Mit der Betonung auf halten.
Weiß irgendjemand, wie es zu dieser obskuren Situation kam, dass bei FSV Frankfurt in der Saison 1994/95 in der zweiten Liga in einem Spiel zwei Torhüter aufs Feld geschickt wurden? Ralf Kellermann begann die Partie als Torhüter und spielte laut allen Aufzeichnungen bis zum Ende durch. In der 63. Minute dann wurde Thomas Ernst, heute als Manager des VfL Bochum tätig, damals und auch sonst immer eben Torwart, für den Feldspieler Christos Fagos eingewechselt, ohne dass es eine Rote Karte für den von Beginn an spielenden FSV-Frankfurter Torhüter gegeben hätte.
Was war da los? Oder handelt es sich bei den Aufzeichnungen von fussballdaten zu diesem Spiel schlicht um einen Fehler?
Selbst die dafür eigentlich prädestinierte Seite torhütende Feldspieler weiß nix darüber, obwohl sie ebenso feldspielende Torhüter abdeckt. Dass sie scheinbar nicht mehr aktualisiert wird (siehe Rosenthal mit seinem als Feldspieler gehaltenen Elfmeter vom letzten Spieltag) muss ja nix heißen, schließlich ist der oben erwähnte Vorfall schon fast 15 Jahre her.
Thomas Ernst mal als Feldspieler? Im Tor bzw. bei den dazugehörigen fußballerischen Leistungen ist er nie als besonders talentiert aufgefallen, ganz anders als z. B. Fabien Barthez, den Rudi Völler nach seinem Wechsel zu Olympique Marseille nach den ersten Trainingseinheiten für einen Feldspieler hielt, weil jener am Anfang eben nur im Feld mittrainierte und dabei nicht negativ auffiel (so die Legende). Wenig Gründe sprechen somit dafür, dass man Anlass gehabt hätte, Thomas Ernst wegen seiner Dribbelstärke als Feldspieler in den Sturm zu werfen.
Also: Was war da los in Frankfurt, beim FSV?
Kurz gesucht, in der Frankfurter Rundschau fündig geworden:
Das konnte ihm Thomas Ernst einfach nicht antun. Der Torhueter des letztmals als Fussball-Zweitligist angetretenen FSV Frankfurt hatte seinen versoehnlichen Abschied gehabt. Mit einer beeindruckenden Leistung gegen St. Pauli sagte er seinem Arbeitgeber „ade“. Wiedersehen wird er ihn so schnell nicht mehr. Der FSV hat die Peinlichkeit, seine Untauglichkeit einer breiteren Oeffentlichkeit praesentieren zu muessen, ueberwunden und zieht sich auf die regionale Ebene zurueck. Ernst wird im Profilager bleiben, in der kommenden Saison fuer Bundesliga-Absteiger VfL Bochum die Haende im Spiel haben. So viel Gutes ist Kollege Ralf Kellermann nicht widerfahren. Zwar hat er im SC Verl einen Regionalligisten gefunden, der weit mehr Perspektiven hat als der FSV.
Die letzte Erinnerung aber, die er an die Zweite Liga hatte, war der Einsatz in einer Schiessbude und daher symbolisch fuer eine missratene Saison.
Sieben Mal hat er vor Wochen bei seinem freiwillig gewaehlten Abschiedsspiel in Hannover den Ball erst hinter der Linie in die Finger gekriegt. Dieser Eindruck sollte nicht haengenbleiben. Also zeigte sich Thomas Ernst in Geberlaune. Was hatte er seinem Kollegen bloss angetan? Waehrend Ernst aufgrund personeller Engpaesse als Feldspieler verkleidet neben dem A-Jugendlichen Kabaca und Oenem aus der zweiten Mannschaft als Auswechselspieler fungierte, muehte sich Kellermann redlich, sich einen ordentlichen Abgang zu verschaffen. Der Versuch musste misslingen, weil ihm keiner dabei helfen wollte. Derlei Probleme hatte Mainz 05 nicht. Dafuer andere, die der FSV laengst hinter sich hat.
Der Verein zitterte noch um den Ligaverbleib, den er sich mittels des 7:1 (4:0)-Erfolgs und Patzer der Konkurrenz auf sportlichem Wege sicherte.
So sorgte Freibier hernach ebenso fuer Stimmung wie die rot-weissen Troeten vorher Kindergeburtstags-Atmosphaere aufkommen liessen.
