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Schlagwort: Schiedsrichter

An manchen Tagen spielt man lieber Atari

Ich spielte mal ein Fußballspiel. Keins am „Computer“, auch nicht am Atari 2600. Es war ein echtes. Die Teilnehmer waren auch echt.

Sie hörten alle auf die Pfeife des Schiedsrichters. Als er anpfiff, liefen sie los, auch ich. Wir — sie und ich — liefen über den Platz. Das Spiel war kein unwichtiges, es war das Pokalhalbfinale, aber das tut eigentlich nichts zur Sache. Es waren zwei Teams auf Augenhöhe. 0:0 zur Pause.

Kurz vor Schluss schoss unser letzter Mann, der so formidabel Fußball zu spielen beherrschte, dass er zwei Jahre lang bei Bayer Uerdingen (in der Jugend) spielte, ein hervorragendes Eigentor: Langer Ball des Gegners, der eigene Torwart kam raus und wollte den auftupfenden Ball aufnehmen, unser letzter Mann sprang hoch und köpfte den Ball Seeler-esk mit dem Hinterkopf über den eigenen Torwart hinweg zum vermeintlich entscheidenden 0:1 ins Tor. Das war ca. in der 73. Minute, es blieben noch genug Minuten, um zumindest eine Verlängerung zu erreichen.

Wir warfen alles nach vorne, aber das war leider zu viel. Ein Zweikampf, eine Rangelei auf einem blöden Ascheplatz in den Untiefen des äußeren Ruhrgebiets, der Gegner wurde nur am Bein getroffen, aber stürzte mit dem Kopf auf die aus Beton gemachte Seitenbegrenzung des Spielfeldes. Es blutete und blutete und ich war zum Glück Linksaußen und das Unglück ereignete sich auf der rechten Seite. Der Krankenwagen kam, bis dahin war aber schon alles zu spät. Es war irgendwann in den tiefen 1980ern, da war nicht mehr viel zu machen. Tot, der junge Mann, der junge Recke, mir war schlecht und ist es auch heute noch.

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Filip Trojan Horse in schön

Weil es so schön ist, so herausstechend, habe ich das kicker-Profilfoto von Filip Trojan mal hier direkt geklaut, ohne mich zu erlauben gescreenshotet und eingestellt. Normalerweise strahlen solche Profilfotos die Raffinesse und den Stil einer Einkaufszone in Recklinghausen oder (hier die eigene Heimatstadt eintragen) aus. Oft genug ist es nicht mal die Schuld des Spielers, sondern die des Fotografinnen und außen: Das muss er doch sehen, dass der Typ zufällig gerade ein extrem unfreundliches Gesicht schneidet, mitten in die Kamera hinein und dass man dann auch so viel Respekt haben sollte, es noch einmal zu versuchen. Schließlich sind Kicker-Sonderhefte und auch Kicker-Webseiten-Spieler-Profile nicht etwas Marginales, sondern etwas Monumentales (so lange man unter 14 ist, jedenfalls). Ich höre schon die Stimmen aus dem Off rufen, dass sie durchaus auch jenseits der 14 noch etwas haben, nämlich Marketingwert, etwas, was man verkaufen will. Natürlich ist dem auch so, wer aber jenseits der 14 ist überhaupt noch empfänglich dafür, wie ein Spieler oder ein Kaderfoto aussieht? Man ist doch längst schon gefallen. Man ist doch schon dem Unbill des Zufalls erlegen und kann sich nicht mehr abwenden von Borussia Mönchengladbach, Hansa Rostock oder ja, auch dem VfB Stuttgart.

Als neutraler Betrachter hätte man dennoch gerne schönere Fotos als die immer gleichen Gesichtsausdrücke und Hintergründe. Oft sehen Profilfotos nämlich einfach so aus: bierernst, ernst, aber verunsichert, nachbarschaftlich-fröhlich („Meinen Rasenmäher? Klar, immer!“), bemüht freundlich, aber misslungen (besonders häufig, diese Variante) oder einfach nur nichtssagend.

