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New York, Madrid, Heilbronn oder
Warum ein Finale in Berlin doch ganz ok ist

1. Nirgendwoanders wäre es so sicher, dass das eigentliche Heimteam nie ins Finale einzieht. Herthas letzte Finalteilnahme datiert aus dem Jahr 1979. Die anreisenden Fans können sich also schon auf den Autobahnraststätten aneinander gewöhnen, in der Stadt selbst bleibt es garantiert friedlich.

2. Die Atmosphäre im Olympiastadion ist wider Erwarten bei ausverkauftem Haus — welches das Stadion meint, kein Haus — mehr als akzeptabel. Man hätte sein erstes Spiel im Olympiastadion vielleicht nicht gerade vor Jahren als Zeuge der Partie Hertha BSC — VfL Bochum verbringen sollen, dann wäre man jetzt nicht so überrascht davon. Nicht ganz unerheblich für die gelungene Atmosphäre ist auch der Einbruch der Dämmerung und anschließende Dunkelheit („Nacht“) am Austragungsort, weshalb der Autor auch von seiner Forderung „Pro 18h“ zurücktritt. Das gilt für jene Fälle, in denen der Autor selbst vor Ort ist.

3. Es gibt nun mal nur ganz wenige Städte, deren Namen aus nur zwei Silben bestehen, von denen die zweite Silbe betont wird. Hier die bescheidene Liste der deutschen Städte, die deshalb als Alternative per se ausscheiden:

Dórtmund, Bóchum, Schálke, Brémen, Hámburg, Núrnberg, Fréiburg, Wólfsburg, Róstock, Fránkfurt, Stúttgart, Múnchen, Áachen, Dúisburg, Éssen, Múnster, Áugsburg, Léipzig, Drésden, Mánnheim, Bráunschweig, Chémnitz, Kréfeld, Hálle, Érfurt, Kássel, Hágen, Múlheim, Pótsdam, Wúrzburg, Bóttrop, Rémscheid, Kóblenz, Jéna, Síegen, Cóttbus.

Es kämen einzig in Frage an anderen weltweit relevanten Städten: New Yórk, Madríd und eben das bereits ausgewählte Berlín. Da ist Berlin auch aus ökologischer Sicht die beste Wahl.

(Okay, New York, Madrid, Berlin — und Heilbrónn. Das Frankenstadion dort hat zwar einen schönen Namen, ist aber leider nicht pokalfinaltauglich.)

4. Nur die Berliner S-Bahn kann derartige Fanaufkommen, wie sie bei einem ausverkauften Olympiastadion auftreten, bewältigen. (Da Nörgeleien über langsame Abfertigungen nach Spielende etwas zäh zu lesen sind (und außerdem eher janus‘ Metier sind), endet dieser Punkt hier. Schließlich ist es das erste Mal in Berlin gewesen, dass 75.000 Menschen nach Abpfiff vom Stadion wegwollen, also sollten auch 1-2 S-Bahnen alle halbe Stunde ausreichend sein, klar.)

5. Die Fangruppen fallen in der Stadt enorm auf, egal, wo man seinen wagemutigen Aufenthalt in Berlin beginnt. Ob Bahnhof Zoo, Warschauer Straße oder Sophie-Charlotte-Platz, überall begegnen dem Reisenden Fans der beiden Mannschaften, die dann stark aus den übrigen Umherlaufenden herausstechen. Das hat zwei Gründe: a) Fußball spielt an den anderen 364 Tagen im Jahr in Berlin keine Rolle, b) gerne getragene und dementsprechend gepflegte Fußballtrikots stellen intakte Oberbekleidung dar.

[photopress:pokalfinale_in_berlin_bvg_wir_danken_dir_1.jpg,thumb,alignleft] 6. Nirgends kann man so herrlich unbequem seine EC-Karte loswerden wie bei der BVG. Ist es bei Geldautomaten seit Jahrzehnten Usus, das Geld erst rauszurücken, wenn der Kunde seine EC-Karte aus dem Automaten entnommen hat, um so täglich Tausende an neuen EC-Kartenanträgen zu vermeiden, fährt man in Berlin eine gegensätzliche Strategie. Dort wird man nach Bezahlung am Fahrkartenautomaten extensiv darauf aufmerksam gemacht: Billet nicht vergessen! Eine Empfehlung, der der Autor gerne folgte, ganz glücklich in die U-Bahn sprang, um nur wenig später genauso glücklich mit der EC-Karten-Sperrungsstelle zu telefonieren. Kein Geld = keine Sorgen, eine geschickte Einfädelung der Stadt Berlin und ihrer Verkehrsbetriebe eines völlig unbeschwerten Pokalfinalaufenthalts. Zudem lernt man ohne Kohle in den Taschen auch gleich das Berliner Lebensgefühl sehr anschaulich kennen.

