Ich hatte schon immer Argwohn, dass ich so viele leere Blätter Papier in meinem Zimmer aufbewahre. Die kommen mir manchmal zu nahe, ich möchte das nicht. Ich fürchte mich vor dieser erzwungenen Intimität. Nur ganz selten mal, vielleicht alle zwei Jahre, lasse ich mich auf diese Intimität ein und beschreibe ein Blatt Papier. Meistens geht es dann aber doch schief, man merkt, dass man nicht richtig zusammenpasst, zu unterschiedlich sind die Interessen, die Lebensweisen, und so geht man wieder getrennter Wege.
Und weil es mir so geht, hab ich größtes Verständnis für Gilberto, Profi in Diensten von Hertha BSC. Er hat die ihm gestellte Aufgabe, zwei Fragen schriftlich zu beantworten, verweigert. Der Tagessspiegel berichtet:
„Der Brasilianer erzählte, dass er sich zwar Gedanken über die Fragen gemacht habe, diese ihm zum Aufschreiben jedoch zu intim seien.“
Hoeneß sollte Gilberto nicht so unter Druck setzen. Fragt man den Spieler nach Auslauf seines Vertrages im fernen Belo Horizonte noch einmal, was Hertha denn nun für ihn bedeutet hat, dann wird der Gute sicherlich mal Fünfe gerade und Intimität Intimität sein lassen. Nur Geduld…
Man kann ja wirklich von Glück reden, dass Papierblätter so sind, wie sie sind. Sie kommen sich nie verarscht vor und tragen auch keine Schocks oder gar schlimmeres davon, von dem sie sich erst wieder erholen müssten, wenn sie unsachgemäss behandelt worden sind. Papierblätter sind doch eigentlich sehr praktisch. Nicht umsonst heisst es ja „Ein unbeschriebenes Blatt“: Du kannst raufschreiben was Du willst, solange bis ihr endlich vom selben Stern kommt, auch den allergrössten, widersprüchlichsten Sums; Du kannst es sogar zerknüllen und an die Wand werfen oder in kleine Fuzzel zerschneiden und es wírd sich niemals bei dir beklagen. Papierblätter…sind auch nicht sonderlich schlau und merken noch nicht mal im Nachhinein was für Glück sie eigentlich hatten dass sie mit unglaublicher Wucht von Dannen geworfen wurden weil ebenjene Intimität dem Master wohl nicht genehm war. So gesehen ist ein Papierblatt doch eigentlich…ein unglaublich unkompliziertes Wesen Und: Es stellt sogar seinen Arsch noch zur Verfügung, damit man da die Hochzeitseinladung drauf drucken kann. Vielleicht solltest ja gerade Du es doch mal mit einem Papierblatt versuchen?
Wer lesen kann, wird feststellen, dass ich das bereits „ungefähr alle zwei Jahre“ probiere. Insofern halte ich nix von klugen Ratschlägen, die ich schon längst beherzige.
Wer zwischen den Zeilen lesen kann, wird sofort verstehen, dass die Benutzung von durchschnittlich 40,283 Menschen pro Leben weit mehr anrichtet, als dies etwa bei Papierblättern der Fall gewesen wäre.
Zur Benutzung von Papier und/oder Menschen pro Leben möchte ich mich nicht näher äußern, denn hier geht`s ja um die WM! Vielmehr möchte ich Dich den noch immer recht zynischen Schreiber/Trainer etc. kurz grüßen, obwohl ich nicht davon ausgehe, daß er sich an mich erinnern kann oder will. Wie auch immer-das s/w-Photo ist zumindest geschmackssicher. Cheers;-))