Zum Inhalt springen

Schlagwort: Hans-Georg Dreßen

Hammerschorschs ganz private Verehrer

Ich liebe es, wenn einzelne Spieler einen eigenen Fanclub haben, und nicht nur der Verein als Ganzer. Im Grunde ist es ohnehin äußerst merkwürdig, sich als Mensch zum Fan einer immateriellen, nonpersonalen Einrichtung zu machen. Wo es doch im Fußball immer um die Menschen geht, welche ihn ausüben. Warum also nicht Fan von ganz konkreten Spielern werden?

Jeff Strasser (!) hat solch einen eigenen Fanclub und heute lief mir dieser wirklich sehr schön gemachte und gepflegte Fanclub von Hans-Georg Drehsen bzw. Dreßen über den Weg. Von jenem Spieler Borussia Mönchengladbachs, welcher den Spitznamen „Hammerschorsch“ trug.

Passend heißt sein Fanclub dann auch „Vorwärts Hammerschorsch 2000 e. V.“. Sehenswert.

Insbesondere jener Teil ist lesenswert, in welchem die Mitglieder des Fanclubs auf ihr Idol stoßen und dieses sich entrüstet, dass die Webseite doch „mehr Verarschung als alles andere“ sei, gefällt sehr.

Immerhin lässt Hammerschorsch Dreßen sich vom Gegenteil überzeugen und posiert schließlich, wie es die Geste des Fanclubs erfordert, mit angedeutetem Schnörres zum Foto mit seinen größten Fans. Eine schöne Geschichte und wer würde bei dieser besonderen Betonung von Schnörres im Fußball nicht sofort an die Betreiber des fußballerischen Kleinods Zum Runden Leder denken?

Interessant übrigens auch die Vereinskarriere des so verehrten Dreßens:

82-89 Gladbach
89-90 Köln
90-91 Gladbach
91-92 Köln

So, nun aber auf zu Vorwärts Hammerschorsch 2000 e. V..

Einen Kommentar hinterlassen

9:2 – eins zu wenig für die neue Anzeigetafel

Hohe Siege im DFB-Pokal sind leider selten geworden, denn die Kluft zu den Amateuren ist zumindest bei den physischen Voraussetzungen geschrumpft, anders als man eigentlich vermuten würde. Hohe Siege im DFB-Pokal gegen Teams aus der eigenen Liga sind noch viel seltener. Diese Angelegenheit mit den angeblich eigenen Gesetzen führt nicht mehr dazu, dass Pokalspiele im Rausch nach großem Rückstand noch umgedreht werden, sondern eher, dass überhaupt keine derartigen Rückstände mehr entstehen. Vielmehr spielt man auch im Pokal so, wie man es im Übrigen auch pflegt, diszipliniert, mit der nötigen Ernsthaftigkeit und wenn dann doch mal ein Unterhund gegen einen Großen gewinnt, ist es selten mehr als der im Fußball jederzeit statistisch mögliche Ausreißer.

Das war früher tatsächlich anders, und das 9:2 von Borussia Mönchengladbach im DFB-Pokalviertelfinale am 7. März 1987 gegen Mit-Erstligisten Bayer Uerdingen verdient trotzdem besondere Würdigung an dieser Stelle, weil es anders als viele andere hohe Pokalsiege vergessen ist. Oder nie bekannt war. In Gladbach selbst findet man es jedenfalls nicht bei den großen erinnerungswürdigen Siegen aufgelistet, möglicherweise weil schon wenige Tage nach dieser Partie das folgende Halbfinale ausgelost wurde und für die Borussia die wie sich zeigte zu schwierige Aufgabe eines Auswärtsspiels beim HSV erbrachte. Welcher im Finale gegen die Stuttgarter Kickers seinen bis heute letzten Titel errang, was, wie man unschwer erkennt, nur über das Ausschalten der Borussia möglich war.

Gleichzeitig erkennt man daran, wie lange dieser Titel des HSV tatsächlich schon her ist: Auf dem Bökelberg hatte man zwei Jahre zuvor eine neue Anzeigetafel installiert, deren besonderes Merkmal war, dass sie — man höre und staune — auch zweistellige Spielstände darstellen konnte. Weder Farbe noch Video noch tolle Feuerwerke waren darauf möglich, einzig zweistellige Spielstände. Und das war eine Nachricht wert zu jener Zeit bzw. eine Notiz in den Spielberichten.

Denn um diese Neuerung der nun möglichen zweistelligen Spielstände auch darzustellen, hätte Borussia Mönchengladbach an jenem Tag noch ein Tor mehr erzielen müssen. 9 Stück für eine Seite sind zwar eine enorme Hausnummer, sowas hätte aber auch die alte Anzeigetafel noch gepackt. Wieso die Uerdinger an jenem Tag, die immerhin mit 1:0 in Führung gegangen waren, derart auseinanderfielen, ihr Abstieg war schließlich noch einige Jährchen (1990/1991) entfernt, wussten sie selbst nicht zu beantworten.

