Wohl den wenigsten ist die Lust am Schaudern fremd. Nicht umsonst gibt es eine nicht gerade kleine Gruppe an Menschen, die sich freiwillig und gerne Horrorfilme, oder konkreter vielleicht Filme des Genres „Suspense“ anschauen. Im Folgenden geht es hier dann allerdings eher um Horrorfilme.
Das Buch „Anpfiff“ von Toni Schumacher las man an dieser Stelle noch tatsächlich freiwillig, weil auch ohne Schaudern. Dass dort von Prostituierten und Doping die Rede sein würde, war man noch nicht so wirklich zu erfassen in der Lage, und so lockte viel mehr die Aussicht auf einen Einblick ins Innenleben einer Bundesliga- oder sogar der Nationalmannschaft. Bücher schreibende Profis mag es schon mehr als einen gegeben haben, pro Saison oder Zeitraum des Heranwachsens waren es aber derart wenige, dass ein solches Buch von Toni Schumacher einer Sensation gleichkam, für jemanden, der nur allzu gerne genauer in ein Bundesliga-Team geblickt hätte. Möglicherweise schlechte Sprache wurde damals kaum als Kriterium angesehen, und so empfand man es als absoluten Glücksfall, dass nur wenige Monate nach Erscheinen auch die örtliche Bücherei das Buch in ihrem Bestand führte und man es ausleihen und, natürlich nur als Metapher, verschlingen konnte, ohne dafür zu bezahlen.
Wenn man heute auf jene Bücher zurückblickt, die man eigentlich damals hätte lesen sollen, aber kein Geld, keine Kenntnis davon oder auch einfach keine große Lust hatte, weil der Tag ja nur soundsoviel Stunden und es tatsächlich auch im Leben eines Jungtrainers noch andere Dinge gibt als Fußball, so kommt man an einem nicht vorbei, bei dem sich schon immer kein kleiner Impuls zur Lust am Schaudern und am Gruseln einstellt. Die Rede ist von Loddars legendärem Tagebuch mit dem so legendären wie kreativen Titel:
„Mein Tagebuch“.
Nun stellt sich zu Zeiten von eBay gar nicht mehr die Frage, ob man ein Exemplar davon je auf einem Trödelmarkt oder in einer Antiquariats-Buchhandlung würde finden können: Nur zwei, drei Mausklicks entfernt wäre schon das eigene Exemplar dieses „Buches“. Doch genauso nah sind natürlich die Rezensionen auf z. B. amazon.de zu diesem Buch. Und was man da zu diesem vermuteten Meisterwerk der Fußball-Literatur zu lesen bekommt, lässt die Vorfreude aufs Schaudern ins schier Unermessliche steigen:
„Eine Lektüre dieses Buches (…) lohnt sich nicht, da das Buch über keinerlei Gehalt verfügt.“
„Die Art und Weise, wie Lothar seine müden Geschichten zum besten gibt, ist dünn, langatmig und schlichtweg schlecht.“
„Eine so gute unfreiwillige Satire hat es wohl bis jetzt noch nicht gegeben. Der Gipfel der Naivität.“
„Manchmal sind allerdings auch überflüssige Berichte zu lesen, wie zum Beispiel, daß Matthäus kalte Pizza ißt, oder sein Haus überschwemmt ist.“
Dem Impuls zum Schaudern entgegen steht dabei der ebensolche Wunsch, nicht noch mehr Trödelkram aka Staubfänger in die Wohnung zu holen, welcher schon nach einmaligen Lesen seine Existenzberechtigung in diesen Wänden verwirkt hat, weil es eventuell tatsächlich so schlecht ist, dass man aus dem Schaudern nicht mehr rauskommt, es aber auch nie wieder in die Finger nehmen wird. Die Preise, die man dafür erlöst („Für dieses Werk wäre eigentlich noch ein Stern zuviel (die 3 Euro waren es in jedem Fall)“, „Auch für 5 Euro ist das Buch noch zu teuer.“), lohnen den Aufwand, es weiterzuverkaufen kaum. Und so dreist, Schrott, den man selbst nicht mehr benötigt, hier im Blog zu verlosen, ist man noch nicht.
Da wäre Entscheidungshilfe vielleicht ganz angemessen: Hat jemand der geneigten Leserschaft dieses Werk schon konsumiert und kann sich dazu äußern? Man führe ungern im eigenen Leben fort, mit dem Wissen, diese denkbare Wissenslücke in seinem Fußball-Erfahrungsschatz nie getilgt zu haben. Aber vielleicht ist es ja gar keine Lücke.
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