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Ramschladen Ewigkeit

Der Fußball als Sportart war jung. Er ahnte nicht, dass er einmal alt werden würde.

Als der Fußball noch jung war — das passiert Menschen häufiger — dachte man nicht an die Zukunft, bzw. man stellte sie sich als etwas ganz Fernes vor, etwas, das niemals wirklich eintreten würde. Also konnte man problemlos beschließen, die Rückennummer 7 nie mehr zu vergeben. Man hatte ja noch genug andere Nummern in petto.

Später, als ein weiterer legendärer Spieler des Vereins die Rente einreichte, sparte man die 3 für alle Zeiten aus, wenn es vor der Saison an die Nummervergabe an die Spieler ging. Früher gönnte man sich den Spaß nur bei den so genannten „one club stars“, irgendwann, als alles immer schneller wurde, reichten bereits einige gute Jahrzehnte in diesem Team oder ein besonderer Erfolg, schon wurde die Nr. nie mehr vergeben.

Immer rasanter wurden die Vergabebedingungen gesenkt, die dazugehörigen Trikots wollten schließlich verkauft werden, und die Ansage, dass diese Nummer nun auf ewig mit dem sie zuletzt getragen habenden Spieler verknüpft sei, kurbelte das Geschäft in aller Regel wie gewünscht ordentlich an.

Mittlerweile reichten schon zwei gute Saisons aus, um eine Nummer nicht mehr zu vergeben, später senkte man auf nur noch „mindestens ein Tor für den Verein erzielt“. Wer einen Klub verlassen wollte, ohne dass man seine Rückennummer nicht mehr vergeben wollte, galt bei diesen Zuständen quasi als unverkäuflich, denn wie schlecht musste ein Spieler gewesen sein, dass man nicht mal seine Rückennummer nie mehr vergeben wollen würde?

Irgendwann stand sie vor der Tür, klopfte an, man machte auf: die Zukunft war gekommen, jetzt schon!, so schnell, konnte doch keiner ahnen. Der bange Blick auf die Liste mit den nicht mehr zu vergebenden Nummern und schon fuhr der Schreck durch die Glieder. Tatsache, man hatte wahrhaftig alle relevanten Nummern schon als „wird nie mehr vergeben“ deklariert und nun saß man ratlos da, Nummern über 99 wurden schließlich weiterhin im Fußball nicht erlaubt.

Bis man ausgerechnet in Köln eine gute Idee hatte, was bezogen auf den Fußball selten genug ist: Man wollte Rückennummern nur noch „für begrenzte Zeit“ nie mehr vergeben, also so lange der betreffende Kandidat noch aktiv sein würde. Eine schlaue Lösung, die die besondere Würdigung von Hinz und Kunz und wer sonst noch Fußballvereine wechseln wollen würde, weiterhin ermöglichte, ohne dass einem eines Tages, wie damals, die Rückennummern ausgehen könnten.

Seitdem kann man jedes Jahr zu Saisonbeginn anhand der verwendeten und nicht verwendeten Rückennummern ablesen, welcher ehemalige Spieler des Vereins noch aktiv ist, und welcher sich bereits zur Ruhe gesetzt hat. Ist die Nummer also wieder frei, kann ein Nachfolger sie wieder tragen, bis sie nach dessen Ausscheiden das nächste Mal „nie wieder vergeben“ werden kann.

7 Kommentare

  1. Ich weiß, der Satz ist abgedroschen, aber wo ist der „Gefällt-mir“-Button, wenn man ihn mal WIRKLICH braucht :) .

  2. Gundula Gause Gundula Gause

    War gestern beim Spiel und fand die Aktion auch etwas seltsam. Bei welchen Fußballvereinen sind denn für welche Spieler noch Nummern gesperrt? Mir ist das nur vom Basketball und Eishockey geläufig.

  3. Bei Raul fand ich die Geste unglaublich anbiedernd, auch wenn ich ihn selbst sehr mag und sympathisch finde. Die Kölner Idee, die Nummernvergabe während der aktiven Karriere auszusetzen, finde ich eigentlich ganz sympathisch. Andererseits stellt sich mir die Frage, ob Verträge bei L.A. Galaxy oder in Katar noch zur aktiven Karriere gehören oder nicht.

    Falls aber wirklich die Zahlen ausgehen, könnte man stattdessen QR-Codes auf die Trikots machen. Der Schiri kriegt ’ne Google-Brille mit Augmented-Reality-Einblendungen, Sky-Kunden bekommen diese Option gegen eine kleine Gebühr.

  4. @ Gundula Gause: Mir ist bekannt, dass dies aktuell bei Union Berlin der Fall ist. Die Nummer 22, die Karim Benyamina getragen hat, wird erst dann wieder vergeben, wenn ein Spieler seinen ewigen Torrekord geknackt hat

  5. netzberg netzberg

    Gesperrte Rückennummern sind gar nicht so selten. Johan Cruyffs Nummer 14 wird z.B. nicht mehr vergeben, bei Wacker Burghausen die 11 von Marek Krej?í nach seinem Tod nicht mehr. Mit einer Sperre auf Zeit hat vielleicht Rapid Wien angefangen, wo zehn Jahre lang das Trikot mit der Nummer 5 Peter Schöttel zu Ehren unüberstreifbar war. So lang wird wohl auch Podolskis Ewigkeit in Köln dauern, bloß spielt er dann woanders, mit welcher höchst individuellen Rückennummer auch immer.
    Zu machen ist diese Hall-of-Marketing-Nullnummer eh erst, seitdem die Tradition von 1 bis 11 geschaßt wurde. Das war vor nicht einmal zehn Jahren, als der Arena- und Fanshopfußball endgültig angekurbelt wurde.
    Die beste Rückennummer trug – natürlich mit Ausnahmegenehmigung im regelreichen Fußballwesen – in seinem hundertsten Länderspiel der gloriose Andreas Herzog, nämlich die 100.

  6. ckwon ckwon

    In Deutschland hat diese „Tradition“ doch der VFL Wolfsburg angefangen, oder? (Kriege ich einen Extrapreis für die Kombination der Worte VFL Wolfsburg und Tradition?)

    Die 10 wird dort nicht mehr vergeben *

    * dachte ich (wegen Krystof Nowak). Aber irgendwie passt das mit Wolfsburg und Tradition dann doch nicht, Misimovic und jetzt Hitzlsperger trugen die wieder.

  7. Dominik Dominik

    Die „beste“ Fußballnummer trug natürlich Ivan Zamorana bei Inter Mailand, nämlich die 1+8, weil die 9 schon vergeben war. Was für ein Fatzke!

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