Einen Sündenbock glaubte man im in dieser Partie schwachen Mathias Herget gefunden zu haben, allerdings wird Fußball von 11 Leuten gespielt. Früher hatten Liberos zwar etwas mehr Verantwortung für sich alleine als heute ein Innenverteidiger, aber einzig an Herget wird es nun mal nicht gelegen haben. Trainer Karl-Heinz Feldkamp bat die Mannschaft im Anschluss zur Aussprache, wobei nicht überliefert ist, was es bei einem 2:9 noch groß auszusprechen gibt. An solch einem Tag muss schließlich einfach alles Scheiße gewesen sein. Wirksam hin oder her, am Ende der Saison wurde Bayer Uerdingen noch guter Achter der Bundesligatabelle.

Auch auf Gladbacher Seite gab es nur ein kurzes Jubelfest. Zum Einen lag Übungsleiter Jupp Heynckes wegen seiner — vermeintlich — anstehenden Vertragsverlängerung im Clinch mit Manager Helmut Grashoff. Womöglich stand Jupp damals schon längst bei Uli im Wort, zu dem er am Ende der Saison, also knapp drei Monate später, an die Isar wechseln würde. In Gladbach konnte man sich derlei von einem Ur-Gladbacher wohl noch nicht vorstellen, der zuvor entfleuchte Matthäus war ja kein Ur-Gladbacher gewesen, womit man sich aber gründlich irrte, in Bezug auf Heynckes, nicht auf Matthäus.

Zum Anderen war man damals hohe Siege wohl noch etwas gewöhnter, zumindest im Pokal, zumindest in Gladbach, die schließlich schon vier Mal zweistellig in der Bundesliga gewonnen hatten: 12:0, 11:0, 10:0, 10:0. Da ist ein 9:2 fast schon mickrig, im Vergleich. Vielleicht aber auch, weil man schon in der 2. Runde mit 6:1 über Borussia Dortmund triumphiert hatte, nachdem in Runde 1 ein 7:0 beim FC Amberg herausgesprungen war. Torfabrik Borussia, eben, damals.

Die Lose fürs Halbfinale zogen Monika Koch-Emsermann und Jürgen Werner. Die eine Pionierin des Frauenfußballs, der andere DFB-Pokalsieger 1963 mit dem HSV, der hernach seine Karriere beendete, weil er das Berufsspielertum ablehnte (!). Dem DFB blieb er allerdings erhalten und trat immer wieder bei Auslosungen des DFB-Pokals auf, wohl auch im TV.

Wie die 28.000 Zuschauer am Bökelberg die Partie und die 9 Tore ihres Teams aufnahmen, ist mangels (mit Bordmitteln erhältlicher) Videoaufzeichnung nicht bekannt. Die Tore für Uerdingen an jenem für sie grauenhaften Samstag erzielten zwei spätere Nationalspieler: Stefan Kuntz und Marcel Witeczek.

0:1 Stefan Kuntz 17.
1:1 Hans-Jörg Criens 18.
2:1 Hans-Jörg Criens 25.
3:1 Hans-Georg Dreßen 45.
4:1 Uwe Rahn 49.
5:1 Hans-Günter Bruns 50.
6:1 Bernd Krauss 61.
6:2 Marcel Witeczek 68.
7:2 Hans-Georg Dreßen 76.
8:2 Christian Hochstätter 88.
9:2 Uwe Rahn 90.

Schiedsrichter: Wiesel (Ottbergen)

Der zur Pause eingewechselte Oliver Bierhoff konnte Bayer Uerdingen übrigens auch nicht mehr retten.

Einziger Trost für Uerdinger Spieler und Fans: Der Rückweg mit dieser steinernschweren Niederlage im Gepäck war denkbar kurz. Vom Bökelberg zur Grotenburg sind es nur 18 Kilometer. Und was würde man heute in Uerdingen dafür geben, überhaupt im DFB-Pokal mitspielen zu dürfen.

Ob der fanmäßige Wandervogel Torsten Wieland, in jener Zeit Bayer 05 Uerdingen-Sympathisant, Erinnerungen an die Partie hat, ist ebenso unbekannt.

Ermöglicht hat diesen Bericht die Webseite Strysio.de, auf der ein Sammler wirklich alles rund um Borussia zusammengetragen und in so großen Dosen online gestellt hat, dass einem schwindlig wird. Vor Details, in denen man baden kann, versteht sich. Danke an den dortigen Hausherrn. Er ist übrigens Mitglied in der „Deutsche Programmsammler-Vereinigung 1985 e.V.“.

Heute ist Borussia Mönchengladbach dann also schon einen Schritt weiter als während des 9:2 gegen Uerdingen, im Halbfinale nämlich, und wenn sie die erste zweite Mannschaft wird, die den FC Bayern drei Mal in einer Saison in Pflichtspielen bezwingt, kommt sie auch weiter als 1987 gegen den HSV — ins Finale des DFB-Pokals. Die aktuelle Anzeigetafel wird aber auf keinen Fall Probleme mit dem Ergebnis bekommen, egal, wie hoch das Ergebnis in einem eventuellen Elfmeterschießen geschraubt werden wird.

6 Kommentare