Die Möglichkeiten zur direkten Kommunikation sind gegeben, doch immer dann, wenn ein Fußballprofi sich nicht völlig stromlinienförmig äußert, wird ihm der Garaus gemacht. Im Fall Stefan Kießling, der sein Statement bei einer dieser Möglichkeiten offensichtlich selbst verfasst hat, stürzen sich einige darauf, dass er eine schlechte Rechtschreibung und Zeichensetzung an den Tag lege. Als würde das hier irgendeine Rolle spielen. Als würde man mit diesen Lästereien nicht genau das verhindern, was sich alle wünschen: keine von Pressefuzzis weiß gewaschenen Statements, sondern authentische.
Schaut man sich genau an, was Stefan Kießling falsch macht, bewegt er sich immer noch auf einem Niveau, mit dem viele Menschen ihr Abitur bestanden. Der „seid/seit“-Fehler und erst recht die „das/dass“-Frage sind doch Klassiker für jedermann und Kommata werden von der großen Mehrheit der Menschen eben nach Gefühl gesetzt. Nur weil man täglich in der Presse das Endprodukt eines Prozesses von Autor, Lektor und Schlussredakteur zu lesen bekommt, sollte man nicht annehmen, dass auch jeder Schreiberling stets einwandfrei zu Werke geht. Wer schon mal in einer Hauptschule Texte korrigiert hat, würde auch über den Text von Kießling nicht so herziehen. Das ist akzeptabel lesbares Deutsch mit ein paar kleineren Fehlern.
Insofern: Schnauze, Ihr Rechtschreibnörgler.
Was rund um diesen Vorgang aber auch endlich!, warum nicht früher? ans Tageslicht kam, war ein Gerücht, welches ganz einfach erklärte, wenn es stimmt, wieso Jogi Löw keinen Bock mehr auf Kießling hat, der ja bei der WM 2010 dabei war.
Offenbar wurde ihm aus DFB-Kreisen vorgeworfen, er habe sich bei der WM 2010 nicht mannschaftsdienlich verhalten. Was allerdings geschehen war: In Südafrika war Kießling das fünfte Rad am Wagen, wurde von Löw wenig beachtet – und mit dieser Situation kam Kießling nicht zurecht, ließ die Mundwinkel hängen.
Dafür kann man Verständnis aufbringen. Denn das ist menschlich. Es ist aber genauso unprofessionell, wenn es um ein großes Turnier geht. Und der viel gescholtene Tim Wiese wurde beispielsweise für seine professionelle Haltung als dritter Torwart eines Turniers gelobt. Natürlich mag es auch einfach ein willkommener Grund sein, ein bewusst gestreutes Gerücht, um die eigene Handlung nach außen zu rechtfertigen. Und weiterhin ist Löws Lavieren beim Aussortieren von Spielern vor allem deshalb unerträglich, weil es ja bereits das x-te Mal war.
Sollte das Gerücht stimmen, ist Löws Entscheidung aber nachvollziehbar. Es müssen weiterhin nicht die 23 besten Spieler nominiert werden, sondern die 23, die zusammen das beste Team ergeben. Gerade bei einem Turnier, wo der Lagerkoller leichtes Spiel damit hat, insbesondere nicht aufgestellte Spieler dazu zu überreden, ihm heimlich die Tür zu öffnen.
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