Als man irgendwann damit begann, den Bussen der verschiedenen Nationalmannschaften, wie sie im jeweiligen Austragungsland durch die Wälder, über die Felder und Straßen bis zu den Stadien rumpelten, mehr oder weniger sinnvolle Slogans auf die Außenhaut zu pappen, da haben viele noch herzlich gelacht.
Damals ahnten sie noch nicht, dass sich ihr Verein nur wenig später auch so einen Slogan zulegen würde, und das nicht nur für ein Turnier, sondern gleich für immer. Da bleibt vielen das Lachen schon im Halse stecken. Selbst wenn das mit dem „für immer“ nicht so ganz zutrifft, denn der eine oder andere Club ist mittlerweile schon beim dritten Slogan angekommen. Schauen wir auf jene Slogans, wie sie teilweise intensiv, teilweise nur an der Peripherie der Vereine propagiert wurden und werden:
1. Bundesliga
FC Bayern | Forever a team. Mia san mia. |
Borussia Dortmund | Wieder hier, wieder im Revier (2004). Echte Liebe (2010). |
Hamburger SV | Die Raute im Herzen (2006). Leidenschaft verbindet (2009). Nur der HSV (2011). |
Werder Bremen | 100% Werder (2006). We win! (2006). Lebenslang Grün-Weiß (2012). |
Hannover 96 | Die Roten (2006). Die Roten. Seit 1896 (2006). Unsere Stadt. Unser Verein. Unsere Leidenschaft! (2011). |
VfL Wolfsburg | Das ist Fußball (2002). Weck den Wolf in Dir! (2008). |
FC Schalke 04 | Wir leben Dich (2012). |
1. FC Nürnberg | Wir sind der Club. |
Fortuna Düsseldorf | Einfach nur Fußball (200x). Wo ist Deine Heimat? |
Bayer Leverkusen | Wir 04 – für Leverkusen. |
TSG Hoffenheim | Ein Team. Ein Weg. Einmalig. (20xx) |
Keinen Slogan gefunden: VfB Stuttgart, SC Freiburg, Borussia Mönchengladbach, Eintracht Frankfurt, Mainz 05, SpVg Fürth, FC Augsburg, Bayer Leverkusen.
2. Bundesliga
1860 München | Einmal Löwe, immer Löwe (2010). |
MSV Duisburg | Die Zebras (2006). Leben.Liebe.Leidenschaft.MSV (2011). |
Hertha BSC | Play Berlin (2003). Aus Berlin. Für Berlin. (2010). |
VfL Bochum | Mein Revier ist hier (2003). |
Energie Cottbus | Im Osten geht die Sonne auf. |
1. FC Kaiserslautern | Das Herz der Pfalz (2006). |
Eintracht Braunschweig | Wir sind Eintracht (2012). |
Dynamo Dresden | Tradition verpflichtet (2011). |
FC St. Pauli | Kampf der Drittklassigkeit (2004). Non established since 1910 (2010). |
1. FC Köln | Meine Liebe. Meine Stadt. Mein Verein (2011). |
Union Berlin | Verliebt in Union (200x). Nicht ohne Liebe (2011). |
Jahn Regensburg | Eine Stadt! Ein Team! Ein Traum! |
Keinen Slogan gefunden: Erzgebirge Aue, SV Sandhausen, FC Ingolstadt, VfR Aalen, SC Paderborn, FSV Frankfurt.
3. Liga
Alemannia Aachen | Echt. Klasse. (2005). |
Arminia Bielefeld | Die Leidenschaft geht weiter (2006). Die Blauen (2007). |
1. FC Saarbrücken | Liebe kennt keine Liga (2007). |
Offenbacher Kickers | Die Kickers sind göttlich. Komm auf den heiligen Berg (2005). |
Karlsruher SC | Original KSC – Fußball seit 1894 (2010). |
VfL Osnabrück | Wir. Gemeinsam. Jetzt! (2009). |
Hansa Rostock | Unsinkbar seit 1965 (2010). |
Chemnitzer FC | Die Himmelblauen. |
SV Wehen Wiesbaden | Unsere Stadt, unser Verein, unser Ziel: 2. Bundesliga (2011). |
SV Darmstadt 98 | Die Lilien bleiben DA (2008). Wir Lilien. Aus Tradition anders. (2015) |
Keinen Slogan gefunden: Preußen Münster, SpVgg Unterhaching, 1. FC Heidenheim, Hallescher FC, Stuttgarter Kickers, Wacker Burghausen, Rot-Weiß Erfurt, SV Darmstadt, SV Babelsberg.
