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Schlagwort: Fans

Drei Monate wären ein schlechter Scherz

Der dänische Fan soll drei Monate Haft für seinen Schlag bekommen. Nun kenne ich seinen Leumund bzw. sein Vorstrafenregister nicht. Sollte er zuvor unbescholten sein, wären diese drei Monate Haft (!) eine lächerlich unangemessene Strafe. Ich erinnere mich an Dutzende Schlägereien in meiner Jugend, in denen die Täter, obwohl zweifelsfrei ermittelt, nicht mal mit mehr als 20 Stunden Irgendwasdienst zu rechnen hatten und hier soll ein quasi bis zur Besinnungslosigkeit Betrunkener tatsächlich ins Gefängnis wandern?

Natürlich gibt es einen Unterschied zwischen Jugendstrafen und Strafen für Volljährige, zurecht auch im Strafmaß, insofern vergleiche ich ein bisschen Äpfel mit Birnen. Zudem bin ich weit davon entfernt, hier Täter zu Opfern zu machen oder die Leiden der Opfer zu bagetellisieren. Natürlich mag sich Fandel in seiner Sicherheit bedroht gefühlt haben und, was selbstredend viel schlimmer wiegt, auch länger anhaltende psychische Schäden davon tragen. Dafür ist niemand anders verantwortlich als der schlagende Däne. Doch diesem Mann nun ebenfalls ein leichtes Trauma zu verpassen, indem er in den Knast muss und sein – zumindest berufliches – Leben verwirkt hat, wird der Geringfügigkeit dieser Tat nicht gerecht.

Es ist schließlich etwas völlig anderes, ob ein im Rahmen eines Fußballspiels brutal zutretender Spieler nach einer Roten Karte für eine scheinbar lange Zeit gesperrt wird (z. B. drei Monate, in Wirklichkeit wird er nur für die Anzahl der Spiele x 90 Minuten gesperrt, ansonsten kann er in dieser Zeit ja tun und lassen, was er will) oder ob jemand die komplette Dauer der Strafe im Bau absitzen muss.

Aber wahrscheinlich geht es ohnehin nur um drei Monate auf Bewährung, es schreibt sich aber viel schöner, den Mann gleich ins Gefängnis zu stecken. Für einen (!) nicht vollstreckten Schlag ins Gesicht kann man auch unmöglich ins Gefängnis wandern. Real life wird zum Glück nicht nach Fußballregeln bewertet.

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It was forty years ago today

„4,000 holes“ heißt ein inoffizielles Fanzine der Blackburn Rovers. Wer sich fragt, warum das so ist, darf gerne noch mal kurz nachdenken. Blackburn liegt in der Grafschaft Lancashire. Lancashire — klingelt’s?

„Four thousands holes in Blackburn, Lancashire.“

Sollte er oder sie zu jung sein: Ein Tag im Leben. Die Royal Albert Hall kann man damit eventuell auch füllen. Wir sollten es jetzt eigentlich wissen.

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„With a Kop like that, you know you should be glad“

Mit dem Veröffentlichen von Blogeinträgen ist es wie beim Anbandeln mit Frauen: Wenn man zu lange wartet, ohne aktiv zu werden, schnappt sie sich ein anderer. Es liegt schon länger hier rum, da fällt dem Direkten Freistoß ein, dass man doch mal in der Videograbbelkiste der 11 Freunde wühlen kann bzw. wühlt gar nicht selbst, sondern lässt die 11 Freunde wühlen und in ihrer eigenen Grabbelkiste finden, was hier nun Thema sein soll. She Loves You gesungen in the Kop. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.

Deshalb schön der Reihe nach:

1. The Kop bot mit damals 28.000 Stehplätzen noch mehr Menschen Platz als die heutige Südtribüne im Westfalenstadion.

2. Der Name „The Kop“ ist niederländisch, bzw. burisch und dient dem Gedenken in Südafrika gefallener Liverpudlians.

3. Damals sangen nicht nur die jungen, sondern zumindest auf diesem Video auch die älteren Zuschauer mit Inbrunst „She loves you“ von den Beatles. Das ist einerseits bemerkenswert, weil der Song damals kein altes „Traditional“ (wie es heute „Yellow Submarine“/“Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ für uns ist), sondern höchstens ein paar Monate alt war. Das Mitsingen der älteren ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Generationskonflikt zwischen den jungen Menschen, die so etwas wie die Beatles hörten, und jenen, die lieber Marschmusik hörten und meistens die Eltern derjenigen waren, die die Beatles hörten, viel größere Dimensionen hatte, als es heutzutage der Fall ist. Zwischen Eltern, die mit Jennifer Rush groß geworden sind und deren Kindern, die Sarah Connor hören, wird es wohl kaum aufgrund des Musikgeschmacks noch zu Auseinandersetzungen kommen.

4. Damals sangen 28.000 Zuschauer in „The Kop“ den Beatles-Song „She loves you“ auch, weil die Band nun mal aus Liverpool kam und die Beatles sicher (ich weiß da nichts Genaues nicht) als Teil der Heimat, der regionalen Verbundenheit empfunden wurden. Bemerkenswert auch, weil 28.000 Zuschauer (und der Rest des Stadions natürlich ebenfalls) es immerhin versuchten, mit Kopfstimme das „ooooh“ aus „She loves you“ zu singen. Sie scheinen zumindest in dem Video nicht gänzlich zu scheitern.

