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Schlagwort: Udinese Calcio

Alle Elfmeterschießen deutscher Clubs im Europapokal (und Losentscheide)

Filed unter: „Mit Legenden aufräumen“.

Die Bilanz bei Elfmeterschießen in Europapokalen ist aus Sicht deutscher Clubs zwar nicht ausgeglichen, sondern leicht positiv, aber weit entfernt davon, makellos zu sein. Insgesamt stehen 24 gewonnene Durchführungen 16 verlorenen gegenüber. Insofern kann man den Mythos gerne auch beerdigen, dass es irgendetwas mit der Nationalität und der manchmal dazugehörigen Mentalität zu tun hätte, dass es bei der Nationalmannschaft des DFB in dieser Disziplin so gut läuft. Schließlich fanden die allermeisten der unten aufgelisteten Elfmeterschießen zu einer Zeit statt, als die Zahl der Ausländer in einer Vereinsmannschaft noch begrenzt war oder schlicht gar keine zu einem Elfmeter antraten.

(Sollten noch welche fehlen, ob von Werder Bremen, dem 1. FC Kaiserslautern oder auch von Hansa Rostock: die Kommentarspalte ist 24/7 geöffnet.)

Darstellung des Ergebnisses im Elfmeterschießen ist jeweils aus Sicht des deutschen Clubs. Hinter dem Clubnamen ist die Bilanz in der Form (gewonnene/teilgenommene Elfmeterschießen) ausgewiesen. EC1 ist Champions League und Europapokal der Landesmeister, EC2 der Europapokal der Pokalsieger, EC3 ist Messe-Pokal, UEFA-Pokal und Europa League, SC steht für Supcercup. Et voilà:

FC Bayern München (5/6)
SC FC Chelsea 5:4
EC1 FC Chelsea 3:4
EC1 Real Madrid 3:1
EC3 PAOK Saloniki 9:8 (siehe auch Pfaff und der PAOKenschlag)
EC1 FC Valencia 5:4
EC1 Atvidaberg FF 3:1

FC Schalke (2/4)
EC3 Inter Mailand 4:1
EC3 Bröndby 1:3
EC3 Slavia Prag 4:5
EC1 FC Porto 4:1

Borussia Dortmund (2/4)
EC3 AJ Auxerre 6:5
EC1 FC Brügge 2:4
EC3 Udinese Calcio 3:4
EC3 Glasgow Rangers 3:1

Dynamo Dresden (3/3)
EC3 Dynamo Moskau 4:3
EC1 Partizan Belgrad 5:4
EC1 Malmö FF 5:4

Lok Leipzig (3/3)
EC2 Girondins Bordeaux 6:5
EC3 Ipswich Town 4:3
EC2 Velez Mostar 3:0

BFC Dynamo (2/3)
EC2 Cardiff City 5:4
EC2 Dynamo Moskau 1:4
EC1 FC Aberdeen 5:4

Carl Zeiss Jena (2/3)
EC3 RWD Molenbeek 6:5
EC3 Stal Mielec 2:3
EC2 Slavia Prag 3:2

Bayer Leverkusen (1/3)
EC3 Espanyol Barcelona 3:2 (siehe auch Ein Abend für acht Mark mit Tita, Calli und Liza)
EC1 Atlético Madrid 2:3
UI-Cup Tirol Innsbruck 3:5

Hamburger SV (0/2)
UI-Cup Olympique Montpellier 0:3
EC3 Sparta Rotterdam 1:4

VfB Stuttgart (1/1)
EC3 Real Sociedad 4:1

Vorwärts Berlin (1/1)
EC2 Benfica Lissabon 5:3

Sachsenring Zwickau (1/1)
EC2 AC Florenz 6:5

1. FC Kaiserslautern (1/1)
EC3 Ararat Erewan 5:4

Karlsruher SC (1/1)
UI-Cup Bursaspor 6:5

Borussia Mönchengladbach (0/1)
EC1 FC Everton 3:4

Eintracht Frankfurt (0/2)
EC3 Austria Salzburg 4:5
EC2 PAOK Saloniki 3:4

1. FC Magdeburg (0/1)
EC1 Malmö FF 1:2

Mainz 05 (0/1)
EC3 Gaz Metan Medias 3:4

Losentscheide

Im Folgenden nun die Losentscheide, wo die Bilanz verheerend aussieht, was aber bekanntlich nichts mit sportlichen Komponenten zu tun hat. 4x wurde gelost, 4x war das deutsche Team danach ausgeschieden. Kein Wunder also, dass mit Karl Wald ein Deutscher das Elfmeterschießen erfand.

1. FC Köln (0/1)
EC1 FC Liverpool verloren

Wismut Karl-Marx Stadt (0/1)
EC1 Gwardia Warszawa verloren

SC Aufbau Magdeburg (0/1)
EC2 Galatasaray Istanbul verloren

Hannover 96 (0/1)
EC3 FC Barcelona verloren

Schöne Faktenhuberei mal wieder, Mythos als nicht komplett falsch widerlegt, aber eben doch mit Werten, die nicht weit vom Zufall entfernt sind. Dass man Strafstöße und den Umgang mit dem Stress bei einem Elfmeterschießen sehr wohl trainieren kann, bleibt dem sonst so vertrainingswissenschaftlichten Fußball offenbar weiter ein Geheimnis, schaut man allein auf die Art der Durchführung von Strafstößen im Allgemeinen und im Elfmeterschießen ebenso.

