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Schlagwort: Medien

400 Meter gespart

Früher gingen die Medienmenschen auf die Straße vor ihrem Sendegebäude, um ein paar Stimmen von Unbeteiligten, nicht in der Materie steckenden Menschen zu irgendwelchen Themen einzufangen. Der Sinn war schon damals fraglich für den Rezipienten dieses Blähblähs aus der Fußgängerzone.

Oft wollte sich keiner so richtig zeigen, dann musste man neben den 4 Stockwerken runter auf die Straße auch schon mal 200m links und 200m rechts rumstromern, bis man insgesamt sieben Leute befragt hatte, von denen dann zwei oder drei Stimmen in der Sendung Platz fanden, ob nun TV oder Radio. Natürlich völlig unrepräsentativ ausgewählte Leute, noch dazu nur jener Teil der Menschheit, der grundsätzlich bereit ist, vor Kameras und Mikrofonen zu sprechen. Abgesehen davon, dass man eben eine originäre Stimme von der Straße hatte, nun mal ohne jeden Informationsgewinn.

Heute spart man sich die 400 Meter, geht noch unrepräsentativer vor und lässt sich von der allgemeinen grassierenden Witzelsucht in den witzfernsten Sendungen anstecken. Heute liest man Tweets vor, mit einem Mehrwert für den Rezipienten einer Sendung, welcher noch deutlich kürzer als 140 Zeichen ist. „Ach, Schalke!“ war dann heute so ein ausgewähltes Exemplar von Tweet mit immensem Nutzen für die Hörer, geradezu grotesk besser als alles, was den Moderatoren selbst hätte einfallen können, geschweige denn einem professionellen Gagschreiber.

Im Studiosessel isses eben bequemer als auf der Straße. „Ach, Schalke!“ — was haben wir gelacht.

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Die Vorfahren der Elche

Das Spielchen ist nicht neu, neu nur die Frequenz, mit der man derlei Äußerungen wahrnimmt. Ein alter Hut ist es vielmehr, was Mario Gomez jetzt wieder zu erwarten hat, da er ja schon mit dem Moment des Wiederanpfiffs nach erfolgreichem Torschuss eine neue Serie seiner Erfolglosigkeit eingeläutet hat.

Dass [Mario Gomez] so andauernd ungerechtfertigt in der Kritik steht, hat er übrigens mit Gerd Müller gemeinsam. Dem hat die Journaille während seiner Karriere – man glaubt es heutzutage kaum – ebenfalls ständig mangelnde Laufbereitschaft (“steht nur im Strafraum”) und eine fehlerhafte Technik (“kann nicht richtig Schießen”) vorgeworfen.

So berichtet es Zeitzeuge Chris Kurbjuhn, dem das ständige grundlose Niedermachen von Mario Gomez dann noch übler aufstoßen müsste als uns, die wir dem Sportjournalismus erst seit vergleichsweise wenigen Jahren folgen.

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Sich selbst erhaltendes Siechtum

Einerseits geht die Meldung im Widerhall der misslungenen (?) Facebook-Aktion des FC Bayern fast unter: Der FC Bayern plant seine Zukunft mit Oliver Kahn und Stefan Effenberg. Das sind jene beiden, die für eine Eindimensionalität in der Sicht auf den Fußball stehen, wie man sie eigentlich nur noch in viel älteren Generationen vermuten würde. Welche sich nichtsdestotrotz in diesen beiden Hirnen aber dauerhaften Halt verschafft hat.

Der eine beschwört bei jeder Gelegenheit den „Druck“, den es bedeute, für den FC Bayern oder überhaupt als Profi bei gewinnen müssenden Vereinen Fußball zu spielen. Mit dem man natürlich umgehen können müsse. Die wenigen Gelegenheiten, zu denen er mal etwas Anderes erzählt als vom Druck, macht seine Stichwortgeberin dadurch zunichte, dass sie die Farbe der Krawatten wichtiger findet als eine Auseinandersetzung mit dem Sportlichen. Und wenn Kahn dann doch mal von sich aus etwas aus der Sicht eines Profis zum Spiel erzählt, bleibt sie mit metaphorisch offenem Munde stehen, kann daran nicht anknüpfen, und die an dieser Stelle plötzlich möglich gewordene Diskussion versandet noch vor ihrem Beginn in jenen Bezirken des Fußballs, welche man auch gerne bei Bunte und Co. beleuchtet. Insofern weiß man nicht genau, was der alte Kahn tatsächlich über den Fußball denkt, man hat aber bislang wenig im Ohr, was über billige Platitüden hinausgeht.

