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Schlagwort: Polen

Besser anketten, den deutschen Tessiner

Herrliches Zitat, welches demonstriert, dass die 2002er-Finalniederlagenserie an den Leverkusener Spielern doch nicht ganz so spurschwach vorbeigegangen ist, wie nur kurze Zeit später alle beteuerten (ohne Quellen dafür zu haben):

Noch ist es ja nicht so weit, noch hat er seine Karriere nicht beendet. Auch wenn nicht ganz so einfallsreiche Spötter behaupten, das, was Arminia Bielefeld zur Zeit zeige, habe nichts mit Fußball zu tun. Der Polen-Olli, der ja eigentlich Schweizer ist, und noch dazu auch noch nicht-deutschsprachiger Schweizer. Ein Spieler, der über seine gesamte Karriere hinweg sympathisch war, egal, wo er spielte. Mag vielleicht wie bei Bernd Schneider daran gelegen haben, dass er so still und zurückgezogen war und damit eine ideale Projektionsfläche für den Traum von einem echt sympathischen Fußballer bot.

Vielleicht ist er in Wirklichkeit einfach total hohl, aber das würde man gar nicht so recht wissen wollen. Er wirkt vielmehr neben seiner vermeintlichen Bescheidenheit immer ein wenig wie eine viel zu dünn geratene Comicversion von einem Fußballer, weshalb man ihn wohl mit Charakteren aus angenehmen Vorabend-Cartoonserien assoziiert.

Wie dem auch sei, noch ist es nicht so weit, aber der Tag wird kommen, dann wird auch der letzte der älteren Generation der 2006er-WM-Spieler nicht mehr aktiv sein. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch der Rückblick auf seine nicht kurze Karriere fertig sein. Bis es so weit ist, kann man sich vielleicht mit diesen interessanten Porträt der NZZ von Oliver Neuville über Wasser halten, welches eher die Anfangstage seiner Karriere beleuchtet. Und natürlich den traurigen Tief-Höhepunkt:

Oliver Neuville ist auch ein unglücklicher Serien-Verlierer, allerdings auf Weltklasseniveau. 2002 hat er, innerhalb von zwei Monaten, die Meisterschaft verspielt mit Bayer Leverkusen am letzten Spieltag, dann den deutschen Cup- Final verloren, dann das Endspiel der Champions League gegen Real Madrid. Und zuletzt den WM-Final gegen Brasilien, 0:2. „Wir sind anschliessend nach Saint-Tropez in Urlaub gefahren“, sagt Schönwetter. „Und wir mussten ihn anketten an der Bar, sonst wär er runtergfallen.“

Wenn das nicht sympathisch ist …

Achja. Und Raucher ist Oliver Neuville auch.

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Normal wie alle anderen

„Ich möchte endlich normal sein“, seufzte die Bundesliga-Tabelle, als sie sich auf den Sessel plumpsen ließ. Sie wirkte etwas derangiert und es hatte den Anschein, als wenn sie stürmische Zeiten hinter sich gehabt hätte.

„Wie normal genau?“

„So normal wie alle anderen.“

Schweigen.

„Wie welche anderen?“

„Sehen Sie nur in die 2. Liga. Da ist die Mannschaft mit dem höchsten Etat oben, die mit den kleinsten Etats sind unten. Das nenn ich normal. Oder in Spanien. Da sind immer die beiden Großen oben, egal ob Sommer, Frühjahr, Herbst oder Winter. Nicht so wie bei mir.“

Die Bundesliga-Tabelle blickte aus dem Fenster, wo sich hinter einer Regenwand der Herbst versteckte.

„In Holland werden immer die selben drei Meister, in der Türkei auch. Bei mir kommt immer mal wieder ein Außenseiter durch. Ich fühle mich wirklich sehr durchlässig. Das kostet Energie, und ich frage mich auch, wie das nach außen wirkt, so unaufgeräumt daherzukommen.“

Der Hinweis, dass sich diese Zustände in Holland zuletzt geändert hatten, hatte noch Zeit bis nach dem Lamento.

