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Schlagwort: Fußball

Alle Elfmeterschießen deutscher Clubs im Europapokal (und Losentscheide)

Filed unter: „Mit Legenden aufräumen“.

Die Bilanz bei Elfmeterschießen in Europapokalen ist aus Sicht deutscher Clubs zwar nicht ausgeglichen, sondern leicht positiv, aber weit entfernt davon, makellos zu sein. Insgesamt stehen 24 gewonnene Durchführungen 16 verlorenen gegenüber. Insofern kann man den Mythos gerne auch beerdigen, dass es irgendetwas mit der Nationalität und der manchmal dazugehörigen Mentalität zu tun hätte, dass es bei der Nationalmannschaft des DFB in dieser Disziplin so gut läuft. Schließlich fanden die allermeisten der unten aufgelisteten Elfmeterschießen zu einer Zeit statt, als die Zahl der Ausländer in einer Vereinsmannschaft noch begrenzt war oder schlicht gar keine zu einem Elfmeter antraten.

(Sollten noch welche fehlen, ob von Werder Bremen, dem 1. FC Kaiserslautern oder auch von Hansa Rostock: die Kommentarspalte ist 24/7 geöffnet.)

Darstellung des Ergebnisses im Elfmeterschießen ist jeweils aus Sicht des deutschen Clubs. Hinter dem Clubnamen ist die Bilanz in der Form (gewonnene/teilgenommene Elfmeterschießen) ausgewiesen. EC1 ist Champions League und Europapokal der Landesmeister, EC2 der Europapokal der Pokalsieger, EC3 ist Messe-Pokal, UEFA-Pokal und Europa League, SC steht für Supcercup. Et voilà:

FC Bayern München (5/6)
SC FC Chelsea 5:4
EC1 FC Chelsea 3:4
EC1 Real Madrid 3:1
EC3 PAOK Saloniki 9:8 (siehe auch Pfaff und der PAOKenschlag)
EC1 FC Valencia 5:4
EC1 Atvidaberg FF 3:1

FC Schalke (2/4)
EC3 Inter Mailand 4:1
EC3 Bröndby 1:3
EC3 Slavia Prag 4:5
EC1 FC Porto 4:1

Borussia Dortmund (2/4)
EC3 AJ Auxerre 6:5
EC1 FC Brügge 2:4
EC3 Udinese Calcio 3:4
EC3 Glasgow Rangers 3:1

Dynamo Dresden (3/3)
EC3 Dynamo Moskau 4:3
EC1 Partizan Belgrad 5:4
EC1 Malmö FF 5:4

Lok Leipzig (3/3)
EC2 Girondins Bordeaux 6:5
EC3 Ipswich Town 4:3
EC2 Velez Mostar 3:0

BFC Dynamo (2/3)
EC2 Cardiff City 5:4
EC2 Dynamo Moskau 1:4
EC1 FC Aberdeen 5:4

Carl Zeiss Jena (2/3)
EC3 RWD Molenbeek 6:5
EC3 Stal Mielec 2:3
EC2 Slavia Prag 3:2

Bayer Leverkusen (1/3)
EC3 Espanyol Barcelona 3:2 (siehe auch Ein Abend für acht Mark mit Tita, Calli und Liza)
EC1 Atlético Madrid 2:3
UI-Cup Tirol Innsbruck 3:5

Hamburger SV (0/2)
UI-Cup Olympique Montpellier 0:3
EC3 Sparta Rotterdam 1:4

VfB Stuttgart (1/1)
EC3 Real Sociedad 4:1

Vorwärts Berlin (1/1)
EC2 Benfica Lissabon 5:3

Sachsenring Zwickau (1/1)
EC2 AC Florenz 6:5

1. FC Kaiserslautern (1/1)
EC3 Ararat Erewan 5:4

Karlsruher SC (1/1)
UI-Cup Bursaspor 6:5

Borussia Mönchengladbach (0/1)
EC1 FC Everton 3:4

Eintracht Frankfurt (0/2)
EC3 Austria Salzburg 4:5
EC2 PAOK Saloniki 3:4

1. FC Magdeburg (0/1)
EC1 Malmö FF 1:2

Mainz 05 (0/1)
EC3 Gaz Metan Medias 3:4

Losentscheide

Im Folgenden nun die Losentscheide, wo die Bilanz verheerend aussieht, was aber bekanntlich nichts mit sportlichen Komponenten zu tun hat. 4x wurde gelost, 4x war das deutsche Team danach ausgeschieden. Kein Wunder also, dass mit Karl Wald ein Deutscher das Elfmeterschießen erfand.

1. FC Köln (0/1)
EC1 FC Liverpool verloren

Wismut Karl-Marx Stadt (0/1)
EC1 Gwardia Warszawa verloren

SC Aufbau Magdeburg (0/1)
EC2 Galatasaray Istanbul verloren

Hannover 96 (0/1)
EC3 FC Barcelona verloren

Schöne Faktenhuberei mal wieder, Mythos als nicht komplett falsch widerlegt, aber eben doch mit Werten, die nicht weit vom Zufall entfernt sind. Dass man Strafstöße und den Umgang mit dem Stress bei einem Elfmeterschießen sehr wohl trainieren kann, bleibt dem sonst so vertrainingswissenschaftlichten Fußball offenbar weiter ein Geheimnis, schaut man allein auf die Art der Durchführung von Strafstößen im Allgemeinen und im Elfmeterschießen ebenso.

