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Dekompositions-Häppchen am Abend

Hey, natürlich ist das hier alles immer nur Sammeln aus zweiter Hand. Eine Zeitung ist es hier nicht. Nur ein Blog.

Aber ich glaube, man würde zustimmen, wenn man sagt, dass es wenig Anlass gibt, grundsätzlich an der Aufrichtigkeit der FAZ (im Sportteil jedenfalls) zu zweifeln, oder?

Heute jedenfalls ein neues Häppchen zur Dekomposition zum vermeintlich großen Meister im deutschen Fußball, dem Heiland, dem mehrfachen U-Europameister und natürlich Triple-Sieger, alles allein durch seine Blut-Schweiss-und-Tränen-Reden und den nie nachlassend eingeforderten Ehrgeiz bewirkt.

Gefunden von Calli Camp in den Kommentaren, blicken wir doch gerne darauf, ob nach den folgenden Zeilen überhaupt noch etwas zum Dekompositionieren übrig ist:

„Wären in dieser Zeit Spielstrukturen geschaffen worden, sähe man das noch heute auf dem Platz. Es ist auch kein Geheimnis, dass Nachfolger Dutt in ziemlich leere Aktenordner blickte, als er nach solchen Strukturen suchte. Außer ein paar Hochglanzbroschüren mit knackigen Überschriften fand sich da offenbar nicht viel.“

Und weiter geht es auch mit diesen Worten:

„Selbst Förderer und Unterstützer von Sammer im DFB zeigen sich mittlerweile ’sehr enttäuscht‘, wenn es um die Nachhaltigkeit seines Wirkens auf dieser Ebene geht.“

Alles in der FAZ: Deutschland – null Punkte! gefunden. Wer gerne am Mythos festhalten möchte, dass Matthias Sammer der den Fußball verstehende Heilsbringer ist, für den sind, das soll ja nicht verschwiegen werden, auch ein paar Brosamen im Text enthalten:

„Tatsächlich hat sich einiges in der Nachwuchsarbeit getan. Die Professionalisierung der Teams hat sich nicht zuletzt dank Sammer deutlich verbessert. Personal ist auf allen Ebenen hinzu gekommen.“

„Sehr enttäuscht“ kann man allerdings auch nur dann sein, wenn man Matthias Sammer bei Installierung gar nicht gefragt hat, was dieser denn wohl so zu tun gedenkt, wenn dann am Ende fast nichts bei herauskommt. Insofern ist die Enttäuschung zwar verständlich, wäre genauso aber auch vermeidbar gewesen.

(Weitergeführt von den „Dekompositions-Häppchen am Morgen“.)

8 Kommentare

  1. Joshtree Joshtree

    Was war zuerst da? Henne oder Ei?

    Meine Gegenargumentation: einheitliche Strukturen/Taktik und gute Trainer sind am ungeordneten Eingriff der NM-Spitze in die Jugendarbeit gescheitert. Stichwort: Adrion

  2. McP McP

    Was genau hätte denn in den Aktenordnern abgelegt worden sein, damit man nicht enttäuscht wäre? Fortschrittliche Trainingsformen wurden unter Sammer abgelegt (http://training-wissen.dfb.de/). Mehr Mittel und mehr Personal wurden – nicht nur in der Spitze, auch in der Breite – bereit gestellt. Hat Sammer die falschen Leute geholt? Das wäre natürlich kritikwürdig. Aber statt an Details arbeitet sich die Sammer-Kritik am Diffusem ab.

    Eine einheitliche Spielstruktur von der U5 bis zur U19 hätte Sammer schaffen sollen. Etwas, das nicht mal Löw mit seinen beiden Mannschaften (U21, N11) geschafft hat. Genau genommen schafft Löw nicht mal innerhalb einer Mannschaft und eines Turnieres eine einheitliche Spielstruktur. Aber Sammers damalige U-Mannschaften hätten es leisten müssen. Mehr noch, man hätte diese immer noch sehen müssen.

    Schon mal nachgesehen, was die unteren U-Mannschaften für eine Fluktuation haben? Das sind nicht annähernd echte Mannschaften. Da laufen jährlich zig verschiedene Spielertypen durch. Und die sollen jetzt alle tiki-taka machen? Oder sollen nur noch Spieler eingeladen werden, die das könnten? Und alle andere die nicht in Löws Profil passen lässt man schon im U15-Alter kießlingen? Könnte es nicht auch ein Vorteil sein, bei den Spielsystemen flexibel zu bleiben?

    Sammer ist nicht mein Heiland der Jugendarbeit oder sonstwo. Aber wäre der Typ etwas sympathischer, gäbe es mMn bei gleicher Arbeit deutlich weniger Kritik. Und der Sportdirektor DFB bei dem wir alle sagen: „Ja soooo muss man es machen“, war bisher auch noch nicht da.

  3. netzberg netzberg

    Sammer ist kein Philosoph, und schwarz-gelb ist seine rote Haselnuß; kurz: eben ein unsympathischer Typ.