„Wer mich besucht, weiß nie, was er bekommt. Ich weiß es ja selbst nicht, was am nächsten Wochenende passiert. Mal ist unten oben, dann ist wieder oben unten und in der Mitte steckt auf einmal der Kopf. Das ist wie nach einem großen Rausch. Jedes Mal muss ich mich erst neu sortieren.“

Einer längeren Pause folgte der erste Blickkontakt.

„Ich will endlich normal sein, so wie alle anderen auch. Dieses ständige Neuerfinden, diese Achterbahnfahrten machen mich noch total plemplem.“

„Gibt es nichts Positives daran?“

„Nein.“

„Auch nicht, wenn Sie länger nachdenken?“

„Im Moment ist nichts normal. Alles ist durcheinander. Was soll ich denn sagen, wenn mich einer fragt, was Frankfurt da oben zu suchen hat? Das ist doch nicht normal! Es sollte doch alles zementiert sein, und das hieße, Frankfurt läge zwischen Platz 8 und Platz 12. Stattdessen legen sie eine Serie hin, die sie nach oben spült. Oder Mainz. 7 Siege am Stück – das ist doch nicht normal. Ich hab versucht, es zu korrigieren, jetzt verlieren sie nur noch am Stück. Das ist auch nicht normal. Aber wie soll sonst Normalität zurückkehren? Sie müssen verlieren, aber nicht so oft. Alles nicht normal.

Schalke. Schalke! Zehn Jahre lang die beste Defensive der Liga, dann kommt dieser Magath, wird Zweiter mit Nonames, auch schon nicht normal, aber dann verkauft er alles wie im Wahn und schon sind sie Letzter.“

Der Einwand, dass der FC Köln Letzter sei, nicht Schalke, wurde mit dem Hinweis weggewischt, dass „wenigstens das normal“ sei.

„Jeder sagt, dass man so einen Lauf wie der BVB nicht eine ganze Saison durchhalten kann. Wenn ich sie aber jetzt abstürzen lasse, dann ruft schon wieder jeder, wie vorhersehbar das alles sei. Hätte man gerade erst gehabt, mit dem Absturz der Hoffenheimer nach dem Herbstmeisterschaftsgewinn, werd ich dann zu hören bekommen.“

„Das wäre doch normal.“

„Nur immer normal geht ja nicht, weil sich dann auch wieder jeder beschwert. Wobei dann wenigstens keiner mit dem Argument Unglaubwürdigkeit um die Ecke kommt.“

Das Dunkel begann sich ein bisschen zu lichten, vor dem Fenster.

„Also ist es doch ganz gut, wenn es nicht immer normal ist?“

„Natürlich! Ich hab in den 1980ern und 1990ern mal drei Mal hintereinander die Bayern gewinnen lassen. Das war eigentlich normal. So normal wie dass Brasilien immer die Weltmeisterschaft gewinnt.“

„Aber Brasilien gewinnt doch gar nicht immer die Weltmeisterschaft?“

„Eben. Das ist völlig normal. Und so wird sich wohl auch keiner beschweren, wenn es diesmal wieder ganz normal wird. Oder eben doch, aber anders. Normal eben, dass ich die Bundesliga-Tabelle bin, und nicht die Primera Division. Ich will eigentlich auch gar nicht jemand anders sein.“

Das Selbstvertrauen kehrte offensichtlich zurück.

„Schließlich kommen die Leute mich genau deshalb immer besuchen, weil ich ich bin und nicht Holland. Glaube ich. So genau hat mir das ja noch nie einer verraten. Aber wenn ich alles normal sein lasse, wenn Bayern mit 10 Punkten führt, dann hab ich wirklich viel weniger Anrufe und auch Emails.“

„Wollen Sie denn viele Anrufe und Emails?“

„Ja natürlich! Wenn keiner mehr käme, das wäre traurig. Dann verfielen meine schönen Stadien und womöglich würde ich dann irgendwann selbst keine Lust mehr haben, alles würde den Bach runter gehen. Keine Kameras, keine Interviews, keine Zuschauerrekorde.“

