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Schlagwort: Amateurfußball

fides et deceptio

Der nächste Versuch der Gehirnwäsche durch Wiederholung des immer gleichen Unsinns geht durch die Welt:

Ein Fiasko hätte es gegeben, wenn das Pay-TV den Proficlubs nicht mehr oder zumindest ausreichend Geld gezahlt hätte.

So lässt sich Reinhard Rauball in seiner Funktion als DFL-Präsident zitieren. Die Frage, die er mit solchen Äußerungen aufwirft, ist, welche Definition von einem Fiasko er hat.

Es ist schwierig, nicht in den Ruch des Populismus zu kommen, wenn man darauf eine ehrliche Antwort geben möchte. Man muss seine Äußerung dennoch ein wenig geraderücken:

Ein Fiasko hätten wir erlebt. Wie hätte das ausgesehen? Ohne das Totschlagargument von sterbenden Kindern oder Kriegszeiten in fernen Ländern zu bemühen, darf man fragen, was denn konkret passiert wäre: Wäre das Westfalenstadion verkauft und abgerissen worden? Hätte Jens Nowotny seine Millionenvilla zurückgeben müssen? Hätten Menschen, die ihr Hobby zum Beruf gemacht haben, für ein paar Kröten weniger spielen müssen? Wäre der FC Bayern München pleite gegangen? Hätte man statt 38 Spielern nur noch 23 im Kader haben können?

Hätte die Bundesliga, o Graus, o Graus, auf solche Super-Hyper-Duper-Topstars wie Froonck, der Herr sei gepriesen (besonders der Herr, der die Schuhe bezahlt), und Luca, die Schraube, verzichten müssen? Hätte eventuell kein Bundesligaclub — was ja kaum einen Einschnitt darstellte — mehr eine Chance gehabt, die Champions League zu gewinnen? Hätte vielleicht die deutsche Nationalmannschaft weniger Durchsetzungsvermögen gehabt?

All das mag ja wahr sein. Und es geht dabei nicht um Spitzfindigkeiten bezüglich der Sprachwahl, man muss dennoch fragen:

Das soll ein Fiasko sein?

Und vor allem: Die Abwendung dieses Fiaskos soll dann auf dem Rücken von Menschen ausgetragen werden, die mit den Auswirkungen dieses vermeintlichen Fiaskos überhaupt nichts zu tun haben?

Es bleibt zu wünschen, dass erstens diejenigen Betroffenen, die diese Leier immer wieder hören und lesen, sich von den ständigen Wiederholungen nicht einlullen lassen und sie diese an den Haaren herbeigewünschte Mär womöglich noch glauben. Und zweitens dass man — so wenig Erfolg versprechend ein Protest oder ein Boykott auch sein mag — jetzt erst recht gegen diese Verhohnepiepelung angeht, aufsteht und es deutlich macht: Was Reinhard Rauball hier in die Gehirne der Zuhörer einpflanzen will, ist der Versuch, Menschen zu täuschen und sie in die gewünschte Richtung zu lenken, obwohl doch offensichtlich ist, dass die getätigten Aussagen schlicht und ergreifend falsch sind:

Der Fußball (in Deutschland) stirbt nicht, wenn es kein Pay-TV mehr gibt. Er stirbt nicht, wenn kein deutscher Club jemals wieder die Champions League gewinnt. Er stirbt auch dann nicht, wenn niemand mehr daran verdient, kurzum: Nirgendwo ist ein Fiasko zu erblicken.

So. Fußball-Sozialromantik, Populismus, kann man sich bitte alles abschminken. Hier geht es darum, dass die eigenen Leute für doof verkauft werden sollen.

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Ganz in Weiß

— und eine Flasche Bier.

Und dann war da noch, neulich, beim Herrenturnier an der Ecke, diese Mannschaft, die ganz in weiß antrat. Klingt nicht so, als sei das etwas Besonders, es waren aber keine weißen Trikots (und auch keine weißen, nackten Oberkörper von Jungs, die nicht springen können).

Es waren weiße Oberhemden.

Und es waren auch keine Schornsteinfeger, Zimmermänner oder ähnliche Konsorten, die „lustig“ daherkommen wollten. Es war ein Team von Jungs mit größtenteils längeren, für Männer, aber nicht sehr langen Haaren, ungefähr so wie Klaus Lindmilds ewige Frisur, und dazu trugen sie weiße Oberhemden oberhalb der Sporthose.

