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Schlagwort: Albert Streit

Praktizierter Unterschichtenfußball

Steffen Simon brachte es erst vor Kurzem auf den Punkt:

Prinzipiell würde ich Fußball und die DTM nie in einen Topf schmeißen. Fußball ist praktizierter Unterschichtenfußball. Damit erreichen wir Zuschauer, die ansonsten mit unserem Programm nie in Kontakt kommen. Fußball ist eine sehr archaische, sehr alte und sehr traditionsreiche Sportart, bei der es nur Kritiker oder Befürworter gibt.

Falls jemand Zweifel hat, dass Fußball praktizierter Unterschichtenfußball ist, möge er Jerome Boateng bei der Arbeit zuschauen.

Wahrlich ein Feiertag — für den glücklichen Fotografen.

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Der Tabellenplatz-Hüpfer

Wortspiele mit seinem Nachnamen verbieten sich schon seit Längerem (und dasselbe Verbot gilt übrigens weiterhin für den Torhüter von Bayer Leverkusen), zu dem, was er verbal so verzapft, darf man hingegen immer noch ungestraft kondolieren.

Vereinstreue ist schon länger nicht mehr en vogue, eins dieser vielen Themen, die in den letzten Jahren auf dem Schafott des Fußball-Kommentierens gelandet sind. Wie Albert Streit dieses Mal seinen Wechsel von Schalke zum HSV begründet, hat jedoch eine neue Dimension der Tagesaktualität bei den Erklärungen Wechselwilliger erreicht.

Opportunismus galore, noch gewürzt mit dem verblassenden, kaum sichtbaren Schatten des Arguments, dass man sich ja „sportlich weiterentwickeln wolle“. Immer in der Tabelle nach oben wechseln, ob nun mitten in der Saison, vor der Saison, nach der Saison oder bei der Saison, an der Saison oder hinter der Saison. Geschwätz von gestern. Die Familie. Die Perspektiven. Die Champions League. You name it.

kicker: Der HSV wollte Sie bereits vor eineinhalb Jahren, damals haben Sie sich für Schalke entschieden – warum nun die Kehrtwende?

Streit: Zu der Zeit war Schalke Erster und ich wollte in der Champions League spielen. Es gibt diverse Gründe, weshalb es nicht geklappt hat. Jetzt ist der HSV für mich eine Riesensache, ich gehe vom Neunten zum Dritten – das ist ein Sprung. Und ich bin froh, dass ich Schalke hinter mir lassen kann, denn es war keine einfache Zeit.

Am letzten Spieltag wechselt Streit dann nach Hoffenheim (Für den ungeübten Leser: Das ist jetzt kein Hoffenheim-Bashing.), um auf Schalke („sind ja nur Neunter, die Pfeifen, man muss mich verstehen“) dann die Meisterschale in Empfang nehmen zu können („ich wollte schon immer Champions League spielen“).

Zugegeben, Streit hatte ohnehin keine andere Wahl mehr, als einen Wechsel anzustreben und in dem Fall ist es sein gutes Recht, nach so weit oben wie möglich zu wechseln. Dass es ihn aber immer dorthin zieht, wo der Erfolg, der im Fußball ja nun mal ein sehr naher Verwandter, man würde fast sagen: Bruder des Zufalls ist, gerade gastiert, bevor er ohne sich abzumelden seine Zelte abbricht und zum nächsten Klub weiterzieht (aktuell z. B. Hertha BSC, aber in der Rückrunde dann schon wieder BVB, Hannover oder — wer weiß — Schalke), wird ihn zu einem geradezu nomadenhaften Lebenswandel zwingen: Am 1. Spieltag zum KSC, am 5. Spieltag nach Bremen, von da aus nach Köln, später zu den Bayern und nächstes Jahr in Leverkusen. Und irgendwann einmal bei Brasilien, nein, ach, das war letztes Jahr, neuer Führender der Weltrangliste ist bekanntlich Spanien. Johann Mühlegg wird ihm sicher ein paar Einbürgerungstipps geben können.

Wie man aufgrund solchen Geschwätzs als Fan des jeweiligen Vereins, der zufällig gerade in der großen Lotterie weit oben steht, so etwas wie Wertschätzung — von Vertrauen oder Verbundenheit ganz zu schweigen — gegenüber Albert Streit und Anverwandten entwickeln können soll, bleibt unter der Burka jener Tagesaktualität des Tabellenplatz-Hoppings verborgen, dessen neue Koryphäe ab heute Albert Streit heißt.

