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Schlagwort: Kunstrasen

Lucy In The Sky With Diamonds

Heute morgen hatte ich wirklich schlechtes LSD genommen, mal wieder. Ich muss letztens irgendetwas an den Einstellungen meines kleinen Labors verpfuscht haben, ohne dass es mir aufgefallen wäre. Anders ist so ein Trip wie der, den mein Hirn mir danach vorgaukelte, nicht zu erklären.

Blaue Elefanten spielten vor grauem Himmel in einem leeren Stadion Fußball. Und das ohne Fußball. Außerdem tröteten sie alle in die Luft und ich war geblendet von einer roten Führerkabine, während gelbe, schwarze und rote Buchstaben sinnfrei beliebige Reihenfolgen bildeten. Das Tor war in der aus dem schönen C64-Spiel „International Soccer“ dauerhaft ins Hirn eingebrannten Vektorgrafik dargestellt und der eine Flutlichtmast ließ mich auf das alte Müngersdorfer Stadion schließen.

Doch ich war in Krefeld und das alte Müngersdorfer Stadion steht gar nicht mehr. Zudem konfrontierte mich diese Szene mit einer meiner Ur-Ängste: Das Ganze sah doch arg danach aus, als würde es auf Kunstrasen stattfinden. Was gäbe es Fürchtenswerteres als Kunstrasen?

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Später, als ich wieder klar war, fuhr ich heim und fragte mich, welch seltsame Elefanten doch LSD nehmen.

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Asche zu Asche Kunstrasen

Man sollte ja nicht annehmen, dass Leichtathleten immer auf Tartanbahnen laufen. In meinem — eine ebenfalls vom Aussterben bedrohte Vokabel — „Heimatverein“, in welchem ich zunächst eine bis zwei Saisons in der Leichtathletikabteilung verbrachte, bevor ich rechtzeitig zur zweiten E-Jugend-Saison zur Fußballabteilung wechselte, lief man auf Asche.

Asche zu soundso.

Asche, es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter, es war hart, die immer noch jungen Gelenke schienen bis ans Äußerste strapaziert zu sein. Speerwerfen, Disku(r)swerfen, Hürdenlauf, Weitsprung, Hochsprung, Stabhochsprung (okay, dabei brachte ich es kein einziges Mal zu einem gültigen Versuch), 400m, 100m, 200m, und so weiter und so bekannt, gerade jetzt, kurz nach Peking aka Beijing 2008.

Allerdings liefen nicht nur die Leichathleten ihre Runden und Sprints auf Asche, auch die Fußballer mussten mit selbigem Belag vorlieb nehmen. Es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter, aber gefrorene Asche war seltsamerweise noch unfreundlicher zu auf sie herabstürzenden Hautpartien als staubige Asche. Man konnte später Stunden damit zubringen, einzelne Pokelexperimente an unter der Haut befindlichen Elementen des eigentlichen Sportplatzbelags durchzuführen, man konnte sogar stundenlang in einer Badewanne (Witze bezüglich des Nachnamens des Trainers und dieses Themengebietes erübrigen sich, da der Verfasser dieser Zeilen schon mit allen Witzen, die es überhaupt in diesem Zusammenhang gibt, mehr als ausreichend konfrontiert worden ist und Witze, die jeder an einer bestimmten Stelle machen würde, sind einfach nicht mehr lustig, es sei denn, man hieße selbst Louis de Funès oder Pierre Richard) rumsitzen und sich damit beschäftigen, die Tiefe der eigenen Haut sowie Wege zu erkunden, wie man solche Partikel wieder an die Oberfläche bringen könnte oder konnte.

Der Platzwart wechselte alle paar Saisons, eins sah man ihn (von wem auch immer gespielt) ständig tun: Den Platz im Sommer zu wässern. Das war sehr sinnvoll, denn auf einem Ascheplatz wachsen so viele kleine, zarte Pflänzchen heran, die Durst haben, dass man einen Ascheplatz eben ständig wässern sollte, um ihn wachsen und gedeihen zu lassen.

