Letztens spielten wir mal gegen eine Mannschaft aus der Landesliga und verloren 2:12. Die beiden Tore erzielten wir nur, weil wir zwei Elfmeter mehr oder weniger aus Mitleid vom Schiedsrichter geschenkt bekamen, nachdem wir über 90 Minuten insgesamt vier Mal im gegnerischen Strafraum waren. Die Niederlage war in allen Belangen vernichtend, obwohl man sagen muss, dass wir einen guten Tag erwischt hatten. Niemand machte gröbere Fehler, und wenn man zweieinhalb Augen zudrückt und unsere im Vergleich zum Gegner nun mal nicht so ausgeprägte Fitness berücksichtigt, dann hatten wir uns an dem Tag gut geschlagen.
Bedrückend, nein, einfach ungut war dennoch das Gefühl, dass es deshalb nur 2:12 ausging, weil der Gegner nicht wirklich ernst spielte. Also, er machte keinen Quatsch, keine Demütigungen im Dribbling oder derlei, aber er ließ uns dann und wann mal ein wenig den Ball besitzen, und wenn es ernst gewesen wäre, hätten wir wahrscheinlich über keine 3 Stationen den Ball halten können und dann wäre es 2:22 ausgegangen. Der Gegner vermittelte sehr intensiv den Eindruck, jederzeit ein Stückchen zulegen zu können, während wir schon am oberen Anschlag spielten.
Wenn man dann betrachtet, wie weit die Landesliga von einer „oberen Liga“ entfernt ist, und weiß, dass eine Regionalliga-Mannschaft mit einer Landesliga-Mannschaft normalerweise das Spielchen betreibt, was diese Landesligamannschaft mit uns spielte, dann ahnt man, wie viele Lichtjahre Bundesligafußball vom eigenen Können entfernt ist.
Mehrere Tausend Lichtjahre natürlich.
Kommen wir also zu Gerald Asamoah, seines Zeichens WM-Finalteilnehmer (!) 2002. So gut muss er also damals gewesen sein, das war in einer anderen Zeit, als Fußball noch ohne Blaupause für Spielzüge betrieben wurde, dass man ihn in die Nationalmannschaft beorderte. Eine andere Zeit, Jens Jeremies, Carsten Ramelow, Thomas Linke, in der Gerald Asamoah schon qua seines geringen Alters irgendwie anders und damit frisch und damit wilkommenswert wirkte.
Danach änderten die Zeiten sich allerdings. Was sich wenig änderte, war das Vermögen von Gerald Asamoah. Der zwar noch mit zur WM 2006 durfte, aber nur ein einziges Mal eingesetzt wurde (gegen Ecuador eingewechselt, als es schon 3:0 stand) und danach in der Versenkung verschwand. Völlig zurecht würde man meinen, wie man auch wenig nachvollziehen konnte, wieso er überhaupt so lange noch ein Bundesliga-Stammspieler blieb, als er doch der Inbegriff des Durchschnittsspielers geworden war, der selten einmal eine entscheidende Szene bewirkte. Tore waren trotz seiner Position auf dem Spielfeld äußerst rar und als Vorbereiter trat er noch seltener in Erscheinung. Asamoah war in dieser Zeit ein Spieler der Marke „eigentlich egal, ob er oder ein anderer spielt“ so kam er mir jedenfalls vor.
Abgesehen von ständiger guter Laune durchaus auch ein fragwürdig gezeichnetes Bild und seiner Bulligkeit, die er aber wiederum auch nicht entsprechend ihrer Ausmaße einsetzte, blieb fußballerisch wenig Festhaltenswertes von ihm übrig. Man kam dann irgendwann nicht umhin, ihn doch als Graupe (ist das nur westdeutsch für einen schlechten Fußballspieler?) zu empfinden. Die man auf Schalke wohl noch so ein bisschen aus Dankbarkeit mitschleppte, aber eigentlich war er nicht mehr zu gebrauchen. Einfach schlecht nun mal.
Unterschlagen wir schnell das Jahr bei St. Pauli, das anderen Dingen zum Opfer fiel, so zeigt er plötzlich bei Greuther Fürth, dass er doch tatsächlich so gut ist, dass er in der 2. Liga eine Menge bewirken kann, dass er gar Gegner ausspielen und mehr als nur glückliche Tore erzielen kann. Verknappt gesagt ist er besser als die meisten anderen Zweitligaspieler.
Insofern ist sein Schritt in die zweite Liga absolut begrüßenswert. Denn „zu schlecht“ für die Bundesliga zu sein, bedeutet tatsächlich nicht, schlecht Fußball zu spielen, sondern (hier) immer noch diverse Schritte besser als die Gegner zu sein. Etwas, was nie zum Vorschein gekommen wäre, wenn er wie viele andere vor ihm am Ende der Karriere einfach die Koffer gepackt hätte und nach Hause gegangen wäre. So aber demonstriert er in der zweiten Liga noch einmal, dass es einen Unterschied gibt zwischen erster und zweiter, wie groß dieser ist und dass er selbst, in den Topf der Zweitligaspieler geworfen, da eine herausragende Rolle spielt.
Mag sein, dass diese Erkenntnis trivial ist, natürlich wird die Qualität nach oben hin immer besser, das ist klar, aber selten wird es so deutlich sichtbar wie bei Gerald Asamoah. Und ich wollte es nur noch mal gesagt haben, das mit den Lichtjahren und dem Kontinuum, auf dem Asamoah weit entfernt davon ist, eine Graupe zu sein, wenn man nur den richtigen Ausschnitt des Kontinuums wählt.