„Was eine normale Reaktion wäre.“

„Weshalb ich beschlossen habe, dass es ganz okay ist, dass es für einen wie mich eigentlich ganz normal ist, nicht ganz normal zu sein. Dafür lieben die Leute mich. Und das mit dem Kopfsortieren nach dem Spieltag, damit muss ich dann wohl leben. Aber ich tu’s gerne. Für mich, und auch für die anderen.“

„Sicher?“

„Sicher. Normal ist langweilig. Und mehr noch als nicht normal zu sein hasse ich die Langeweile. So viel ist mal klar. Ich bin wie gesagt die Bundesliga-Tabelle, keine Zweite Liga, nicht die Türkei und schon gar nicht Polen. Ich denke, ich bin all die Jahre eigentlich auch ganz gut damit klar gekommen, dass ich nicht so normal bin wie die anderen. Allerdings war es selten so krass wie in den letzten Wochen. Deshalb hab ich wohl ein wenig überreagiert. Aber jetzt freu ich mich wieder, ich selbst zu sein. Nicht so ganz normal, was aber normal ist.“

„Dann können wir hier ja aufhören für heute, wenn Sie sich da doch wieder sicher sind, dass das ganz okay so ist, wie es ist.“

„Okay, gut. Danke.“

Die Bundesliga-Tabelle brach auf, viel spannungsvoller und energiereicher als noch beim Hereinkommen, öffnete die Tür mit einer zackigen Handbewegung und war schon fast draußen, als sie sich doch noch einmal umdrehte.

„Nächstes Treffen dann wieder am Montag nach dem Spieltag?“

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Die Ukraine und die Euro 2012: Alles nur ein Irrtum

Hier der Beweis, dass die Ukraine gar keine Fußball-Europameisterschaft 2012 ausrichten wollte. In der Ukraine erlag man beim Ausfüllen des Antrags auf die Austragung der Europameisterschaft 2012 einer schlecht von translate.google.com übersetzten Version, in der eindeutig von einer Tanz-Europameisterschaft die Rede war. Das Beweisvideo, mit dem sich die Ukraine beworben hatte, ist sogar noch öffentlich zugänglich:



Als man schließlich den Zuschlag erhielt, war man so überrascht, dass man plötzlich vier astreine, piekneue Stadien vorweisen sollen können müsste und dass es sich um Fußball handeln würde, dass man erstmal viereinhalb Jahre lang gar nichts tat. Mittlerweile hat man sich von diesem Schock erholt und dem für die fehlerhafte Übersetzung verantwortlichen Mitarbeiter sogar wieder den Betonklotz vom Fuß entfernt. Extra ausgebildete Taucher des ukrainischen Militärs führten diese Aktion durch, inzwischen wird der Angestellte sogar als Volksheld verehrt. Auch seine Witwe ist froh über die neue Entwicklung.

Dass man in der Ukraine eher schlecht als recht Fußball spielen kann (zuletzt unter Anderem ein 2:2 gegen Kanada), hört man aus zuverlässigen Quellen in der Ukraine selbst, sei nicht so schlimm: Schlechter als die Schweiz und Österreich werde man schon als Gastgeber nicht auftreten. Außerdem gebe es da ja so ein Phänomen warmer und kalter Kugeln bei diversen Auslosungen …

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Der mal wieder kreative Slogan der EM 2012

Während man bei der EM 2008 noch mit „Erlebte Emotionen“ glänzen konnte, was hier ausreichend gewürdigt wurde, haben Polen und die Ukraine den Wettkampf um den möglichst inhaltsleersten Slogan für ein Fußballturnier wagemutig und voller Tatendrang angenommen. Und siehe da: Touché. Denn Emotionen, wie sie noch die Österreicher und Schweizer ins Spiel brachten, gibt es schon in der Bundesliga, speziell in den Interviews dazu, ausreichend. Geschichte aber, die man kreieren will, indem man einfach ein paar Leute gegeneinander Fußball spielen zu lassen beabsichtigt, das ist zwar nicht inhaltsleer, aber in der Frage der Beliebigkeit des Slogans doch eine Fußspitze weiter vorne als die „Erlebten Emotionen“.