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Kognitive Dissonanz

Wem das Phänomen der kognitiven Dissonanz nicht bekannt ist, der bemühe Wikipedia zu diesem Thema:

„Als ‚Kognitive Dissonanz‘ versteht man in der Sozialpsychologie einen als negativ empfundenen Gefühlszustand, der durch nicht miteinander vereinbare Kognitionen – Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten – entsteht. Dieser Zustand motiviert Personen, die entsprechenden Kognitionen miteinander vereinbar zu machen, wobei unterschiedliche Strategien benutzt werden, wie beispielsweise Verhaltensveränderungen oder Einstellungsveränderungen (Rechtfertigungen).“

Und dann schauen wir auf schwatzgelb.de und finden ein herrliches Beispiel angewandter kognitiver Dissonanz. Ein gewisser DvB schreibt dort davon, dass zwar heute UEFA-Cup ohne seinen heiß geliebten besten Club der Welt stattfindet. Doch störe ihn das keineswegs, wer wolle schon ständig Spiele gegen Klubs aus dem Osten oder aus Holland sehen und noch dazu sei man ohnehin übersättigt von den vielen englischen Wochen der letzten Zeit. Und zu guter Letzt war „Udine ein Highlight“, an das man sich gerne erinnern könne.

Natürlich. Der Mann hat vollkommen Recht: Niemand möchte seinen Verein im UEFA-Cup spielen sehen. Niemand möchte englische Wochen bei seinem Verein erleben, viel zu anstrengend, wenn man immer ins Stadion muss und dann evtl. sogar noch Spiele gewinnt und sich freuen muss. Das kann niemand ernsthaft wollen. Und weil er so Recht hat, ist es auch gut, dass er so einen Beitrag schreibt, online stellt und offensichtlich glaubt, dass es wirklich seine ureigene Einstellung ist und nicht die Auswüchse der kognitiven Dissonanz, die ihn zu solch zauberhaftem Schwachsinn treiben, dass er den UEFA-Cup lieber ohne seinen Club stattfinden sieht.

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Neu auf dem Speiseplan: der Udinese-Karlsruher-Hamburger

Irgendwann war ich mal jung, da bestand diese Webseite noch nicht, wohl aber Anfänge des Internets. Das war lange vor twitter, myspace oder Blogs als solchen. Damals gab es aber schon Webseiten. Ich schrob über Fußball und ließ irgendwo auch meine Emailadresse online veröffentlichen.

Eines späteren Tages, da war ich immer noch jung, erhielt ich eine Email aus renommiertem Hause. Ein Software-Produzent aus Großbritannien befasste sich gerade mit der Erstellung eines neuen Fußballspiels, das sämtliche europäischen Ligen umfassen sollte. Um bei den als wandelnde Meta-Gedächtnisse bekannten Fußballliebhabern Eindruck zu schinden, sollten selbst solche Marginalien wie welcher Spieler eines Teams für gewöhnlich einen Eckball von links und welcher einen Eckball von rechts träte, wie die Reihenfolge der Schützen für einen Elfmeter lautete oder auch wer Publikumsliebling sei, im Spiel realitätsgetreu enthalten sein. Deshalb bat man mich als ausgewiesenen xy-Fan um Antwort auf diese und noch ein paar weitere Fragen für jenen Verein.

Diese Fragen beantwortete ich wahrheitsgemäß — soweit diese Informationen mir bekannt waren (wer kennt schon den dritten „etatmäßigen“-Elfmeterschützen seines favorisierten Teams, wenn selbst der dritte „etatmäßige“ Elfmeterschütze des favorisierten Teams nicht weiß, dass er das ist?).

Weil ich aber ein Klugscheißer bin und ein Softwarehaus aus Nicht-Kontinental-Europa für gewöhnlich ungefähr 0,3 Prozent (wobei die drei Zehntel hinter dem Komma nur aus „Achtung!“, „Kraut“ und „Kindergarten“ bestehen, um nicht das unsägliche „Blitzkrieg“ zu bemühen) der deutschen Sprache beherrscht, ich zudem Screenshots der angedachten Endversion zu sehen bekam, kam ich nicht umhin, zu mailen, dass die dort aufgelisteten Spielpaarungen einige kleine Fehler enthielten:

Karlsruher Dortmund 2:1
Hamburger Hertha BSC 3:0
Bielefeld Karlsruher 1:2
Köln Hamburger 0:2

In meinem damaligen Übereifer („someone is wrong on the internet“) schrob ich eine Mail, dass das auf keinen Fall so bleiben dürfe, erging mich in Erklärungen und -läuterungen, warum Karlsruher falsch sei, während die Stadt Karlsruhe hieße, der Club aber Karlsruher SC und so weiter und so fort und sowieso genauso beim Hamburger. SV.

Natürlich hieß der Club in der Endversion dann „Karlsruher“, der Hamburger SV hieß „Hamburger“ und man ahnt, dass man sich all den Aufwand hätte sparen können, zu fragen, wer denn dritter Eckenschütze von links sei, wenn man nicht mal die 18 Teamnamen korrekt wiedergab. Aber deutsche Grammatikschwerowitsch und für Muttersprachler von Sprache ohne Grammatik nicht nachvollziehbar, wenn nicht in Unterricht gewest.

Und so betrübt es mich nur wenig, dass einer der Dortmunder (unbekannt, welcher) Spieler, die in der vergangenen Woche so unglücklich gegen Udinese Calcio ausschieden, im Interview sabbelte:

„… ist natürlich schade, so gegen Udinese auszuscheiden … und so müssen wir uns auch nicht schämen, dass die Udineser nun mal weitergekommen sind und wir nicht.“

Die Udineser sind so etwas wie die Karlsruherer oder die Hamburgerer, neuerdings bekannt als der Udinese-Karlsruher-Hamburger. Mit extra viel scharf und mit alles, aber ohne Grammatik: Udine.

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