Schauen wir nun noch mal auf das Bild von Filip Trojan. Alles scheint hier zu stimmen. Der Hintergrund: links stehen ein paar Blagen, die sich das Fußballspiel der Erwachsenen angeschaut haben. Rechts ein Flutlichtturm, offensichtlich fand das Spiel in der Nähe, auf dem Vorplatz eines größeren Stadions statt, so wie es wohl in Köln, aber auch in Leverkusen, in Bremen möglich wäre. Das Trikot von einer Schlichtheit, dass selbst Mama inzwischen erkennen würde, dass da doch irgendetwas fehlt, um ein „richtiges“ Trikot zu sein, der Himmel blau, wie wir ihn lieben, wenn wir Fußball spielen, um Fußball zu spielen. Sicher weht auch ein leichtes Lüfttchen, sonst wären Trojans Haare nicht so zerzaust. Wären sie allein vom Spiel so zerzaust, hingen sie durchgeschwitzt alle nach unten, so aber, mit dem leichten Aufwehen nach oben sind wir inzwischen sicher, dass ein Lüftchen herrschen muss. Keines, das den Spielausgang zu verfälschen in der Lage wäre. Eher eines, das man erst dann spürt, wenn man nicht mehr läuft, nicht mehr trabt. Eines, das man spürt, wenn man gemächlichen Schrittes und das Herz noch leicht, aber natürlich stärker als zu anderen Gelegenheiten des Sonntags, pumpend zur Ausführung des Eckballs schreitet. Jenes Eckballs, der genauso wirkungslos verglühen wird wie 99 von 100 anderen Eckbällen in solchen Spielen es ebenfalls zu tun pflegen.

Wichtiger aber als diese Rahmenbedingungen ist Trojans Gesichtsausdruck, man ist schon eher geneigt zu sagen: sein Nicht-Gesichtsausdruck. Das Spiel scheint vorüber zu sein, irgendein wichtigtuender Schreihals an der Linie wird schon lange das Wort „Ende!“ gebrüllt haben, beim ersten Mal hatten es — nicht aufgrund des Windes — nicht alle Spieler gehört, so dass der Schreihals sich genötigt sah, ein zweites Mal „Ende!“ in den Sonntagnachmittag zu brüllen. Er wird es getan haben. Das ist klar.

Unklar ist, ob Trojan dann gejubelt haben wird, vielleicht ist er nur so abgeschlafft, es riecht fast schon nach Remis, denn eine Niederlage würde tiefere Furchen gegraben haben. Vielleicht hat er die eindeutigste Chance des Spiels vergeben, vielleicht erinnert sich trotz des deutlichen Sieges niemand mehr daran, er selbst aber gerade ganz besonders. Chancen vergeben ist nicht schlimm, es gehört dazu, komm, Filip, da muss man sich nicht so grämen. Die Zweifel am eigenen Können, wer weiß, ob er weiß, dass der Ball versprang oder ob er es weiß, aber auch weiß, dass es sonst keiner weiß, der zuschaute oder noch viel schlimmer mitspielte. Man ist nicht nach jedem Sieg gleichgültig.

Es bleibt beim Tipp auf Remis, eine Niederlage würde deutlichere Bände sprechen. Es sei denn, die Niederlage war nichts Anderes, als man erwartet hatte, man ist dann nur leicht resigniert, bis zur 30. Minute steht es noch 0:0, bis zur 45. Minute dann schon 0:2 und irgendwie ahnt man es, so man ein Bauchgefühl hat, das auch vorher schon weiß, dass man den Bus verpassen wird, dass man die restlichen 45 Minuten vergeblich gelaufen sein wird. Es ist dann kein eigentlicher Schmerz mehr, wenn man allein aus Hoffnung, nicht aber aus Überzeugung sich die Schuhe anzog.