5. Damals klatschten die eigenen Spieler begeistert mit, wenn die Zuschauer sangen.

6. Wir wollen nicht vergessen zu erwähnen, was aus genau dieser mit Krawatten und Pilzkopf-Frisur optisch nahezu gleichgeschalteten Masse später erwuchs: Jener Hooliganismus, der für üble späte 1970er im Fußballfanbereich, für Heysel und für die Verbannung britischer Mannschaften aus dem Europapokal sorgte, was schließlich zur Verbannung der Stehplätze in internationalen Begegnungen führte. Natürlich sind nicht die dort Anwesenden Schuld an dieser Entwicklung. Die faszinierende Dynamik dieser Massen, dieses Unkontrollierbare, was hier auf dem Video aussieht wie „Schunkeln“, verdeutlicht eindrucksvoll, dass all das sich natürlich auch jeder Zeit genauso in eine andere Richtung bewegen kann, ohne dass man eine Chance hätte, es zu stoppen.

7. So etwas wie eingespielte Fan-Wurst-Songs aus der Dose schien es damals noch nicht zu geben. Ich muss zugeben, keiner meiner Bekannten ist in einem Gesangsverein. Ich muss auch zugeben, dass es damals weder MTV gegeben hat noch Plattenspieler für jeden selbstverständlich waren. Ich muss genauso zugeben, dass ich — so ich ins Stadion gehe — in den seltensten Fällen die Fangesänge mitsinge, ich hier also keineswegs mit dem Finger auf die so genannten Event-Fans zeigen möchte. Gleichzeitig finde ich es außerordentlich bedauerlich, in eigentlich jedem Stadion, das ich aufsuche, dem „Akustik-Müll“ ausgesetzt zu sein, gegen den es inzwischen auch Initiativen gibt. Der heutige Stadiongänger wird von vorne bis hinten beschallt: Sollte gerade keine auditive Werbung laufen, wird Musik in einer derartigen Dezibelzahl gespielt, dass man gut verstehen kann, warum Anwohner gegen Stadionbetreiber klagen. Damit wird den meisten Fans die Möglichkeit genommen, eine Atmosphäre wie in dem Video zu erzeugen. Ich kenne die genauen Verhältnisse in den einzelnen Bundesligastadien nicht (Berichte wären aber sehr willkommen), doch ist es unstrittig, dass es einige sangesfreudige Brüder gibt, deren Möglichkeiten durch den Schallmüll in den Stadien vor Anpfiff zunichte gemacht werden.

8. Der ekstatischen Wirkung dieser Gesänge, zumal man sich 28.000 Menschen auf einer einzigen Tribüne vorstellen möge, kann sich wohl niemand entziehen. Und leider begreifen wir wieder das Pech der späten Geburt in Bezug auf Stadionerweckungserlebnisse sowie auf den britischen Fußball der 1960er Jahre, als die Atmosphäre einfach begeisternd war Schrägstrich gewesen sein muss.

Und zu guter Letzt nun auch der Link zum Video von den Gesängen auf „The Kop“.

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Wenn ich nicht wäre …

Gestern habe ich noch mal zum Hörer gegriffen und bei Thomas Schaaf angerufen. Nur für den Fall, dass er vergessen haben könnte, wie wichtig die Partie am Samstag sein wird, habe ich ihn daran erinnert. Ich denke, er wird sehr froh über meinen Hinweis gewesen sein. Bei all dem Stress, den er in seinem Job hat, könnte er die Wichtigkeit der kommenden Partie leicht übersehen haben. Und wie wir wissen, wäre das fatal.

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Spiele mit Spuk

Ich weiß, dass ich mich mit dem Folgenden bei „normalen“ Fußballfans unbeliebt machen würde, so diese es läsen:

Während alle Welt pikiert aufschreit, wenn die Eintrittskarten zu teuer sind, es Restriktionen gegen Fans gibt, Stehplätze abgeschafft werden oder Spiele ganz unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden müssen, möchte ich kurz dieses Video von der richtig guten Atmosphäre beim Spiel ADO Den Haag gegen Sparta Rotterdam vorschlagen.

Vielleicht komme ich „zu sehr“ vom aktiven Fußball, als dass ich das Fehlen von Fangesängen hier für dramatisch halten könnte. Zugleich nehme ich an, dass ein Großteil der zumindest jüngeren Fans in Fußballstadien ebenfalls selbst vom aktiven Fußball kommt, kann mich da aber durchaus täuschen. Wer Fußball nur als passiver Konsument kennt, dem kommt dieses Video wahrscheinlich reichlich spanisch vor. Nichtsdestotrotz:

Werden die erzielten Tore etwa weniger schön, nur weil danach keine Menschenmassen aufspringen, Jingles eingespielt werden oder Spieler zu den Fans laufen?

Ist der Ausgang des Spiels etwa weniger spannend, weil es keine Gesangsschlachten gibt, die Masse auf den Rängen nicht brodelt oder die Blitzlichtgewitter den Abendhimmel erhellen?

Dass die Atmosphäre weniger schön, anregend und mitreißend ist, bestreite ich nicht. Das Spiel aber, das Spiel selbst ist doch deshalb nicht schlechter und auch nicht weniger fesselnd, so es fesselnd ist.