Es gibt einen unverwechselbaren Geruch, so wie Gerüche immer unverwechselbarer sind als optische oder haptische Impressionen, der von einem Ascheplatz im Sommer ausströmt: er riecht nach Asche. Asche, das wissen die Leser wohl, ist keine Asche von einem Brand oder von einer Zigarette, sondern irgendein undefinierbares Irgendetwas, was man aus den Bergwerken dieser Region herausgeholt hat, womit man dann nix anzufangen wusste und deshalb begann, es auf Sportplätzen zu verteilen. Zeitweise hielt sich auch das Gerücht, dass ebenjene Asche krebserregend sei, besonders, wenn man sie im Körper beließe, weshalb es tatsächlich zu Szenen im heimischen Badezimmer (hier Baade-Witz einstreuen) kam, in denen meine Mutter meine Knie kontrollierte, ob sie denn nach der Partie auch tatsächlich krebserregende-Stoffe-frei seien, was in den allermeisten Fällen der Fall war.

Es staubte im Sommer immer ordentlich, da konnte der Platzwart so viel wässern, wie er wollte, wenn 32°C und dieser Atomreaktor namens Sonne auf die Asche einwirkten, war sicher, dass jeder den Ball führende Spieler eine dicke, atomhafte Staubwolke hinter sich herziehen würde. Die spürte zwar nicht der ihn verfolgende Verteidiger, dafür war er — so es gut lief — zu nah, aber die nachfolgende Gesellschaft würde dann schon merken, vor allem in ihren Atemwegen, was sich Sekunden zuvor dort ereignet hatte.

Es holperte und stolperte und holperte und stolperte, so war Asche. Auftupfing at its best, immer hoch, immer weit, irgendwie kacke, aber so war es dann nun mal. Es roch nach Asche, es schmeckte auch nach Asche, sogar fühlte es sich nach Asche an.

Doch dann, eines Tages, fuhr ich mit meinem Renault Megane am alten Spottplatz vorbei und sah: Der Platz ist umgegraben. Es gibt keinen Grund mehr, auf Asche zu zählen, es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Es ist neuerdings ein Kunstrasenplatz. Ein Kunstrasenplatz. Da braucht man keinen Platzwart mehr. Widerlich, sowas.

Asche, es staubte im Sommer, es staubte nicht im Winter.

Ich weißle, ich weißle.

Ein Meister aus Kunstrasen.

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Nicht mal 30 Minuten

An anderer Stelle wurde hier schon erwähnt, dass man als Fußballspieler seine Technik und was man sonst noch vorgibt, zu beherrschen, ständig trainieren muss. Ich möchte nicht als Frauenfußballhasser missverstanden werden, aber wenn man dieses Portrait des Arbeitstages von Bundestrainerin Silvia Neid liest, darf man sich nicht wundern, wieso es bei so vielen schon bei der Ballannahme hapert.

Um 10.30 Uhr fahren wir mit dem Bus in das Stadion in Volendam, in dem abends das Spiel stattfinden wird. Dort liegt Kunstrasen, das ist ungewohnter Untergrund für uns. Ich lasse die Mannschaft fünf gegen zwei spielen.

Gegen 11 Uhr geht es zurück ins Hotel zur Spielbesprechung. Wir reden über Taktik und Standardsituationen. Das dauert nie länger als 20 Minuten, weil sonst die Konzentration im Team nachlässt. Videoanalysen haben wir schon am Tag zuvor gemacht.

(Kursivstellung von mir.)

Keine 30 Minuten Fußballspielen, aber auch keine 30 Minuten Taktikbesprechung. Okay, das ist der Spieltag, man darf davon ausgehen, dass tatsächlich die Hauptarbeit schon vorher gemacht wurde und vielleicht gibt dieser Beitrag auch einfach ein falsches Bild, dann muss sich Silvia Neid aber fragen lassen, mit welcher Naivität sie ausgerechnet ein solches Portrait von ihrem Arbeitstag zu veröffentlichen erlaubte. Offensichtlich mit großer.

Außerdem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Norbert Galeske, seines Zeichens der Kommentator für Frauenfußball im Fernsehen, ständig so spricht, als spräche er mit Kindern — und als seien die, über die er berichtet, ebenfalls Kinder, denen man eben nachsehen müsse, dass die Motorik noch nicht so ausgefeilt ist wie bei Erwachsenen. Da freut man sich schon mal darüber, dass eine Frau „aus über 25 Metern“ aufs Tor schießt oder darüber, dass „viele, viele Zuschauer“ schon im Stadion seien. Entschuldigung, aber ich bin nicht mehr 12, man muss mit mir nicht reden wie mit einem Kind, um das Wort „Doofen“ zu vermeiden.