Die machte Mainzer ausgelassen und bescherte Kellermann einen erneuten Alptraum, weil seine Kollegen ihre Talfahrt zum Abschluss auf die Spitze trieben. Kaum hatte des Schiedsrichters Anpfiff die Geraeuschkulisse durchdrungen, legten die Frankfurter Kicker ihre Arbeit nieder. Zwei Minuten lang konnte sich die hilflos umherirrende FSV-Abwehr den Gegner vom Hals halten. Dann hatten sie Ziemer flanken und Weiss aus fuenf Metern koepfen lassen. Und weil auch Schukow kein Widerstand zuteil wurde, spazierte der durch die Mitte und traf zum 2:0 (4.). Damit aber gaben sich die Frankfurter nicht zufrieden. Noch einmal demonstrierte der FSV eindrucksvoll, warum er abgeschlagen Letzter ist und in dieser Liga nichts zu suchen hat. Er war nicht mehr als lustloser Zuschauer und hatte sich nach 17 Minuten endgueltig laecherlich gemacht.
Nach einem Eckball von Hock koepfte Schur das Leder selbst in Kellermanns Kasten. Und sie scherten sich weiterhin nicht um Mainzer Spaziergaenger. Ouakili bedankte sich fuer so viel Unaufmerksamkeit mit dem 4:0, und da konnte auch der FSV feiern, sein 100. Gegentor in der ablaufenden Saison. Doch die Schmerzgrenze war noch nicht erreicht.
Weil die Peinlichkeitsskala des FSV nach unten offen ist, spielte Mainz ohne Gegenwehr munter auf ein Tor. Gefahr drohte ihnen von den Totalausfaellen Duric und Figas ohnehin nicht. Derart indiskutabel war ihre Leistung, dass Trainer Hambueckers fortan lieber einen Ersatztorhueter (Ernst) und einen Zweitmannschaftsspieler (Oenem) im Angriff sehen wollte. Und nachdem Ziemer das 5:0 erzielt hatte, Weiss per Eigentor selbst fuer Abwechslung sorgte und Demandt das Missgeschick gleich wieder behob, verging den 05ern die Lust am munteren Toreschiessen.
Weil es beim FSV keiner tun wollte, standen sich die Mainzer selbst im Weg. Ihr sorgloser Umgang mit Chancen war in der 80. Minute beendet.
Da hatte Ziemer getroffen und Kellermanns letzten Zweitliga-Eindruck bestaetigt.
Mainz: Kuhnert – Mueller – Greilich, Neustaedter – Joukow, Ziemer, Weiss, Akrapovic, Hock (46. Demandt) – Klopp, Ouakili (79. Buvac)
Frankfurt: Kellermann – Kowalewski – Dahl, Conrad – Schur, Kapetanovic, Klein, Walz, Lense – Figas (62. Ernst), Duric (72. Oenem)
Schiedsrichter: Kessler (Jena).Tore: 1:0 Weiss (2.), 2:0 Joukow (4.), 3:0 Schur (9., Eigentor), 4:0 Ouakili (17.), 5:0 Ziemer (49.), 5:1 Weiss (51., Eigentor), 6:1 Demandt (62.), 7:1 Ziemer (80.)
Zuschauer: 3859.Gelbe Karten: Mueller (5), Ziemer (5/2) – Duric (2), Walz (2), Conrad (4), Kowalewski (5), Schur
Versuch: es war das letzte Saisonspiel, Frankfurt war bereits abgestiegen.
Da kann man schon mal einen Torhüter im Feld einwechseln.
Tatsächlich, hier die Bestätigung:
http://www.eintracht.de/meine_eintracht/forum/9/10892007/?page=2#f11239527
Ernst selbst spricht von Krankheits- und Verletzungssorgen: [Link leider tot]
OT: ja, ich hatte grade nichts Besseres zu tun.
Schau doch einfach bei Thomas Ernst selbst nach
http://www.thomasernst.net/thomasernst-vflbochum
„Besonders bemerkenswert ist die Episode, dass er am 18. Juni 1995 für den bereits abgestiegenen Zweitligisten FSV Frankfurt in der 63. Minute beim undankbaren Spielstand von 1:6 gegen den FSV Mainz 05 (übrigens mit Jürgen Klopp auf dem Feld) aus Spielermangel als Feldspieler eingewechselt wurde.“
Das war jetz einfach. Google, erster Treffer für „Thomas Esrnst FSV Feldspieler“ ;-)
Ich sehe gerade, das ist gar nicht die Webseite von „Gustl“ Ernst, sondern von einem Namensvetter. Nichtdestotrotz stimmt die Geschichte so, sie wird auch an Frankfurte Lagerfeuern heute noch derart erzählt.
Es war das Abschiedsspiel von Thomas Ernst vor seinem Wechsel zum VfL Bochum. Da es am 34. Spieltag um nichts mehr ging, durfte er halt mal, weil er es sich selbst gewünscht hat, auf dem Feld ran.
