Es ist alles so ausgelutscht. Ich nerve mich selbst schon damit. Seit es twitter gibt (bzw. genauer gesagt natürlich: seit ich dort teilnehme) ist es noch mal zwei Portionen schlimmer geworden. Alle, die sich äußern, äußern sich negativ. Nicht zum Spiel, nicht zu solch einem Spiel wie Manchester gegen Bayern, aber zur Berichterstattung darüber. Sei es die Krawatte, die einer trägt, sei es das hohle Interview (besonders gerne von mir bemäkelt), sei es die Tatsache, dass ManU in England nicht ManU heißt, sondern ManUtd oder United.
Es scheint, als sei die Menschheit eine Horde von erbärmlichen Klugscheißern. In dieser Horde weiß jeder alles, aber wirklich alles besser, und mit twitter hat auch jeder einzelne dieser Horde nun das nötige Postillionshorn in der Hand, um sein Besserwissen auch jederzeit kund tun zu können.
Die romantischen, poetischen, in 140 Zeichen amüsanten oder kreativen Tweets verlieren sich in den Millionen von Abläster-Tweets, die durch die anderen Millionen von Tweets, die einfach nur einen lustigen, interessanten oder lesenswerten Link enthalten, nicht gerade aufgefangen werden, zumal da ja noch die Milliarden an Klugscheißer- und Schlechte-Laune-Ausdrück-Tweets sind.
Natürlich ist Twitter auch gar nicht das Medium für eine Auseinandersetzung, es liegt mir vollkommen fern, grundsätzlich etwas gegen Twitter einzuwenden. Jeder ist frei darin, wem er folgt, wie häufig und wie genau er die Tweets anderer Leute verfolgt.
Das ist hier auch gar nicht das Thema, denn hier geht es immer noch um Fußball (denn der ist immer noch wichtig). Nur scheint es so, dass die Haupt- und Lieblingsbeschäftigung von Twitterern ist, TV-Sendungen (!) zu kommentieren. Anstatt sich hinzusetzen und eine Email an die Sendungsbetreiber zu verfassen und abzusenden, wird getwittert über das TV wie es twitteriger nicht geht. Mein einer von den beiden Opas war berüchtigt dafür, dass er kein gutes Haar an irgendeiner Fernseh-Sendung ließ, ob nun politische Diskussion oder Neujahrs-Ski-Springen. Warum er dann trotzdem immer alles geschaut hat, was das Fernsehen damals anbot, lässt sich auch nach längerem Grübeln nicht schlüssig begründen.
Offensichtlich war das Ablästern an sich der Zweck des Fernsehschauens. Und so scheint es auch mit diesen Twitterern zu sein: Je beschissener eine Sendung ist, umso lieber wird sie geschaut. Genauso gilt dies wohl auch fürs ins Stadion gehen: Je beschissener die eigene Mannschaft spielt, umso lieber geht man hin, weil man dann zurecht und mit Recht nörgeln kann.
Der ist doof, der andere ist lahm, der andere hat zwei linke Füsse, der Trainer ist ein Abzocker und der Präsident ein Vollidiot. Ja, herrlich, was kann man sich Besseres wünschen als notorischer Berufsnörgler? Nichts natürlich.
Sollte irgendwann per Zufall mal Erfolg oder schöner Fußball ins eigene Stadion Einzug halten, wird der Berufsnörgler mit der Faust in der Tasche dort sitzen und still leiden. Er weiß aber: die nächste schlechte Phase kommt bestimmt.
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