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Es ist nicht schön, kein Star zu sein

Moritz Volz. Kennt man, klar. Spielt bei äh … Middlesbrough, oder? Aston Villa? Fulham? Jedenfalls in England, war sogar schon mal im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Aber kennt man auch sein Gesicht? Versuche ich, mir Moritz Volz‘ Gesicht vorzustellen, taucht automatisch immer Thomas Hitzlsperger vor meinem geistigen Auge auf. Ich weiß, dass Hitzlsperger nicht Volz ist, aber zu Volz habe ich einfach kein Gesicht gespeichert. Wie sieht Volz eigentlich aus? Das wissen in Deutschland tatsächlich die wenigsten. Auch ich würde ihn nicht auf der Straße erkennen. Im Stadion auch nicht. Oder wenn, dann nur am Namen auf seinem Trikot. Hat er dieses Trikot nicht an, sondern sein Nebenmann, wäre ich genauso aufgeschmissen, wie diejenigen, von denen Volz selbst hier erzählt:

„Unbekannt ist Volz in Deutschland nicht. ‚Aber kaum jemand kann meinen Namen zuordnen‘, meint der Verteidiger. Bei der WM 2006 ging er mit Jürgen Klopp ins Stadion. Der Trainer des FSV Mainz trug ein Volz-Trikot. ‚Dauernd kamen Fans und sagten ‚Cooles Trikot, Premier League‘ und wollten ein Foto. Doch niemand erkannte mich, obwohl ich direkt daneben stand.‘“

(Da die Nachrichten bei weltfussball.de so schnell im nicht verlinkbaren Archiv verschwinden, bleibt dieses Zitat ohne Link zur Quelle, ich habe es mir aber nicht aus den Fingern gesaugt.)

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Kein gar nix in Essen

Erinnern wir uns an einen windigen, sehr windigen Tag im Januar 2007. Weil ein Orkan über Deutschland hinweg-, nein, nicht fegte, danach war es noch unordentlicher als vorher, hinwegbrauste, fiel so manches ins Wasser respektive aus. Und wenn man nicht nur gerne dem eigentlichen Fußballspiel beiwohnt, sondern auch die Atmosphäre während der Fahrt zu einem Spiel erleben möchte, bietet sich eine Anreise per ÖPNV an.

Keine Züge in Essen

An jenem windigen Freitag im Januar 2007 wollte ich eine meiner großen Bildungslücken schließen und das Essener Georg-Melches-Stadion aka Stadion an der Hafenstraße mal lebendig in Augenschein nehmen. Davor hatte der windige Tag aber eine Anreise per PKW gestellt, denn schon der Duisburger Hauptbahnhof sah aufgrund der vielen ausgefallenen Züge so aus:

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Wer sich dann und wann werktags zur rauschenden Stunde im Düsseldorfer Hauptbahnhof aufhält, wird an obigem Bild nichts Besonderes finden, doch es sei versichert, dass diese Menschenmassen in Duisburg eine Singularität darstellen: Nichts ging mehr, bzw. gehen ging noch vieles, aber fahren fuhr nichts mehr. Keine Züge, kaum Busse.

Keine „Arena“ in Essen

Da ich in Bekanntschaft eines automobilen Lautern-Fans bin — ja, so etwas gibt es tatsächlich auch außerhalb der Region, um mal wieder einen Gruß an Janus zu senden — wählten wir für die Anreise zum Spiel von RW Essen gegen Kaiserslautern das Auto. Parkplätze zu finden war kein Problem an diesem Abend, so dass wir rechtzeitig am Stadion ankamen, wo ich feststellen durfte, dass das Stadion tatsächlich noch eines ist und keine Arena.

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Ein paar nicht miteinander verbundene Tribünen, vier hoch aufragende Leuchtturmmasten, die ihr gleißendes (darf man solch einen Elfmeter, um das Wort „gleißend“ zu benutzen, ungeachtet liegen lassen?) Licht in den Abendhimmel werfen und besonders — mal wieder — bei Nieselregen ihre Erhabenheit entfalten. Schön sind solche Stadien, noch dazu, wenn sie wie in Essen ohne Laufbahn auskommen.

Keine vierte Tribüne in Essen

Der kleine bis mittelprächtige Kulturschock ereilte mich aber bereits nach der Leibesvisitation an der Stadionpforte: Offensichtlich waren die Bauarbeiter damals alle gleichzeitig bei einem schweren Unfall ums Leben gekommen, der Stadt Essen ging mitten im Bauvorgang das Geld aus oder der Architekt hatte einen wenig erzogenen Hund, der einen Teil der Baupläne auffraß, bevor sie umgesetzt werden konnten. Das Stadion hat nur drei Tribünen, und hinter einem der beiden Tore klafft ein großes Nichts.

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Gut, wie man auf dem Foto sieht, ist es nicht wirklich nichts. Irgendeine Form von Festzelt stand unbeteiligt am Stadiongeschehen in der Gegend rum. Es gibt jedenfalls keine Zuschauer dort. Da hat man so schöne „britische“ Atmosphäre in diesem Stadion und dann das: zu einer Seite offen, nicht nur der Schall entweicht auf dieser Seite, auch dem Auge fällt es schwer, in Stimmung zu kommen, wenn sich die Szenerie hinter dem einen Tor wie auf einem Kreisligaplatz präsentiert. Nichtsdestotrotz wurde hier Zweitligafußball gespielt und vor ein Fußballspiel hat irgendjemand ja noch dieses Aufwärmprogramm für die Zuschauer gestellt. Normalerweise besteht jenes aus Audiowerbung für den Reifenhändler um die Ecke plus ein paar tanzende Mädchen, nicht so in Essen.