Natürlich waren sie dem hiesigen Publikum (wobei Publikum hier gleich Teilnehmer des Turniers bedeutet) weit überlegen, nicht, weil sie star-wars-esk und märchenhaft weiße Hemden trugen, während der Rest der Teilnehmerschaft nicht mal den Schimmer einer Ahnung davon hatte, was Symbolik abgesehen von Aufdrücken auf Heavy-Metal-Longsleeves (aber die aus den 1980ern) überhaupt bedeuten könnte.

Sie waren in meinem Gehirn an Sympathie überlegen, ich war ihnen sozusagen erlegen, Fußballer, die mal ein bisschen Stil aufs Tapet bringen wollten, die nicht in schwitzig-stinkigen oder gar von ah-dee-dass oder Neik-iih vorgegebenen Trikots rumeifern wollten, weil sie gerade diesem oder jenem Götzen anheim hingen. Nein, hier ging ein Team an den Start, das Fußball spielen wollte und auch konnte, ohne den großen Vorbildern einen Silberling an Zuneigung zuteil werden lassen zu wollen.

Und wie sie dann daherkamen, so spielten sie auch: graziös, elegant, den Ball laufen lassend, auf keine der Provokationen der übrigen eher klassisch fußballerisch daherkommenden Teams eingehend, mit einem Blick für den Nebenmann, gleichzeitig sich in genau diese Positionen laufend, die ein überlegenes, weil schnelleres Spiel überhaupt erst ermöglichten, bei gleichzeitig größter Fairness, weil sie nämlich nicht gekommen waren, um jemandem „den Schneid abzukaufen“, sondern weil sie das Ganze fußballerisch lösen wollten, wie sie es dann auch taten.

Ich war nicht in ihre Hemden verliebt, sondern in ihren Begriff von Fußball.

Wer kann Fußball spielen?

Everybody, you, and me, und sogar der Typ mit der Jeans, die er eigentlich nicht zum Fußball hätte mitbringen sollen, sie alle können Fußball spielen, wenn sie spielen wollen.

Und es gibt sie noch (Pathos on/off/on/off, der Pathos-Receiver ist gerade kaputt), die Jungs, die Fußball zu Hause spielen, im Garten, ohne Soccer Mom, nur weil sie wollen, oder in weißen Hemden, und die Rede ist hier nicht von den Internaten, die Enno mir einst vorwarf, die Rede ist davon, dass die Jungs in den weißen Hemden eine Eleganz an den Tag legten, von der man sich gerne eine Scheibe abgeschnitten hätte. Mitten in Duisburg, kein youtube, kein Jazzfestival, ein Team zum Verlieben.

Im Halbfinale war Schluss für das Team mit den weißen Oberhemden.

Dennoch: Es lebt noch.

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Wie ich mir einmal ins Knie schoss und es erst Jahre später merkte

Gestern Nacht noch daran gedacht, dass es gar nicht so schlimm ist, wenn die Zuschauer nicht mehr zum unterklassigen Fußball erscheinen, weil sie zur selben Zeit lieber den Profis zuschauen.

Jedenfalls kein Vergleich dazu, wie schlimm es ist, wenn dass selbst die Spieler nicht mehr zum unterklassigen Fußball erscheinen, weil sie zu dieser Zeit lieber den Profis zuschauen.

So des Öfteren schon selbst erlebt, weil diverse Mannschaften am Niederrhein zu mehr als 50% Stammgäste einer gewissen Borussia sind, ob mit Dauerkarte oder ohne, ist irrelevant. Jedenfalls sind sie so häufig in so großer Prozentzahl im Stadion und nicht beim eigenen Spiel, dass man ihre Spiele verlegen muss.

Dabei kommen dann nicht nur durch verlegte Partien schiefe Tabellenstände heraus, was noch das geringste Übel ist. Es kommt nicht nur als nicht ganz so geringes Übel eine weiter sinkende Bereitschaft von Zuschauern heraus, sich auf ständig verlegte Termine einzurichten, sofern diese potenziellen Zuschauer nicht ohnehin schon alle ebenfalls mit Dauerkarte im Stadion sind.

Vor allem bewirkt es, dass es immer weniger Amateurmannschaften gibt, nicht mal besonders langfristig, sondern schon ziemlich kurzfristig.

Die Leier von Playstation, „BMX-Rad“ oder was man sonst früher alles nicht hatte, muss hier gar nicht als Konkurrenz bemüht werden: Konkurrenz zu was? Wo keine Fußballmannschaft ist, kann man nicht Fußball spielen. Und wo niemand Fußball spielt, wächst auch nichts nach, egal, wie viele Superstars wie häufig für Clubs mit deutschem Standort die Champions League gewinnen.