Frauenfußball ist eine ernstzunehmende Veranstaltung, genauso wie es Siebenkampf der Frauen, Hürdenlauf oder Handball ist. Warum redet der zuständige Kommentator dann in einer Weise, die genau das Gegenteil vermittelt? Und warum passt der Artikel über Silvia Neids Arbeitstag zu diesem Gegenteil wiederum haargenau?

Man wird den Eindruck nicht los, dass es bei diesen Länderspiel-Treffen hauptsächlich ums Fressen geht.

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Spielabbruch durch Regen in Nürnberg

Wat jammers, wie der Niederländer sagt.

Da sehen wir beim Spiel 1. FC Nürnberg gegen VfL Wolfsburg endlich — nach Jahren des gepflegten Rasenheizungs- und Kunstrasenspiels — mal wieder ein echtes Fußballspiel, wie wir selbst es alle aus den unteren Klassen kennen: vermeintlich irreguläre Bedingungen, der Ball bleibt bei jedem zweiten Pass in einer Pfütze liegen, nach einer Grätsche rutschen die Spieler unfreiwilig noch 10 Meter weiter, der Ballbesitz wechselt im Mittelfeld häufiger als die olympischen Fackelläufer ihre Route und vor allem: der Ball wird auf dem Weg ins Tor am schon geschlagenen Torhüter vorbei von einem der vielen Wassergräben gestoppt. Kurzum: ein ganz normales Fußballspiel, mit allen Widrigkeiten, wie sie nun mal dann und wann dazugehören und vielleicht auch mal den Charakter dieses Spiels ausmachten.

Und was passiert dann? Das Spiel wird abgebrochen. Buh, rufen wir, auch wenn uns keiner hört.

Bolzplatz ist ebensowenig begeistert wie der Spottplatz.

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Gepflegter englischer Rasen

Letztens spielten die englischen Fußballer in Russland auf Kunstrasen. Schon vor Anpfiff war das Genörgel groß, nach Abpfiff dann das Gejammer, hatte man doch verloren. Schuld war natürlich der Rasen. Und wir kommen nicht umhin, zuzugeben, dass es unmöglich für Engländer ist, auf Kunstrasen zu spielen. Schließlich treibt man in England Sport nur auf extra dafür präpariertem Rasen. Wie viele Mitarbeiter nötig sind, um ihn in perfekte Form zu bringen, sehen wir hier.

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Zahl der Woche – Folge VII

Über das Verhältnis von Verletzungen durch Einwirkungen des Gegners zu Verletzungen ohne Einwirkung des Gegners lernen wir:

Auf Naturrasen ist es 86:14, auf Kunstrasen 78:22.

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Artificial turf

Nein, ich bin jetzt nicht unter die Fans der Anglizismen gegangen. Ihr solltet nur vielleicht so langsam den englischen Ausdruck für „Kunstrasen“ kennen lernen — er wird Euch in Zukunft noch öfter begegnen.

In einer der großen Zeitungen wird der Ruf nach Kunstrasen laut. Angesichts der nahezu unbespielbaren Plätze in den meisten neu erbauten Stadien vielleicht nicht gänzlich unangebracht. Ich halte es aber nicht nur mit Marco Bode („Ich bin eigentlich ziemlich liberal, aber im Fußball bin ich konservativ.“), ich möchte auch behaupten, dass das Spiel auf Kunstrasen seinen Charakter völlig änderte.

Ich kann nur hoffen, dass man einfach so viel am Fußball rumdoktort (Chip im Ball, die lächerliche Erfindung des passiven Abseits‘, Spieler mit Knopf im Ohr für Anweisungen des Trainers, einen Extrapunkt für den Gesamtsieg in einem Ligaduell) oder andere an ihm rumdoktorn (Abramowitsch, Hoyzer, serbische, russische, asiatische oder griechische Wettmafia, Sepp Blatter u. a.), dass die Mehrheit der Eventzuschauer die Lust an diesem Sport verliert.

Dann kann man endlich die hohen Tribünen wieder abbauen, die ohnehin nur von ahnungslosen Pfeifen („Oh, was ist der Hildebrand süß!“ – „Warum steht es immer noch 0:0? Ich will Tore sehen!“) bevölkert werden. So bekommt der Rasen auch wieder genug Sonne und Luft und Wasser und Wind (und was dieses hochkomplexe Lebewesen sonst noch alles benötigt), auf dass man auf ihm auch wieder ordentlich Fußball spielen kann. Dann zwar nur noch vor 18.000 Zuschauern und nicht 180.000 — aber was soll’s? Hey, es ist Fußball!

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