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Schlagwort: Reporter

„Goooooool“ zeugt nicht allein von Leidenschaft

Eine höchst simple wie amüsante Erklärung für den Habitus des extrem lang gezogenen Torschreis der Fußballreporter in Südamerika liefert dieser auch ansonsten spannende Beitrag über die Sprache des Fußballs in Brasilien von der BBC.

Als die Zeit begann, dass Fußball durch das Radio in Brasilien landesweit populär wurde, saßen die Radioreporter häufig endlos weit entfernt vom Geschehen, oft durch Laufbahnen oder diese besondere ovale Form des Stadionbaus in Brasilien vom Spielfeld getrennt.

So war es stets wahrscheinlich, dass der Reporter zwar erkannte, dass ein Tor gefallen war, aber nicht hatte erblicken können, wer es erzielte. So lange der Reporter weiter das ellenlange „Gooo etc. oool“ ins Mikro rief, hatten er und seine Kollegen Zeit, den tatsächlichen Schützen eines Tores ausfindig zu machen.

Irgendwann war dieses Vorgehen dank TV-Bildern eigentlich obsolet geworden, doch hat sich dieser Brauch bekanntlich bis heute gehalten und wird hierzulande wie selbstverständlich mit Inbrunst und eben jener Leidenschaft erklärt, die ursprünglich gar nicht der Grund für die langgezogenen Rufe war.

Wieder was gelernt. Und wer noch weiter lernen will: im Text erfährt man auch, was es im brasilianischen Fußball bedeutet, „wenn der Jaguar zum Wasser geht“ oder welche „die Ecke, wo die Eule sitzt“ ist. Äußerst angenehm, mal auf andere Sprachbilder als die hiesigen zu treffeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeen.

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Reminder für Länderspiel-Reporter

Es gibt neuerdings Tretesel. Und Dampfrösser. Sogar Automobile zu erschwinglichen Preisen. Das hat zur Folge, dass Menschen auf den Rängen eines Stadions in einer bestimmten Stadt womöglich eine ganz andere Stadt ihre Heimat nennen.

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Die Großtante aller Niederlagen

Am Samstag waren wir alle Bayernfans Hobbypsychologen. Gab es irgendjemanden, der bei dieser Art Bastian Schweinsteigers, zum Elfmeter anzulaufen, nicht aufgeschrien und Stop! gerufen hätte? Jede Faser seines Körpers wollte doch intensiv seiner Umwelt mitteilen, dass dieser Körper es für keine gute Idee hielt, jetzt, am Ende dieser 120+x Minuten auch noch in wenigen Sekunden für die Niederlage verantwortlich zu sein. Aber wenn die fünf Schützen nominiert sind, gibt es nun mal kein Zurück mehr. Und all wir Hobbypsychologen waren danach und womöglich für längere Zeit noch mit dem eigenen Bewältigen dieser Niederlage beschäftigt. Wobei, das darf sicher sein, es eben kein zweites Barcelona war. Weshalb die Bewältigung schneller gehen wird.

Vorab: Es sei niemandem seine persönliche Einschätzung dieses Finales daheim genommen. Jeder leidet selbst so, wie er will und gerne auch mit immer neuen Höhe- bzw. Tiefpunkten des Leidens. Objektiv gesehen ist aber klar, dass es nur die Aktualität des Schmerzes gewesen sein kann, die zum Ausspruch verleitete, dass Drogbas Schüsse ins Tor im Resultat schlimmer gewesen seien als die Mutter aller Niederlagen. In diesem Spiel sah es keineswegs die gesamte Spielzeit lang so aus, als würde der FC Bayern sicherer Sieger dieser Partie werden, sondern nur genau von Müllers Tor bis zu Drogbas Ausgleich. Das ist zwar „schon au“ irgendwie bitter, hat aber eine ganze andere Qualität, zumal (bis auf den von Robben vergebenen Strafstoß) die ganz großen weiteren Chancen fehlten.