Keine Niederlage, aber auch so wenig der Freude darüber, an einem freien Tag mit vielen Leuten bei solchem Wetter Fußball gespielt zu haben, die den Körper und somit vor allem das Gesicht (der Hundeschwanz des Menschen) durchströmen sollte.

Vielleicht wissen wir aber auch gar nichts von dem, was Filip Trojan beschäftigt, vielleicht ist es der schlimmste Moment des Tages, dass der Schiedsrichter/Schreihals das Spiel beendet hat: Jetzt heißt es, sich wieder mit sich selbst zu beschäftigen. Manchmal gibt es so Tage, an denen man lieber 0:11 verlöre, als dass der Schiedsrichter das Spiel abpfiffe. Willkommen zurück im eigenen Leben, das Spiel ist aus, die Show vorbei, der Vorhang fällt. Willkommen zurück in der Leere des Seins, wenn die Mitspieler nach Hause gehen und die Sonne so herbstlich-winterlich schön über dem Platz steht, aber man kein bisschen bittersüße Melancholie empfindet, sondern nur noch schwere Schultern und die Leere frisst sich schon mit dem Schlusspfiff ins Hirn. Dann guckt man vielleicht so und irgendjemand drückt auf den Auslöser.

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Schiri, Telefon Blog!

Überflüssiger als ein Kropf ist dieses Blog, das sich einzig mit Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern befasst. So einen Quark braucht kein Mensch. Elfmeter ist, wenn der Schiedsrichter pfeift, ohne Zeitlupe.

Wann hört dieses Stammtischgelabere endlich auf?

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Ein Spieltag, ein Spieltag

II:0

0:I

II:I

II:0

I:I

III:I

Ein Spieltag. Es ist ein Spiel von rarer Konsequenz. Es ist auch gar kein Tag, es sind nur 90 Minuten plus eine wie auch immer geartete Pause, die der Schiedsrichter bestimmt. Danach geht man nach Hause oder wieder ins Bett. Die vier ist dabei selten. Es sind übrigens arabische Zahlen, gemeinhin.

Kopfradio.

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Essay eines Spieltagsquickies

Man kennt das bequeme, faule Bloggen, indem man einfach ein paar Quickies einfügt und den Leser auf die Leserreise zu anderen Orten schickt. Hier machen wir das ganze mal ebenso quick, aber ohne Links.

Welche Themen wir ab diesem Spieltag nicht mehr diskutieren müssen

- Ob Berti Vogts wenigstens dort, wo man ihn nicht versteht, Erfolg haben kann (der sog. Rehhagel-Effekt)
- Ob man nach freds Äußerung zum letzten Spieltag eigentlich nur noch jedes Mal über Duisburg lachen kann
- Was Thomas Doll im Amt hält (Punkte), obwohl er doch so offensichtlich eine einzige Phrasendreschmaschine, Ausführung Kumpeltyp, ist
- Wie wertvoll ein „Aggressive Leader“ für eine Mannschaft sein kann, besonders in der Schlussphase einer Partie in der Allianz-Arena
- Ob Totgesagte wie Benjamin Auer länger leben
- Was Michael Henke nach seiner Zeit bei Bayern machen wird (egal)
- Ob Manuel Neuer wirklich der neue Bodo Illgner ist (nein, bald eher der neue Walter Junghans)
- Wer den besten Sport-Blog-Beitrag 2007 geschrieben hat (Oliver Fritsch)