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Synchronicity

Während man früher 500 Meilen lief, zum nächsten Kiosk am Strand von Jugoslawien nämlich, um das Ergebnis eines Spiels, das schon vor 56 Stunden gespielt worden war, zu erfahren. Während man früher die Telefondurchsage mit den Sportergebnissen anrief, natürlich genau an jenem Punkt in der Schleife landete, als die Fußballergebnisse bereits genannt waren und man alle Davis-Cup-Ergebnisse, Leichtathletik-Weltmeisterinnen und Motocross-World-Series-Zeiten geduldig abwarten musste, bis schließlich doch die Dame mit der so seriösen Stimme wieder von vorne begann und die Resultate der Bundesliga in einer Nüchternheit und Kälte verlies, dass man froh war, dieser Dame nicht in realiter zu begegnen, aber ebenso froh, nun auf dem letzten Stand zu sein. Während man früher zwar eine Partie im TV verfolgte, aber nicht wissen konnte, wie es auf den anderen Plätzen stand, und man deshalb bibbernd gleichzeitig ein Transistorradio aktiviert hatte, möglichst ein Mann auf dem Balkon, ebenfalls bibbernd, der, wenn er sich meldete, hoffentlich ein Tor für die richtigen Farben verkündete. Während man früher auf die Verlässlichkeit einer Satellitenverbindung nach Südamerika angewiesen war und doch nie sicher sein konnte, ob sie erstens grundsätzlich hielte und zweitens nicht trotzdem im entscheidenden Moment ein Gewitter über der Stadt die zwar nach Südamerika existierende Verbindung nutzlos werden ließ. Während man früher stoisch auf die Zahlen im flimmernden Videotext glotzte, sich für die Dauer der Partie ebenso wenig rührte, wie diese Ziffern, die zwar immer und immer wieder aufs Neue geladen wurden, aber eben nur zwei, drei Mal pro neunzig Minuten eine Änderung anzeigten. Während man früher also alles dafür tat, einen Spielstand oder ein Endergebnis endlich in Erfahrung zu bringen.

Ist man heute vor allem um Synchronizität der vielen Kanäle bemüht, die man gleichzeitig konsultiert. Angefangen hatte es mit den Vorläufern des Public Viewings. Wenn mehr als nur ein Sender ein Spiel zeigte, musste man hoffen, im Biergarten vor einem TV mit jenem Sender zu sitzen, welcher die entscheidenden Sekunden früher als die Konkurrenz an der Gegenwart sendete. War es andersherum, wurde ein Tor schon durch den Jubel der Gäste in der Nachbarkneipe angekündigt. Besonders frustrierend im Falle von Elfmeterschießen. Ein Sitzplatzwechsel ist aber nicht nur bei WM schwieriger geworden, seit der Fußball auch als Vereins- in den Mainstream eindrang und partout daraus nicht mehr verschwinden will. Immerhin konnte man noch zu Hause sicher vor zu früher Information sein. Mittlerweile ist die Hauptbeschäftigung selbst beim völlig isolierten, von der Außenwelt abgeschotteten Schauen bloß noch, nur ja keinem Kanal zu folgen, der ein Tor früher verrät als man es tatsächlich auf dem Bildschirm fallen sieht. Und wer weiß, welchem Bild die Mitkommunizierenden gerade folgen? Ist ein Tor bei skygo noch lange nicht gefallen, wird es im Stream erst in 5 Minuten fallen, in der Realität aber schon 2 Minuten her, so wird es spätestens nach wenigen Sekunden jemand aus dem Stadion getwittert haben. Gefolgt von jenen, welche in der Liste der Übertragungsmöglichkeiten als nächstes erscheinen, vielleicht sky, vielleicht ein ÖR. Es folgen die Nachrichten jener, welche ganz bewusst ihre Timeline erst mit Verzögerung lesen und doch kann man beinahe sicher sein, ein Tor früher zu erfahren, als es im Fernsehen dann tatsächlich fallen wird. Ein wenig ist es wie bei Neujahr: Wenn man schnell genug fliegt, kann man 24x Neujahr feiern und so kann man ein Tor auch beinahe dutzendfach jetzt gerade fallen sehen, während es in Wahrheit nur einmal — und zwar schon lange her — gefallen ist. Dem Vergnügen ist das nicht zuträglich, der Aufmerksamkeit schon gar nicht und den letzten Schutz bietet tatsächlich nur noch entweder völlige Abstinenz von anderen Kanälen oder die Anwesenheit vor Ort. Da Letzteres teuer werden kann, insbesondere bei großen Turnieren auf anderen Kontinenten, muss man wohl oder übel alle anderen Kanäle schweigen lassen — oder man balanciert zwischen den verschiedenen Phasen der Gegenwart hin und her und lernt Fußball nicht mehr als Live-Ereignis zu genießen, sondern als eines, in dem sich die Gegenwart, der Moment viel Zeit lässt, zu vergehen, sich auf mehrere Minuten ausdehnt und bei Gefallen sogar mehrfach wieder-erlebt werden kann. Ein Plugin für die Realität, das automatische Synchronizität bewirkt, wäre trotzdem recht willkommen.