Der andere beschwört bei jeder Gelegenheit, dass die Mannschaft nicht „zu ruhig“ sein dürfe. Es gehe um Leader-Eigenschaften. Um Aggressivität dem Gegner gegenüber. Dabei wirkt Effenberg wie jenes Kind, dem man gerade zum ersten Mal in seinem Leben ein mehr als einsilbiges Wort gereicht hat, woraufhin es stolz das mehr als einsilbige Wort zu jedem Anlass verwendet, ganz gleich, ob dessen Inhalt etwas mit der Realität zu tun hat, die es gerade bezeichnen soll. Ein „Leader“ klingt halt toll, in den Ohren eines offensichtlich extrem auf Anerkennung geschnittenen Gehirns eines Effenbergs, also wird es bei jeder Gelegenheit rausgehauen. Was fehlt dem deutschen Arbeitslosen? Ein „Leader“! Was fehlt all denen, die schon mal ein Spiel verlieren? Ein „Leader“! Was fehlt dem Effenberg nicht in seinem Vokabular? Ein „Leader“!

Diesen beiden Koryphäen der Eindimensionalität will der FC Bayern nun also neue Aufgaben im Verein anvertrauen. Bei entschieden kleineren Vereinen besaß man da mehr Sachverstand: In Karlsruhe jagte man Kahn mit seinem Vater bei der Kandidatur zum Präsidenten davon, in Gladbach lacht man heute noch über die Aktion, mit der Effenberg — größtenteils ohne inhaltliches Programm — zusammen mit anderen ewig Missverstandenen wie Horst Köppel und Berti Vogts den Verein übernehmen wollte. Da der Verein ja ohnehin, wie man heute sieht, auf dem völlig falschen Weg war, war das aus Sicht der Protagonisten nötig geworden.

Einerseits geht die Meldung im Widerhall der Facebook-Aktion des FC Bayern fast unter. Andererseits muss man sich keine Sorgen machen, dass der FC Bayern — bald geführt und beraten von eindimensionalen alten Recken, deren Weiterbildung selbst bei besten Möglichkeiten, Experte bei Sky oder beim ZDF, und somit hautnah an den besten Spielen des Planeten dran, nur im Schneckentempo vorwärts geht — in mittlerer Zukunft gefährdet sein könnte.

Denn wenn die x in Folge verlorenen Partien gegen Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund eines bewiesen haben, dann jene traurige Erkenntnis: Man interessiert sich bei den großen Medien weniger dafür, warum der Sieger so stark war. Betont wird die Frage, warum die Bayern so schwach waren und was sie falsch machen, wo man sich demnächst wird verstärken müssen. Begründet wird diese Vorgehensweise damit, dass sich nun mal mehr Menschen für den FC Bayern interessieren als für alle anderen Vereine. Selbst dann, wenn der FC Bayern verliert und andere Vereine schon mit anderthalb Beinen im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrtausends angekommen sind, während andere noch nicht mal den Akku ihres E-Rollis komplett aufgeladen haben.

Insofern darf man sich also getrost zurücklehnen und kann die Hoffnungen respektive Ängste begraben, dass eines Tages der FC Bayern mal nicht mehr der am meisten hofierte Verein der Liga sein wird, weil so etwas Profanes wie erfolgreicher Fußball ausbleibt. Selbst wenn andere Teams dauerhaft erfolgreich spielen, auch im Misserfolg bleibt der FC Bayern die Nr. 1 des Interesses. Es gibt also keine Chance auf Änderung, denn um den dauerhaft zu sichern, den Misserfolg, hat man ja gerade erst Kahn und Effenberg verpflichtet.

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