Auf dem Schafott, man sieht noch die Reste kokeln. Und es stinkt.

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Günter Bittengel, eine Art Albert Streit

Beim stets unzufriedenen Albert Streit fiel es erst auf, als man ihn zum ersten Mal vor der Kamera sprechen sah: Ein Rumäniendeutscher, erkannt am Akzent. Allein durch den Namen hätte man kaum bemerkt, dass Streit nicht in Deutschland aufgewachsen ist.

Günter Bittengel, allen Nerds der Fußballstatistiken natürlich kein Unbekannter, reiht sich jetzt ein. Wer — außer den ganz harten Hardcorefans von Bayer Uerdingen — hätte gewusst, dass Günter Bittengel ebenfalls kein (gebürtiger) Deutscher ist? Günter Bittengel ist Tscheche, offensichtlich mit deutschen Vorfahren, aber dabei wohl mit so viel zeitlichem Abstand, dass er nicht richtig deutsch sprach, als er aus Tschechien nach Uerdingen wechselte, wie der aktuelle Trainer von Dukla Prag von sich selbst berichtet.

Außerdem erzählt er noch etwas davon, dass mit dem Weggang bzw. der Entlassung Friedhelm Funkels eine Mannschaft auseinanderfiel, die zuvor trotz Abstieg mehrheitlich zusammengeblieben war und somit den Grundstein für den Wiederaufstieg legte. Je nach Lage der Dinge sollte man es sich mehrfach überlegen, einen bei der Mannschaft beliebten Trainer wegen kurzfristiger Erfolglosigkeit zu feuern. Allerdings waren das andere Zeiten, denn das war kurz vor dem „Bosman-Urteil, dem Grund für die Malaise des bundesdeutschen Vereinsfußballs“.

Günter Bittengel, ein Name wie Reinhold Hintermaier.

Und dann gibt’s da speziell für Thor Waterschei noch ein weiteres lesenswertes Interview in gleichnamiger Rubrik des KFC Uerdingen, man hüstelt den Namen Larus Gudmondsson.

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Erwin, Eugen und Heinz

Erwin, Eugen, Heinz und Reinhard, Willibald und Hubert. So und ähnlich hießen die Spieler einer aus Deutsch-Rumänen bestehenden Fußballmannschaft, gegen die wir einst antraten. Lustig wirkte das, wenn Leute, die deutlich jünger waren als ich, Vornamen trugen, deren Hochphase länger her ist als der Muff aus den Talaren gewichen ist.

Und weil ich so selten Sportschau schau, habe ich bislang trotz Alberts recht bewegter Bundesligageschichte auch noch nie Albert Streit im Interview gehört. Der Vorname kam mir nicht allzu „verdächtig“ vor, heutzutage, bzw. vor ca. 20-30 Jahren gaben ja viele Eltern ihren Kindern eigentlich veraltete deutsche Vornamen, wie Max, Richard, Claus oder von mir aus dann eben auch Albert. Albert finde ich bei Weitem nicht so unmöglich wie Eugen oder Hubert. (Auch deren Phase wird allerdings wieder kommen, seid Euch sicher.)

Heute sah/hörte ich dann Albert Streit nach seinen schnellen beiden Toren beim VfL Bochum zum ersten Mal im Interview sprechen. Und sofort wunderte ich mich und dachte: der Mann ist doch kein Muttersprachler! Welch komischen Akzent er spricht! Er sprach zwar wirklich grammatikalisch einwandfreies Deutsch, aber der Akzent, der Akzent…

Kurz ge-wikipedia-t und siehe da: Albert Streit ist auch einer von diesen Deutsch-Rumänen, geboren 1980 in Bukarest. Und ich wette, dass seine Eltern nicht ahnten, dass sie mit der Wahl des uralten Vornamens „Albert“ mitten auf einer in Deutschland zu jener Zeit angesagten Welle surften, sondern einfach aus der Reihe „Erwin, Heinz, Eugen, Willibald, Hubert, Fritz und Albert“ den ihnen am besten gefallenden Namen auswählten.

PS: Möglicherweise müsste man diese oben von mir erwähnte Gruppe auch Rumänien-Deutsche nennen. Ich weiß es nicht.

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