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Die Altersringe der Maskottchen der Bundesliga-Clubs

Sonntagmorgen, Zeit für ein bisschen Kinderprogramm. Und was ist im Fußball neben dem Fußball selbst für die Kinder? Die Maskottchen.

Aber wie alt sind die jeweiligen Maskottchen? Eine Frage, die nicht nur den Liebhaber seit Monaten nicht schlafen lässt, schließlich sind anhand der diversen Antworten auch Rückschlüsse auf weitere Eigenschaften des Vereins (Tradition ja/nein, Kreativität ja/nein, allgemein gut/böse) zu ziehen. So zeigt die folgende Aufstellung, sortiert nach dem Geburtsjahr des Maskottchens, welche Vereine im Sinne der Sozialromantik ein Maskottchen haben dürfen, weil schon immer existent, und welche nicht, weil gerade erst eingeführt.

1. FC Köln Hennes 1950
Borussia Mönchengladbach Jünter 1965
VfB Stuttgart Fritzle 1992
FC Schalke 04 Erwin 1995
VfL Wolfsburg Wölfi 1997
Hertha BSC Herthinho 1999
TSG Hoffenheim Hoffi 2000
Bayer Leverkusen Brian the Lion 2002
Hamburger SV Dino Hermann 2003
FC Bayern München Berni 2004
Borussia Dortmund Biene Emma 2005
FSV Mainz 05 Johannes 2006
Eintracht Frankfurt Attila 2006
SC Freiburg Füchsle (mind.) 2009
SC Paderborn Holli (mind. 2009)
Hannover 96 Eddi 2013
FC Augsburg -
Werder Bremen -

(Werder Bremen besaß mal Pico, die Heidschnucke und für kurze Zeit „Werdi“, eine Möwe, als Maskottchen, hat aber zur Zeit ebenso wie der FC Augsburg kein eigenes Maskottchen.)

Womit wieder einmal bewiesen wäre: Sozialromantische Wandlungen behaften alles, was vor der Pubertät eines Menschen bereits existierte. Was auch bedeutet, dass jeder selbst definieren darf, was ein Traditionsmaskottchen ist, und was nicht.

Dass man ein Maskottchen nicht einfach nur nach einer Koseform des Stadtnamens benennen darf, darf hingegen nicht jeder selbst beurteilen, das ist weltweit und schon immer so.

Jedenfalls ist der 1. FC Köln in der Frage der Maskottchen der traditionsreichste Club der Bundesliga. Wer hätte das gedacht?

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Noch mehr football landscapes

Die unendliche Welt der Fußballfotografie hat hier eine zuvor unbekannte Ausprägung erhalten. Ein polnischer Fotograf, der nicht nur in Polen, sondern in ganz Europa fotografiert, wenn er in Stadion- oder Fußballplatznähe ist, stellt seine Werke online zur Verfügung.

Insbesondere die Aufnahmen von normalen Plätzen, oft roh und schäbig, beinahe trostlos, aber trotzdem liebenswert und durchaus mit sehr eigener Magie, verzaubern mich ja immer wieder. Und meist bewirkt jede einzelne den Ablauf von Erinnerungsfetzen an Fußballspiele.

Was fehlt: eine Seite, die Gerüche von Fußballplätzen zugänglich macht.

Dank an 120minuten.

Siehe u. a. auch:

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Die erste Live-Übertragung eines Bundesligaspiels im TV

[Update] In den Kommentaren hat sich mehr ergeben. Gladbach-Bayern ist nicht das erste live übertragene Spiel der Bundesliga. Es ist allerdings das erste Live-Spiel im Hauptprogramm gewesen. In den Dritten gab es schon vorher Live-Übertragungen. Die Suche geht also weiter.

Wir wollen hier nicht in Nostalgie er-, uns nur mal wieder daran betrinken. Manchmal kommt so eine Frage wie diese hier aus den Tiefen des Langzeitgedächtnisses und ist dann doch mit Hilfe von Mitgrüblern schnell beantwortet. Welches war das erste Spiel der Bundesliga, das live übertragen wurde? Die Antwort ist nicht, wie von manchen vermutet, die Partie Werder Bremen — FC Bayern München mit Michael Kutzops verschossenem Elfmeter im Jahr 1986, damals auf SAT1. Und es ist auch keine Partie aus dem Jahr 1991, als Premiere mit der regelmäßigen Live-Übertragung von Bundesligaspielen begann.

Die erste Partie der Bundesliga, die in voller Länge im Fernsehen übertragen wurde, lautete Borussia Mönchengladbach — FC Bayern München vom 12. Dezember 1984.

Wie Seitenwahl gerade noch reinruft, kam es zu diesem Nachholspiel, weil Gladbach damals die für den 12. Spieltag angesetzte Paarung mit Bayern absagen musste. Das Team hatte tagelang in Warschau am Flughafen sitzen müssen. Nebel verhinderte die Heimreise vom Rückspiel im UEFA-Pokal bei Widzew Lodz, welches übrigens zum Ausscheiden der Gladbacher geführt hatte.

Die erste Livepartie also Ende 1984, trotzdem kamen 36.500 Zuschauer zum Bökelberg, ausverkauftes Haus, keine Selbstverständlichkeit damals, gegen Bayern allerdings dann doch auch in diesen Jahren.