Was wir allerdings weiterhin diskutieren müssen

- Wie viele Spiele Thomas von Heesen bis zum ersten Sieg als Nürnbergs Trainer brauchen wird
- Ob 16 Tore in 9 Partien nicht wirklich ein bisschen wenig sind und evtl. sogar Unglück bringen könnten
- Ob Jan Koller in Zukunft vor Partien nicht einen Einlauf machen sollte
- Ob die Radiokonferenz wirklich justiziabler Täuschungsversuch am Rezipienten ist
- Ob eine Torkamera oder ein Strafraumschiedsrichter den fälschlicherweise den Bayern zugesprochenen Einwurf richtigerweise dem HSV zuerkannt hätte
- Warum ich solche Flaschen beim kicker-Managerspiel (classic) gekauft habe, die nur dann gut spielen, wenn sie eingewechselt werden, bei Einsatz von Beginn an aber kläglich versagen
- Ob die Abschaffung der Sportschau dazu führen würde, dass kommende Generationen nicht mehr so an den Fußball angefixt würden wie wir und stattdessen Klavierspielen lernten, Rudern gingen, Theaterstücke schrieben oder vielleicht thailändisch kochten und sich mit Freunden träfen

(Man merkt, so ein Hingewerfe von Stichworten und Halbsätzen macht nicht satt, deshalb ist dieser Versuch hiermit auch wieder beendet.)

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Unwort des Jahres 2008 (und auch davor schon)

„Aggressiv-Leader“

Abgesehen davon, dass das kein Wort ist, können wir keinen Wert in einer solchen Formulierung erkennen. Ein Aggressiv-Leader, was soll das sein? Einer, der wie einst Effe „Stinkenberg“ Claudia über den Platz balzte und seinen Gegner vor allem durch Blutgrätschen, Mimik, Gestik, was da sonst noch über ist an Körper-Sprache und Zeigefinger-Heben und in Richtung des Gegners drohen (fällt eigentlich auch unter Gestik, Entschuldigung) zu beeindrucken versuchte? Einer, der gelbwürdige Fouls an gegnerischen Spielern als „Aufrütteln“ der eigenen Mannschaft zu euphemisieren suchte, einer, der noch mit seinem Vokabular daran erinnerte, wo die deutschen Fußballer einst herkamen (von der Straße), einer, der auch gerne mal betrunkene Menschen auf seiner Garagenauffahrt zusammentritt (nicht verbürgt, insofern nur als Gerücht zu nehmen), der Polizisten — angeblich — mit „Arschloch“ beschimpft, als stünde er einem Schiedsrichter gegenüber, kurz, einer der wenigen, die auch im zumeist sozial gepflegten Deutschland Beweis für die These „You can leave the ghetto, but the ghetto never leaves you“ sind?

Einen Aggressiv-Leader erwarten wir an der Spitze eines totalitären, blutrünstigen, nach Expansion strebenden Regimes, einer, der gerne anderen an die Kehle will, um das Öl, das Gold, die Diamanten, das Erdgas oder die Frauen anderer Länder zu bekommen.

Die Realität der zivilen Gesellschaft ist aber eine andere:

Einen Aggressiv-Leader brauchen wir nicht auf dem Fußballplatz, an der Spitze einer Mannschaft erwarten wir einen Sportsmann durch und durch, der — wenn er denn schon neudeutsch „Leader“ sein soll — damit besticht, dass seine technischen, athletischen und strategischen Möglichkeiten so weit von denen der anderen abstechen, dass man nicht umhinkommt, ihn als herausragend zu bezeichnen. Wir erwarten jemanden, der eben gerade solche „aufrüttelnden Fouls“ nicht nötig hat, sondern lieber dem Gegner per Talent gegebenem Ballgefühl noch mal den Ball durch die Nase zieht, bevor er den entscheidenden Pass in die Gasse zum Siegtor spielt oder eben nach gekonntem Dribbling selbst vollendet.

Aggressiv-Leader, pah. Aggressiv ist was für Leute, die keinen Fußball spielen können.

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Up to date

Hat der VfL Bochum nach dem glücklicherweise anerkannten Tor gegen Werder Bremen schon jene peinliche Liste auf seiner Webseite aktualisiert, wie häufig er durch Schiedsrichterentscheidungen benachteiligt wurde?

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Unprätentiös: Tom Bartels. Untragbar: Thomas Doll.