Keine Cheerleader in Essen

Statt Cheerleadern gab es in Essen etwas, was mich schwer an das Image des Fußballs erinnerte, wie ich es… damals… und so weiter… mit Blaskapelle und Würstchenstand, lange vor Poldi und Schweinis Zeiten. Dicke Schiedsrichter mit dicken Bäuchen, bei denen eher der Schiedsrichter-Dress platzen würde als die Haut der Wurst, die auf dem nicht weit entfernten Grill vor sich hin brutzelte. Dazu noch das Gerede von Kameradschaft und der Spruch, den jede Mannschaft vor Anpfiff aufsagen musste, der irgendetwas mit Fairness zu tun haben sollte, meist aber völlig sinnfrei war.

Statt Cheerleadern gab es in Essen „Fahnenschwenker“ vor dem Anpfiff zu sehen. Fahnenschwenker, Ihr habt schon ganz richtig gelesen. Wir standen auf der Tribüne, und dann trat eine Horde Menschen mit Fahnen auf den Platz, die sie zu rhythmischer Rhythmik schwenkten. Musik war das nicht, es war eher ein Gedröhne, dafür war die Anlage wohl auch zu schlecht in Essen. Vielleicht war es auch als Musik gemeint, es kam aber nur eben jenes Gedröhne und Geplärre. Und zu dieser Rhythmik schwenkten die Damen und vielleicht auch Herren da unten ihre Fahnen. Ich dachte erst, ich hätte mal wieder den Karnevalsbeginn verpasst, dem war aber nicht so. Mitten im Januar standen dort unten Menschen und schwenkten Fahnen vor einem Fußballspiel. Ich habe bis heute nicht verstanden, was daran unterhaltsam oder interessant gewesen sein soll. Es ist ja jedem gegönnt, sich mit der Fahnenschwenkerei in seiner Freizeit zu beschäftigen und sicher gibt es in diesem Metier auch tolle Wettbewerbe, die dann von total subjektiven Wettkampfrichtern entschieden werden, ähnlich transparent wie beim Tanzen, Dressurreiten oder Turmspringen, aber was hat eine Gruppe Fahnenschwenker vor einem Bundesligaspiel auf dem Platz zu suchen?

Wäre es wenigstens eine Bergmannskapelle gewesen, hätte ich den „regionalen Bezug“ noch verstanden, aber diese Veranstaltung ließ mir schon ein wenig den Kiefer runterfallen, weil die Essener Präsis ernsthaft glauben, von so einem Fahnengeschwenke würde sich jemand unterhalten fühlen.

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Das Spiel begann trotz der Fahnenschwenkerei irgendwann mit aufgewecktem Publikum, das sich auch von der prekären Schallsituation in einem nach einer Seite offenen Stadion nicht einschüchtern liess und für die relativ geringe Zuschauerzahl gute Stimmung machte.

Meine Stimmung war auch gut, schließlich bekam ich mehrfach Bier von der Bierzapferin geschenkt, weil es ständig in kaputten Plastikbechern ausgeschenkt wurde und so an meinen Fingern entlang auf den Boden vor dem Kirmesbudenbierstand tropfte, statt in meinen Magen.

Keine Toiletten in Essen

Wie das so ist, wenn man Getränke in gesteigerter Menge zu sich nimmt, muss man irgendwann auch mal das Örtliche aufsuchen, welches sich in Essen noch in der Tradition alter Bahnhofsklos präsentiert. Alteingesessene erinnern sich vielleicht noch an den Charme der Toiletten des Bochumer Hauptbahnhofs vor ihrer Renovierung. Wer dann noch an das Ruhrgebiet in den 1970er und 1980er Jahren und die damalig ausgeprägte Drogenszene rund um Hauptbahnhöfe denkt, kann sich vorstellen, wie einladend diese Toiletten gewesen sein mögen, von der Abwesenheit von Zuständen, die entfernt an „Hygiene“ erinnern könnten, ganz zu schweigen. (Wer sich nicht erinnert oder noch zu jung war, der kann bei Reinhard Krause sehenswerte Impressionen besagter Zeit finden.)

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Im Essener Stadion steht man noch immer in dieser Tradition. So gibt es auch keine Pissoirs, sondern die obligatorische Pinkelrinne, deren Rinnencharakter aber so wenig ausgeprägt ist, dass man nach dem Besuch der Toiletten nicht weiß und vielleicht auch nicht wissen möchte, was es ist, was da unter den Schuhen so klebt. Fast schon romantisch wirkten diese zerfallenen Toiletten auf mich, waren sie noch dazu in einem Extra-Toilettenhäuschen außerhalb des Stadions untergebracht, gerade so, als wären Toiletten beim Bau des Stadions vergessen worden.

Keine Tore in Essen

Wie man weiß, werden Fußballspiele, sogar wenn Tribünen gänzlich fehlen, durch Tore entschieden, und zwar durch erzielte. Es fällt ja den wenigsten noch auf, dass diese Bezeichnungen im Deutschen zufälligerweise identisch sind: da steht ein Tor, also dieses Gestänge und eine Mannschaft erzielt ein Tor, also quasi einen „Punkt“. Tor und Tor, beides dasselbe.

Seit Günter Jauch und dem Torfall von Madrid ist dieser Umstand dem einen oder anderen vielleicht wieder nach etwas weiter vorne ins Bewusstsein gerückt, Tendenz ist aber eher nein. Tore an sich, also diese Gestänge, gab es natürlich in Essen, zwei an der Zahl und somit auch nur eins weniger als Tribünen.

