photo credit: Cellular Immunity
Die Hoffnung, dass sich irgendjemand mal etwas anderes einfallen ließe als diese beiden Langweiler, ist leider vergebens.
13 Kommentarephoto credit: Cellular Immunity
Die Hoffnung, dass sich irgendjemand mal etwas anderes einfallen ließe als diese beiden Langweiler, ist leider vergebens.
13 KommentareAllerdings nicht erst seit heute.
Das Wort Blamage wurde im 18./19. Jahrhundert in der Bedeutung „Beschämung, Schande“ aus dem französischen blâmer („tadeln“) entlehnt. Das französische blâmer geht auf das lateinische blasphemare, „lästern, schmähen“ zurück. Heute steht Blamage auch für „Bloßstellung, Reinfall, Peinlichkeit“. Das Verb blamieren in der Bedeutung „bloßstellen, beschämen“ wird im deutschen Sprachraum bereits seit dem 17. Jahrhundert verwendet. Das Adjektiv blamabel für „beschämend“ ist seit dem 19. Jahrhundert in Gebrauch.
Man kann theoretisch, so es angepfiffen wird, ein jedes Spiel verlieren. Je weiter-weg-klassig der Gegner nach unten hin ist, desto angebrachter das Wort. Bei einem Unterschied von nur einer Klasse wird es dann aber und wie oben bereits gesagt nicht erst seit heute inflationär.
War nur so als eines der vielen Beispiele zufällig ausgewählt die Niederlage gegen den zumindest selbst erklärten Aufstiegsaspiranten wirklich eine „Blamage“ von Borussia Mönchengladbach? Oder ist mein Sprachempfinden so vermurkst, dass es gänzlich anders funktioniert als das derjenigen, die die immer gleichen, vollkommen unangemessenen Floskeln in die Tasten trompeten, sobald nur ein Favorit (auf dem Holz) gegen einen Nicht-Favoriten ein Spiel verliert?
(Das waren zwei rhetorische Fragen.)
Blamieren ist das neue, eigentlich leider schon allzu alte Respekt.
Es gehört nicht minder in den Schrank geschlossen und nur zu besonderen Anlässen herausgeholt. Sollte jemand aus Versehen den Schlüssel verlieren, würde ihm allerdings auch niemand eine Träne nachweinen.
19 KommentareSo, die Jagd ist erfolgreich eröffnet. Ab heute bzw. gestern schon geht es wieder darum, sich für folgende Metapher, die in der Champions League und im internationalen Fußball angeblich ausgelobt wird, zu qualifizieren. Nicht, dass noch jemand auf die Idee käme, es ginge um sportlichen Erfolg. Dafür hat der Mensch schließlich diese Metapher erfunden.
5 KommentareOkay, die Überschrift passt nicht ganz, denn natürlich weiß man, als Deutscher, wie man diesen Namen auszusprechen und zu betonen hat. Nur halbgar gegessen werden kann deshalb die Meldung des sid, dass Energie Cottbus so schlau war und angeblich auch schon länger ist, den Presseheinis die richtige Aussprache der Namen ihrer ausländischen Spieler aufzuschreiben:
kommt dann dabei heraus, wenn es um Savo Pavicevic geht. Welche der insgesamt 16 Möglichkeiten zur Betonung dieses Namens nun die richtige ist, erfährt man allerdings nicht.
Wozu gibt es Akzente auf Buchstaben oder andere Strichelchen, die das deutlich machen würden? In Cottbus wäre das anscheinend keine rhetorische Frage.
13 KommentareUnter dem Titel „Mein Hirn schlägt für den Sauerland“ veröffentlichte ich letztens folgenden Beitrag:
Da hat Adolf Sauerland, amtierender Bürgermeister der Stadt Duisburg, den Großwesir des Fußballs, JSB, wohl nicht ganz korrekt zitiert, als er anlässlich des UEFA-Pokalfinals sagte:
„Die Zukunft des Frauenfußballs ist weiblich.“
Hatten sie mich dereinst noch als „Blog des Monats“ o. Ä. dem Leser empfohlen und mich immerhin als Urheber dieses Beitrags genannt, welchen sie ebenfalls zitierten, waren die 11Freunde wohl in der jetzigen Ausgabe zu faul, noch mal auf „Trainer Baade“ hinzuweisen. Kann natürlich sein, dass ich mich irre, und dass dieses ebenfalls schöne Bonmot Adolf Sauerlands ohnehin geläufig ist, ich bin mir da allerdings ziemlich unsicher. Nachzulesen in der aktuellen Ausgabe auf Seite sowieso.