„Creating History Together“

So lautet der Slogan der EM 2012 in Polen und der Ukraine. Allerdings auch jener der Solarzellenproduzentenmesse in Flensburg im Sommer 2011. Wie auch jener des Architekturwettbewerbs der Universität von San Diego. Und natürlich der Stiftung gegen Analphabetismus in Kinshasa.

Nichts in dem Slogan hat auch nur ein Jota Bezug zu Polen oder der Ukraine, und auch nicht zum Fußball. So geht das, wenn man nichts sagen will, das aber nicht gleich so aussprechen möchte. Dieses Vorhaben ist gelungen.

Man sieht, der Fußball und vor allem sein Drumherum sind mal wieder an Kreativität nicht zu unterbieten, und die Leute, die das verzapfen, sind auch noch stolz drauf, dass sie einen Slogan wie ein Ed von Schleck nach 20 Minuten im Death Valley gefunden haben: eine weiche Soße auf dem Boden, mit der keiner mehr etwas Sinnvolles anfangen kann.

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Adeus a Brasil

Die WM ist tot, es lebe die WM!



Endlich keine Vuvuzelas mehr, endlich wieder Fußballstimmung.

Okay, es ist noch vier Jahre hin, vorher gibt’s noch Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League und Europameisterschaft in Polen und der Ukraine. Außerdem sind die Anstoßzeiten wahrscheinlich eher ungünstig für mitteleuropäische Zuschauer, was wiederum Public-Night-Viewing eher unwahrscheinlich werden lässt.

Aber dann endlich wieder „Aaahs“ und „Ooohs“ bei einem Fußballspiel, bei einer WM hören zu dürfen, wird das Ganze sicher deutlich angenehmer und mitreißender (um die Vokabel von den Emotionen zu vermeiden) werden lassen als es in Südafrika der Fall war. Die Spiele waren ja gar nicht so viel schlechter als andere WM-Spiele oder auch nur Fußballspiele. Allein: Wenn man nicht in der Öffentlichkeit geschaut hat, fehlte einfach dieses Auf und Ab.

Nirgendwo schläft man besser als in einem gleichmäßig vor sich hinratternden Zug. Erst wenn er hält und das Rattern verstummt, wacht man auf. Die Vuvuzelas aber verstummten nie.

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Alle Spiele um Platz 3 bei einer WM

Als kleiner Appetizer für heute Abend: Es gab da durchaus, logisch ja auch bei zwei unterlegenen Halbfinalteilnehmern, immer mal wieder sehr gute Paarungen auf dem Papier, die dann auch hielten, was sie versprachen. Zwar schaut sich wahrscheinlich kein Mensch der Welt ein Spiel um Platz 3 von 1962 noch einmal im Re-live an (außer mir), aber heute Abend kann immerhin noch Historisches passieren. Ein 4:0 gilt es zu überbieten. Oder die 9 Tore insgesamt aus der Niederlage gegen Frankreich von 1958.

Noch nie gab es übrigens ein Elfmeterschießen im Spiel um Platz 3.

Swynestygä.

1930 kein Spiel um Platz 3
1934 Deutschland – Österreich 3:2
1938 Brasilien – Schweden 4:2
1950 kein Spiel um Platz 3
1954 Österreich – Uruguay 3:1
1958 Frankreich – Deutschland 6:3
1962 Chile – Jugoslawien 1:0
1966 Portugal – UdSSR 2:1
1970 Deutschland – Uruguay 1:0
1974 Polen – Brasilien 1:0
1978 Brasilien – Italien 2:1
1982 Polen – Frankreich 3:2
1986 Frankreich – Belgien 4:2 n. V.
1990 Italien – England 2:1
1994 Schweden – Bulgarien 4:0
1998 Kroatien – Niederlande 2:1
2002 Türkei – Südkorea 3:2
2006 Deutschland – Portugal 3:1
2010 Deutschland – Uruguay 3:2

Rekord-Dritter bei einer WM, ganz zufällig: Deutschland, wie diese Auflistung der Häufigkeiten von dritten Plätzen zeigt.