Gestern noch daran gedacht, dass es nicht egal ist, wie viele Spieler sich lieber dem Stadionbesuch hinwenden, als selbst aktiv zu sein, widmet sich heute der Indirekte Freistoß diesem Thema, unter Anderem mit Interviews der FR mit „Betroffenen“.

Auch wenn das hier nicht das eigentliche Thema ist: Die Frage sei erlaubt, ob man sich wirklich mit allen verfügbaren Mitteln und somit auch aller Energie und Zeit mit vier als ehrabschneidend empfundenen, marginalen Silben beschäftigen muss.

Oder ob man wenigstens ein gerüttelt Maß seiner Energie darauf verwenden sollte, dass die Fußsoldaten im Reiche glücklich sind und ihre Berufung ausüben können, auf dass sie erhalten bleiben. Ansonsten ist man in gar nicht so ferner Zukunft ein König ohne Königreich.

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Roter Stern Marschmsk

Nachdem die hier zuvor geschrieben ausführliche musikalische Analyse des Mannschaftssongs von Roter Stern Mallorca (Boxen/Lautsprecher an!) einer üblen Klick-Umnachtung zum Opfer gefallen ist, müssen wir es mit den elementaren Anmerkungen zu diesem Song bewenden lassen. Der Rest wäre ohnehin nur für Menschen interessant gewesen, die Noten lesen können, was im Fußball bekanntlich niemand kann. Nicht der Capo, nicht die Trommler und auch nicht der — gegebenenfalls — Trompeter. Der ist der einzige, der überhaupt weiß, was Noten sein könnten, hat seine Fingerkirmes aber vorher schon auf dem Schützenfest auswendig gelernt.

Übrig blieben von der eigentlichen Liste:

2. Karnevalsmusik ist Marschmusik und umgekehrt.

3. Laien singen immer viel schneller als der Organist oder Trompetist spielt.

5. Auch 2008 (oder so) ist es vielen nicht peinlich, Fußball mit Krieg zu verwechseln. („Erzittern vor der Schlacht“)

Link zur Seite von Roter Stern Mallorca gesehen bei Direkter Freistoss.

PS: Wie lautet der Originaltitel dieses Stücks? Kennt das jemand? Die Klasse? Das „ham“ die doch nicht selbst geschrieben, oder?

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Robbie Williams in der Premier League

Robbie Williams spielt in der Premier League.

Ja, nee, nicht die richtige Premier League. Mehr so der kleine Bruder von einer entfernten Bekannten der Schwester einer Ex-Freundin der damaligen Premier League: die Los Angeles Premier League at Crossroads School. Robbie Williams hat sein Team „LA Vale“ selbst gegründet, es steht an zweiter Stelle in der Tabelle. Er scheint also nicht nur Gurkenspieler um sich gesammelt zu haben.

Dass man Bilder — besonders von Gesichtern — nicht streckt oder staucht, sollte man den Machern der Ligaseite vielleicht noch erklären, ansonsten bietet sie inklusive Pokalrunde und Torschützenliste aber all das, was wir von unseren eigenen nicht-offiziellen Ligen gewöhnt sind und auch erwarten dürfen.

Zur Zeit ist Robbie himself aber verletzt und muss für ca. drei Monate aussetzen.

Sollte ich je beruflich nach LA ziehen müssen, werde ich wohl bei der LA Premier League um Aufnahme bitten.

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Suchtpotenzial Fußball

Nee, das ist nun wirklich nix Neues für alle, die selbst mal im Verein gespielt haben. Ekelhaft sind diese Mallorca-Sauftouren ohnehin schon. Wenn sie dann aber noch „von oben“, sprich als Teil der gemeinsamen Mannschaftsaktivitäten von der Vereinsleitung verordnet werden, sind sie ein Grund, dort nicht mehr hinzugehen.

Bleibt die Frage, ob die Gepflogenheiten im Fußball seine Jünger zu dem machen, was diese Studien zeigen, oder ob es eine besondere Klientel ist, die sich vom Fußball angezogen fühlt.

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„Der ist schlecht und der ist schlecht“

Diese Spieler waren dafür verantwortlich, dass Hamborn 90s Präsident Saban Sahintürk nach der 0:1-Niederlage gegen Preußen Duisburg Trainer Bollmann feuerte:

Sarisoy – Koymatoglu, Serdal Can, Demirel, Halit Sahintürk, Uzun, Kaplan (70. Ay), Ekici (55. Servet Can), Muhammet Yildirim (75. Kayaoglu), Aktürk, Mehmet Sahintürk.