Der willkommene Hinweis auf diese Begebenheit kam von Kai, treuer 11Freunde-Leser (und Trainer-Baade-Leser), der er ist. Auf Seite 20 steht es, wie Spielbeobachter weiß. Ebenfalls Danke.
8 KommentareLetztens hat mich jemand sehr schwer beleidigt. Er rief „Scheiß Trainer Baade“.
Das saß.
Es schmerzte.
Der Schmerz wollte kaum aufhören und zusätzlich zum allgegenwärtigen Weltschmerz gesellte sich nun auch noch der Schmerz über diese üble Beleidigung hinzu. Kaum auszuhalten.
Das war aber noch nicht alles.
Um meinen Schmerz zu verarbeiten oder ihm zumindest Zeit zu geben, ein bisschen zu sacken und dann nicht mehr ganz so präsent zu sein, entschloss ich mich zu einem Spaziergang am Hafen. Das Wasser, die Schiffe, das Tuten der Schiffe, das geschäftige Treiben sollten mich ablenken. Doch es kam nur noch schlimmer.
Ein Hund lief auf mich zu, schnüffelte an mir herum und von Weitem hörte ich den vermeintlichen Besitzer rufen:
„Pfui, Bello!“
Das saß erst recht.
15 KommentareHeute geht’s nicht um die teils nervzermarternde Sprache, also die Wortwahl, im Sportjournalismus, sondern etwas, von dem man gar nicht wusste, dass es das gibt:
Die Bedeutung der gewählten Worte.
Viele dachten, Sprache und Worte im Sportjournalismus, gar im ganzen -geschäft hätten eigentlich gar keine Bedeutung. Man könnte sich das gut versinnbildlichen, wenn man des Menschen zweitliebsten Freund (nach dem Fußball) hinzuzieht: den Hund.
Bedeutung haben die Geräusche, die ein Hund von sich gibt, nämlich Stand der heutigen Forschung en detail nicht. Sie begleiten lediglich eine Situation, deren übergeordnete Valenz sich schon aus dem eigentlichen Setting heraus ergibt: Gefahr, Freude, Langeweile, Hunger, Angst, Freundschaft und dergleichen mehr. Es ist also vollkommen egal, was ein Hund bellt, die Beteiligten, ob nun Hase, Postbote, Einbrecher oder in den Semesterferien von der Uni heimkehrende Tochter der Familie, wissen ohnehin, was gemeint ist; sogar der Hund, der zwar nicht weiß, was er bellt, aber warum, denn sonst würde er nicht bellen. Völlig unnötig also, genau hinzuhören; es genügt, wahrzunehmen, dass der Hund bellt, womit für ihn und für den nicht genau Hinhörenden die Situation ausreichend beschrieben ist.
Genau so, dachte man bislang, verhält es sich damit, wenn ein Kommentator ein Spiel beschreibt: der genaue Inhalt dessen, was er sagt, ist irrelevant, alle Beteiligten, die Sportler sowieso, aber auch die Zuschauer vor Ort und am Fernsehen, der Bildregisseur und die gar nicht genau zusehende Partnerin, die gerade gelangweilt aus dem Fenster schaut, wissen, welche Valenz die Situation hat und was das für die kurzfristige Zukunft bedeutet.
Nun aber haben Untersuchungen ergeben, dass es mit den Kommentatoren doch anders ist als bei den Hunden: Ihre in die Übertragungswellen gebellten Laute haben eine Bedeutung. Böse Zungen würden fragen: aber in welcher Sprache? Doch auch das ist geklärt. Deutsche Reporter benutzen deutsch plus ein bisschen denglisch, während englische Reporter englisch benutzen, isländische isländisch usw. usf., man kann diese Reihe beliebig fortsetzen.
