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Schlagwort: AS St. Etienne

Rekordfinalverlierer

Wir haben das Thema Fußball und Sprache hier mehr oder weniger ad acta gelegt. Angela Merkel wird eben nie die „Hamburgerin“ genannt, Steinmeier nie der „Detmolder“, im Sport ist derart Unfug Usus, aber nun mal nicht auszurotten. Inzwischen hat man es fast ein bisschen lieb gewonnen, dass in der Sportberichterstattung pathologische Snyonymitis herrscht und ständig regionale Bezeichnungen sich mit Farben abwechseln, gefolgt von Farben in ausländischen Sprachen, um nur ja keine Wiederholung einbauen zu müssen.

Die Domstädter, die Farbenstädter, wie die Begriffe alle nicht besser von den Marketingabteilungen der jeweiligen Städte verwendet werden könnten. Die Kraichgauer. Die Kraichgauer! Als wenn das irgendjemandem, der einen Text über die Bundesliga liest, und den dazugehörigen Verein nicht kennt, weiterhelfen würde. Die Rossoneri, Dschalloblossi, Quadroformagi, die roten Teufel, die achtgestrichenen Vierecke, die Diamantformenen . Ein Schiedsrichter besitzt zwar einen Namen, der wird aber nur einmal kurz eingangs der Reportage erwähnt. Danach ist er immer nur noch der Zahnarzt, der Konzertpianist, der Oberverwaltungsdirektor oder auch der KFZ-Mechaniker, der Garmisch-Patenkirchener, der Wolfsbütteler etc. pp. ad infinitum.

Gut, wie gesagt hat man sich jetzt dran gewöhnt und deshalb erwartet man es auch, dass einem die Synonyme nur so um die Ohren gepfeffert werden. Niemals spielt einfach nur Bielefeld gegen Rostock, es werden alte Berufe und Hobbies zitiert, es kicken die Tulpen gegen die Vogtländer unter Leitung des Oberkellners mit dem Hang zum Kaninchenzüchten.

Leider gibt es auf der einen Seite zwar Synonyme satt und genug, allein: Man bedient sich immer nur bei den selben, schon existierenden. Da man hier auf dieser Seite im Sinne der Sache „Pro Kreativität“ im Sportsprech schon lange aktiv ist, fällt auch der „Rekordmeister“ immer wieder auf den Geist. Jener deutsche Rekordmeister, welcher nicht mehr Synonym für, sondern symbiotisch mit dem FC Bayern München geworden ist.

Dabei wäre es ein Leichtes, endlich einmal für Abwechslung zu sorgen. Zum Beispiel ist dieser Club inzwischen schon viel häufiger gescheitert als man subjektiv so annimmt. Verdächtig oft gescheitert. Denn zählt man alle Finals und deren sieglose Teilnehmer zusammen, stellt sich heraus: Der Rekordmeister ist zufällig auch der Rekordvize, ein Rekordzweiter, schlicht ein Rekordfinalverlierer im Europapokal.

Zahl der Finalniederlagen in der CL/Europapokal der Landesmeister

5x FC Bayern München
5x Juventus
4x AC Mailand
4x Benfica
3x Real Madrid
3x FC Barcelona
2x Manchester United
2x Ajax Amsterdam
2x Inter Mailand
2x FC Valencia
2x FC Liverpool
2x Stade Reims
1x Arsenal FC, Borussia Mönchengladbach, Hamburger SV, Eintracht Frankfurt, AC Florenz, Celtic Glasgow, Panathinaikos, Leeds United, AS St. Etienne, Malmö FF, FC Brügge, Atletico Madrid, Sampdoria, Steaua Bukarest, AS Monaco, FC Chelsea, Bayer Leverkusen, Partizan Belgrad, Olympique Marseille, AS Rom
 

Gerne also in den allgemeinen Fußball-Sprachgebrauch mit aufnehmen: Den Rekordmeister darf man seit dem „Finale dahoam“ auch Rekordfinalverlierer nennen.