Wer tatsächlich dauerhaft Fußball-Live-Übertragungen im Fernsehen schaut, der hat entweder kein Geld für eine Eintrittskarte, wohnt zu weit weg von einem relevanten Stadion oder ist einfach zu foul und somit eine Couch-Potatoe.

Wer tatsächlich dauerhaft Fußball-Live-Übertragungen schaut, der wird besser wissen als ich, wie die Landschaft der Kommentatoren derweil aussieht: Wer in dieser Rolle wirklich nervt, wer ganz okay ist und wer eigentlich ein Guter ist. Einschlägige Blogs und Webseiten berichten ausführlich über diese Themen, hier wird in Ermangelung an dauerhafter Fußball-Live-Spiel-Schauen-Motivation nur über einzelne Höhepunkte bzw. Tiefpunkte und noch ein Tiefpunkt und noch ein weiterer Tiefpunkt berichtet.

Gestern brodelte das Westfalenstadion endlich mal wieder so richtig, wenn mich meine alten, müden Augen nicht getäuscht haben, und es brodelte zurecht. Wer dem Zuschau-Vergnügen hinter dem Beamer keinen Abbruch tat, war überraschenderweise, selten genug, der Kommentator. Tom Bartels hat als angenehmen Nebeneffekt eine wohlklingende Stimme, verfügt aber in erster Linie über das Talent, 90 Minuten lang ein Fußballspiel zu kommentieren, indem er 90 Minuten lang ein Fußballspiel kommentiert.

Das ist selten, man darf durchaus anmerken: das ist selten geworden.

Bei ihm ist es aber so und deshalb möchte ich die Nacht heute mal nicht mit Genörgel und negativem Gewitzel beschließen, sondern mit etwas, was man viel zu selten von sich gibt: Mit einem Lob. (Nein, nicht diese hohen Bälle, die nur dazu dienen, einen zu weit vor dem Tor stehenden Torwart zu überwinden: ein echtes Lob.)

Mit Tom Bartels am Mikrofon macht das Fußballschauen Spaß in jeder Hinsicht, natürlich könnte auch er ein wenig mehr Schwafelpausen einlegen, alles in allem aber gibt es nichts zu bemängeln, was uns das Vergnügen verleidet hätte: keine Spielerfrauenfrisuren, keine voreiligen Urteile bei strittigen Szenen und auch kein obszönes Herfallen über den Schiedsrichter bei einer klitzekleinen Fehlentscheidung.

And now for something completely different.

Wer allerdings gar nicht geht und noch mal ins Regelbuch schauen sollte, bevor er sich einer an diesem Abend großen, mehrheitlich wissenden Fußballgemeinde mit seinem lächerlichen Sermon präsentiert, ist Thomas Doll. Natürlich spielt der Dortmunder in jener Szene, die zum ersten Strafstoß führte, zuerst den Ball. Danach senst er aber den dahinterstehenden Bremer voll um und nimmt sogar dessen, hätte er voll getroffen, drastische Verletzung in Kauf. Wie ich hier schon an diversen anderen Stellen bemerkte, ist der Hinweis, dass ein Spieler „den Ball spielt“ für die Entscheidung, ob eine Aktion „Foul“ ist oder nicht, irrelevant. Wichtig ist, ob er „Foul“ spielt, was hier unabweislich der Fall war.

Wenn Doll mit seinen eigenen Fehlern innerhalb des Teams ähnlich umginge, wäre klar, warum er so schnell an Respekt verliert.

Gerettet hat die Doll’sche peinliche Uneinsichtigkeit Thomas Schaaf mit seiner hanseatischen Lässigkeit (obwohl sein Team das Spiel verloren hatte), die zum Hinweis darauf führte, dass man schließlich in der Sendung vorwärts kommen wolle. Es hätte keinen Sinn gehabt, mit einem derart verblendeten Thomas Doll über ein derart eindeutiges hartes Foul zu diskutieren, insofern traf Schaaf die einzig mögliche Entscheidung, das Ganze zu beenden.