Ich habe eine ähnliche Szene in den Niederungen der Regionalliga Nord mal selbst live miterlebt. Da war in Lüneburg der VfB Oldenburg zu Gast (ich glaube auch am letzten Spieltag) und der Keeper ließ seinen Bruder ins Tor, um selbst gar nicht so untalentiert im Feld zu kicken. Hans-Jörg Butt hieß der Mensch.
Auf der verlinkten Seite fehlt auch in der Rubrik „feldspielende Torhüter“ ein gewisser Manuel Neuer, der vor nicht allzu langer Zeit eine entscheidende Vorlage für einen Treffer durch jenen Mann gab, den Trainer Baade für gewöhnlich „den Unaussprechlichen“ zu bezeichnen pflegt und den Oliver Pocher hier ganz nett parodierte.
Da die Frage ja schon beantwortet ist, kann ich ja ganz und gar meinem Erschrecken Platz geben – Der FSV war 94/95 in der 2. Liga? Also, nicht falsch verstehen, die Tatsache an sich erschrickt mich nicht, aber daß ich Stein auf Bein hätte schwören können, daß das irgendwann in den Achtzigern war – allerallerspätestens.
Wobei der FSV genau da zu finden war, wo er auch heute wieder ist ;-) Ich wiederum staunte darüber, dass der FC Homburg da noch in der 2. Liga zu finden war.
Und Meppen nur zwei Plätze hinter Wolfsburg in der Abschlusstabelle. Die Kräfteverhältnisse in Niedersachsen haben sich doch ein wenig gewandelt seitdem.
Pah, 2.Liga! Sowas gabs doch auch schon eine Klasse höher, nur eine Saison später. Siehe hier: http://www.fussballdaten.de/bundesliga/1996/23/rostock-hamburg/
Wobei es da noch etwas komplizierter war: Ersatzkeeper Holger Hiemann wurde für Feldspieler Daniel Stendel eingewechselt (83.) und ging auch bestimmungsgemäß zwischen die Pfosten. Dort wechselte Ritchie Golz sein Torwarttrikot gegen das eines Feldspielers und spielte die letzten 7 Minuten (plus Nachspielzeit) als Stürmer. Laut Trainer Magath hatte er diesen Versuch gestartet, weil der HSV personell völlig blank war und er, also Magath, die Befürchtung hatte, dass Ritchie beim nächsten Spiel tatsächlich als Mittelstürmer würde auflaufen müssen. Deshalb wollte er ihn schon mal daran gewöhnen. Glücklicherweise kam es nicht so weit, Magath kramte zum nächsten Spiel gegen Leverkusen solch fußballerische Größen wie Elard Ostermann, Marko Riegel und Matthias Rose aus, Ritchie blieb im Tor, und der HSV holte immerhin ein 2:2.
Aber der FSV Frankfurt 94/95 war schon eine besonders Marke. 12 Punkte standen am Ende zu Buche, dafür immerhin 103 Gegentore. Und natürlich holte man in der Rückrunde ein 2:2 beim späteren Tabellendritten und Erstliga-Aufsteiger – Fortuna Düsseldorf :-))
Eine schöne Saison war das.
Auch Jörg Schmadtke hat sehr sicher mal Stürmer gespielt. Ja auch alles nachzulesen bei den feldspielenden-torhütern. ;-)
Alles lesen hilft. Torvorlagen sind von Torhütern ja nicht so selten:
16 Spieltag letzten Jahres: Bayer-Hansa
1:0 Rolfes (4., Linksschuss, Vorarbeit Haggui)
2:0 Freier (55., Foulelfmeter, Rechtsschuss, Castro)
3:0 Gekas (72., Linksschuss, R. Adler)
Man beachte auch die Zuschauerzahl bei einem so wichtigen Spiel. Noch nichts von Friede-Freude-Karneval-Publikum in MZ
War Jürgen Klopp damals eigentlich wirklich Stürmer? Wurde der irgendwann mal umgeschult? Ich habe ihn eher als Verteidiger in Erinnerung.
Laut den Fussballdaten war er erst Stürmer, dann Mittelfeldspieler, zuletzt wurde er in der Abwehr eingesetzt.
Und wieder eine Gugl-anfrage, die unbedingt der Nachwelt zu erhalten ist:
ich ein problem meine freunde trinken alkohol und ich ab und zu auch aber ich will fussballprofi werden
Merke: So Suchmaschienen suchen eh nur nach den einzelnen Wörtern, da kann man auch schon mal das Verb weglassen.