Doch trotz der theoretischen Möglichkeit, hier ein solches zu erzielen, wollte das keinem der Teams gelingen. Das ist zumindest dann eher blöd, wenn man „neutraler Zuschauer“ ist, was ich in diesem Spiel war. Zu Rot-Weiß Essen habe ich überhaupt keine Verbindung, für mich bis zum Tag des Betrachtens dieses Spiels mehr oder weniger ein nicht-existenter Verein (in meiner persönlichen Wahrnehmung, natürlich nicht beim Studium der diversen Tabellen), Kaiserslautern hat mir mit seinem inzwischen schon zweiten Abstiege irgendwie den Spaß verdorben. Das trage ich dem Verein allerdings nicht nach, viel schlimmer war die Tatsache, im erneuten entscheidenden Abstiegsendspiel (man erinnere sich an das legendäre Wimmern von Andy Brehme in den Armen von Rudi Völler im Jahre 1996) am allerletzten Spieltag der vergangenen Saison nicht schließlich und endlich Wolfsburg in den Schlund der zweiten Liga gestoßen zu haben. Und das trotz zwischenzeitlicher 2:1-Führung. Hier hingegen führte niemand. 90 Minuten lang führte niemand, was eben daran lag, dass niemand ein Tor in ein Tor hinein schoss.

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Da ich aber ohnehin nicht in erster Linie wegen des Spiels, sondern wegen des Groundhopperpunkts gekommen war, war der Spielstand mit den zwei gähnenden Nichts und auch der Spielverlauf mit seinen kaum vorhandenen Torchancen (ich glaube, Essen hatte eine große in der ersten Halbzeit) für mich nicht weiter tragisch. Außerdem finde ich es immer amüsant zu sehen, wie Fans eines bestimmten Vereins, denn schließlich stand ich im Lautern-Block, Gefühlswallungen der schlimmen Art durchmachen, während sie das Spiel betrachten. Bei objektiver Betrachtung gab es dort abgesehen von der Langeweile eigentlich nicht viel zu leiden, aber die Lautrer Fans litten.

Kein Respekt in Essen Duisburg

Ich litt auch, unter schwacher Blase, und suchte erneut jenen charmanten Ort auf, an dem die Füße so kleben, und dabei fiel mir ein extra laminierter DIN-A4-Ausdruck auf, den irgendein Schelm an der Innenwand des Häuschens angebracht hatte, nicht ohne seine url preiszugeben. Offensichtlich ist es tatsächlich so, dass Essener Zuschauer diesen Ort, das „Gästeklo“, nie zu Gesicht bekommen, strikte Fanblocktrennung. Anders ist es nicht zu erklären, dass dieser Ausdruck noch Wochen nach dem Gastspiel des MSV in Essen vorhanden ist:

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Vom eigentlichen Spiel gibt es wie gesagt kaum etwas zu berichten, und möglicherweise ist es inzwischen sogar verboten, Spielberichte von offiziellen DFL-Spielen zu veröffentlichen, weil man damit irgendwelche Rechte verletzt, deshalb gibt es dazu nun nichts zu lesen. Im Nachhinein aber erstaunlich, dass eine an diesem Tage doch arg limitierte und ziemlich einfallslose Essener Mannschaft tatsächlich den FC Köln mit 5:0 auseinandernehmen konnte.

Keine Sieger in Essen

Wie das meistens so ist, wenn es keine Tore gibt, gab es auch keine Sieger an diesem Tage. Ob man als Aufstiegsaspirant mit einem Auswärtspunkt bei einem Abstiegskandidaten zufrieden sein kann, weiß ich nicht. Ich denke tendenziell eher ja, schließlich ist in den höheren Ligen keine der Mannschaften Fallobst, bei dem man die Punkte einfach so mitnimmt. Mein Fahrer war da offensichtlich anderer Meinung, wie seine Laune auf dem Rückweg nonverbal vermittelte. Die Lauterer Spieler jedenfalls bedankten sich bei den mit- oder auch nur angereisten (die wenigsten Fans fuhren im Lautern-Teambus mit) Lautern-Fans mit einer Geste, die man häufig bei Spielern sieht: Über dem Kopf klatschten sie einige Male in die Hände. Warum die Spieler über dem Kopf und nicht vor der Brust in die Hände klatschen, hab ich noch nie verstanden, so auch bei diesem Spiel nicht. Das macht aber nichts, so bleiben wenigstens noch ein paar Bildungslücken offen. Das Essener Stadion ist nun aber keine mehr für mich.

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Musikunterricht

Vor dem Hinspiel der Paarung Werder Bremen — Ajax Amsterdam empfand ich es als eine gute Idee, dass der übertragende Sender die Gesänge der Zuschauer etwas hörbarer machen wollte. Auf dem Papier würde wohl jeder diesen Plan begrüßen. Die Vorfreude auf dieses Element der Übertragung hielt bei mir bis zu jenem Moment, in dem ins Stadion geschaltet wurde.

Die Mikrofone standen so nah an der Bremer Fankurve, dass man genau hören konnte, wie schief die Jungs ihre als Anfeuerung gedachten Melodien schmetterten. Es war so schief, dass es selbst mir als ungeübtem Sänger die Zehennägel hochrollte. Da diese selten kurz sind, rollte sich dort ordentlich was zusammen, und das über 90 Minuten lang.

Hoffen wir, dass die Tonregie das Phänomen der schlechten Gesangsausbildung pubertierender Fußballfans beim heutigen Rückspiel in Amsterdam im wahrsten Sinne des Wortes ausblendet.