Nachdem also bekannt wurde, dass es entgegen der landläufigen Meinung eine Bedeutung gibt, die sich hinter dem die Situation begleitenden, von Sportirgendwas verursachten Geräuschpegel gibt, hat man sich intensiver mit dem beschäftigt, was bei Übertragungen und Diskussionen zu hören ist. Und siehe da: Es gibt zwar eine Bedeutung, nur ist die so inhaltsleer, dass man sie als normaler Mensch kaum finden kann. Man sucht und sucht und sucht in den verwendeten Formulierungen, die geäußert werden, aber es gibt keine verwertbaren Informationen darin, die dem bereits allseits Bekannten etwas hinzufügten.
Der Glöckner von Notre Dame, der gute Mensch von Sezuan, der Kaufmann von Venedig, der Kaiser von China.
1 KommentarPaliducha ist spanisch und bedeutet blass, bzw. leichenblass.
Anders kann man die Stimmung bei den Bayern wohl nicht bezeichnen, die vor dem Duell mit dem FC Barcelona dominiert. 1:5 gegen den VfL Wolfsburg, dazu die beiden Demütigungen durch das die Abwehr austänzelnde Tor Grafites und der das noch krönende Austausch des Torhüters in der letzten Spielminute. Beides halb so wild, wenn man das als reinen Unfall ablegen könnte. Angesichts der Leistung der Defensive der Bayern war dies aber kein Unfall, es ist vielmehr bezeichnend für die gesamte Saison. Ein unsicherer Torhüter plus ausgefallene Stammverteidiger plus ein Star-Mittelfeld und -Angriff, die sich für jede Arbeit nach hinten zu schade sind, das wird heute Abend nicht anders sein. Und da darf man dann zurecht etwas blass werden.
Auf barceloninanischer Seite spricht man natürlich davon, dass es aus ihrer Sicht kein schlechteres Ergebnis vor dem Duell hätte geben können, weil die Bayern jetzt heiß seien, diese Niederlage wettzumachen, während die bundesdeutschen Medien schnell darauf hinweisen, dass Bayern noch nie gegen Barcelona verloren habe. Und dann ist da ja noch der Ausdruck der
bestia negra.
Die Legende, die sich darum rankt, dass man in Spanien höllischen Respekt vor den Bayern habe, weil diese wie eine bestia negra, wörtlich eine „dunkle Bestie“, auch in den letzten Minuten des Spiels immer noch zuschlagen und die Punkte respektive den Sieg oder das Weiterkommen rauben können, ist schlichtweg falsch.
„Bestia negra“ ist ein zusammengesetzter Ausdruck, der nichts anderes als „Angstgegner“ bedeutet. Ganz platt, ganz banal, ist es einfach eine feststehende Wendung, die man eben nicht wörtlich übersetzen darf. Jetzt bitte alle wieder die Wörterbücher zuklappen und sich fragen, warum das von all jenen, die jahrelang voneinander abschreiben, nicht mal geprüft wird, bevor man es nachplappert.
7 KommentareIch weiß, ich darf nicht so kleinlich sein, ich alter Rübenbauer und -zähler. Ich darf auch keine Ticker lesen. Oder Radio hören. Oder Konferenzen schauen.
Ich weiß aber, dass ich ein Gehirn habe, das Sprache versteht, menschliche, und das noch dazu in der Lage ist, Falsches von Richtigem zu unterscheiden.
Okay, soweit nichts Besonderes, ich gehe schwer davon aus, dass es allen meinen Lesern ebenso geht.
Jene, denen es eventuell nicht so geht, heiße ich trotzdem hier willkommen, und man kann dann und wann auch immer wieder etwas lernen.
Zum Beispiel, wann die Benutzung bestimmter Wendungen falsch ist. Bestes Beispiel ist der Beitrag unter diesem: „Auf der Linie kleben“. Das ist natürlich im falschen Kontext verwendet, denn was soll ein Torhüter bei einem Strafstoß anderes machen als auf der Linie zu bleiben. Natürlich „klebt“ er dort nicht, das ist ohnehin allen klar, aber von dieser Linie wegbewegen kann er sich kaum.