In einem Elfmeterschießen, und darauf lief die gesamte Spielanlage des FC Chelsea doch schon in den ersten Minuten hinaus, stehen die Chancen nun mal 50-50, wobei sie aufgrund diverser Umstände in diesem Fall aus Münchner Sicht schlechter standen. Zum Einen, weil man sich selbst diesen Riesendruck auferlegt hatte, das „Ding“ (O. Kahn) im eigenen Stadion unbedingt zu gewinnen. Zum Anderen, weil man immer noch keine professionelle Vorbereitung auf Eventualitäten eines Fußballspiels für nötig hält. Dazu gehörte, intensiv Elfmeter zu trainieren, die jeweiligen Spieler auf das vorzubereiten, was kommen kann und — das ist kein Muss, aber wie sichtbar wurde, wäre es nötig gewesen — auch die Schützen schon im Vorhinein zu bestimmen.

Ändern könnte man diese dann immer noch, wenn es soweit ist. Jupp Heynckes lief angeblich vom Einen zum Anderen und erntete nur Absagen, so dass der eigene Torwart schon einer der regulären fünf Elfmeterschützen sein musste. Was sich im Nachklapp als absolutes Plus für Manuel Neuer erwiesen hat, ist eine unübersehbare Peinlichkeit für jene, welche ins Finale mit dem höchsten aller möglichen fußballerischen Niveaus gingen und für diese Angelegenheit verantwortlich sind.

Weiterhin weiß doch jeder, dass man nicht im Vorhinein zum Geburtstag gratuliert. Insofern musste jeder, der einen Funken Aberglaube in sich wiemeln spürt, zusammenzucken, als die Kurve der Bayern die Worte „Unsere Stadt, unser Stadion, unser Pokal“ ausrollte und damit den Grundstein für die Niederlage gelegt hatte. Selbst wenn man nicht abergläubisch ist, ahnte man in diesen Momenten, dass es nie gut ist, die Götter herauszufordern, und wenn es nur die Fußballgötter sind.

So entspann sich eine Partie, die man so ähnlich schon im Halbfinale dieses Wettbewerbs gesehen hatte, und so unansehnlich es auch sein mag, es ist vollkommen legitim, so zu spielen. Zumal sich auch die berechtigte Frage stellt, wie stark oder schwach die Bayern wirklich waren — und wie viel der schwachen Offensivleistung der Gäste darin zu begründen war, dass Bayern eben so stark spielte.

Einen Höhepunkt an Frechheit lieferte jener Reporter von sky, der den Trainer des frisch gebackenen Champions-League-Sieger befragte, ob dieser den Stil seiner eigenen Mannschaft „schön“ fände. Ein bisschen frech ist es, diese Frage zu stellen. Frecher ist es allerdings, dass sich ein Mensch mit so wenig Ahnung vom Spiel jemals als Sportreporter beworben hat und somit zu diesem Job gekommen ist. Als wäre es im Fußball je um Schönheit gegangen und als interessierte das irgendjemanden im Moment des Triumphs — außer schlechten Verlierern, denen die Argumente fehlen. Und die einzigen Argumente, die es im Fußball gibt, sind erzielte Tore.

Man kann sich doch nicht ein (monetäres) Leben daraus basteln, die Unwägbarkeit des Fußballsports so sehr zu melken, dass es für ein Häuschen im Grünen reicht und man den Kindern die Universität bezahlen kann, wenn die Unwägbarkeit dann aber ernst macht mit ihrem Unwägbarsein, sich über ihre Existenz beschweren.