7. Franziska van Almsicks Anreise zum Stadion wäre nirgendwo anders so kurz, nur in Berlin also kann sie barfuß zur Pokalverleihung erscheinen. Und darum geht es schließlich beim Fußball: um die Füße.

 
 
 
 

photo credit: fudj

13 Kommentare

  1. Manfred Manfred

    Zu 1: 1993 vergessen oder zählen die Hertha-Amateure nicht?

  2. Nee, nicht vergessen, aber die Hertha-Amateure spielen doch nicht im Olympiastadion, oder etwa doch?

  3. Manfred Manfred

    Achsooo.
    Mir fiel nämlich grad noch Üniöööön ein, was 2001 gegen Schalke verlor. Heimteam waren im Finale ja wohl beide, aber is klar, was du meintest.

  4. Freut mich, dass Du einen berichtenswerten und abwechslungsreichen Aufenthalt hattest.
    Und ich gebe Dir recht: ein volles Olympiastadion macht schon was her. Bei einem Sieg der eigenen Mannschaft noch ein bisschen mehr.

  5. Ist beim Finalticket keine Fahrkarte für die BVG inkludiert?

  6. Ooli Ooli

    Mönsch Trainer,
    das verschlimmert ja nochmal meine Nichterreichbarkeit zum Beginn der 2. HZ. Und das alles nur, weil schlauerweise die U2 am diesem WE wg. Bauarbeiten nicht durchgehend fuhr und wir deswegen (laufenderweise) mit dem GPS meines Handys (wg. meiner mangelnden Ortskenntnisse) den Akku in die Knie gezwungen haben.
    Wir gerne hätte ich Dich mit Rauchwaren und Kaltvertränken nach dem Spiel versorgt…

    Aber… wieso hast Du überhaupt ein U-Bahn-Ticket gekauft?

  7. sternburg sternburg

    S-Bahn? S-Bahn Berlin? Sei verdammt noch Mal froh, dass überhaupt irgendetwas fuhr!

    @Ooli: Weil er über/von Sophie-Charlotte-Platz kam, steht da doch.

  8. Das Finalticket erlaubt die freie Fahrt ab 2h vor dem Einlass, welcher um 17h begann. Meine Ankunft war wesentlich früher. Allerdings, Ooli, keine Sorge, musste ich dann auch nur wenige Stündchen darben, bis ich anders gereiste Begleiter traf.

    Im Stadion selbst war ich und es dann wieder flüssig.

    S-Bahnen siehe hier, sternburg.

    Vermute ja, dass das S in Berlin nicht für „schnell“ steht, sondern.

  9. sternburg sternburg

    Vermutlich gab’s irgendwo auf der Strecke ein Problem

    …ist für mich als Berliner derzeit als Gedanke so alltäglich wie der beiläufige Blick auf die Bahnsteigsuhr. Aber wir schweifen ab.

  10. Nichtkicker Nichtkicker

    Ich wusste gar nicht, dass Schalke ne Stadt ist. Aber als Gelsenkirchen fällt es eh aus der Zweisilbigkeit heraus.

  11. Nein, Schalke ist tatsächlich nur ein Stadtteil. Aber würde irgendjemand bei einem Pokalfinale in Gelsenkirchen skandieren, dass er nach Gelsenkirchen fahren wird? Und nicht nach Schalke?

  12. „Aber würde irgendjemand bei einem Pokalfinale in Gelsenkirchen skandieren, dass er nach Gelsenkirchen fahren wird? Und nicht nach Schalke?“

    Da Fußballfans in aller Regel über ausgezeichnete Geographiekenntnisse verfügen, würden sie wohl stilecht auf das Versmaß sch… und so etwas wie „Berger Feld, Berger Feld, wir fahren ins Berger Feld“ singen.

  13. Onkel Tom Onkel Tom

    Ja, und das Blau der Tartanbahn rund ums Spielfeld harmoniert so schön mit dem Blau des Himmels über dem weit offenen Stadion. Jedenfalls wenn es nicht regnet.
    Und so ein Opernglas, um von den oberen Rängen noch etwas vom Spiel zu sehen, wiegt auch nicht die Welt. Es kommt eher etwas von Welt-Flair a la Scala in Mailand auf, wenn eine ganze Tribüne das Spiel mit Operngläsern verfolgt.

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