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Es gibt keinen vernünftigen Grund, Schalke-Fan zu sein

Nachdem ich in den letzten Tagen hier einige Beiträge aus Gründen der Objektivität einstellen musste, die so geklungen haben könnten, als wäre es etwas durchaus Anständiges, etwas Sinnvolles, gar etwas Erstrebenswertes, Schalke-Fan zu sein, muss ich heute dann doch mal wieder fragen:

„Kannst Du mir einen vernünftigen Grund nennen, Schalke-Fan zu sein?“ (Das Video „Sachbeschädigung“ anschauen.)

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Wenn selbst die Polizei das in ihren Gewaltverherrlichungsvideos [1] [2] so sieht, muss man sich dem als guter Staatsbürger wohl anschließen.

[1] An welcher Stelle und mit welchen Argumenten in diesem Video Gewalt als etwas Negatives dargestellt ist, habe ich nicht verstanden. Und ich bin ausgebildeter Trainer Baade, wie sollen das da Schalke-Fans Dortmund-Fans Grundschüler erst verstehen?

[2] Wie bemerkenswert tagesaktuell es doch ist, dass der größere Bubi antwortet, dass Dortmund die ganzen letzten Spiele verloren hat …

Nachtrag: Mir ist erst jetzt aufgegangen, dass diese Videos wohl nicht für die Peergroup der Darsteller sind, sondern für Eltern und Lehrer. Jene, welche man erst einmal aufklären muss, welche Formen von Gewalt und Repression es überhaupt in Schulen gibt. Mir ist keine davon persönlich unbekannt, als Rezipient, und so richtig hab ich immer noch nicht verstanden, was diese Videos eigentlich bezwecken sollen. Es gibt Mobbing in Schulen? Es gibt Vandalismus? Es gibt Erpressung? Vollkommen neue Erkenntnisse tun sich da auf. Wie wäre es, wenn diese Videos Lösungsansätze zeigen würden, statt einfach nur zu beschreiben? Nun gut, sei’s drum, wenn es Eltern und Lehrer gibt, die von diesen Phänomenen nichts ahnen, dann haben diese Spots sicher ihre Berechtigung.

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Mann mit Bart und Mann mit Stirn

Wie beruhigend es doch ist, dass Dieter Hoeneß endlich ein Einsehen hat, und heute mit Wolfgang Thierse über seine Verfehlungen sprechen wird [Link leider tot]. „Gewalt und Randale im Fußball“ sind u. a. die Themen bei dem Treffen Hoeneß‘ mit Thierse. Als besonders schwerer Fall in punkto Randale im Stadion wird Hoeneß aus dem Nähkästchen plaudern können. Vielleicht lässt er sich auch vom ewig gütig wirkenden Thierse zu einem Anti-Aggressionstraining überreden.

Wer morgen Abend Zeit hat, in die Kulturbrauerei zu gehen, kann ja berichten, wie es gewesen sein wird.

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Wortmann. Ein Schlummerlied

Hatte ich ursprünglich noch ein wenig Angst verspürt, mir das Wiedererleben des Halbfinalaus bei der WM anzutun, muss ich jetzt zugeben, dass alle Angst völlig unbegründet war.

Der Film von Wortmann, den ich gestern Abend erst sah, versprüht ungefähr so viel Emotionalität und bewirkt Anteilnahme wie die Aufkleber auf den Mülleimern der Stadt, die darum bitten, Abfall doch bitte dorthinein zu werfen.

Die ersten 50-60 Minuten plätschern so dahin; man fragt sich, warum es je eine Diskussion über ein paar offensichtlich angebrachte Fitnessübungen gegeben haben kann und muss gleichzeitig konstatieren, dass es in deutschen Medienlanden immer noch ziemlich einfach ist, einen Aufhänger zu finden, um sich über irgendetwas lustig zu machen. Sicher, es gibt wohl keine Großstadt in Deutschland, in der nicht eine Kneipe namens „Oberbayern“ steht, und trotzdem existiert die Republik noch.

Die ersten 50-60 Minuten plätschern so dahin und Neues erfährt man überhaupt nichts. Könnte daran liegen, dass ich dummerweise vor dem Kinogang bereits den Trailer zum Film sah, der eigentlich alles Wesentliche erzählt: Arne Friedrich hat Geburtstag, Lukas Podolski kann weder sprechen noch einen klaren Gedanken äußern (was aber als Fußball-Stürmer auch selten förderlich war, siehe Uwe Seeler, Gerd Müller oder Fritz Walter, der Jüngere), Schweinsteiger ist der legitime Nachfolger Sepp Maiers in der Nationalmannschaft und „Metze“lder war nicht beim Bund. So weit, so langweilig.

Gegen Ende der Dokumentation nimmt das Ganze dann doch noch mal Fahrt auf, was aber auch nur daran liegt, dass durch den Charakter der Playoff-Spiele jederzeit das Aus droht. Das kommt bekanntlicherweise auch irgendwann. Einzig wirklich prägnante Szene ist jene, in der vor Einlauf der deutschen und der italienischen Mannschaft ins Westfalenstadion ein paar deutsche Spieler auf ihre Gegner gemünzt rufen: „Die haben Angst! Die haben Angst!“, was eine sonore Stimme eines italienischen Betreuers auf deutsch mit den Worten „Wir haben keine Angst.“ beantwortet. Daraufhin schaut Philipp Lahm völlig verstört in Richtung Kamera, bevor er ins Stadion einläuft. Ich möchte den Film nicht auf diese eine Szene reduzieren, es gab sicher noch mehr Atmosphärisches zu sehen: Frings im Bild nach seiner Sperre, die Diskussion der Frage, ob Berlin oder Stuttgart richtig seien, um sich von den Fans zu verabschieden (neben Lehmanns Widerworten in der Halbzeit des Italien-Spiels übrigens der einzige Moment, in dem der Film mal wenigstens einen Funken Authentizität vermittelt), der jubelnde Andy Köpke nach dem 1:0 gegen Polen, Borowski, wie er von seinen Gefühlen beim Fußballspielen in großen Stadien spricht.