Wie auch immer man zu Delling stehen mag, die Verbrüderung zwischen Schaaf und Delling hatte am gestrigen Abend nichts Anbiederndes, vermittelte stattdessen den Eindruck zweier Menschen, die noch nicht den gesunden Menschenverstand verloren haben, die sich aus diesem Grunde zwangsläufig gegen einen wirr daher redenden zu Interviewenden zusammenschließen müssen.

PS: Endlich geht’s weiter.

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„EM-Ticket reicht nicht“

Nein, einfach nur teilnehmen reicht nicht, da will er auch gleich noch ins Finale.

„Aber ich werde sicher kämpfen, damit ich auch beim Finale in Wien dabei bin.“

Konrad Plautz ist der österreichische Schiedsrichter bei der EM. Offensichtlich hat er genauso viel Vertrauen in die Fähigkeiten der österreichischen Spieler wie die Buchmacher. Oder hörte man Dr. Markus Merk sich vor der WM 2006 wünschen, dass er unbedingt das Finale pfeifen wolle?

Naja, hörte man vielleicht, kann man sich heute aber kaum noch vorstellen. Jedenfalls möchte Konrad Plautz ins Finale und wir sagen: Die Chancen stehen gut.

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Überfällige Reformen: Ein-Blend-ung

Man sollte das Einblenden dieses Balkens, dieser Linie bei der Wiederholung von strittigen Abseitsszenen sein lassen, um den Zuschauer am Fernsehregenschirm unter den selben Voraussetzungen urteilen zu lassen wie denjenigen Menschen, der die Szene ohne Balken entscheiden musste.

Zeitlupen sind genauso unfair und sollten nur aus ästhetischen Gründen bei besonders gelungenen Aktionen verwendet werden dürfen.

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I had a dream

So eine esoterische Traumdeuterei wie hier, das soll mir nicht noch mal unterkommen. Ich hoffe, kann es aber nicht versprechen, dass es das einzige Mal bleibt. Der Traum geht so:

Ich habe durch seltsame Umstände kurz vor dem Ende meiner aktiven Karriere den Weg in ein Bundesligateam gefunden. So etwas wird einem im Traum ja nicht erklärt, man wacht sozusagen im Traum in dieser Situation auf. Jedenfalls spielen wir in einem ziemlich steilen, reinen Fußballstadion, die Anzeigetafel hat aber noch diese nur gelben Lämpchen, mittels derer der Spielstand gelb auf Schwarz dargestellt wird.

Ich spiele wie immer auf der linken Seite, mit der eindeutigen Aufgabe, mich auch immer wieder vorne einzumischen. Das Spiel läuft und nicht nur weil ich mitspiele, sondern auch, weil mich mein Gehirn in meinem Traum in ein mehr als schlechtes Bundesligateam einsortiert hat, steht es zur Halbzeit schon 0:4 im offensichtlich heimischen Stadion.

Keine Ahnung, warum ich trotz meiner schlechten Leistungen und meiner offensichtlichen Nervosität in meinem ersten Bundesligaspiel nicht ausgewechselt werde, ich bleibe aber drin. Da ich nicht wirklich hinten spiele, bin ich auch am fünften Gegentor unschuldig. 0:5 steht es, von uns kommt nicht viel, jedenfalls kann ich mich kaum an Torszenen unsererseits erinnern.

Kurz vor Schluss, Träume halt und total unlogisch, macht der Gegner hinten komplett auf (ganz so unlogisch vielleicht doch nicht, bei solch einem Spielstand neigen ja viele Menschen in Fußballschuhen dazu, unbedingt noch selbst vorne ein Tor erzielen zu wollen) und wir spielen einen langen, langen Ball nach vorne. Ich renne ihm hinterher, er tupft über den Torwart hinweg, er ist noch in der Luft, tupft noch mal auf, ich renne weiter hinterher, das Tor ist leer.

