Man sollte ja nicht annehmen, dass Leichtathleten immer auf Tartanbahnen laufen. In meinem eine ebenfalls vom Aussterben bedrohte Vokabel „Heimatverein“, in welchem ich zunächst eine bis zwei Saisons in der Leichtathletikabteilung verbrachte, bevor ich rechtzeitig zur zweiten E-Jugend-Saison zur Fußballabteilung wechselte, lief man auf Asche.
Asche zu soundso.
Asche, es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter, es war hart, die immer noch jungen Gelenke schienen bis ans Äußerste strapaziert zu sein. Speerwerfen, Disku(r)swerfen, Hürdenlauf, Weitsprung, Hochsprung, Stabhochsprung (okay, dabei brachte ich es kein einziges Mal zu einem gültigen Versuch), 400m, 100m, 200m, und so weiter und so bekannt, gerade jetzt, kurz nach Peking aka Beijing 2008.
Allerdings liefen nicht nur die Leichathleten ihre Runden und Sprints auf Asche, auch die Fußballer mussten mit selbigem Belag vorlieb nehmen. Es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter, aber gefrorene Asche war seltsamerweise noch unfreundlicher zu auf sie herabstürzenden Hautpartien als staubige Asche. Man konnte später Stunden damit zubringen, einzelne Pokelexperimente an unter der Haut befindlichen Elementen des eigentlichen Sportplatzbelags durchzuführen, man konnte sogar stundenlang in einer Badewanne (Witze bezüglich des Nachnamens des Trainers und dieses Themengebietes erübrigen sich, da der Verfasser dieser Zeilen schon mit allen Witzen, die es überhaupt in diesem Zusammenhang gibt, mehr als ausreichend konfrontiert worden ist und Witze, die jeder an einer bestimmten Stelle machen würde, sind einfach nicht mehr lustig, es sei denn, man hieße selbst Louis de Funès oder Pierre Richard) rumsitzen und sich damit beschäftigen, die Tiefe der eigenen Haut sowie Wege zu erkunden, wie man solche Partikel wieder an die Oberfläche bringen könnte oder konnte.
Der Platzwart wechselte alle paar Saisons, eins sah man ihn (von wem auch immer gespielt) ständig tun: Den Platz im Sommer zu wässern. Das war sehr sinnvoll, denn auf einem Ascheplatz wachsen so viele kleine, zarte Pflänzchen heran, die Durst haben, dass man einen Ascheplatz eben ständig wässern sollte, um ihn wachsen und gedeihen zu lassen.
Es gibt einen unverwechselbaren Geruch, so wie Gerüche immer unverwechselbarer sind als optische oder haptische Impressionen, der von einem Ascheplatz im Sommer ausströmt: er riecht nach Asche. Asche, das wissen die Leser wohl, ist keine Asche von einem Brand oder von einer Zigarette, sondern irgendein undefinierbares Irgendetwas, was man aus den Bergwerken dieser Region herausgeholt hat, womit man dann nix anzufangen wusste und deshalb begann, es auf Sportplätzen zu verteilen. Zeitweise hielt sich auch das Gerücht, dass ebenjene Asche krebserregend sei, besonders, wenn man sie im Körper beließe, weshalb es tatsächlich zu Szenen im heimischen Badezimmer (hier Baade-Witz einstreuen) kam, in denen meine Mutter meine Knie kontrollierte, ob sie denn nach der Partie auch tatsächlich krebserregende-Stoffe-frei seien, was in den allermeisten Fällen der Fall war.
Es staubte im Sommer immer ordentlich, da konnte der Platzwart so viel wässern, wie er wollte, wenn 32°C und dieser Atomreaktor namens Sonne auf die Asche einwirkten, war sicher, dass jeder den Ball führende Spieler eine dicke, atomhafte Staubwolke hinter sich herziehen würde. Die spürte zwar nicht der ihn verfolgende Verteidiger, dafür war er so es gut lief zu nah, aber die nachfolgende Gesellschaft würde dann schon merken, vor allem in ihren Atemwegen, was sich Sekunden zuvor dort ereignet hatte.
Es holperte und stolperte und holperte und stolperte, so war Asche. Auftupfing at its best, immer hoch, immer weit, irgendwie kacke, aber so war es dann nun mal. Es roch nach Asche, es schmeckte auch nach Asche, sogar fühlte es sich nach Asche an.
Doch dann, eines Tages, fuhr ich mit meinem Renault Megane am alten Spottplatz vorbei und sah: Der Platz ist umgegraben. Es gibt keinen Grund mehr, auf Asche zu zählen, es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Ein Kunstrasenplatz. Da braucht man keinen Platzwart mehr. Widerlich, sowas.
Asche, es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter.
Ich weißle, ich weißle.
Ein Meister aus Kunstrasen.