Eigentlich verwendet man die Formulierung „auf der Linie kleben“ für einen Torhüter wie Oliver Kahn es war, der bei jeder noch so nah an den Fünfmeterraum geschlagenen Flanke auf der Linie klebte, dann das Kopfballtor aus 3-5m Entfernung kassierte und dafür dann vom jeweiligen Kommentatoren gelobt wurde, indem dieser behauptete, dieser Kopfstoß aus so kurzer Entfernung sei „natürlich“ unhaltbar gewesen.
Während man auf den Flankenfänger (nicht Fliegenfänger) Jens Lehmann gerne eindrosch, wenn er ein Mal bei 280 Versuchen pro Saison an einer Flanke vorbeiflog und somit ein Tor verschuldete. Inwieweit das jetzt vergleichbar ist, 3-5 Tore pro Saison aus nächster Nähe zu kassieren, weil man nicht die Eier hatte, zu versuchen, die Flanke abzufangen, oder ob man 1 Tor kassiert, weil man jedes Mal rausgeht und dabei keine 3-5 Tore aus nächster Nähe kassiert, aber 279 Flanken abgefangen hat, wage ich nicht zu beurteilen.
Was ich aber beurteilen kann, ist die Formulierung „und jetzt ist alles wieder offen“, wenn ein Team gerade mal den Anschlusstreffer erzielt hat. Da frage ich mich: wie offen wäre das Spiel erst, wenn es jetzt plötzlich nach dem Anschluss- auch noch den Ausgleichstreffer gäbe? 2:2 statt 1:2. 3:3 statt 2:3. Wäre das dann so offen, dass man gar keine Worte mehr dafür fände?
Oder verstehe ich das falsch, dass eine Partie, in der eine Mannschaft mit einem Tor führt, nur insoweit offen ist, dass gerade mal ein lächerliches weiteres Tor der zurückliegenden Mannschaft dazu führen würde, dass das Spiel jetzt völlig, total und überbordend offen wäre? Während es aktuell, nach dem Anschlusstreffer, so offen ist, dass z. B. der Schiedsrichter, wenn er bei diesem Spielstand abpfiffe, tatsächlich eine Mannschaft zum Sieger erklären würde und die Mannschaft, die gerade durch Erzielen des Anschlusstreffers die Partie wieder „völlig offen“ gestaltet hat, plötzlich und unerwartet doch der Verlierer dieser Partie wäre, obwohl sie diese doch wieder „völlig offen“ gestaltet hat?
Vermaledeite Sprachmurkserei. Eine Partie ist nie „völlig offen“, wenn ein Team den Anschluss erzielt hat, sie ist erst dann wieder völlig offen, wenn der Spielstand ausgeglichen ist.
Aber wem erzähle ich das, haben meine Leser doch alleweil ein Hirn, das das in aller Regel selbst merkt. Diejenigen, die das schreiben oder in den DFB-Pokal-Nachthimmel hinausposaunen, hingegen wahrscheinlich eher nicht.
10 Kommentare„Spieler xy soll gehen“ lesen wir allerorten. Man fragt sich unweigerlich, ob das in einem Fußballspiel eine adäquate Verhaltensweise sein kann. Zwischen den beiden Halbzeiten vielleicht, aber ansonsten wäre es ratsam, wenn Mannschaften, die nicht gerade mit Erfolg gesegnet sind, ihren Spielern nicht empföhlen, zu gehen, sondern endlich mal zu rennen.
2 KommentareIch wollte ja nicht mehr auf „lustige“ Tippfehler anderer Menschen hinweisen, weil das so 2004 ist und es eigentlich 2004 auch schon nicht lustig war.
Das hier geht aber so eben noch durch, weil es kein Tippfehler ist. Sondern ein Denkfehler.
Schließen wir mal die Augen, befreien uns vom Ballast des Alltags und denken erstmal an nichts, um sozusagen den Arbeitsspeicher frei von allen alten Verknüpfungen zu bekommen. Denken wir an nichts, an gar nichts. Jetzt weht ein laues Lüftchen, man hört frühlingshaft ein paar Vögel zwitschern, und
jetzt
kommt die Aufgabe.