1. Deutschland 4
2. Frankreich 2
Brasilien 2
Polen 2
Schweden* 2
6. Chile 1
Österreich 1
Portugal 1
Italien 1
Kroatien 1
Türkei 1

(* Schweden erreichte auch 1950 den dritten Platz, als es kein Spiel um den dritten Platz, sondern eine Finalrunde mit 4 Teams gab.)

Noch dazu Deutschland heute mit der Chance, den Vorsprung auszubauen. Ein Rekord, auf den man wahrlich gerne verzichten würde. Wahlweise eintauschen gegen eine handgefertigte rostbraune Stehlampe aus Ostfriesland.

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Der ist doch schwul

Heute mal ohne großes Federlesen einfach nur ein Link:

Artikel.

Damals, als die Pornos noch aus Skandinavien kamen, dachte man ja irgendwie, die seien irgendwie versauter als man selbst. Heute weiß man: Sie sind wohl einfach zwei Schritte weiter.

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Live aus der Bayern-Kabine

In anderen Sportarten ist es Usus, im Fußball verpöhnt: der Zugang zur Kabine für die Inhalteschaffenden. Das soll auch so bleiben. Wir haben uns in bewährter Hape-Kerkeling-Manier dennoch Zugang zur Kabine des FC Bayern verschafft, kurz vor Anpfiff der Partie in Hamburg. Wir müssen sagen: Viel ist hier nicht los. Die ganze Mannschaft starrt gebannt auf dieses runde Etwas, das gleich entscheiden wird, welche Farbe Franck Ribérys Schuhe heute haben sollen.

[Link leider tot]

Jürgen Klinsmann faselt was von „und schon gar nicht von Polen in schwarz“, während Lukas Podolski, der schelme Jeck, das Rad manipuliert hat, so dass es auf jeden Fall bei „bankrott“ stehen bleiben wird. Woraufhin sich die Blicke vom Rad abwenden werden und die Entscheidungsgewalt über die Farbe der Schuhe von diesem Rad zu Uli Hoeneß‘ Gesichtsfarbe übergehen wird. Womit die Farbe klar wäre.

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Leipzsch

Wie bereits angedeutet gesagt, findet die EM 2012 nun in Polen und der DDR statt. Nach „kicker-Recherchen“ bestehe „längst ein Notfallplan“ für diese Teilverlegung der EM 2012 in deutsche Stadien.

Typisch kicker zwar, dass er so etwas sagt, und dann keine Details und keine Quellen folgen lässt, aber immerhin. Immerhin erfahren wir damit auch, dass der kicker überhaupt recherchiert und mehr weiß als wir.

Und immerhin wird die Investitionsruine Zentralstadion etwas weniger ruinig, wenn den 5 WM-Spielen noch ähnliche viele EM-Spiele folgen.

Wann sind eigentlich die nächsten Präsidentschaftswahlen der UEFA? So lange werden wir noch warten müssen, bis wir „offiziell“ davon erfahren, dass die EM verlegt wird.

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Die 3:3-Woche: Endlich wieder Fleisch

Hatte da irgendjemand über Fußballmüdigkeit geklagt oder darüber, dass der Fußball vorhersehbar sei wie des Dummschwätzers Gabe, sich innerhalb eines Satzes zu widersprechen, obwohl er gar keine sinnvolle Aussage tätigt, der war getäuscht.