Schließlich und endlich aber sieht man hier das Leid eines Fußballprofis ausgedehnt auf 110 Minuten: Langeweile, Langeweile, Langeweile. Ein bißchen Fußball spielen, sich bejubeln lassen, das auch mal genießen. Dann wieder Langeweile, Langeweile, Langeweile. Warum es Oliver Bierhoff so wichtig war, dass die Jungs auch mal „von ihren Zimmern runter kommen“, nur um dann so hochtrabende Dinge zu tun wie Playstation zu spielen, zu darten oder Bogenschießen zu üben, hat sich mir nicht erschlossen. Teamgeist bilden, klar. Aber muss man dafür unbedingt drei überdachte Zelte in einem Hotelgarten aufstellen? Okay, das war früher anders. 1974 — und somit vier nicht nur gefühlte, sondern echte Dekaden vor der WM 2006 — mussten die Spieler noch in einer Art Internierungslager hocken, in dem es außer Strom und fließendem Wasser keine Annehmlichkeiten gab.

Inzwischen ist man weiter mit der Psychologie, deshalb ist Derartiges nicht mehr sinnvoll. Warum ich aber extra ins Kino gehen muss, um Oliver Bierhoff über Playstation-Zock-Möglichkeiten dozieren zu hören, oder um Angela Merkel ein miserabel ausgesprochenes und miserabel passendes „Good Luck!“, welches Podolski („Translator, Translator!“) eh nicht verstanden haben kann, wünschen zu hören, weiß ich leider nicht. Negativ übertroffen wird das Ganze nur noch von Horst Köhlers grinsender Visage, mit der er nach dem Halbfinalaus durch die deutsche Kabine schlurcht und alle Spieler beglückwunscht. Dieser Mann macht aber auch wirklich alles falsch, was man falsch machen kann, insofern — da ich dieses Urteil schon vorher gefällt hatte — auch nichts Neues.

Von der viel zitierten guruhaften Einpeitscherei sehe ich ebenfalls nichts. Auch nicht davon, dass sich ein Jürgen Klinsmann (schrob ich gerade „ein Jürgen Klinsmann“? Schriftführer, bitte streichen sie das „ein“) nach seiner einen WM als Teamchef schon verbraucht haben könnte. Weder ist Klinsmann ein begnadeter Rhetoriker, den die Massen sofort auf den Diktatorenstuhl heben würden, wenn er seine Künste in den diversen Bierkellern dieser Stadt ausübte, noch ist das, was er da so schwadroniert, für eine Fußballkabine so ungewöhnlich, dass man diesen Sermon nicht noch länger hören könnte — zumindest als Fußballer in dieser Kabine. Als Zuschauer möchte man das natürlich nicht länger ertragen, weil es schon irgendwie peinlich wirkt. Nichtsdestotrotz redet man doch so schon seit jeher in Fußballerkabinen: Dass man konzentriert sein soll, diszipliniert, aber gleichzeitig auch aggressiv und in letzter Konsequenz den „Gegner weghauen“ soll. Was ist daran neu? Was ist daran Guru-haft?

Dass Klinsmanns Methoden neu sind, sonst wäre ein Bernd Schneider nicht noch Monate nach der WM vollkommen angefixt und in Bestform, ist unbestritten, wird aber im Film — gesehen im Oktober 2006 — nicht mehr deutlich. Darin liegt wohl Klinsmanns Verdienst: Dass man Besprechungen des Gegners durch Urs Siegenthaler, Taktikbesprechungen mit Jogi Löw, Fitnesstrainings mit Mark Verstegen und für gute Laune sorgende Spielerfrauen und Geburtstagsfeiern als selbstverständlich hinnimmt.

Es ist einfach ermüdend, dass die wenigen Spielszenen und die noch wenigeren Fanszenen nicht dazu geneigt sind, den Zuschauer mitzunehmen; dass das Ganze eben nur ein Dokumentar- und kein Spielfilm ist. Ich bin selbst schuld, ich hatte das „Dokumentar-“ irgendwie aus meinen Erwartungen gestrichen.

In erster Linie macht der Film klar, wie rückständig Rudi Völler und Erich Ribbeck waren. Somit dann doch sehenswert: als Zeitdokument. Beim nächsten Film, der mir glorreiche Einsichten in Fußballerkabinen und in den Teamzusammenhalt verspricht, warte ich aber auf den Sendetermin im Fernsehen.

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Trainer Baade beichtet

Unglaublich, was der indirekte freistoss berichtet: Die IFFHS ist lediglich eine Juxveranstaltung eines einzelnen Mannes, der ein paar ebenfalls gelangweilte ältere Herren aus anderen Ländern rekrutieren konnte, um den Eindruck einer „echt internationalen“ Fußballvereinigung zu erwecken.