Schauen und hören wir kurz rein, zwei Mal drei Minuten dreißig mit einem enthusiasmierten Heribert Faßbender als Kommentator und einem ebenso begeisterten Publikum, was man nicht nur aufgrund des Torverlaufs, sondern vor allem aufgrund der scheinbar riesigen Menge an Torchancen gut nachvollziehen kann. (Kommentare zu einem aufs Spiel reagierenden Publikum statt Dauersingsangs sind zu 2012, um sie hier noch zu erwähnen.) Zudem sind und waren Flutlichtspiele ja ohnehin immer mit besonderer Atmosphäre verknüpft.

Auch das Trainerduell ist interessant: Udo Lattek gegen Jupp Heynckes. Wüsste man das Datum nicht, könnte man kaum sagen, wer an wessen Ersatzbank dirigierte oder auch motivierte.

Dann mal guck:



Die Daten zum Spiel.

Anmerkungen von Zeitzeugen sind übrigens sehr willkommen. Hier kann man sich an die Existenz dieser Übertragung erinnern und auch daran, es wohl geschaut zu haben, aber viel mehr weiß man dann auch nicht dazu beizutragen. Die Videos jedenfalls lohnen sich (nicht nur) für Nostalgie-Dürstige.

Nachtrag von Kohlenschaufler: Die entsprechende Meldung zur ersten Liveübertragung im Spiegel.

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Die Gentlemen-Spieler

„Superpunk“ gibt’s ja nun schon länger nicht mehr. Sie waren der leibhaftig durch die Republik wandelnde Beweis dafür, dass in Deutschland nicht nur lässige Musik, sondern auch geistvolle Texte und das ohne Überverkopftes möglich sind.

Aber genau jener Geist von „Superpunk“ lebt in der quasi-Nachfolgergruppe „Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen“ fort.

Einen Teil dieses Geistes samt dazugehöriger Musik transportiert der folgende schöne Song „Die Gentleman-Spieler“, hier in einer tonmäßig weniger hochklassigen, dafür als Live-Auftritt aber eben auch das gesamte Auftreten der Band zeigenden Live-Version zu hören.

Warum das hier erscheint? Weil „Die Gentleman-Spieler“ tatsächlich ein Song mit Fußballbezug ist. Denn „Die Gentleman-Spieler“ handelt von jenen jungen Menschen, die sich in der Anfangszeit des Fußballs, als dieser England-Import als „undeutsch“ verpönt war, nicht davon abhalten ließen, ihn trotzdem auszuprobieren und damit zu etablieren.

Ein zeitlich von aller Tagesaktualität herrlich fernes Fußballthema, entstand so eine echte Hommage an den Fußball und seine Ausübenden, bar jeglicher schankraumhaftiger Schunkeligkeit, die bei Musik im Fußball den Finger sonst so schnell auf den Weiterbutton klicken lässt.



Am Bass übrigens, wie auch schon bei „Superpunk“, ein gewisser Tim Jürgens, den die eine oder der andere aus anderem Zusammenhang kennen könnte. Falls man diesen Zusammenhang noch verraten muss, hilft dabei vielleicht dieses Interview mit der taz, in dem Tim Jürgens auch sonst einiges über seine Sicht zum Fußball verrät:

Fußballer sind Fußballer, die werden heute von den Medien zu historischen Gestalten hochgejazzt, aber am Ende gibt es in anderen kulturellen Bereichen viel interessantere Menschen.

Und vorher schon:

Eine gewisse Distanz habe ich übrigens ohnehin zum Profifußball.

Überrascht uns jetzt nicht, alles andere wäre außergewöhnlich gewesen.

(Nicht zuletzt lesenswert wegen der Erläuterung, wie zwei St.-Pauli-Fans zusammen mit drei HSV-Fans in einer Band funktionieren …)

PS: Und das muss dann einfach noch mitrein, auch wenn es nichts mit Fußball zu tun hat, aber sehr viel mit der Überhöhung, die auch den Fußballern zuteil wird. Sänger Carsten Friedrichs in einem anderen Interview über mangelnde Selbstironie in Deutschland:

Als Künstler gilt man hierzulande ja als Fachmann für alles. Künstler werden in Talkshows zu allen möglichen Themen befragt und nehmen sich daher auch sehr wichtig. Dabei sind das einfach nur Alkoholiker, die Unterhaltungsmusik machen. Was qualifiziert die denn, über große Themen wie Politik zu reden?

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Fußball ist nicht alles

Traurig, traurig. Beim VfL Wolfsburg kommt man immer wieder nur mit Negativ-Schlagzeilen in die Presse. So im Jahr 2009, als man sehr zum Ärger der neutralen Fans eine Meisterfeier im Fußball mit einer Auto-Präsentationsshow verwechselte, so auch wieder im Jahr 2014, in dem man die Chuzpe besitzt, dem Alt-DFB-Präsidenten Theo Zwanziger („Fußball ist nicht alles“) aufs Dreisteste, wenn nicht Ignoranteste zu widersprechen. Einfach so. Platt oder kalkuliert? Ahnungslosigkeit oder Provokation? Vielleicht gar Beides. Das Folgende empfängt jedenfalls zur Zeit den Besucher der Webseite des VfL Wolfsburg:



Es muss Schluss sein mit dem ständigen Provozieren und Aufmerksamkeitsheischen aus Wolfsburg, zu billig wirken die Versuche, auf diese Weise in die Presse zu gelangen. Hier fällt man nicht schon wieder darauf herein.