(Für Ergänzungen in allen drei Ligen wäre man hier natürlich sehr dankbar.)
Es wird schnell deutlich, es existieren gemeinhin fünf Aspekte, die angesprochen werden wollen: Erstens, dass „wir“ alle zusammen irgendwas sind, meistens der Verein, manchmal die Stadt oder Region. Zweitens, dass man „echt“ sei, also keineswegs falsch oder kopiert oder Ähnliches. Drittens, dass man für immer treu sein werde. Da schwingt die große Angst mit, dass es im Misserfolgsfalle dann vielleicht doch nicht so sein würde. Viertens dass man selbst aus der Region sei, für die Region oder auch in der Region. Last not least die Emotion, ohne die heute ja gar nix mehr geht.
Die Slogans der Vereine bestehen also aus den folgenden fünf Zutaten:
1. Gemeinschaft
2. Authentizität
3. Treue
4. Lokalpatriotismus
5. Emotion
Wobei Punkt 5, die Emotion, gerne in der Farbe „Leidenschaft“, ansonsten in der Farbe „Liebe“ daherkommen darf — so einfach ist die Rezeptur für die Suppe der Fußballslogans zu entschlüsseln. Ungefähr die gleiche Rezeptur dürfte auch für die Texte der Vereinshymnen gelten.
Es fällt dann auch die Frage an, ob man als „Global Player“ seine regionale Verbundenheit heutzutage noch allzu sehr in den Vordergrund stellen sollte. Hat auch Borussia Dortmund erkannt und verließ sein regional anknüpfendes „Wieder hier im Revier“, hin zu einem generellen Blabla. Wichtiger ist mittlerweile nun mal, das Universale an einem Verein zu betonen. „Echte Liebe“ (z. B.) kennt man schließlich sowohl auf den Philippinen als auch in Chile. Und treu sein kann man von dort aus auch, während man weniger Herz der Pfalz oder sonstiger Regionen sein kann, und auch schlecht Berlin playen kann, wobei man gerade dort ja jüngst wieder vom Global- zum Zweitligaplayer hinabstieg. Hannover 96 und der 1. FC Köln tauschten quasi nur die Possessivpronomen aus, da waren die Slogans im Doppelpack wohl günstiger.
Die wenigen Ausnahmen bilden tatsächlich das Salz in der wenig gewürzten Suppe der Slogans der Vereine, wobei die Koketterie des FC St. Pauli, eben nicht etabliert zu sein („Non established since 1910″), ein schönes Paradoxon darstellt. Wäre man nicht seit 1910 oben dabei, würde dieser Slogan ja von niemandem zur Kenntnis genommen. Immerhin nimmt man bei Hansa Rostock etwas kreativeren Bezug auf sein Wappen („Unsinkbar seit 1965″) und damit am Ende auch wieder auf seine regionale Zuordnung. Interessant wäre im Falle Dynamo Dresdens („Tradition verpflichtet“) noch zu wissen, wozu Tradition jetzt genau verpflichtet, doch ungewollt ist es wohl nicht, die Beantwortung dieser Frage jedem Rezipienten selbst zu überlassen. In Wolfsburg musste man den Fans früher sogar noch erklären, was der VfL Wolfsburg überhaupt für eine Sportart betreibt („Das ist Fußball“). Angesichts seiner besonderen Geschichte im Niemandsland der Aufmerksamkeit sei ihm das wohl verziehen.
Ebenfalls sticht eine Komposition aus Punkt 5, der Emotion, und Punkt 3, der Treue heraus: „Liebe kennt keine Liga“ des 1. FC Saarbrücken, mittlerweile wohl auch an diversen anderen Orten des Fußballs gekapert, was wiederum belegt, dass nahezu jeder Slogan für jeden Club funktionieren würde.
Erstaunlich, dass diese Mode aus der Welt der Konzerne — da kann man bitte alle möglichen Claims selbst aufzählen — zu so austauschbaren Ergebnissen bei den Fußballvereinen geführt hat. Könnte daran liegen, dass die Hirne, die sich derartige Slogans ausdenken, die selben sind wie jene für die Claims der Firmen. Oder daran, dass die meisten Fußballvereine nun mal kaum einzigartige Eigenschaften besitzen, am Ende ist ein Fußballclub in erster Linie immer noch schlicht ein Fußballclub. Echt. Klasse.
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