Vermeintlich Kleine gibt es im Länderfußball noch. Man erkennt sie daran, dass Berti Vogts bei ihnen Nationaltrainer ist oder daran, dass die Zeitungen genüsslich die Hauptberufe der jeweiligen Amateurspieler auflisten. Busfahrer ist dabei immer ganz beliebt, Lagerist, manchmal auch (Sport-)Lehrer oder natürlich Student, meist für Sport auf Lehramt. Andere Kleine gibt es hingegen kaum noch, zumindest gehört Finnland schon länger nicht mehr dazu. Wer will denn da übersehen haben, dass die Premier League dem übrigen Fußball weit enteilt zu sein scheint? Und wer will denn da übersehen haben, dass sich der Kader der Finnen hauptsächlich aus Spielern aus mittelgroßen Vereinen rekrutiert, so wie es die Vereine von Serdar Taşçı, Robert Enke oder Simon Rolfes eben auch sind? Dass Finnland zuletzt in einer starken Gruppe mit Polen, Portugal und Serbien nur um drei Punkte an der EM-Qualifikation scheiterte?

3:3 also gegen Finnland, wohl in der Entstehung, nicht aber im Endresultat überraschend: auswärts ein Remis gegen den zweiten Mitkonkurrenten um den Gruppensieg. Und nach dem Spielverlauf sicher ein Punktgewinn. Ein Gewinn vor allem im Punkte Unterhaltung. Nämlich für jene Public-Viewing-Zuschauer, denen es nichts ausmachte, ohne Event-Fans mehr oder weniger alleine vor den nirgends aufgebauten Leinwänden bei frühherbstlich kaltem Wetter und ebenso kaltem Bier auszuharren, welches man ohne die langen Schlangen, die man zu Turnieren bewältigen muss, erworben hatte, mit dem — tatsächlich fachkundigen — Nebenmann, der allerdings erst in weiter Ferne erspäht werden konnte, sich Fachsimpeleien zuschreiend. Niemand stand im Bild und niemand hatte Wurst-Ketchup-Senf aufgetragen. Es waren ja ohnehin nur zwei Leute da, freie Sicht also für jedermann. Kein Gewinner hingegen an den Mikrofonen der Überträgern: Oliver Kahn verliert sich in inhaltsleeren Banalitäten, dass man befürchten muss, er möchte den Dummschwätzer in seiner Eigenschaft als solchen beerben. Wobei Oliver Kahn, wenn er inhaltlich nichts sagt, sich auch nicht widersprechen kann, womit er dem Dummwschwätzer etwas voraus hat. Was sein Hülsenfeuerwerk aber nicht weniger überflüssig macht: Es ersteht der Eindruck, dass Kahns Kiefer einfach zu groß ist, um auch noch das Hirn mit Blut zu versorgen.

3:3 auch in Dortmund und jetzt rufen sie alle wieder nach dem Videobeweis oder nach anderen, besseren Pfeifen an ebenjenen, auf dass solche Ungerechtigkeiten nicht und in dieser Lebensspanne schon gar nicht mehr zu bedauern seien. Dabei übersehen sie gerne, dass das Spektakel (respektive Skandal) gar kein solches wäre, wenn es diese Fehler nicht gäbe. Natürlich will kein Beteiligter, dass in jedem Spiel ein gewisser, sicherer Prozentsatz an Fehlentscheidungen getätigt wird, nur damit Unterhaltung herrscht. Der Wunsch nach Fairness scheint dem Menschen immanent zu sein. Zumindest so lange, wie kein eigener Vorteil möglich ist. Fraglich, in welchem Kleiderschrank all diese Geiferer Fräulein Smillas Gespür für Fehlentscheidungen eingesperrt halten, wenn sie selbst dann tatsächlich mal von Fehlentscheidungen anderer profitieren. Wer klinisch saubere Entscheidungen möchte, soll in den OP-Saal gehen, wo die Fehlerquote etwas besser, aber immer noch nicht perfekt ist. Ein Zustand, auf dessen Erreichen wir so lange warten können wie darauf, dass Schalke mal 90 Minuten lang attraktiven und erfolgreichen Fußball spielt.