Weshalb sich stante pede ans Scheitern anschließende Diskussionen der üblichen Verdächtigen (Kahn: „Eier“, Effenberg: „Führungsspieler“, Lattek: „Neid“) auch darin erschöpfen, ihre Weltsicht auf den Fußball wiederzugeben, statt sich mit aktuellen Problemen des FC Bayern auseinandersetzen. Wer in einem Pokalwettbewerb im Fußball Zweiter wird, hat nicht allzu viel falsch gemacht, sonst wäre er dort nicht hingekommen. Was nicht bedeutet, dass man nichts verbessern könnte, denn:

Was ist nur aus dem FC Bayern geworden, der als ich als Kind zum Fußball kam noch nie ein Finale verloren hatte? Dann kam Aston Villa, dann Uerdingen, dann Porto und heutzutage verlieren die Bayern mal eben zwei Finals in einer Woche. Ein „Barcelona“ war es aber dennoch nicht, weil die Häufigkeit des Scheiterns bei den Bayern enorm zugenommen hat, und man deshalb dran gewöhnt sein müsste. Schon beim Abschlachten während des DFB-Pokalfinales durch den BVB spürte ich zum allerersten Mal in meinem Leben eine Gefühlsregung, die mir wirklich Angst bereitete: Ich hatte Mitleid mit den Bayern.

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Die Stimmen werden weniger

Kein Nachruf: Jochen Hageleit ist tot, wie es Zechbauer gestern hier mitteilte.

Selten passte die Vokabel „sonor“ besser zu einer Stimme als zu jener von Jochen Hageleit, die wohl allen noch im Ohr ist. Selbst wer ihn nicht kannte, wird ihn hier im Video sofort an der Stimme erkennen (diese Aussage darf allerdings nicht nach Kriterien der Logik bewertet werden). Da über ihn seltsamerweise nicht mal ein Wikipedia-Eintrag existiert, enden leider auch die hiesigen ausschweifenden Darstellungen dazu, an welchen WM und welchen legendären Bundesliga-Spielen er als Reporter teilgenommen hat.

Die Diskussionen, die in den letzten Tagen geführt werden, ob ein Journalist Stadionsprecher sein oder eine Buchvorstellung moderieren darf, oder — so wie hier Hageleit — die Saison-Eröffnung von Rot-Weiß Oberhausen leiten darf, sollte man nicht ausgerechnet angesichts des Ablebens von Hageleit neu beflammen, jedenfalls nicht an dieser Stelle.

Das hier eingebettete Video zeigt ihn bei eben jener Saisoneröffnung des fabulösen Fußballclubs Rot-Weiß Oberhausen vor der Saison 1983/84, bei der die Spieler alle brav in ihren Trikots und in kurzen Hosen vor den (erstaunlich vielen) Oberhausener Fans aufmarschieren und ebenso erstaunlich eloquent wirken — die meisten jedenfalls.

Das Outfit von Jochen Hageleit in diesem Video wäre mal wieder ein Fall für eine Doppelseite bei den 11 Freunden, darum soll es aber ebenso wenig gehen. Im weiter unten verlinkten Video von der Saisoneröffnung nur ein Jahr später sieht er dann übrigens auch wieder aus wie ein Mensch.

Erklingt seine Stimme, hat man doch — falls man es hat — sofort die späten Nachmittage bei Oma und leckerem Kuchen, bei Borussia Mönchengladbach gegen Waldhof Mannheim, heruntergelassene Stutzen ohne Schienbeinschoner und vor allem die schlecht animierten Männchen im Vorspann zur Auswahl des Tor des Monats vor dem geistigen Auge und Ohr. Dies stellt allerdings eine äußerst egozentrische Erinnerung dar, denn was er geleistet hat, wird damit nicht gewürdigt. Bei welchen WM und EM er dabei war, ist hier wie gesagt nicht bekannt, ganz sicher aber war er bei der Tragödie im Heysel-Stadion anwesend.

Das Video zur Saisoneröffnung in Oberhausen:



Ein wesentlich besseres Video, hauptsächlich im Dialog mit dem gerade dann in die 2. Liga zu Rot-Weiß Oberhausen gewechselten Manni Burgsmüller gibt es ebenfalls, ist aber nicht zur Einbettung freigegeben.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Stimmen, die man heutzutage bei sky, Sat1 und den Öffentlich-Rechtlichen vernimmt, alle nicht jene Erinnerungswerte besitzen werden, wie man sie bei Rolf Kramer, Manni Breuckmann und eben jenem Jochen Hageleit hat, was aber nach sehr kurzem Nachdenken auch logisch ist, da sie nun mal jetzt sprechen und nicht in den eigenen Jugendtagen.