Die WAZ schreibt:

Nach dem Spiel hatte Saban Sahintürk genug. Der Vorsitzende des Fußball-Bezirksligisten Hamborn 90 feuerte seinen Trainer. Dabei war Dirk Bollmann erst am zweiten Spieltag nach Neumühl gekommen, weil Mohamed Ali Abdelhafid sein Amt aus privaten Gründen nicht antreten konnte. ‚Ich will einen Mann, der mit seinem Herz beim Verein ist‘, schimpfte Sahintürk. ‚Jedesmal kommt er zu mir, sagt der ist schlecht und der ist schlecht. Erstens stellt er die Mannschaft auf, zweitens soll er sich mal vor die Mannschaft stellen.‘ Dirk Bollmann sah das Ganze anders: ‚Das ist eine bodenlose Frechheit. Ich habe mich hier engagiert. Aber wenn die Trainingsbeteiligung schlecht ist, muss ich das Team auch mal umstellen. Aber das ist die Entscheidung von Herrn Sahintürk. Der Mannschaft wünsche ich weiterhin viel Glück.“

Merke: Leg Dich nicht mit dem Präsidenten eines Vereins an, in dessen erster Mannschaft die Söhne des Präsidenten spielen.

Merke auch: Auch in der Bezirksliga gibt es Spieler, die das Training schwänzen.

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Zahl der Woche – Folge IV

Die Zahl der Woche lautet heute: „jeder Achte“, denn aus der Wikipedia entnehmen wir:

Allein in Deutschland sind sechs Millionen Menschen in über 27.000 Fußballvereinen aktiv. Hinzu kommen noch etwa vier Millionen Menschen, die als so genannte Hobbykicker in ihrer Freizeit in Hobby-, Betriebs- oder Thekenmannschaften regelmäßig Fußball spielen.

Somit spielt jeder achte Bundesbürger aktiv Fußball.

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Eine Homepage ist keine Kondition

Und eine Webseite ist keine Ausdauer.

Eine Homepage (seit November warte ich darauf, endlich zu diesem Thema klugscheißen zu können) ist keine Webseite, denn eine Homepage ist, wie der Name schon sagt, die „Home“page einer Webseite und somit ihre Startseite.

Beim Ausdruck Kondition verhält es sich andersherum. Die Leute reden von Kondition, meinen in den meisten Fällen aber Ausdauer. Kondition ist aber

„im Sport das Leistungsvermögen bezüglich Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit.“

Die Ausdauer ist also nur ein Teil der Kondition.

Was die Ausdauer von Profi-Fußballern angeht, da gehört Fußballer-Bashing fast schon zum guten Ton. Ich muss zugeben, dass auch ich dem Klischee, dass jeder Leichtathlet Fußballer läuferisch locker in die Tasche steckt, lange Zeit erlegen war. Grundsätzlich nicht verwunderlich, wenn die meisten Profis (in Deutschland) weniger als 2 Stunden täglich trainieren. Runner’s World, eine Laufzeitschrift, bzw. der Autor dieses lesenswerten Artikels in der SCC Running [Link leider tot] räumt ein wenig mit diesem Klischee auf:

„Fakt ist, dass zum einen die Sportjournalisten mit Fachgebiet Fußball kaum einen Schimmer Ahnung haben von trainings- bzw. leistungssportlichem Basiswissen und anderer- seits die Freizeit-Marathonläufer sich in der Regel kein Bild machen vom komplexen Anforderungsprofil eines Profi-Fußballers. Der muss nämlich keinen Marathon laufen, sondern anderthalb Stunden lang verschiedene Formen des Sprints absolvieren, unterbrochen von Pausen, und darüber hinaus diverse Kunststücke mit dem Ball verrichten.“

Später werden Erkenntnisse berichtet, die jeden Amateurfußballer entweder beruhigen oder beunruhigen, je nach dem, wie gerne er „in den Wald“ geht, wo Hobbyfußballer für gewöhnlich „Kondition bolzen“, womit aber, s. o., Ausdauer gemeint ist:

Übrigens: Bei Kindermanns Untersuchung wurde erstaunlicherweise deutlich, dass Mannschaften unterer Klassen versuchen, Schnelligkeitsdefizite über die Ausdauer zu kompensieren. Das widerspricht also eher Ihrem Eindruck, ist aber eigentlich logisch. Schnelligkeit hat man oder man hat sie nicht, das ist mehr oder weniger genetisch festgelegt, an der Ausdauer kann man aber erstaunlich schnell und erfolgreich arbeiten.

Ich bin jetzt erstmal im Wald, so lange es noch nicht ganz so heiß ist. Bis später.

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