3:3 auch in Hamburg, wenn man mit einrechnet, dass Leverkusen nur 334 Stunden und 10 Minuten zur Regeneration hatte und Hamburg derer 334 und 14 Minuten, war doch die letzte Partie der Hamburger vor ungefähr zwei Wochen früher als die der Leverkusener beendet worden — ein klarer Wettbewerbsnachteil, der unter Berücksichtigung all der „hättes“ und „wäres“, die Fußballschauer an dieser Stelle gerne einfügen, punktgenau zu einem weiteren Tor für Leverkusen geführt hätte. Da wir hier aber ohne wenns und abers schreiben: 3:2 also in Hamburg und der HSV scheint sich daran zu gewöhnen, von jetzt ab dem Gegner „zwei vor“ zu geben, damit die Zuschauer etwas für ihr Geld bekommen und die Mannschaft ab der 60. Minute spielen muss wie Norwegen in den 1990ern („Spielen immer so, als stünde es 0:1 in der 90. Minute“). Das wird man vor allem in Gladbach und vor allem für das Auswärtsspiel in Hamburg gerne hören, wobei man bei jenen eher auf „drei bis vier vor“ hoffen sollte. Diese seltsame Maßnahme der Hamburger mag aber auch nur dem niederländischen Trainer geschuldet sein, dem man den Aufenthalt an der Alster so heimelig wie möglich gestalten will. Um erst gar kein Heimweh aufkommen zu lassen, spielt man ebenso offen und mit vielen Gegen- und Toren wie der neue Trainer es seit Jahr und Tag aus der Eredivisie kennt, wo ein 5:3 oder ein 8:1 eher die Regel als die Ausnahme sind. Was Uwe Seeler zu der neuen Spielweise des HSV sagt, war leider nicht zu verstehen, geistig, Günter Netzer hingegen sieht den HSV schon auf dem Weg zum Titel (FOTO-Zeitung) bzw. eben nicht (alle übrigen Zeitungen). Diese „der Gegner hat zwei vor“-Methode wird sich nämlich noch rächen, spätestens dann, wenn man es erst kurz vor Schluss schafft, 0:2 hintenzuliegen und die Zeit zu knapp wird, den Rückstand noch aufzuholen.

Bliebe noch Prinz Pussy zu erwähnen, der jedes Mal anfängt zu weinen, wenn er ein Tor gegen die Ex-Seinen erzielt. Für ihn ist zu hoffen, dass er nicht mehr allzu oft in seinem Leben den Verein wechselt, sonst geht das Gewinsel inklusive Exculpation bei allen weiteren in Europa verstreuten Patenkindern und ehemaligen Nachbarn, Zeitungszustellern und Kinderärzten noch bei jedem zweiten Spieltag los. Das wäre dann eher mimosig, und somit wenig fleischig.

Ansonsten war’s aber ganz gut durch, diesmal.

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Ich sehe was, was Du nicht siehst

Man erinnere sich an den alten Nick Hornby, der da ja schrieb, dass er mit den Fans von Wolverhampton Wanderers mitfühle, welches irgendwann in den 1950ern zwei, drei Mal Meister wurde und seitdem — gar nicht mehr. Als kleiner Junge dachte er, Meisterschaft, das sei so etwas, was in schöner Regelmäßigkeit reihum ginge. Nun warten Fans der Wolverhampton Wanderers schalke-esk seit den 1950ern auf eine Wiederholung des Titelgewinns, allein: vergeblich.

Seit Einführung der „neuen“ Premier League wurde neben Manchester United, dem FC Arsenal und dem FC Chelsea mit den Blackburn Rovers genau ein Außenseiterteam Meister. Klar, bei Wettbewerben mit Turniercharakter ist die Außenseiter-Durchlässigkeit aufgrund der geringen Zahl der Spiele etwas höher, dennoch sind Turniere wie die WM 2002, bei der wirklich alle Großen früh die Segel strichen, selten. Als Selbstverständlichkeit darf man bei der winzigen Zahl von 4 Teilnehmern an einem Halbfinale aus entweder über 200 oder knapp 50 Kandidaten dennoch nicht nehmen. Man muss nur die Zahl der „Großen“ in Europa zusammenzählen und kommt zur Konsequenz, dass es für je nach Maßstab 3-5 Große einfach nicht reichen kann. Umso bemerkenswerter ist jene Bilanz, der gestern nur ein weiteres Kapitel der langen fußballdeutschen Erfolgsgeschichte angehängt wurde:

