Eigentlich nur eine Frage für immigrierte Nationalspieler, würde man annehmen ob nun aus einer anderen Nation immigriert oder einer anderen Weltanschauung, in der Nationen keine Rolle spielen.
Doch auch der gemeine Fan auf der Straße muss sich diese Frage dann und wann stellen. Zumindest eine gar nicht so kleine Mehrheit jener Fußballfans, die zwar Anhänger eines bestimmten Fußballclubs ist, aber nicht in dessen Heimatstadt lebt und auch noch nie gelebt hat.
Wenn in den Vereinshymnen aus unerfindlichen Gründen nicht nur der jeweilige Verein, seine Farben, seine Spieler und seine Erfolge abgefeiert werden, sondern auch noch die Vorzüge der jeweiligen Stadt schwülstiger noch, als es je ein Reiseprospekttexter hinbekäme, gepriesen werden, dann stellt sich für jeden Auswärtigen die Gewissensfrage: Mitsingen oder nicht?
Von dem einmaligen Lebensgefühl in Köln hat er, auf seinem Sofa in Gera sitzend, doch noch nie etwas mitbekommen. Er kennt, in Buxtehude daheim, den Viktualienmarkt nur aus dem Fernsehen. Und obwohl er selbst in einer Bäckerei in Sulz am Neckar schuftet, ahnt er nicht einmal das Geringste von dem vermeintlichen großen Zusammenhalt in einer Bergarbeiterstadt wie Gelsenkirchen.
Mitzusingen wäre also ein wenig verlogen, wenn der Songtext jene eine Stadt so preist, da man ja nicht nur ahnungslos bezüglich der Eigenarten dieser Stadt ist, sondern auch keine sonstige Verbindung zu der Stadt hat. Nur weil man einst gerne Littbarski zusah, liebt man doch nicht die Stadt Köln und schon gar nicht ihre Bewohner.
Nicht mitzusingen würde aber das eigene Fan-Erlebnis in jenem Aspekt entscheidend schmälern, der überhaupt erst ausschlaggebend für ein Fandasein ist: dem emotionalen. Noch dazu erweckte es den Anschein, als würde man den Text der Hymne des eigenen Vereins nicht kennen. Das kann sich kein Fan erlauben, der als „echter“ tituliert werden will.
Ein Dilemma also, aus dem es kein Entrinnen gibt. Denn sich in dieser Frage nicht zu entscheiden, ist nicht nur nach Watzlawick nicht möglich.
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