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Schlagwort: Boulevard

Thomas Schaaf, aktuell leicht zu reißendes Wild, wenn man denn will (aber sie wollen ja, alle)

Hat da jemand gefordert, dass man in Bremen eine Trainerdiskussion ausrufen solle? Ich habe nicht richtig verstanden. Bitte, noch mal. Eine Trainerdiskussion? Weil eine Mannschaft nach knapp 10 Jahren zum ersten Mal nicht ganz oben mitspielt? Äh, sind wir jetzt hier beim Tennis, in der Weltrangliste, beim Schach, oder geht es doch eher um Fußball? Hatte nicht der glorreiche FC Bayern gerade in jenen Jahren, in denen er in der Liga recht weit unten stand, diverse Europapokale gewonnen? Achso, stimmt, das war in der Zeit, bevor es eine Gruppenphase und noch eine Gruppenphase und noch eine Gruppenphase („Aber, entschuldige, Rudi, auf Island gibt es gar keine Gruppenphasen!“) gab, und somit dem Schicksal ein Schnippchen geschlagen wurde.

Trotzdem könnte man ja annehmen, wenn man gewillt wäre, anzunehmen, dass man, herrgottnochemal, man muss doch echt kotzen, wenn man sich das jetzt alles wieder reinziehen muss. Da arbeitet ein Trainer, seit 10 Jahren lässt er erfolgreichen Fußball spielen, qualifiziert sich regelmäßig für die Champions League, immer international, und jetzt spielt er zum ersten Mal nicht international (obwohl das ja angesichts der zu erwartenden Schwächephasen des HSV, von Hoffenheim, Leverkusen und anderen leichten Toastbroten noch gar nicht klar ist), und da schwupps kommen sie aus ihren Löchern, den nur leicht schanzenbewehrten und schwingen ihr Beil, wie man es aus dem Boulevard kennt und hasst. Aber gleichzeitig gibt es überhaupt gar keinen Grund, diesem Beil auch nur überhaupt Anerkennung zu gewähren.

Schwingen ihr Beil, weil sie etwas schreiben müssen. Weil ihnen langweilig wird, weil ihnen die sonstigen Fun-Videos ausgegangen sind auf ihrem Laptop, weil sie Geld kriegen dafür, dass sie Scheiße, verächtliche, lächerliche, fußballnichtverstehende, nur dem Profit geschuldete Scheiße schreiben wollen oder müssen, sich selbst in eine Position verfrachtet haben, in der sie glauben, davon abhängig zu sein, dass sie überhaupt irgendetwas schreiben, was evtl. Schlagzeilen produziert.

Zu beschränkt, zu wenig phantasievoll, zu wenig fußballerische Kenntnisse, dass sie auch gehaltvoll, analytisch, wahrhaftig schreiben könnten, sich das überhaupt vorzustellen. Scheißen sich in die Hose vor Angst, dass es eventuell niemanden interessieren könnte, wenn es wirklich um fußballerische Analysen gänge. Zu denen hätten sie nämlich nichts beizutragen. Da muss dann natürlich eine Schlagzeile her, eine dem ganzen Boulevard die Krone aufsetzende, und da sitzen sie da an ihren Laptops, und schämen sich nicht mal, öffentlich eine solche an den Haaren herbeigezogene Scheiße zu schreiben.

Sportjournalisten sollen das sein. Lächerlich. Sie sind nichts anderes als ekelhafte sich selbst gegenseitig rezitierende Monster, die von ihrem Auftrag, dem Kunden zu berichten, was tatsächlich passiert ist, so weit entfernt sind wie wir von der Aufklärung dessen, warum das Volk das größtenteils dennoch liest.

Eine Krise inszenieren, nur um am Ende der Krise davon schreiben zu können, dass die vermeintliche, nicht existente (sportliche) Krise dann wieder vorbei ist: Das ist eine Verhaltensweise, über die, wenn man nicht so angewidert darob wäre, man sich freuen würde, weil es mittlerweile nämlich Blogs und andere Gegenöffentlichkeiten gibt. Wer will, kann lesen, hat Alternativen. Kommt her.

Hier sprechen wir unter Menschen mit gesunden Gehirnen. Fernab des Zwangs, Schlagzeilen zu produzieren, zu verkaufen, zu polarisieren. Menschen mit Gehirn brauchen keine solche Schlagzeilen-relevante Pseudorealität mehr. Sie schreiben selbst für Menschen mit Gehirn. Und haben demgemäße Leser.

Gebt’s auf, … gebt’s auf.

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