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Drei Mal ganz oben von fast allen anderen

Immer wenn ich mal wieder im Bauch der Allianz-Arena an den Duplikaten der gewonnen Pokale des Vereins vorbeikomme, summe ich innerlich diese Liste vor mich hin.

1974 – Atvidabergs FF, Dynamo Dresden, ZSKA Sofia, Ujpest Budapest, Atletico Madrid
1975 – Freilos, 1. FC Magdeburg, FC Ararat Eriwan, AS St. Etienne, Leeds United
1976 – Jeunesse Esch, Malmö FF, Benfica Lissabon, Real Madrid, AS St. Etienne

Und kann mich nicht entscheiden, ob ich die erste Runde 1976 oder die erste Runde 1975 für entscheidender für den weiteren Werdegang dieses Vereins von Welt halte.

Das waren noch Zeiten, als der Wettbewerb noch ein Pokalwettbewerb war. Und ganze vier Gegner reichten, um am Ende der Gewinner zu sein.

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Allez les Verts

Hier sollte eigentlich grundsätzlich keine kostenlose virale Hirnverdreherei präsentiert werden. Doch beim Folgenden kann man — das bin ich — einfach nicht widerstehen. Man muss gar nicht erst die Leier von der kulturellen Gleichschaltung der Welt und der großen Bedauerungswürdigkeit dieser Tatsache anstimmen.

Fußgängerzonen, TV-Programme, TV-Programminhalte, selbst Essen und eben auch Sportkleidung. Die großen zweieinhalb teilen den Weltmarkt unter sich auf, ein Exot bei der WM, der nicht von ihnen ausgerüstet wird, ist ein willkommener Farbtupfer, aber leider meist auch nach der Vorrunde schon wieder zu Hause. Nordkorea, Dänemark, wobei deren Hummel-Zeiten ja auch schon länger passé sind. Umbro kennt man hier in der Breite kaum, Le Coq Sportif kennt wohl jeder (Ältere), trägt aber bei der WM leider niemand.

Das war mal anders, und an diese andere Zeiten erinnert der Ausrüster jetzt selbst mit diesem gar nicht mal umwerfend geschickt gestalteten Video. Welches dennoch nur denjenigen kalt lässt, der seine Illusionen von bunteren, lebensfroheren und auch reineren Zeiten in die Zukunft oder unter die Erde verschoben hat. Wer hingegen dem schönen Motto anhängt, dass früher alles besser war, der wird hier auf seine Kosten kommen und danach das eine oder andere Kotlett auf seinem metaphorischen Herzen garen können. Wobei Kotletten im Video ohnehin eine Rolle spielen. (Nicht durch den Delling-Filter gekommen.)

Voilà.


L‘Ange Vert – Dominique Rocheteau – Célébrez le rétro football des 70’s from Le Coq Sportif on Vimeo.

Zu diesem Clip gehört noch eine ganze Kampagne bei Le Coq Sportif, wovon wiederum ein ebenso bezaubernd auf damals getrimmtes pdf im Zeitungsstil ein Höhepunkt ist. Diese Werbebeilage gibt es hier [Link leider tot] (Es soll ja auch noch Gebiete ohne DSL geben, also: Vorsicht, das pdf besteht aus 40MB!) direkt und man sollte sie nicht versäumen. Wer es von der Seite selbst transferiert, wird feststellen, dass „télécharger“ auch immer noch mehr Charme als ein beinahe obszönes „Runterladen“ besitzt

Hach. Es gibt eben bestimmte Spielernamen, die einfach Musik in den Ohren sind. Einer der Allzeitfavoriten ist „Tony Cascarino“, ein anderer „Claudio Gentile“, jetzt kehrt der natürlich nie vergessene Dominique Rocheteau wieder ganz oben in diese Hitliste zurück.

… und ja, so leicht ist man — das bin ich — zu ködern. Der grüne Engel.

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