(Müsste dann wohl auch hier aktualisiert werden.)

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Der beste Vereinssong im deutschen Fußball

Zu einer Zeit vor recht Kurzem begab es sich, dass der Herr, in diesem Fall der Hausherr, sich mal wieder auf den weiten Weg ins Dorf an der Düssel machte. Dort traf er — wie es grundsätzlich nicht anders zu erwarten war — auf eine Herde reichlich unbeleckter Schafe. Unbeleckt in Fragen des Musikgeschmacks. In Fragen des Biergeschmacks waren sie das ohnehin, aber das war auch im Vorfeld von keinem Experten bezweifelt worden. Die Unbelecktheit in Fragen des Musikgeschmacks aber überraschte dann doch, nicht allein die Laien.

So wurde in dieser Runde von Schafen die These vertreten, dass der nachweislich beste, authentischste und auch schönste von allen Vereinssongs — der „Zebra-Twist“ nämlich — da etwa „albern“ sei und nach einem „Karnevalslied“ klänge. Nun entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn ausgerecht Bewohner des Dorfes an der Düssel irgendeinem in anderen Regionen erstellten Musikwerk vorwerfen, dass es nach „Karneval“ klänge und dies aus ihrer — kurzsichtig, wie man in Dörfern zu denken pflegt — Sicht selbstverständlich als Kritik verstanden wissen wollten.

Beklagenswerterweise ist aber nicht allein der Vorwurf des „Karnevalslieds“ vollkommen hanebüchen, es mangelte auch an jeglichem historischen Bewusstsein dafür, welche Authentizität, Graziosität und vor allem Originalität der heute bekanntlich zu weltweitem Ruhm gelangte „Zebra-Twist“ besitzt.

Da im Dorf an der Düssel große Unkenntnis ob dieser Tatsache vorherrschte und das Selbe auch für andere Dörfer zu befürchten steht, sei hier noch mal kurz eingeweisen, warum (und weshalb) der „Zebra-Twist“ bei anerkannten Experten als der grandioseste Fußballsong im Machtbereich des DFB gilt. Für ihn sprechen die folgenden Argumente in loser, unsortierter, deshalb aber umso überzeugenderer Reihenfolge:

  • Der Song erlebte seine Premiere in der ersten Bundesliga-Saison im Jahr 1964
  • Es ist ein Twist
  • Es ist ein Zebratwist
  • Er nimmt in seinem Text wirklich Bezug auf ein imaginiertes Spielgeschehen auf dem Platz und salbadert nicht von Heimat, regionaler Verbundenheit oder allgemein von überschwurbelter Emotionalität, die in ihrer überschwurbelten Emotionalität heutzutage Standard zu sein scheint, aber nicht nur im Grunde nicht zu ertragen ist
  • Der Song ist seit seinem Entstehen unverändert, man könnte dazu die Vokabel von der Tradition einwerfen, dies ist aber überflüssig, weil der Song vollkommen modern klingt und ist — und das zu jeder Zeit!
  • Er ist weder in schunkelbarem Hymnen-Slomo-Rhythmus noch in von schnauzbärtigen Altrockern als „fetzig“ tituliertem Tempo gehalten, noch nimmt er Anleihen an Schlagern, welche in Punk-Verkleidung die Zugehörigkeit zu anderen Musikstilen weismachen wollen
  • Es geht im Refrain von C über F zu G, und dann tatsächlich wieder zurück zu C, während es in der Strophe sogar von E über a-moll zu D, G und einem auch heute noch wohlklingenden G7 geht („…festgerannt…“)
  • Der Song ist von 1964, stammt also aus einer Zeit, in der alle anderen Vereine außer Eintracht Frankfurt — ein Club, der nicht ohne Grund eine Fan-Freundschaft mit dem im Zebra-Twist besungenen MSV pflegt(e) — noch nicht einmal daran dachten, irgendeine Art von Musik außer Herbergsvater- oder noch schlimmeren Liedern mit ihrem Verein zu verknüpfen
  • Man kann zum mitreißenden Rhythmus wunderbar mit einem Schal wedeln, auch im Sommer
  • „St. Pauli“ wird einmal im Verlauf des Zebra-Twists im Hintergrund gerufen, lange bevor dieser Club irgendeine Art von irgendetwas erlangt hatte, eine sehr weitsichtige Vorgehensweise beim Texten also
  • Eine Hupe kommt mehrfach zum Einsatz, lange bevor die Beatles auf diese naheliegende wie bahnbrechende Idee kamen
  • Der offizielle Twitter-Account von Coldplay nannte den Zebra-Twist als Argument, warum der MSV Duisburg der Lieblings-Fußballverein von Coldplay in Deutschland ist


Weiter die Grandiosität des besten aller Vereinssongs Leugnende mögen nun vortreten, im günstigsten Falle mit Argumenten jenseits von reinem „Geschmack“ bewaffnet, warum der über alle Maßen authentische und auch musikalisch über jeden Zweifel erhabene „Zebra-Twist“ nicht der beste Fußballvereinssong in Deutschland in den Grenzen von 1990 sein solle.

Es werden sich natürlich keine Argumente finden, weshalb man die Kommentare eigentlich auch schließen könnte.

Alle Freshmen in Bezug auf die Vereinssongszene mögen den Link in dem Video im Tweet anklicken.

