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Schlagwort: Bert van Marwijk

Beobachten und entschlüsseln

Der Coach aus Holland scheint auf einem ähnlichen Weg. Wie Magath hat er sich mit konsequent vertretenen Entscheidungen bei den Spielern Respekt verschafft; wie Magath geht er mit seiner Mannschaft in jeder Übungseinheit an das Limit; wie Magath beobachtet und entschlüsselt er auch die versteckten Botschaften und Gesten in der Kabine; und wie Magath gehört van Marwijk zu den Trainern, die ihre taktischen Vorstellungen klar definiert haben. „Für mich ist van Marwijk ein Fußball-Lehrer, der jeden einzelnen Spieler besser macht“, sagt BVB-Sportdirektor Michael Zorc.

Längst ist auch die zahlungskräftigere Konkurrenz auf den Mann mit dem markanten weißen Haar aufmerksam geworden, ausgerechnet bei den Rivalen in Gelsenkirchen – am Samstag Gegner im Westfalen-Derby – scheint van Marwijk ganz oben auf der Wunschliste zu stehen.

Beim BVB sieht man möglichen Abwerbeversuchen indes gelassen entgegen. Geschäftsführer Watzke jedenfalls spöttelt: „Ein Anruf aus Gelsenkirchen kostet zwar nur etwas mehr als ein Ortsgespräch, aber die paar Cent können sich die Schalker sparen“ – van Marwijk ist bis Juni 2007 in Dortmund gebunden.

SPIEGEL vom 30.1.2006

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Das erste Mal bei den Schwiegereltern

Wer kennt es nicht, dieses flaue Gefühl in verschiedenen Körperregionen, nicht nur der Magengegend, dieses Prüfungsangstsyndrom, wenn er zum ersten Mal bei den potenziellen Schwiegereltern in spe auflaufen muss. Je nach Lebenslauf und -situation ereilt einen dieses Schicksal auch gleich zigfach. Da man aber zumindest am Anfang seiner Schwiegerelternkarriere stehend immer davon ausgeht, dass es „dieses Mal wirklich für immer“ ist, stellt sich auch kein Gewöhnungseffekt ein. Wie sympathisch es da ist, dass es auch Mark van Bommel (in dessen Fall ich die Erkenntnisse der Genealogie ganz interessant fände) nicht anders ging. So weiß Bert van Marwijk, der schließlich tatsächlich Mark van Bommels Schwiegervater wurde, Folgendes von jenen berüchtigten Veranstaltungen über seinen nachmaligen Schwiegersohn zu berichten:

„Als er bei uns zu Hause erstmals aufgekreuzt ist, da war er ganz nett, aber auch fürchterlich nervös.“

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Bundesliga-Flucht

Die Bundesliga scheint so unattraktiv geworden zu sein wie selten zuvor. Wie sonst liesse es sich erklären, dass sich neun Mannschaften darum streiten, wer die drei Abstiegsplätze einnehmen wird? Von Platz Dortmund bis Platz Gladbach sind alle fleißig bemüht, schlechter zu spielen als der andere. Und lasst Euch nicht täuschen, auch die Zwischenhochs von Mainz und dem HSV sind nur kurze Ablenkungsgeplänkel, damit die Fans keinen Verdacht schöpfen. Tatsächlich wollen aber all diese Teams lieber in der im nächsten Jahr so attraktiven (Köln, 1860, Kaiserslautern, Freiburg plus die drei noch zu ermittelnden namhaften Bundesligaabsteiger) zweiten Liga mitmischen, weil es dort so viel einfacher sein wird, ein paar Siege einzufahren und damit für gute Stimmung zu sorgen. Nur der alte Spielverderber Horst Köppel hat schon ausgeplaudert, dass den Gladbachern ein Abstieg gut tun würde, alle anderen tun nach außen hin weiter so, als wollten sie in der ersten Liga bleiben. Die Spiele auf dem Platz sprechen allerdings eine andere Sprache.

Sie scheint so unattraktiv geworden zu sein, dass die meisten nicht mal mehr Trainer in der Bundesliga werden wollen. Felix Magath übernimmt lieber Hitzfelds Kommentatorenjob, in dem dieser sich so wohlgefühlt hat, dass er nichts lieber möchte, als so schnell wie möglich von der Trainerbank wegzukommen und wieder Kommentator zu sein. Jupp Heynckes wird auch lieber freiwillig zurückgetreten, als sich dieses Ungemach anzutun, Bert van Marwijk provozierte seinen Rauswurf, indem er einfach gar nicht mehr trainierte, sondern in Holland bei der Familie im Wohnzimmer rumsaß. Und Peter Neururer hat sogar seine Auf-der-Tribüne-sitz-Aktivitäten eingestellt, damit er ja nirgendwo ins Gespräch kommt.

So dermaßen unattraktiv ist die Bundesliga, dass die Telekom ihre Namensrechte nicht haben möchte, dass in Asien keiner zuguckt, wenn die Bundesliga läuft, dass man in Portugal gerade mal den FC Bayern kennt (während man in Polen nur Schalke kennt), und dass außer Lehmann und Ballack kaum ein anderer Spieler in den anderen europäischen Ligen unter Vertrag steht.

Sie ist so unattraktiv, dass die Mannschaften, die oben stehen, lieber gar nicht erst gewinnen, als dass sie sich hinterher noch Meister der Bundesliga schimpfen lassen müssen. Die Reaktion der Schalker Führung auf den findigen Herrn mit der url www.deutscher-meister-2007.de spricht Bände. Imageschädigend ist so etwas, und das muss natürlich schnell unterbunden werden. Treten Mannschaften in der Bundesliga an, werden sie von ihren Fans dafür zurecht ausgepfiffen, wie jetzt gerade auf Schalke und in Dortmund geschehen. In Köln jagt man den einzigen Aufstiegshoffnungsträger namens Helmes, der noch zu einem Aufstieg in die erste Bundesliga hätte verhelfen können, mit Schimpf und Schande vom Spielfeld, auf dass man ja in der zweiten Liga bleibe.

Präsident der DFL, die immerhin hauptsächlich mit der ersten Liga beschäftigt ist, will niemand werden, und statt Stars wie Ribéry, Lampard oder Ronaldo wechseln Ersatzbänkler wie van Bommel in die Bundesliga, die ohnehin keinen Ruf mehr zu verlieren haben. Damit der dritte der zweiten Liga in Zukunft nicht mehr zwangsläufig in die erste Liga aufsteigt, denkt man darüber nach, die Relegation zwischen erster und zweiter Liga wieder einzuführen, wogegen sich bei den Mannschaften von Platz Dortmund bis Platz Gladbach allerdings Widerstand regt: Jetzt spielt man schon so schlecht und dann soll man doch nicht absteigen?

Es bleibt eigentlich nur eine Lösung: Die Bundesliga, so sie denn keiner haben will, sollte aufgelöst werden.

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