Man wird unweigerlich älter und altert zusammen mit seinem Blog und dessen Inhalten. Wie @artus69 am Freitag feststellte, war das 1:0 der deutschen Nationalmannschaft über Polen an jenem Tag bereits 7 Jahre her. Begonnen wurde dieses Blog durchaus aus der Perspektive des Fanboys, der sich zwar der Machenschaften der FIFA bewusst ist (immerhin gab es von Anfang an die Kategorie „Neues von der Diktatur“), aber doch hauptsächlich zuschaut, um den WM-Titel als Fan zu erleben, mit hier und da ein bisschen Geplänkel über Stilblüten in den Medien oder die Show bei der Gruppenauslosung zur WM 2006.
Im Laufe der Jahre wandelt man sich aber und auch wenn die Inhalte hier selten aus journalistischer Recherche-Arbeit bestehen, kann man immer seltener die Augen davor verschließen, dass der Unterhaltungsbetrieb Fußball in erster Linie ein Geschäft bedeutet. Durchaus eines mit vielen Emotionen, aber eben ein Geschäft. Das war er früher zwar auch schon, aber die Dimensionen haben sich potenziert und zudem kann man vom gerade erst Fanboy Gewordenen keine kritische Distanz einfordern. Sicher aber von jemandem, der schon länger zuschaut. Und so mag ich am Schalker Königsblog ebenso wie insbesondere in diesen Tagen beim MSV-Duisburg-Blog Zebrastreifenblog ihre Haltung, die zwar von großer Leidenschaft für den jeweiligen Verein geprägt ist, aber eben eine gesunde Entfernung zu den Handelnden beibehält und ihnen gerne unverhohlen auf die Finger klopft. In diesen Tagen auch mit zunehmender Reichweite und Einfluss auf die am jeweiligen Verein Interessierten.
Für die Verbände fehlen derartige Blogger naturgemäß, wer wird schon Fan von DFB, UEFA oder FIFA? Zwar hat Andreas Rüttenauer, nicht zugelassener Gegenkandidat bei Niersbachs Wahl zum DFB-Präsidenten, das DFB-Watchblog aufgemacht, doch ist ein solches über die UEFA nicht bekannt. Und für die FIFA, den harten Job, diese mehr als kritisch zu begleiten, wo Gelder in private Taschen fließen, Entwicklungsländern Weiße Elefanten in Form von Stadien abgepresst werden, welche nach 3 Vorrundenspielen niemand mehr benötigt geschweige denn unterhalten werden können, wo Ränkespiele und Intrigen den Fußball so geschickt auspressen, dass es die meisten Fußballfans nicht mal mitbekommen, dafür gibt es einen Leuchtturm in der deutschen Sportmedienlandschaft, den wohl die meisten Blogleser hier kennen dürften: Jens Weinreich.
Er beobachtet auch die Sportfunktionäre anderer Sportarten, aktuell plant er ein Buch zur bevorstehenden Wahl des neuen IOC-Präsidenten, bei welcher Thomas Bach beste Chancen eingeräumt werden. Und auch wenn das IOC vielleicht einen halben Schritt weiter sein könnte als die FIFA, was innere Kontrolle angeht, wird dort extrem viel zu berichten sein. Dubiose Netzwerke, die ihren Ursprung teilweise in den Machenschaften jenes Horst Dasslers besitzen, dessen Unternehmen adidas heute einen Großteil des Sportartikelmarkts beherrscht, welcher so hervorragend bei Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften in aller Welt beworben wird.
Um das Buch zur Begleitung dieser Wahl zu erstellen, versucht Jens Weinreich zum ersten Mal eine Vorfinanzierung des Projekts durch seine Leser, durch die Crowd im Internetz, also durch uns alle. Passenderweise wendet er sich mit diesem Plan an eine Unternehmung mit dem Namen „Krautreporter“, die sich zur Aufgabe gemacht hat, unabhängigen Journalismus zu finanzieren. Eigenbeschreibung:
Entdecke und ermögliche unabhängigen Journalismus – Krautreporter ist eine neue Finanzierungs-Plattform für journalistische Projekte.
Jens Weinreichs kommendes Buch kann man unter Macht, Moneten, Marionetten mitfinanzieren. Ein schickes Video erklärt, worum es gehen wird, mehr dazu auch in seinem Blogbeitrag. Dass die Hälfte der benötigten Summe bereits erreicht ist, lässt hoffen, dass Krautreporter bzw. alle, die sich dort beteiligen, Jens Weinreich die Möglichkeit geben wird, ein unabhängig finanziertes Buch über die Machenschaften beim IOC zu erstellen. Und das gilt es schließlich zu unterstützen: echter, kritischer Journalismus in einem Metier, wo sich Vieles außerhalb jeglicher seriöser Kontrolle bewegt. Auch im Fußball, und damit eben in jenem Bereich, in dem wir alle einst mal Fanboys waren, aber lange ernüchtert und erwachsen wurden.
Geht’s hin und kauft Jens Weinreichs IOC-Buch schon heute, auf dass es entstehen wird. Denn das ist der Knackpunkt beim Krautreporter: Es geht nicht um Spenden, sondern darum, das Produkt jetzt schon zu bezahlen, um es später in den Händen halten zu können.
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