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’schüss Sportschau

Vor einigen Jahren verlegte man die Sportschau von 18.30h auf 20.00h. Ein #aufschrei ging durch die Republik, so könne man seinen Abend nicht gestalten, die Zeit nach 20h gehöre der Familie oder dem Ausgehen, so man noch keine Familie habe, aber einen angemessenen Partner für deren Gründung suchen müsse, was schließlich immer noch am besten im real life ginge.

Heute schaut fast niemand mehr, der sich relativ ernsthaft — so ernst, wie das in Bezug auf Fußball möglich ist — für Fußball interessiert, noch die Sportschau. Man könnte sie auf 22h verlegen oder auch abschaffen, es würde aller hier subjektiv eingeschätzten Vorausschau entsprechend keinen Aufschrei mehr geben.

Zugegebenermaßen besteht das Publikum der Sportschau in erster Linie nicht aus Anwesenden in dieser Filterblase, und vielleicht auch nicht mehrheitlich aus jenen, welche man als mit „ernsthaftem“ Interesse an Fußball ausgestattet bezeichnen könnte.

Dennoch geschah es in den letzten vier, fünf Jahren hiesig ein einziges Mal, dass sich ein Mitlebender in unserer Epoche darüber beschwerte, dass ihm die Bundesliga-Ergebnisse vor Ablauf der Sportschau mitgeteilt wurden. Wiewohl man sich sicher sein kann, dass der Autor sich in größtenteils eher fußballinteressierten Kreisen bewegt.

Es ist weder Häme noch Freude, dass diese Entwicklung so gekommen ist, vielmehr ist es ein nüchternes Konstatieren. Die Welt ändert sich immer schneller und heute benötigt man kaum noch die Zusammenfassungen des Spieltags, wenn man die Ergebnisse ohnehin schon kennt. Jedenfalls nicht punktgenau um 18.30h, man kann sie auch um 3.30h nach Heimkehr noch irgendwo im Netz finden und die Kommentierung, Einordnung des Spiels, welches eine Zusammenfassung naturgemäß nicht komplett abbilden kann, wird in Zeiten von Spielverlagerung.de und anderen kostenlos erhältlichen Texten auch immer weniger relevant.

Es ist weder Häme noch Freude, ich wollte nur noch mal ’schüss sagen an die liebe Sportschau. Wir waren lange Zeit sehr gute Freunde und es war nicht mal nostalgisch verbrämt immer ein Highlight des Samstags in meinem Leben, eingangs eines Berichtes das Geklöppel (Manolo, bist Du’s?) vom Bökelberg zu hören oder einen Spielbericht mit dem Himmel über dem alten Weserstadion eröffnet zu sehen.

Aber ich war schon lange nicht mehr in der Situation, dass ich auf die Spielberichte der Sportschau angewiesen gewesen wäre. Als es am vergangenen Samstag aus Reisegründen ausnahmsweise mal wieder der Fall war, war sie leider in den Mediatheken nicht auffindbar und es gab sie auch nicht als Wiederholung zu sehen. Also hab ich Alternativen gesucht und gefunden.

Es kommt mir aber nicht mal vor wie Fremdgehen. Ein Telegramm hab ich auch schon lange nicht mehr geschickt.

Ich wollte nur noch mal ’schüss sagen. Es war wirklich schön. Und es ist schade. Aber ich brauche einfach keine Sportschau mehr. Was den Wochenablauf weiter destrukuriert, aber nun ja, Nostalgie empfinde ich dabei keine, auch wenn mir die Stimmen der Moderatoren und diese hellblauen, runden Täfelchen, auf denen die Ergebnisse dargestellt wurden, für immer im Gedächtnis abrufbar bleiben werden.

’schüss!

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„Goooooool“ zeugt nicht allein von Leidenschaft

Eine höchst simple wie amüsante Erklärung für den Habitus des extrem lang gezogenen Torschreis der Fußballreporter in Südamerika liefert dieser auch ansonsten spannende Beitrag über die Sprache des Fußballs in Brasilien von der BBC.

Als die Zeit begann, dass Fußball durch das Radio in Brasilien landesweit populär wurde, saßen die Radioreporter häufig endlos weit entfernt vom Geschehen, oft durch Laufbahnen oder diese besondere ovale Form des Stadionbaus in Brasilien vom Spielfeld getrennt.

So war es stets wahrscheinlich, dass der Reporter zwar erkannte, dass ein Tor gefallen war, aber nicht hatte erblicken können, wer es erzielte. So lange der Reporter weiter das ellenlange „Gooo etc. oool“ ins Mikro rief, hatten er und seine Kollegen Zeit, den tatsächlichen Schützen eines Tores ausfindig zu machen.

Irgendwann war dieses Vorgehen dank TV-Bildern eigentlich obsolet geworden, doch hat sich dieser Brauch bekanntlich bis heute gehalten und wird hierzulande wie selbstverständlich mit Inbrunst und eben jener Leidenschaft erklärt, die ursprünglich gar nicht der Grund für die langgezogenen Rufe war.

Wieder was gelernt. Und wer noch weiter lernen will: im Text erfährt man auch, was es im brasilianischen Fußball bedeutet, „wenn der Jaguar zum Wasser geht“ oder welche „die Ecke, wo die Eule sitzt“ ist. Äußerst angenehm, mal auf andere Sprachbilder als die hiesigen zu treffeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeen.