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Mir leicht beschämt das Hütchen übers Gesicht ziehend darf ich beichten, dass ich dem ganzen Schwindel ebenfalls erlegen bin und sogar mal eine Korrekturmail (Klugscheißer machen nie Feierabend) gesendet habe. Ich erhielt eine Dankesmail und den Hinweis, dass die Korrektur aufgenommen wurde. Leider habe ich die Mail nicht mehr (my bloody Valentine Festplattencrash), so dass ich nicht mehr sagen kann, ob diese tatsächlich von Dr. Pöge verfasst war. Ich erinnere mich lediglich, dass sie von einem Mann stammte, der mit Dr.-Titel unterschrieb.

Wer sich die Fotos anschaut, die im IF-Artikel verlinkt sind, wird nicht umhin kommen, sich zu wundern, wieso die IFFHS-Herren neben Franz Beckenbauer oder anderen stehend grinsen, als wären sie einfache Fans, die endlich mal mit den Granden der Fußballwelt zu einem Foto posieren dürfen.

Übrigens: Trainer Baade ist auch eine Ein-Mann-Veranstaltung, lasst Euch also nicht leimen.

Immerhin ist die Seite der IFFHS von 7DC erstellt, die auch für massig andere Webauftritte mit Fußballkontext verantwortlich zeichnen. Von Lothar Matthäus über Nuri Sahin, Silke Rottenberg, Mehdi Mahdavikia, Silvio Meißner, Guy Demel, Florian Kringe, Fabian Gerber, Thomas Brdaric bis zu Oliver Kahn und Lukas Podolski reicht die ellenlange Liste. Zur IFFHS schreiben 7DC selbst:

Seit mehr als zwei Jahrzehnten dokumentiert die „International Federation of Football History & Statistics“ (IFFHS) den Weltfußball auf wissenschaftlicher Basis. Unter ihrem Vorsitzenden Dr. Alfredo Pöge arbeitet die IFFHS eng mit der FIFA zusammen und genießt wegen ihrer Kompetenz ein so großes Ansehen, dass die von ihr verliehenen Preise und Auszeichnungen globale Beachtung finden.

Die viersprachige Homepage der IFFHS ist schon seit langem die bevorzugte Internet-Anlaufstelle all jener, die fundierte statistische Informationen suchen und an mehr interessiert sind als an dem oft oberflächlich dargebotenen Tagesgeschehen. Um jenen wahren Fußball-Liebhabern die Orientierung im stetig wachsenden Dickicht der Daten und Statistiken noch einfacher zu machen, hat die Dortmunder Firma 7DC dem Internet-Auftritt der IFFHS ein neues Gesicht verliehen, seine Struktur optimiert und zusätzliche Angebote eingepflegt – wie etwa die Menüpunkte „Skurrile Fakten“ und „World Football Gala“.

Auf diese Weise verbindet das virtuelle Heim der IFFHS Benutzerfreundlichkeit mit einer beeindruckenden Fülle von Informationen. Wer zum Beispiel wissen möchten, welches Team Weltmannschaft des Monats geworden ist, oder warum die Rückennummern auf Fußballtrikots eine australische Erfindung sind, der sollte schleunigst einen Blick werfen auf: http://www.iffhs.de.

Doch Vorsicht! Wer als Fußball-Fan einmal auf dieser Homepage gelandet ist, der wird sie so schnell nicht wieder verlassen können …

In Zukunft werde ich das „Stadion der Saison“ wählen. Die Wahl wird unter wissenschaftlichen Kriterien stattfinden, nur welche das sind, verrate ich natürlich nicht. Vielleicht nehme ich Erdbeermarmelade als Kriterium oder einfach die Frage nach dem Umfang der Brüste, mit denen auf den Klos der Stadien geworben wird, man könnte sich da so einige wissenschaftliche Kriterien überlegen. Wichtig bleibt, dass der sid dann auch davon berichtet. Ich denke, das ließe sich einstielen. Bewerbungen für das Stadion der Saison nehme ich bis zum 10. Mai 2007 an, sollte sich bis dahin kein Stadion beworben haben, wähle ich trotzdem eins und werde es in den heiligen Hallen der Trainer’schen Wohnküche ehren.

1 Kommentar

MV und seine Finger

Michael Thurk erzählt in seinem Interview mit dem Tagesspiegel allerlei Interessantes. U. A. behauptet er, dass die meisten Fußballer sehr genau wüssten, worauf es den Fußballfans ankäme. Das wage ich zu bezweifeln, in Ermangelung echter Argumente zweifele ich es aber nur an und lasse es ansonsten so stehen.

Auch die Frage, welche Stadien er selbst präferiert, wird diskutiert.

„Spielen Sie denn lieber in den modernen WM-Arenen oder in kleinen, eher britischen Stadien, wie sie noch in Bochum, Mainz oder Bielefeld stehen?

Lieber in den neuen Stadien. Wenn man diese Stadien betritt, hat man automatisch das Gefühl, in einem ganz anderen Licht zu stehen. Alles wirkt größer und beeindruckender, mir macht das sehr viel Spaß. Aber auch die kleinen Arenen wie in Bochum machen Spaß. Weit mehr jedenfalls, als Spiele in Stuttgart, wo die Fans sehr weit weg sind.“

Da kann niemand widersprechen. Wieso fand dann das Spiel um Platz Drei „an der WM“ (wie man in der Schweiz sagt) ausgerechnet in Stuttgart statt?

Und wieso benutzt der Fragensteller das Wörtchen „noch“ bei seiner Frage? Gibt es Pläne, die Stadien in Bochum, Mainz oder Bielefeld abzureißen?

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