möglich gespielt verpasst
WM 82 Finale 7 7 0
EM 84 Vorrunde 5 3 2
WM 86 Finale 7 7 0
EM 88 Halbfinale 5 4 1
WM 90 Finale 7 7 0
EM 92 Finale 5 5 0
WM 94 Viertelfinale 7 5 2
EM 96 Finale 6 6 0
WM 98 Viertelfinale 7 5 2
EM 00 Vorrunde 6 3 3
WM 02 Finale 7 7 0
EM 04 Vorrunde 6 3 3
WM 06 Dritter Platz 7 7 0
EM 08 Finale 6 6 0

So sieht „meine“ Bilanz aus, da ich 1982 bezogen auf große Fußballturniere erwacht bin. Das bedeutet auch: Von den möglichen 88 Spielen, die Deutschland hätte machen können, haben 75 stattgefunden. Ich habe also dank des langfristig gesehen überragenden Erfolgs der deutschen Mannschaft nur schlappe 13 mal keinen Fußballabend mit deutscher Beteiligung gehabt, der hätte sein können, und man muss schon sehr undankbar sein, um das nicht zu würdigen zu wissen.

Einfach nur nach Österreich, in die Schweiz, nach Polen, selbst nach Frankreich oder England schauen, um zu sehen, wie gering die bundesdeutsche Quote an nicht stattgefundenen Spielen ist. In den Jahren 82 bis 92 waren es glatt nur 3 Spiele in einem Jahrzehnt, die nicht stattfanden. Nimmt man die Zeit ab der WM 1970 hinzu, wird es nicht schlechter, eher besser. Verpasst nur das Finale der WM 1978, ansonsten alle möglichen Spiel mitgemacht.

Hat da jemand über unansehnlichen Fußball gejammert? Sicher nicht so unansehnlich wie ein Spiel, das gar nicht stattfindet.

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Man weiß, dass man alt geworden ist …

… wenn man zwei Welt- und zwei Europameistertitel miterlebt hat, gleichzeitig aber schon derer 3 WM-Finalniederlagen und es irgendwie albern bis lächerlich findet, nach einem einfachen Vorrundensieg gegen eine eher marginal daherspielende Mannschaft so etwas wie einen Autokorso zu veranstalten, wild hupend durch die Nacht zu fahren, Fahnen zu schwenken und rumzugröhlen.

Die Leute wissen eben nicht, was es heißt, steigerungsfähig zu bleiben. Wie soll man Sex genießen, wenn man schon vor dem Ausziehen, nun ja.

2:0 in der Vorrunde. Die Hupe bleibt stumm. Man nimmt das genießerisch hin, wohlwissend, dass da noch mehr folgen wird, aber man entblößt sich doch nicht nach einer kleinen Vorspeise schon vor seiner Nachbarin.

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Der FOTO/Fakt-Skandal

Eigentlich ist es keinen eigenen Beitrag wert, aber das ZDF schafft es gerade doch tatsächlich, die Geschichte mit den „huch, Gottchen, überaus hässlichen, ekelhaften“ Titelblättern der polnischen Boulevardblätter ausführlich zu berichten, ohne auch nur ein Wörtchen darüber zu verlieren, dass das Ganze ein Spr*nger-internes Ping-Pong-Spiel ist.

Wie ist sowas möglich?

Und was will man damit erreichen? Warum werden die knapp 10-15-20 Millionen Fernsehzuschauer nicht darüber aufgeklärt, was die eigentlichen Gründe für solche Schlagzeilen und Titelbilder sind? Von FOTO ist man ja nix anderes gewöhnt, von Öffentlich-Rechtlichen allerdings darf man genau dieses zurecht erwarten.

Hab ich also mein Geld mal wieder in ein nach unten offenes Fass werfen müssen. Schade. Ich warte immer noch auf das Geräusch des Aufschlags.

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