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Fußball-Bundesliga, das große Geschäft

Weihnachtszeit, man kehrt an alte Stätten früheren Siechtums zurück. Dabei entdeckt man auf dem Dachboden schon mal das eine oder andere Zeugnis vergangener Zeitvertreibe.

Solche Funde beweisen, dass in der Bundesliga schon immer alles so war, wie es in der Gegenwart ist, und immer so sein wird.



Das Einzige, was sich im Laufe der Zeit ändert, sind die Zahlen, die man in die Verträge reinmalt.

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Anthony Yeboahs Geständnis: Geburtsjahr gefälscht

Anders als man vermuten könnte, hat Anthony Yeboah sich allerdings nicht jünger gemacht, um länger eine Karriere im Profifußball gestalten zu können, als es die reine Alterszahl dann erlaubt hätte.

Im Jahr 2012 gab Anthony Yeboah zu, dass er in Wirklichkeit zwei Jahre jünger ist als sein früher stets angegebenes Geburtsjahr von 1964. Tatsächlich war er erst 1966 auf die Welt gekommen.

Sein Motiv war, dass er schon in jüngeren Jahren in der ersten Mannschaft eines Klubs in Ghana spielen konnte, als es ihm sonst erlaubt gewesen sei.

Damit bestätigt er zwar Klischees, dass man in weniger entwickelten Ländern bei diesen Angaben auf einfache Weise pfuschen kann und das auch tut. Immerhin hat er aber noch zu Lebzeiten aufgeklärt, dass es so war und was seine Motivation war. Falls das an den Lesern ebenso vorbeigegangen sein sollte wie am Autor, ist diese Lücke nun wenigstens geschlossen. Der Mann war in Wirklichkeit immer viel jünger als er aussah.

Somit ist auch jene Maßnahme überflüssig geworden, welche Yeboahs einstiger Nationaltrainer Otto Pfister zur Klärung dessen umstrittenen Alters damals empfahl:

„Da hilft nur eins: Bein aufsägen und Jahresringe zählen.“

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YB, das Schweizer Schalke in schwarz-gelb

„Ieehh-Bähh“ spricht man die Abkürzung „YB“ aus. Was kleine Kinder sagen, wenn sie sich ekeln, ist in Bern Ausdruck der Liebe zum erfolgreichsten lokalen Fußballverein, dem BSC Young Boys. Stimmt nicht ganz, denn natürlich ist das „I“ im „YB“ kurz und betont, das Bääh wird eher ausgespuckt.

Dass der Verein in einem Stadion zu Hause ist, in dem — zumindest der später entstandenen Legende nach — das Selbstbewusstsein der BRD seine Wiedergeburt erfuhr, macht es überflüssig, viele Worte zum Wankdorfstadion zu verlieren. Allerdings wurde das alte, 1925 errichtete Stadion 2001 abgerissen. Mit den 31.120 Plätzen im neuen „Stade de Suisse“ an selber Stelle verfügt die Bundesstadt Bern über das zweitgrößte Stadion der Schweiz.

Darin spielen in schwarz-gelb gewandete Spieler, deren geschicktester in der Vergangenheit Stephane Chapuisat war. Zumindest wenn man den Fans glauben darf, die ihn zum besten Spieler aller Zeiten des BSC Young Boys wählten.

Warum nun ist YB das Schweizer Schalke in schwarz-gelb/gelb-schwarz?

Weil man hier zwar auf eine sogar noch erfolgreichere Vergangenheit zurückblicken kann. 11x wurde man Landesmeister, mit einer Hochphase in den 1960ern, 6x gewann mal den nationalen Pokal. Doch seit 1987, als der letzte Pokalsieg eingestrichen wurde, ist Ebbe an jenen Stellen in den Kalendern der YB-Fans, die dafür da sind, sich Termine für Meisterfeiern und Pokalübergaben zu notieren.

Fast 30 Jahre keinen Titel und zwischendurch — ebenso wie Schalke — sogar mal abgestiegen und das nicht nur ein Mal. Ebenso wie Schalke inzwischen aber in der höchsten Spielklasse des Landes stabilisiert und mit einer der größten Fanschaft sowohl in reiner Anzahl als auch in den Punkten Treue und Ergebenheit beschenkt. Ebenso wie Schalke hat man ein recht neues Stadion, wie Schalke spielt man auch immer oben mit und genauso wie für Schalke reicht es dann auch schon mal am letzten Spieltag doch nicht zur Meisterschaft, woraus man schöne Legenden stricken kann und es auch tut. Ähnlich wie Schalke hat YB zwei Rivalen in der Liga, welche finanziell aus einem noch etwas größeren Bottich schöpfen können.

Dennoch hat man in seiner Clubgeschichte eine ganze Reihe auch hierzulande bekannter Fußballer in seinen Reihen Kommen und Gehen sehen, sowohl auf dem Platz als an der Linie. Lars Lunde und Hakan Yakin auf dem Platz dürften bekannt sein, Gernot Rohr, Martin Andermatt oder Christian Gross an der Linie. Dazu mit Pal Csernai, Timo Konietzka und nicht zuletzt Albert Brülls auch Namen, die für die älteren Saisons unter den Lesern irgendwo in den Synapsen gespeichert sein dürften. Aber vielleicht sind ja auch die Namen interessanter, die nicht in hiesigen Landen bekannt sind, da möge man selbst stöbern.