Dank meiner nicht immer bundesligareifen Technik wurschtel ich irgendwie mit dem Ball rum, leider verrutscht er mir dabei ein bisschen und rollt an der Fünfmeterraummarke über die Torauslinie. Ich sehe mit eigenen Augen, wie der Ball im Aus ist, der Linienrichter anscheinend nicht, das Spiel läuft noch, in diesem Moment stoppe ich den Ball, ziehe ihn wieder ins Spiefeld und versenke den Ball aus spitzem Winkel im immer noch leeren Tor. Bevor ich mich umdrehe, blinkt auf der Anzeigetafel schon das 1:5 auf, ich habe mein erstes Bundesligator in meinem ersten und aller Voraussicht nach letzten Bundesligaspiel geschossen und sitze nun in der Zwickmühle.

Ich weiß, dass der Ball nicht mehr im Spiel war. Die Schiedsrichter offensichtlich nicht.

Wie handeln?

Im Traum habe ich mich gegen mein Gewissen entschieden, das schon immer forderte, vor allem von anderen, dass sie in solchen Situationen ehrlich sein müssen, dachte aber bis zu diesem Moment, dass das auch für mich gälte.

Traurige Sache, ich bin sehr enttäuscht von mir, aber mein Geifer, in die Bundesligannalen einzugehen, mit einem einzigen, kleinen Tor zum 1:5, war so groß, dass ich nicht widerstehen konnte. Wahrlich beschämend.

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Pfeiffer mit drei f

Ich muss zugeben, dass ich nicht pfeifen kann. Als Schiedsrichter bin ich sowieso eine Null, viel zu schnell muss man Entscheidungen treffen, obwohl einem manchmal die Sicht versperrt ist oder das zu bewertende Ereignis 40m entfernt stattfindet. Es ist erstaunlich, wie stark die Krümmung auf Fußballplätzen ist, die man extra angelegt hat, damit Regenwassser und natürlich die riesigen Bäche von Schweiß, die die Spieler auf den Rasen ergießen, seitlich ablaufen können. Die Krümmung ist so stark, dass man meint, man sähe schon die Erdkrümmung, wenn sich ein Spieler in der anderen Spielhälfte befindet. Der Faktor der mangelnden Sicht bleibt aber nicht alleine. Noch dazu bewegt sich der Ball so schnell, teilweise mit 100km/h und mehr, dass er in einer Sekunde 30m zurücklegt und in vier Sekunden theoretisch von einem Ende des Spielfeldes zum anderen fliegt. Somit kann in einer Sekunde ein Ereignis mit Ball an einem Ort und nur eine Sekunde später an anderen Ort stattfinden, der vom Ursprungsort fast ein Drittel des Spielfeldes entfernt liegt.

Nun sind von den zwölf Hauptnervensträngen, die das Hirn in Richtung Rest des Körpers verlassen, zwar sage und schreibe sechs alleine für die Steuerung der Augen zuständig; es reicht aber nicht aus, die Ereignisse allein zu sehen, man muss sie erfassen, um sie bewerten zu können. Und diese Ereignisse laufen auf einem Fußballplatz für mich einfach viel zu schnell ab, selbst wenn man von den untersten der unteren Ligen spricht, wo mit ein paar älteren Herren und ein paar Bewegungslegasthenikern auf dem Platz das Tempo meist so atemberaubend nicht ist.