Bitte stellen Sie sich ein Fußballspiel vor. Egal welches, ob Champions League oder Kreisliga, ob Frauenfußball oder auf der Straße… sehen Sie den Ball? Sehen Sie die Spieler? Sehen Sie, wie sie laufen, wie sie passen, wie die eine Mannschaft den Ball immer in die eine Richtung treiben will und die andere Mannschaft in die andere Richtung? Lassen Sie das Bild von einem bewegten Fußballspiel noch eine Weile auf sich wirken, schauen Sie ruhig noch ein bisschen zu.
Genug? Schön.
So, und jetzt frage ich Sie: Welche Assoziation kommt Ihnen beim Betrachten dieses Spiels in den Sinn?
…
Wie bitte? Ich glaube, ich habe nicht richtig verstanden. Was?
„Loveparade“?!
3 KommentareNach (gefühlten) Jahren der Abstinenz schaue ich mal wieder Sportschau:
Die Gesamtinszenierung hangelt sich an dem auch im Studio visualisierten Bild einer „Schlittenfahrt“ entlang, von Berlin über Stuttgart nach Hamburg. Oder so.
Die Frage ist wirklich: Für wen macht man solch eine lächerliche Scheiße?
Doch wohl hauptsächlich für diejenigen Leute, die sich das ausgedacht haben, die wahrscheinlich ihren Lebensunterhalt damit bestreiten, sich solch eine anwidernde Stillosigkeit auszudenken. Das mag in anderen inhaltlichen Regionen, Supernanny, Lindenstraße oder was es sonst noch gibt, angemessen sein. In einer Sportschau-Sendung, die von der Bundesliga berichtet, ist es überflüssig wie ein Kropf. Es ist nicht nur überflüssig, es ist noch dazu infantil. Es ist billig, es ist Lidl- oder Aldi-Geschmack, wo man doch eigentlich nichts anderes erwartet als: Fußball.
Niemand braucht Weihnachts-, Nikolaus- oder sonstige Winter-Analogien, wenn er einfach nur Fußball sehen will.
Außer natürlich den Leuten, die sich das ausgedacht haben.
Abgesehen davon bin ich nun endgültig davon überzeugt, dass man keinen Kommentator mehr bei Kurzzusammenfassungen benötigt. Diese vermaledeite Superlativinflation und dieses ständige sich an dem, was man sieht, Aufgeilen, die verschwuppt betonte Sprache, die Verschwurbeltheit und die unsägliche Aufbauschung kleinster Vorfälle inklusive dem Spiel immanenter Dinge wie z. B. Torschüsse oder Zweikämpfe, ist derart realitätsfern und abturnend, dass man einfach nicht mehr anders kann, als abzuschalten. Oder sich zu wünschen, dass für den Fernseher das gälte, was Steffen Simon über Stuttgarts Ausgleichtor doch tatsächlich vor Millionen von Menschen ins Mikro blökte:
„Da macht es einfach Bumm.“
Gute Nacht, Sportschau.
7 KommentareDer Besitzer der Bude (das ist auf Hochdeutsch eine Trinkhalle, man sagt auch Kiosk dazu, wobei Kiosk ein türkisches Wort ist, das ursprünglich „kleines Gartenhaus“ bedeutete), in der ich des Öfteren zu überteuerten Preisen, aber immer begleitet von netter Plauderei, Dinge des alltäglichen Bedarfs erstehe, ist Türke und laut eigenen Angaben seit Mitte der 1960er in Deutschland.
Er ist höchst überzeugt davon, dass Deutschland das Halbfinale gegen die Türkei gewinnt, und wenn er ganz ehrlich ist, sagt er, fühle er ohnehin mehr Verbundenheit mit der deutschen Mannschaft als mit der türkischen.
Er nennt mich immer „Junge“, was eher schmeichelhaft ist, hat die Reinigung gegenüber doch letztens nichts Besseres zu tun gehabt, als an jeden Kleiderbügel der abgeholten Wäsche eine Probepackung einer Anti-Faltencreme für Männer anzuhängen.