Zudem besitzt der Club ein Museum seiner eigenen Geschichte und war damit lange Zeit der einzige in der Schweiz, der solches von sich sagen konnte. Heutzutage bleibt er damit der erste, welcher eine solche Einrichtung schuf. (Zum Schalker Museum hier entlang.) Nur die Farben, die sind eben nicht königsblau, sondern schwarz-gelb (oder gelb-schwarz).

Es gibt vielerlei Schrägpositives über den Verein zu berichten. Nicht zuletzt, dass eine Gruppierung gegen Rassismus einst in üblen Zeiten, genauer 1996, als die Kurve mit Rechten durchsetzt war, für eine Partie Trikotsponsor der Mannschaft wurde, mit dem Slogan „Gemeinsam gegen Rassismus“, mehr (und Bilder) dazu hier.

Und dann ist da noch die YB-Wurst. Hier lechzt man ja immer danach, dass nicht alle Klubs die gleichen Songs singen, das „Danke-Bitte-Spielchen“ machen oder schrottige Tormusik haben. Man fertigt sogar Sammlungen derartiger Besonderheiten an. Eine solche Besonderheit ist die YB-Wurst. Sie ist so besonders, dass wir der Erklärung bei der alten Tante lauschen:

Im alten Wankdorf wurden die Schweinswürstchen im Wasserdampf heiss gemacht. Die Nachfrage war jedoch so gross, dass die Verkäufer eine grössere, sättigendere Wurst anbieten wollten. Die Verantwortlichen trafen sich, um eine Lösung zu finden. In Lausanne wurden sie auf ein bestehendes Rezept aufmerksam. Die neue, im Wasser gekochte Wurst wurde übernommen und fortan als „YB-Wurst“ verkauft. Über die Jahre wurde die Wurst zu einem Kultsymbol in Bern. Es entstanden verschiedenste Fanartikel, ein eigener Fansong und sogar ein Fanclub, der sich nach der YB-Wurst benannte.

Eine Wurst mit einem eigenen Fanclub — das kann noch nicht mal der FC Schalke von sich behaupten! Eine solche YB-Wurst gibt es nun in aufblasbarer Form bei den organisierten YB-Fans zu bestellen.

Noch eine so calmund-positiv-bekloppte Besonderheit: Weil der letzte Titelgewinn mit dem Pokalsieg von 1987 kürzlich 25 Jahre her war und es seitdem nichts mehr zu feiern gab, organisierte man schlicht eine erneute Pokalfeier, um dieses Jubiläum zu begehen. Man lud Aktive von damals in ein Kino ein, zeigte bei YB-Wurst und Bier das Pokalfinale in kompletter Länge und hatte anschließend zusammen mit den Heroen jener Zeit, unter Anderem besagter Lars Lunde, dann doch mal wieder etwas zu feiern.

Achso, eigentlich das Spannendste: der Name des Vereins. Nun, 1898 existierte bereits ein FC Old Boys im nicht allzu weit entfernten Basel. Die Gründer von YB waren so angetan vom Fußballsport, dass sie ebenfalls einen solchen aus der Taufe hoben und diesen dann in Anlehnung wie Ablehnung der Vorbilder der Old Boys eben Young Boys nannten. Warum man die Abkürzung „YB“ aber „Iiih-Bäh“ ausspricht und nicht „Ypsilon-Bäh“, das konnte mir niemand erklären. Übrigens ist es weniger verwunderlich, dass die Clubs in einem Land, in dem man deutsch, französisch, italienisch und rätoromanisch spricht, einen englischen Namen auswählten. Es sind schließlich Fußballclubs und der Sport stammt aus England. In der Schweiz hat man auch viele Begriffe nicht eingedeutscht, aber damit erzählt man wohl niemandem der hier Mitlesenden etwas Neues. Man spricht von „Penalty“ oder „Corner“, und da passen Old Boys als Clubname doch ebenso gut zum Fußball wie Young Boys.

Zudem existiert eine tatsächlich lebendige und gelebte Fanfreundschaft der YB‘ler mit — halten Sie sich fest — dem SV Darmstadt 98. Die Geschichte, wie es dazu kam, wurde mir zwar angetragen, da ich aber über die Wahl des befreundeten Clubs so erstaunt war, war mein Hirn kurze Zeit nicht aufnahmefähig und man müsste dies also noch einmal nachlesen.

Gastfreundlich ist man bei den Young Boys übrigens außerordentlich. Nicht nur wird man von der Fanorganisation, die in der Halbzeit zu Hause ist, zu einer Lesung eingeladen, obwohl der Schweizer Fußball in den Texten gar nicht vorkommt. Man überreicht auch noch einen echten YB-Schal als Geschenk für den Lesenden. Somit existiert jetzt wohl auch eine Fanfreundschaft zwischen YB und Trainer Baade, zumindest seitens Letzterem.

Wenn Sie mal da sind, schauen Sie sich YB im Stadion an — kaum sonst irgendwo in der Schweiz ist die Fußballatmosphäre so fußballatmosphärisch wie in Bern. Gehen Sie aber vom Hauptbahnhof aus nicht über die Kornhausbrücke zu Fuß in Richtung Stadion, oder besser nur dann, wenn Sie schwindelfrei sind.

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