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„Ich brauche mehr Details“

In der Liste der Nonsense-Informationen, mit denen uns Berichterstatter von Fußballspielen gerne in Ermangelung substanzvoller Aussage(möglichkeiten?) überschütten, ist ein besonderes Bonbon die meist beschwörend hervorgepresste Äußerung, dass ein bestimmter Spieler, während er an einer bestimmten Stelle in der Nähe des gegnerischen Tores den Ball erhält, von „genau dieser Position gegen YXZ auch getroffen“ habe.

Was soll uns diese Information an Erkenntnis, Erleuchtung, Erhellung oder Erheiterung bringen? Doch wohl höchstens Letzteres.

Denn erstens hat die Tatsache, dass ein Fußballspieler von einer bestimmten Position aus ein Tor erzielte, nur so viel mit der aktuellen Spielsituation zu tun, dass es also ganz grundsätzlich im Verhaltensrepertoire dieses Menschen enthalten ist, von dieser Position aus aufs Tor zu treffen. Das aber, würde man meinen, sollte auf jeden Fußballer zutreffen, der damit Geld verdient. Sogar auf Jürgen Kohler, Berti Vogts und zur Not Christoph Metzelder.

Zweitens hat die Tatsache, dass irgendwann einmal von dieser Position aus getroffen wurde, keinerlei Aussagekraft für die aktuelle Spielsituation. Die Wahrscheinlichkeit zu treffen, ist immer gleich hoch, ganz egal, wie oft und wann er von dort aus vorher bereits getroffen hat.

Drittens gibt es beim Toreschießen ohnehin nur grob gerechnet 12 verschiedene Positionen, von denen aus man treffen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Positionen gleichen, von denen ein Spieler aus trifft, ist ebenfalls immer gleich hoch, und bei nur 12 möglichen Wahlergebnissen eben per se sehr hoch.

Aber die 90 Minuten wollen ja gerne gefüllt worden, so dann also auch mit dem Aufschrei, dass der gerade im Ballbesitz befindliche Spieler vor 2 Wochen aus der selben Position schon einmal getroffen hat. Meist passiert danach dann aber überhaupt nichts auch nur annähernd Ähnliches wie vor 2 Wochen und der Schütze schießt einfach vorbei.

9 Kommentare

  1. Schön gesagt. Noch schöner: Die Würdigung Didi Hallervordens.

  2. McP McP

    Gilt diese Kritik auch für die zona del Piero?

  3. Ich warte noch auf den Tag, an dem dieser Satz über Jerôme Boateng gesagt wird.

  4. McP, da bin ich überfragt.

    War es wirklich so, dass er da stets von ähnlichen Positionen getroffen hat? Dass er den Torhütern „Ziegelsteine“ aus seiner „Zona del Piero“ ins Netz haute, les ich gerade zum ersten Mal. Interessant.

    Gunnar, ich hoffe, Dein Sitzfleisch reicht dafür aus.

  5. netzberg netzberg

    „Drittens gibt es beim Toreschießen ohnehin nur grob gerechnet 12 verschiedene Positionen, von denen aus man treffen kann.“ – Dieser Satz motiviert mich zu dem eventgerechten Vorschlag an die angeschlossenen medienabhängigen Verbände, eben 12 Spieler zuzulassen u n d auch die Tore um 12 Zentimeter in Breite und Höhe massenkompatibel zu optimieren. Schließlich will der Fernsehzuschauer Tore sehen, immer, und viele. Ob ein Spieler schon mal ge- und verspielt hat oder eine (Sport-)Biographie hat interessiert den angezielten Fernsehzuschauer doch so wenig wie ein fachgerecht beim Spiel bleibender interpretierender Kommentator, von dem er weder dessen Biographie weiß noch dessen Kompetenzquotienten, ein jetzt aktuell vorliegendes Spiel direkt analysieren zu können; und das auch nicht wissen will, Stichwort „Erheiterung, Unterhaltung“ (siehe oben beim Trainer). – Wichtig für die Quote sind Ergebnisse, etwa: 34 ravens – 29 49ers beim gerade gewesenen Super Bowl. – Wo gibt es das schon in 90 Minuten auf roter Erde oder grünem Rasen mit zuwenig Spielern bei zu kleinen Toren … Wem jeder Park k e i n eigenes Stadion ist neben seinem liebsten, der braucht auch nicht mehr Details via matter Scheibe!

  6. Lehmann Lehmann

    Die Schußpositionsstatistik kommt hier klar unter Wert davon. Sie ist hochinteressant, allerdings nur in zwingender Verbindung mit jener, wonach ein Spieler in der gegebenen Position n i c h t getroffen hat.
    Gut, ein Negativ-Zahlenwerk ist schwer zu erheben. Schlage vor, bei den Torhütern zu beginnen: sie treffen beim Abschlag vulgo Abstoß eher wenig. Rücken sie in der 90. Minute in den gegenerischen Strafraum ein, treffen sie sicher signifant häufiger. Oder doch nicht? Hier kann Statistik wieder süchtig machen…

  7. netzberg netzberg

    Lehmann, Dein Statement bringt mich auf die Verwissenschaftlichung des Sports überhaupt, aber des geliebten Fußballs insbesondere. Das erste, was ich da erinnere, ist die zu verbessernde Athletik, also alles ohne Ball im Training, – i hate that – und dann sehe ich diese Mechanik durch mikroskopische Spielanalyse, die auch kein noch so kurzes Kurzpaßspiel übertünchen kann. – - – Für mich ist Fußball eben: gut zu trainieren, Standardsituationen zu üben, und doch zu verlieren und manchmal zu gewinnen. Trotzdem bleibt Fußball die schönste Sache der Welt. (Ausgenommen Wettskandale)

  8. Manfred Manfred

    Jetzt, da der ‚Frankreich-Fluch‘ besiegt worden ist (und die französische Nationalmannschaft gleich mit, wenn schon, denn schon^^) und natürlich entweder der FC B oder der FC B die Pilzliga gewinnen wird (wird gewinnen müssen, sonst: FC B-Fluch!), stellen sich doch solche klinkelitzigen Fragen gar nicht mehr, oder? Ich mein, solange diese Typen (Reporter? Joutnalisten? Marktschreier? Franz‘ Söhne?) im Brustton der Überzeugung auch weiterhin behaupten, der Spieler XY könne (jetzt) schießen, ist die Nummer, mit der du hier deinen Blog gefüllt hast, ja fast schon höhere Mathematik.
    Ein Fußballer kann schießen? Gar den Ball, der seit ner Weile in Livetickern Torfabrik heißt, wessenthalben ich diese ganzen Idioten nachhaltigst zum Teufel wünsche? Wow, nicht vorzustellen, was noch alles passiert, wenn die Info mal die Runde macht.

Kommentare sind geschlossen.