„Junge“ „fossilierte Sprachkenntnisse“ (ein herrlicher Begriff, jeder kennt solche Pappenheimer, deren Deutsch schon immer rudimentär war und sich trotz ständigen Hörens der deutschen Sprache einfach nicht mehr verbessert; die ganz zu Beginn des Spracherwerbs erlernten Fehler scheinen unausmerzbar und vom Zuhören beim Radebrechen bekommt man Kopfschmerzen bis hin zu Schwindelgefühlen, man fragt sich unweigerlich, wie man Jahrzehnte lang etwas falsch machen kann, was man doch jeden Tag in Funk und Fernsehen richtig vorgemacht bekommt) sind da wohl am Werke: Ihm fehlt einfach das Wort für einen Mann mittleren Alters, der aber dadurch noch so jung wirkt, dass er sich EM-Spiele live reinzieht und dann ständig über Fußball diskutieren will, oft für seine Umwelt auch gezwungenermaßen.
Der Meinung des Türken in der Bude nach ist die türkische Mannschaft eine Ansammlung von Stümpern, und die Vehemenz, mit der er diese Meinung vertritt, ließe fast darauf schließen, dass er in Wirklichkeit Kurde ist. Aber: nein. Er ist Türke. Außerdem sei Fatih Terim ein totaler Spinner, ein Disziplin-Fanatiker, was wohl in der Türkei grundsätzlich zwar ginge, aber selbst für dortige Verhältnisse übertreibe Terim.
Der Torhüter ein absoluter Versager und eigentlich seien sie bislang nur mit überbordendem Glück weitergekommen und, man glaubt es kaum, der Kiosk-Besitzer freue sich darauf, dass die deutsche Mannschaft die Türken endlich mal lang mache. Möglicherweise ist auch diese Aussage nur übersteigerter Verkaufsträchtigkeit geschuldet und allen Türken, die nach mir diesen Kiosk betreten, erzählt er das genaue Gegenteil, Hauptsache sie kommen irgendwann wieder und erwerben Spirituosen, Kaugummis oder Zigaretten zu, wie gesagt, überteuerten Preisen bei ihm.
Später betreten tatsächlich ein paar „Jungens“ den Raum (ein begehbarer Kiosk), die ziemlich türkisch wirken, und der sicherlich gewiefte Taktiker, offensichtlich dennoch grundehrliche Kioskbesitzer bleibt bei seiner Meinung, dass die Türken keine Chance haben und er sich sogar darüber freuen wird, wenn Deutschland ins Finale einzieht. Dies stößt bei den justament Dazugestoßenen auf wenig Gegenliebe, angesichts des fortgeschrittenen Alters des Besitzers folgen aber keine Widerworte, nur leicht unwilliges Grummeln ohne konkrete Aussagekraft wird protokolliert.
Peinlich, sagt der Besitzer, seien diese Autokorsos, er arbeite zwar in Mitte, lebe aber in Meiderich und da sei gestern die ganze Nacht geautokorsot worden, was er überhaupt nicht abkönne. Man könne sich ja gerne zwei Stunden lang freuen, aber die ganze Nacht müsse das Gehupe nun auch nicht sein; er als rechtschaffender assimilierter Deutscher wolle schließlich seine Ruhe haben, irgendwann, EM hin oder her, wenn er am nächsten Tag arbeiten müsse.
Allen hier aufgewachsenen türkischstämmigen Deutschen empfiehlt er zudem, für die deutsche Nationalmannschaft aufzulaufen, nicht nur sei dieser Terim eben ein verrückter Disziplinfanatiker, die Türken hätten auch dennoch keine Disziplin und keine Kreativität auf dem Platz. 2002 habe er sich noch ordentlich gefreut, 1996 erst recht, damals allerdings nur über die Qualifikation, über die nämliche Leistung dann weniger, doch inzwischen sei klar: Die Türken seien nur mit Glück so weit gekommen. Und deutsche Disziplin schlägt Glück, sagt er.
„Junge, glaubst Du nicht? Wirst du sehen.“
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