Leider ist hier auch kaum etwas darüber bekannt, ob Hageleit eigentlich ein „Guter“ war, im Sinne seiner fachlichen Qualitäten, oder ob er wie Werner Hansch zwar wundervolle Bilder in den Übertragungshimmel malen konnte, aber taktisch-strategisch überhaupt nichts vom Spiel zu vermitteln wusste. Was wiederum, falls es so war, daran gelegen haben könnte, dass es früher auch kaum Taktik gab. De mortuis nihil nisi bene.

Au revoir, sonorer Jochen Hageleit.

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Wie groß ist die [Emotion]?

Kann man nach einem 0:1 im WM-Halbfinale, wodurch man nicht mehr Weltmeister werden kann, nicht ein einziges Mal eine andere Frage stellen als „Wie groß ist die Enttäuschung?“?

Philipp Lahm wurde das gefragt, der offensichtlich kurz davor war, es dem kleinen Mädchen in der ARD gleichzutun, Jogi Löw wurde das gefragt, Bastian Schweinsteiger wurde das gefragt.

Man muss festhalten, dass es scheißegal ist, wie groß oder klein die Enttäuschung in so einer Situation ist, weil doch jeder, der zugeguckt (und mitgebangt) hat, weiß, dass die Enttäuschung so groß ist, dass es nicht ausreichen würde, die Hände zur vollen Spannweite eines Menschen voneinander zu strecken. Kann man — nach solchen Spielen und vor allem Ergebnissen gegen England und Argentinien — noch enttäuschter sein nach einem Fußballspiel als in diesem Fall gegen Spanien? Wenn man somit nicht mehr, obwohl das durchaus nicht unwahrscheinlich war, Weltmeister werden kann: Was gibt es denn Schlimmeres, als in einem WM-Halbfinale nach so einem Vorlauf zu verlieren (als Fußballer natürlich nur, real life blenden wir hier immer aus)?

Und es ist zudem scheißegal, wie sehr enttäuscht der Befragte ist, weil es auf diese Frage keine sinnvolle Antwort gibt, oder wenn es sie gibt, dann ist sie wenig erhellend und hat für den Zuhörer auch Nullkommanull Erkenntniswert.

„Wie [Emotionen beschreibendes Adjektiv] sind Sie jetzt?“

„400″

„Geht so“

„der grüne Button“

„nicht viel mehr als Erwin aus Eisenhüttenstadt jetzt wäre“

„bis zum Anschlag“

„12 hektar [Emotion]“

„genauso wie letzten Mai, als mein Hamster starb/geboren wurde/Vater wurde“

Was soll man darauf antworten? Wie groß ist die Enttäuschung? Achtkommadrei auf der nach oben offenen Bescheuertheitsskala an Reporterfragen? Oder doch eher „mittelmäßig“, wie man es unter Menschen gerne ausdrückt, nämlich in Worten.

Ja, natürlich ist diese Frage einfach nur ein standardisierter Einstieg in ein Interview, bei dem niemand eine ernsthafte Antwort auf die Frage erwartet. Sehr groß, mittelgroß, mittelklein. Das gilt ja übrigens für beide Fälle: Große Freude oder große Enttäuschung. Wie groß ist die Freude, Herr Torwart vom Drittligaklub, der gerade im DFB-Pokal den entscheidenden Elfmeter gegen den Erstligisten 1. FC Hamburg abgewehrt hat. „12,3 ist die Freude groß!“ Aha. Und die Wut, lieber Trainer vom 1. FC Hamburg? „So groß wie ein Big Mac.“

Wie groß ist eigentlich die Langeweile, die Herren Reporter, wenn man immer die gleichen — sinnlosen — Fragen stellt?

„8,1 groß“.

Wirklich derart groß/klein/mittelmäßig?

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