Teile der Redaktion sind sich sicher: Niemals! Andere Teile behaupten, dass eine Semmel immer den Preis wert ist, der für sie gezahlt wird.
Man erinnert sich jedenfalls an Zeiten, als man samstags morgens mit dem Fahrrad zum Bäcker fuhr und eine komplette Semmel (in dieser Region Brötchen genannt) für 19 Pf erwerben konnte. Schon damals gab es Stimmen, dass eine Semmel so viel Geld niemals wert sein könne, doch: Nicht nur erwarb man sie selbst, es standen auch viele weitere Leute in der Schlange, um eine oder gar mehrere Semmeln zu diesem horrend anmutenden Preis zu erwerben.
Zeit verging und Rahmenbedingungen veränderten sich, zwei Groschen waren irgendwann nicht mehr genug, um sich eine einzelne Semmel einverleiben zu können.
Die weitreichendsten Erinnerungen erinnern sich an einen Preis von 27 Pf pro Semmel, was natürlich einerseits unverschämt war, auf der anderen Seite aber weiterhin willentlich von Menschen, welche im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren, bezahlt wurde, um diese Semmel zu erstehen.
Der Euro kam bald geht er vielleicht wieder der Semmel-Preis aber stieg und stieg, ungesehen der Dinge, die um eine solche Semmel herum geschahen.
Heute muss man den Europreis über den Daumen mal zwei nehmen, um den damaligen D-Mark-Preis zu berechnen. Eine Semmel kostet mittlerweile locker 27 Cent eines solchen Euros und damit mal eben doppelt so viel wie zu jener Zeit, als die Semmel schon als total überteuert wahrgenommen wurde.
Semmel-Experte Klaus N. äußerte sich dementsprechend letztens auch: „Natürlich kann eine einzelne Semmel niemals diesen Preis rechtfertigen.“ Und er liegt selbstredend richtig: Keine Semmel ist 27 Euro-Cent wert. Ein wenig dürr im Geschmack und am Ende dient die Semmel ohnehin doch nur dazu, mit etwas anderem, viel stärker schmeckendem belegt zu werden. Sinnlos also und auch völlig übertrieben, den Werten unserer Gesellschaft spottend, für solch ein Belegbrötchen 27 Cent verlangen zu wollen.
Und doch erdreisten sich mittlerweile Bäckereiaußenstellen an besonders frequentierten Orten wie dem Düsseldorfer Hauptbahnhof oder dem Münchner Flughafen, für eine einzige Semmel Mondpreise von bis zu 50 Cent zu verlangen. Unverschämt aber auch diese Semmeln finden ihre Abnehmer.
Stimmen, die davon fabulieren, dass das Geld, mit dem man etwas erwirbt, nur den aktuellen Marktpreis widerspiegelt, Geld an sich aber niemals absurd sein kann, sofern man diese Erfindung der Menschheit akzeptiert, liegen natürlich falsch. Der Wert einer Semmel liegt schließlich in ihrer Belegbarkeit, mit Wurst, Käse, Marmelade oder Fisch, nicht in dem Etikett, das ihren Preis verrät. Ob nun 50 Cent oder 19 Pf entscheidend ist einzig, ob es jemand bezahlt.
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