Heute ist bekanntlich alles schlecht. Früher was es noch schlechter. Mit Ausnahmen, versteht sich, die waren nicht ganz so schlecht, wenn auch nicht so schlecht wie heute. Dieses Empfinden ist ein Motiv, das sich offenbar durch alles hindurchzieht, was der Mensch so erlebt, was gleichwohl nicht bedeutet, dass die Zukunft nicht noch viel schlechter werden könnte als Gegenwart und Vergangenheit nicht nur zusammen, sondern miteinander multipliziert.
Zum Beispiel die Einlaufmusik im Fußball. Diese ist heute eher noch schlechter zu nennen als man es sich überhaupt vorstellen kann. Für sich genommen mag „Hell’s Bells“ ein nettes Stück sein. Und auch wenn man im Fußball konservativ ist und Veränderungen scheut: Irgendwann ist das einst Neuartige und vielleicht ein bisschen Mutige daran selbst zum Relikt aus einer anderen Zeit geworden, verstaubt vor sich hin miefend. Wobei hiermit nicht der Song selbst gemeint ist, sondern diesen an einem (exemplarischen) Ort, an dem sonst Polizei- und Bundeswehrkapellen für „Stimmung“ sorgten, zum Ritual zu machen.
Ob Tor- oder Einlaufmusik, das tut sich da übrigens nicht viel.
Einer der in dieser Hinsicht widersprüchlichsten Clubs ist Borussia Mönchengladbach. Ist der Fansong an sich, der mit dem Schwur auf Baumaterial, einer der eingängigsten in der Bundesliga überhaupt und somit kurz hinter „Im Herzen von Europa“ (Eintracht Frankfurt) einzusortieren, so sucht die Tormusik an ohrenzermartendem Graus ihresgleichen in der Bundesliga. Gleichwohl man Tormusik unter Lucien Favre nicht allzu oft ertragen muss, steht sie doch wie erwähnt in Widerspruch zu dem, wie man ansonsten bei Borussia Mönchengladbach mit Musik und ihrem Einsatz beim Fußball umgeht.
Aus der (Wikipedia-) Biografie von Richard Strauß ist zu entnehmen, dass es da eine auch und gerade in der Schlechtigkeit der Vergangenheit bemerkenswerte Vorgehensweise gab, als die Fohlen wirklich noch wild, jung ad lib waren und auch dieser Ausdruck nicht zu reinem sich stetig selbst reproduzierendem Marketingsprech erstarrt war, und als die Borussia gerade erst begann, am Bökelberg die Bundesliga zu erobern.
Dort spielte man nämlich vorm Einlaufen der Mannschaften den Beginn von „Also sprach Zarathustra“, was bekanntlich wiederum (sehr frei) auf Nietzsches Werk „Also sprach Zarathustra“ beruht und noch bekanntlicher den Titeltrack zu „2001 – Odyssee im Weltraum“ darstellt.
Das Anfangsthema wurde bereits in den 1970er Jahren jeweils einige Minuten vor dem Anpfiff der Heimspiele der Fußballmannschaft von Borussia Mönchengladbach im alten Bökelbergstadion intoniert.
Quelle: Wikipedia.
Gerade im Falle eines an einem wochentäglich in niederrheinsch dichten Nebel gehüllten Bökelberg-Stadions ohne jeden Zweifel und auch ganz ohne Verklärung einer der stimmungsvollsten Fußballorte in der ganzen Republik und vor einem Publikum, dessen Gehirne noch weit entfernt von heutiger medialer Totalüberschwemmung waren, werden diese Klänge ihre besondere Wirkung nicht verfehlt haben. Gleichwohl ihnen das Aufputschende zu gleichem Zwecke genutzter Stücke heutiger Zeiten fehlt, wie glücklicherweise aber auch jenes Pathos, den die Champions-League-Hymne kleistenderweise verbreitet, werden alle Anwesenden, sofern mit Antennen für diese Art von musikalischer Wirkung ausgestattet, doch in eine recht andere Stimmung versetzt worden sein, als es Glocken aus der Hölle nach der x-ten Wiederholung noch zu tun vermögen, von reinem sprechgesanglichem Stammeln einiger Silben ganz zu schweigen. Wobei das wieder eine Frage der Prägung des Gehirns des Rezipienten ist. Es soll ja Menschen geben, die schon bei ganz anderen Anlässen „atemlos“ werden.
(Wer den Titel des Stücks nicht kennt, wird es beim Hören sofort erkennen.)
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