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Flasche leer, Wagen voll

M. ist Flaschensammler und Trainer Baade traf ihn in Duisburg am Hauptbahnhof, wo M. in Richtung Mönchengladbach umstieg. Das Gespräch fand während der Saison 2012/2013 statt.

Hallo M., Du bist quasi professioneller Flaschensammler, wie kam es dazu?

Ich kriege seit Jahren Hartz IV und habe eigentlich lange im Osten gelebt. Aber irgendwann hat sich rausgestellt, dass man mit dem Sammeln von Pfandflaschen, wenn man es richtig anstellt, ordentlich was dazu verdienen kann. Dann hab ich das halt erstmal nur so gemacht und irgendwann so weit ausgeweitet, dass ich schon Monate im Voraus weiß, wann ich welche Touren fahre.

Wie lange machst Du das jetzt?

Fast so lange wie es Pfand auf Einwegflaschen gibt, also schon einige Jährchen.

Du sammelst nicht nur in den Zügen, sondern auch vor und nach Profi-Fußballspielen.

Ja, und bei Konzerten und Festivals natürlich, aber bei Fußballspielen hat man meistens den Vorteil, dass man nicht erst mitten in der Nacht Feierabend hat. Außerdem ist der Umsatz an Flaschen bei den Fußballspielen auch verlässlich groß.

Jetzt gerade bist Du auf dem Weg nach Mönchengladbach, wo ein Heimspiel ansteht. Ist das Dein Lieblingsstadion fürs Sammeln?

Nein, lieber sind mir eigentlich die Stadien, die näher an einem Hauptbahnhof dran sind, dann ist man auch schneller wieder weg. Ich gehe ja nicht hin, weil mich das Spiel interessiert oder ich die Atmosphäre so mag, sondern weil ich da meinen Lebensunterhalt verdienen möchte. Aber in Gladbach ist es eben auch immer voll und man weiß, dass man nicht umsonst hingefahren sein wird.

Wie viel erlöst Du an so einem Abend oder Nachmittag und wie läuft das logistisch ab?

Wenn es ein sehr guter Tag ist, können es schon mal 200 Euro sein, aber das ist die Ausnahme, meistens pendelt es sich weit darunter ein. Logistisch ist es oft so, dass wir, also auch die Konkurrenz, schon immer wissen, wo ein Supermarkt ist, der die ganzen Flaschen auch klaglos annimmt. Ein Einkaufswagen gehört natürlich fast immer dazu, wird dann aber vor Ort organisiert. Mit dem kann ich ja auch schlecht stundenlang im RE sitzen, wenn ich anfahre.

Bist Du schon mal blöd angemacht worden oder hattest sonst irgendwelche negativen Erlebnisse?

Nein, noch nie. Weder von Schaffnern noch Ordnern noch Fans. Untereinander gibt es zwar schon mal Kämpfe ums Revier, das geht zwar auch meist etwas härter zur Sache, aber auch nie außerhalb des Rahmens. Aber ansonsten ist es eher so, dass die Leute freundlich sind und mir sogar noch danken, dass ich ihre Pfandflaschen annehme. Na gut, nicht alle, aber es kommt doch vor.

Könntest Du Dir vorstellen, noch mal in einen bürgerlichen Beruf zu wechseln?

Nein, eigentlich nicht. Ich liebe zwar nicht gerade, was ich mache, aber ich könnte nicht sagen, dass mich irgendetwas wirklich stört. Ich komme viel rum, bin fast immer draußen und ich mache damit Geld. Und nicht zu vergessen habe weder Chef noch feste Arbeitszeiten. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, mit 60 immer noch zu Rockfestivals zu fahren. Mal sehen, was noch passiert im Leben. Im Moment bin ich jedenfalls zufrieden damit, dass mein Leben so möglich ist. Ich wohne in einer normalen Wohnung mit Fernsehen, Balkon, Anlage. Und ich gönne mir auch ganz bewusst ab und zu Urlaub vom Flaschensammeln.

Ich wünsche gutes Gelingen heute in Gladbach und Danke für die Auskunftsbereitschaft.

Kein Problem, ebenfalls Danke, tschüß.

3 Kommentare

  1. netzberg netzberg

    Schönes Gespräch, unaufgeregt und sachlich und vor allem mit Würde für die wohl nie freiwillig begonnene Tätigkeit. – Ich seh die Flaschensammler auch oft am Preußenstadion und der Bremer Brücke. Ob alle so Auskunft geben können oder würden, da hätte ich Zweifel. Schön die Feststellung, daß beim Fußball früh Feierabend ist.

  2. Hat mir auch gut gefallen, dieser Artikel. Solche Randerscheinungen, die der Stadionbesucher mitbekommt, sind oft sehr interessant, wenn man mehr darüber erfährt.

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