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Schlagwort: Kicktipp

Die traurigen Auswirkungen der Subboteo-Tippkick-Schere

Fußball ist Popkultur. In Deutschland ist populäre im Sinne von allgemein akzeptierter Kultur aber größtenteils ein Haufen Scheiße. Nirgendwo sonst baut man so gute Autos, hat aber einen derart grauseligen Musikgeschmack, dass man sich im Urlaub beim Kennenlernen von Menschen aus anderen Nationen augenblicklich den eigenen Tod wünscht, sobald diese die Frage danach stellen, welche tollen Band es denn in Deutschland gäbe. (Welche die Gegenüber kennen könnten.)

Die Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen sind popkulturell so groß, dass es langfristig betrachtet nur England sein konnte, dass so etwas Großartiges wie den Fußball erfand. England erfand ja zum Beispiel auch Winston Churchill, der den Nazis niemals nachgeben wollte. England erfand John Lennon. Ein bisschen auch den schwülstigen Paul McCartney. Diese beiden zusammen aber waren es, welche mit ihrem Song „She Loves You (Yeah Yeah Yeah)“ dafür sorgten, dass Menschen unterschiedlichen Alters in Fankurven/-Tribünen (hier: The Kop beim FC Liverpool) plötzlich anfingen zu singen. (Und damit natürlich eine ordentliche Oxytocin-Ausschüttung bei den Beteiligten bewirkten, woraufhin der eigentliche moderne Fußball, unabhänig vom Geschehen auf dem Platz, geboren war. Danke an Lennon/McCartney also, signed: wir lieben Fußballfans.)

Dass die kulturellen Unterschiede, da der Fußball einmal geboren war, zwischen den einzelnen Kulturkreisen aber nicht aufhörten, das war damit zuerst noch nicht klar. In England badete man lange noch im Gefühl, die besten Spieler der Welt zu besitzen. Man war, klar, das Britische Empire existierte in Teilen noch, so arrogant, dass man nicht mal einsah, sich überhaupt dem Gegner stellen zu müssen. Es war doch sicher, dass englische Spieler nicht gegen auswärtige verlieren würden. Wie man heute weiß, würde England nie wieder bei einer WM etwas reißen, und als das anders war, auch nur mit der Hilfe eines Linienrichters, der nicht wusste, wie ihm auf der Linie geschah, im Zweiten Weltkrieg aber gegen die Deutschen gekämpft hatte. Hatte müssen.

Während die Teutonen Weltmeistertitel nach Halbfinalteilnahme nach und so weiter absahnten. Irgendwas muss da schief gelaufen sein im Verständnis von Fußball in England.

Lange Einleitung, kurzer Sinn.

Die Antwort ist einfach: Es ist natürlich die Gestaltung von Tippkick versus Subbuteo.

Bei Tippkick hat man nur einen Feldspieler pro Team. Dieser muss alles reinbölzen, was er vor die Flinte kriegt. Es gibt keine zweite Chance (wenn der Ball nicht richtig liegen bleibt). Es gibt nur diese eine Gelegenheit. Diese muss man nutzen. Effizienz und so. Apropos „so“ — so wachsen Kinder in Deutschland auf. Mit Tippkick. Schieß ihn jetzt rein, denn eine zweite Chance bekommst Du wahrscheinlich nicht.

Anders ist das in England. Dort wachsen Kinder mit „Subbuteo“ auf. Hier gibt es tatsächlich elf Spieler auf dem Spielfeld (und übrigens fantastisches Zubehör, für das man fast sein Weihnachtsgeld ausgeben würde, weil es so liebevoll und so schön ist), aber hier kann man eben auch Kombinationen spielen. Was natürlich zu der Annahme verführt, man hätte noch eine zweite Chance im Spiel, wenn man einen Fehlpass spielt.

Mit Subbuteo wachsen englische Kinder auf. Deutsche Kinder mit Tippkick.

Ich denke, es gibt hier keine Zweifel, dass damit der Grund für die vier Weltmeistertitel (plus vier Vize-Weltmeistertitel) der Deutschen gefunden wurde, während England gerade ein Mal Weltmeister unter Zuhilfenahme von früheren Allierten wurde und ansonsten bei allen WM nur noch ein einziges Mal (!) überhaupt das Halbfinale erreichte. Nun gut, die Fakten sind ja soweit bekannt, nun also auch endlich die Ursache.

Es ist die Subbuteo-Tippkick-Schere. Sehr schön illustriert übrigens in diesem Video von den Undertones, auch wenn diese aus Nordirland stammen, damit aber ja doch aus einer sehr ähnlichen Kultur.



Ein trauriges Kapitel des englischen/britischen Fußballs in all seinen Auswirkungen. Aber ein schönes für alle Liebhaber von Fußball als Popkultur (und von Subbuteo). Also, los, hört es Euch an.

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