auf den Frankfurter Tribünen gibt es gleich hundertfach baugleiche Gedankengefängnisse. Leider hat man darin auch Äbbelwoi erlaubt, welcher die ohnehin schon vorhandene Denkweitenbegrenzung weiter verschärft. Zum Fußballsport gehören Niederlagen und auch ein potenzieller Abstieg dazu. Das einzuplanen, ist von den bedauernswerten Insassen jedoch zu viel verlangt. Dabei steigen jedes Jahr zwei bis drei Mannschaften ab. Nicht allzu selten sogar welche, die noch vor Anpfiff des 34. Spieltags nicht damit gerechnet haben. In Frankfurt hätte man es seit 16 Spieltagen kommen sehen können, wenn denn nicht stets die Gitter im Weg gewesen wären.

Falls es schließlich noch eines letzten Beweises der Existenz von Gedankengefängnissen bedurft hätte: In Hamburg glaubt man ernsthaft, beim kommenden Versuch würde Sisyphos diesmal wirklich Stabilität in punkto Mannschaft und Trainer über die Köhlbrandbrücke rollen.

Sie sind eine echte Volkskrankheit. Weshalb man dem Messias danken muss, dass er allen Beteiligten die Augen geöffnet hat. Gefahr erkannt. Doch:

Entwarnung kann weiterhin keine gegeben werden. Aus gleich mehreren zuverlässigen Quellen verlautbart, dass im Fußballbundesliga-Stift schon eifrig Pläne für den Bau neuer Gedankengefängnisse in der Sommerpause geschmiedet werden.

Hoffnungen auf eine Europa-League-Teilnahme, der Glaube, als Fan selbst der Verein zu sein, und Visionen, demnächst wie der FC Barcelona zu spielen, wabern bereits ziellos zwischen den schwedischen Gardinen umher.

Entfliehen können sie ja nicht.

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Besser anketten, den deutschen Tessiner

Herrliches Zitat, welches demonstriert, dass die 2002er-Finalniederlagenserie an den Leverkusener Spielern doch nicht ganz so spurschwach vorbeigegangen ist, wie nur kurze Zeit später alle beteuerten (ohne Quellen dafür zu haben):

Noch ist es ja nicht so weit, noch hat er seine Karriere nicht beendet. Auch wenn nicht ganz so einfallsreiche Spötter behaupten, das, was Arminia Bielefeld zur Zeit zeige, habe nichts mit Fußball zu tun. Der Polen-Olli, der ja eigentlich Schweizer ist, und noch dazu auch noch nicht-deutschsprachiger Schweizer. Ein Spieler, der über seine gesamte Karriere hinweg sympathisch war, egal, wo er spielte. Mag vielleicht wie bei Bernd Schneider daran gelegen haben, dass er so still und zurückgezogen war und damit eine ideale Projektionsfläche für den Traum von einem echt sympathischen Fußballer bot.

Vielleicht ist er in Wirklichkeit einfach total hohl, aber das würde man gar nicht so recht wissen wollen. Er wirkt vielmehr neben seiner vermeintlichen Bescheidenheit immer ein wenig wie eine viel zu dünn geratene Comicversion von einem Fußballer, weshalb man ihn wohl mit Charakteren aus angenehmen Vorabend-Cartoonserien assoziiert.

Wie dem auch sei, noch ist es nicht so weit, aber der Tag wird kommen, dann wird auch der letzte der älteren Generation der 2006er-WM-Spieler nicht mehr aktiv sein. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch der Rückblick auf seine nicht kurze Karriere fertig sein. Bis es so weit ist, kann man sich vielleicht mit diesen interessanten Porträt der NZZ von Oliver Neuville über Wasser halten, welches eher die Anfangstage seiner Karriere beleuchtet. Und natürlich den traurigen Tief-Höhepunkt:

Oliver Neuville ist auch ein unglücklicher Serien-Verlierer, allerdings auf Weltklasseniveau. 2002 hat er, innerhalb von zwei Monaten, die Meisterschaft verspielt mit Bayer Leverkusen am letzten Spieltag, dann den deutschen Cup- Final verloren, dann das Endspiel der Champions League gegen Real Madrid. Und zuletzt den WM-Final gegen Brasilien, 0:2. „Wir sind anschliessend nach Saint-Tropez in Urlaub gefahren“, sagt Schönwetter. „Und wir mussten ihn anketten an der Bar, sonst wär er runtergfallen.“

Wenn das nicht sympathisch ist …

Achja. Und Raucher ist Oliver Neuville auch.

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