Hinzu kommt noch, dass Regelverstöße ja nicht nur dort stattfinden, wo sich der Ball gerade befindet, sondern zu jeder Zeit an allen Orten des Spielfeldes (ein illustres Beispiel ist Zidanes Tätlichkeit im WM-Finale, als der Ball ganz woanders war und der Hauptschiedsrichter in Richtung des Balles schaute). Deshalb müsste man eigentlich alle 22 Spieler gleichzeitig im Auge behalten und noch dazu den Ball. Dass das mit nur zwei Augen und einem Gehirn unmöglich ist, ist klar. Selbst wenn vier weitere Augen hinzukommen — de facto sind es dann meist doch nur zwei, weil einer der beiden Assistenten stets weit weg vom Geschehen ist — sind das immer noch nur sechs Augen für 22 Spieler und einen Ball. Ziemlich wenig. Hut ab also vor jener seltsamen Gattung Mensch, die lieber über ein Spiel richtet, statt es selbst zu spielen. Ein für mich ähnlich unverständliches Phänomen wie die Gattung Musik- (Kino-, Theater-, ad lib) Kritiker, die lieber über ein Erzeugnis mäkelt, als dergleichen selbst zu produzieren. Während ich die Musik- (und so weiter) Kritiker aber nicht so würdige, gebe ich den Herren Schiedsrichtern allen meinen Respekt.

Eigentlich wollte ich aber darüber schreiben, dass ich nicht pfeifen kann, in dem Sinne wie Fans im Stadion pfeifen, wenn sie ihre Mißbilligung ausdrücken wollen. Pfeifen wie man unter der Dusche pfeift kann ich hingegen, und tue es auch. Aber so wie die Zuschauer in den Arenen (wie sie ja inzwischen alle heißen) pfeifen, das kann ich nicht. Ich kann nur so pfeifen, wie man eben ein Liedchen trällert. Das hört man über ca. 15 Meter hinweg, weiter nicht. Und da ich meistens weiter als 15 Meter vom Rasen weg bin und es noch dazu reichlich lächerlich wirkte, mit der Phonstärke eines unter der Dusche Pfeifenden im Stadion seine Meinung kund tun zu wollen, lasse ich es sein.

Aber selbst wenn ich es könnte, würde ich nicht ins Stadion gehen und pfeifen. Nein, ich bin nicht der Gutmensch vom Dellplatz, der niemals ein böses Wort sagt. Ich verstehe nur nicht, wie man sich anmaßen kann, auch wenn man Eintritt bezahlt hat, die Leistung eines Spielers so zu bewerten, dass man zu dem Schluss kommt, dieser habe es verdient, ausgepfiffen zu werden.

Ebenso bin ich immer peinlich berührt, wenn neben mir geifernde Menschen in tatkräftiger Mißachtung der vom Dummschwätzer immer wieder angemahnten Kinderstube nichts anderes fordern als die Entlassung eines Arbeitnehmers. „Trainer raus“, brüllen sie direkt in mein Ohr und ich frage mich, wie sie es fänden, wenn vor ihrem Arbeitsplatz eine Menschenmasse skandierte „Busfahrer Karl entlassen!“ oder „Schlosser Manfred raus!“ Aber so ist es eben, die Masse geht ins Stadion, weil sie brüllen will. Es gibt Stadien, die man euphemistisch Orte mit „besonders kritischem Publikum“ nennt. Tatsächlich sind das Stadien, in denen ein großer Teil der Zuschauer nur deshalb kommt, um zu fordern, dass ein Spieler oder Trainer gefeuert respektive ausgewechselt, geteert und gefedert, dennoch aber anschließend mit größtmöglichem Gewinn verkauft werden soll.

Selbst wenn man die Tatsache außer Acht lässt, dass sie einfach nur fordern, dass einer entlassen werden soll, ohne dass sie wüssten, wer denn dann stattdessen die Arbeit macht, ohne dass sie eine Alternative vorschlagen: Es ist abschreckend anmaßend, die Entlassung von jemandem zu fordern, dessen Arbeit man in den meisten Fällen nur 180 Minuten pro Monat begutachten kann und dann sogar nur in jenen Momenten seiner Arbeit, in denen er am wenigsten regulierend eingreifen kann. Was er unter der Woche mit seinen Schützlingen übt, einstudiert oder bespricht, kann man in diesen 180 Minuten doch nicht einschätzen.

Pfeifen.

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