Ich hab mich schon immer gefragt, wer nach Ende einer Partie diese auf allen möglichen Vereinsseiten existierenden minutiösen Spielberichte liest (außer den Kindern, die später solche Statistikliebhaber werden wie ich). Der bedeutungslose Zweikampf im halblinken Mittelfeld interessiert doch wirklich niemanden mehr, wenn man schon weiß, dass das Spiel ohnehin verloren wurde. Inzwischen ist auch mein Interesse für solche Details wie „23. Minute: Mrs. Krababbel macht sich die Schnürsenkel zu.“ erloschen.
Beim Verfassen eigener Spielberichte habe ich spätestens nach 50 Spielen gemerkt, dass man die Muse schon ziemlich heftig küssen muss, ob sie will oder nicht, möchte man nicht immer das Selbe schreiben. Allerdings ist ein Spielbericht als Fließtext ja noch mal etwas anderes als ein minutiöser Bericht.
Einen habe ich aber doch aufgetrieben, den selbst ich bei ansonsten erlahmtem Interesse an dieser Detailvesessenheit gerne gelesen habe: den vom WM-Finale 1954.
Wer wusste schon, dass sich in der 42. Minute Liebrich „zwei Mal […] glänzend in Schüsse der Ungarn“ warf? Oder dass Eckel in der 45. Minute „kurz zuvor noch länger nach einem Zusammenprall von Masseur Deuser auf dem Platz behandelt worden war“? Oder dass in der 58. Minute Kocsis „köpft. Die Latte rettet für die deutsche Abwehr!“? Die 86. Minute war da schon eher bekannt: „86. Minute: Kocsis flankt auf Puskas, der aus kurzer Entfernung ins Tor trifft. Aber der Schiedsrichter pfeift die Situation zurück. Abseits.“
Das Spiel war dann übrigens irgendwann „Aus!“ Aber das wusste man ja auch vorher schon.
Ich finde einen Spielbericht aus dem Grund interessant zu lesen, weil die Auffassungen eines Spiels doch sehr stark abweichen. Kameraden und Blocknachbarn schwelgen in der gleichen Stimmung wie man selbst und sehen meist das gleiche Spiel; wer auch immer den Bericht verfasst, sieht das gerne mal ganz anders.
Wie oft hatte ich den Eindruck, daß „wir“ in den ersten 60 Minuten den Platz umgepflügt haben („klar die bessere Mannschaft“ sagt man ja im Fussballeinheitsdeutsch) und das Gegentor unglücklich war, nur um nachzulesen, daß die andere Mannschaft „von Anfang an besser ins Spiel“ gekommen und der Treffer „verdient“ sei.
Nutzen? Keiner. Eher eine rituelles kleines Vergnügen. Man darf nur nicht den Schluss ziehen, man hätte von Fussball keine Ahnung.
Mach ich ja auch nicht. Ich weiß ja, dass die andere Meinung falsch ist. DIE haben nämlich keine Ahnung. Aber danke für den Tipp, Dietmar…