  4. Ganz sicher gibt es noch viel mehr moderierende Faktoren als nur das Wirken des Sportdirektors. In meinem früheren Blogtext ist ja darauf verwiesen, dass Sammer (zumindest sagte er es so) ging, weil er zu wenig Einfluss gehabt hätte. Wahrscheinlich stimmt das auch so, auch wenn fraglich ist, ob er sich den nicht hätte verschaffen können.

    Dann ist aber doch genauso klar, dass er für die Erfolge ebenso wenig (haupt)verantwortlich gemacht werden kann. Und darum geht es mir. Ich behaupte nicht, dass andere nicht ebenso verantwortlich sind für den ausbleibenden Erfolg (sofern man ihn an Titeln misst). Sondern dass der „Mythos Sammer“ dekompositioniert wird.

    Die U-Mannschaften holten einige Titel, diese werden von vielen Fanboys Sammers Wirken zugeschrieben, und mancher Journalist glaubt diese Legende selbst, ohne dass irgendjemand wüsste, was Sammer konkret überhaupt gemacht hat in dieser Zeit.

    Zynisch gesagt ist das Einzige, woran ich mich erinnern kann, ist, dass er ständig als Sky-Experte seinen immergleichen Sermon abgab und das empörte Rumpelstilzchen gab, wenn eine deutsche Mannschaft mal schlechter spielte als der Gegner, was dann immer nur am fehlenden Ehrgeiz und der Ernsthaftigkeit des Betreibens lag (natürlich verkürzt dargestellt). Aber ich war ja nicht beim DFB dabei.

    Ansonsten weiß kaum jemand, was Sammer konkret in sechs (!) Jahren Arbeit für den DFB bewerkstelligt hat und wenn man dann liest, dass die Aktenordner ziemlich leer sind, könnte man auch fragen, wieso Sammer überhaupt die ganze Zeit in München lebte, wieso er ständig Sky-Experte sein konnte, wieso er beim HSV mit einem Konzept (!) vorstellig werden konnte und wieso dann aber beim DFB inhaltlich nichts zu sehen ist, von dem, was man vielleicht von einem Sportdirektor erwarten würde.

    Was das konkret sein könnte, kann ich nicht beantworten, also auch nicht, wie realistisch es ist, dass man dort nach den nun bereits eingeführten Maßnahmen noch Weltbewegendes verändern kann. Nur dann sollte man aus diesem wenigen, was Sammer möglich war, eben keine Legende vom so zielstrebigen Erfolgsmenschen stricken. Die schreibt doch schon sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Karsten Schumann für ihn, und die Aufgabe von Journalisten sollte es sein, hinter diese Lobeshymne zu schauen und nicht, diese blind zu reproduzieren.

    Anders gesagt: Ich weiß nicht, welche Strategie man bei den U-Mannschaften verfolgt. Bin auch der Meinung, dass man möglichst flexible Spieler bräuchte und kein einheitliches System. Da ich die Ziele aber nicht kenne, kann ich auch nicht beurteilen, ob sie verpasst oder erreicht wurden. Weshalb ich Stimmen sammle, die das vielleicht besser beurteilen können.

    Die Hochglanzbroschüre mit den schmissigen Überschriften, von der im verlinkten Text die Rede ist, hab ich übrigens letzens in Auszügen gelesen. Leider finde ich den Link gerade noch nicht, aber sicher gleich irgendwann.

  5. Das meinte ich. Danke. Viele bunte Bilder. Aber das diskutieren wir demnächst lieber mal, wenn noch ein bisschen mehr gesammelt ist. Wobei es in Bezug auf seine DFB-Tätigkeit sicher nicht mehr viel mehr an Veröffentlichtem werden wird.

  6. Bin ja in Sachen der Personalie Sammer nicht ganz objektiv. Habe ihn noch in der DDR Oberliga von meinem Stehplatz aus gesehen. Seinen Vater in den siebzigern auch noch. Sammer hat einen Sympathie-Bonus bei mir.

    Die DFB-Nachwuchsarbeit in einem Atemzug mit Sammers Schaffensperiode zu glorifizieren liegt mir dennoch fern. 2006, bei der Premiere der Besetzung des SportdirektorPostens, sollte es ja eigentlich der Hockeyweltmeistertrainer Peters machen. Klinsmanns Wunschkandidat war nicht durchzubringen. Peters folgte dem Ruf von Dietmar Hopp nach Hoffenheim.

    Sammer nutzt die Ausstiegsklausel im Jahr der EM 2012. Ja, die Possse beim HSV ist nicht vergessen. Dutt verlässt nach einem Jahr Arbeit den DFB, um zu einem gerade dem Abstieg entronnenene Bundesligisten wie Werder Bremen zu wechseln. Irgendwie scheint mir vielleicht generell in der Stellenbeschreibung, im Aufgabengebiet, in der Entscheidungsbefugnis der Position Sportdirektor etc. der Hase begraben zu liegen.

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