… das gab es nie.
Allerdings nicht, weil man nie gespielt hätte und das Sparwasser-Tor sowie das gesamte Spiel im Volksparkstadion 1974 so etwas wie eine inszenierte Mondlandung gewesen wären.
Sondern weil die BRD und die DDR bereits 1972 bei den Olympischen Spielen von München aufeinandertrafen, wenn auch von BRD-Seite natürlich nur mit der Olympia-Auswahl und nicht mit der A-Nationalmannschaft angetreten.
Dennoch bemühten sich gerade mal kümmerliche 80.000 Zuschauer zu dieser aus der öffentlichen Wahrnehmung des Westens verschwundenen Partie, obwohl da mit Derwall an der Linie und Worms, Nickel sowie zwei minder bekannten Torschützen doch einiges an Holz aufgeboten war.
Ihre Vorrundengruppe gewann die BRD gegen Marokko, Malaysia und die USA. Die DDR wurde in ihrer Gruppe Zweiter hinter Polen vor Kolumbien und Ghana.
In der Zwischenrundengruppe 1 trafen somit Ungarn, die DDR, die Bundesrepublik und Mexiko aufeinander. Die DDR gewann gegen, äh, Deutschland, wie man damals gerne sagte, und schwupps war es das mit dem Weiterkommen bei der Heim-WM den Heim-Olympischen-Spielen, denn auch gegen Ungarn und Mexiko wurde nicht gewonnen.
Land | Tore | Punkte | |
1 | Ungarn | 8:1 | 6:0 |
2 | DDR | 10:4 | 4:2 |
3 | BR Deutschland | 4:8 | 1:5 |
4 | Mexiko | 1:10 | 1:5 |
Teil dieser Gruppe war auch die Partie vom 8. September 1972, welche im Olympiastadion stattfand:
BR Deutschland – DDR 2:3 (1:1)
Wobei die BR Deutschland mit der folgenden Aufstellung antrat:
Hans-Jürgen Bradler – Heiner Baltes, Reiner Hollmann (75. Rudolf Seliger), Egon Schmitt, Friedhelm Haebermann, Hermann Bitz, Uli Hoeneß, Jürgen Kalb, Ottmar Hitzfeld, Bernd Nickel, Klaus Wunder (59. Ronald Worm)
Trainer: Jupp Derwall
Und die DDR mit ein paar Leuten, die man 2 Jahre später bei einem anderen großen Turnier wiedertreffen sollte:
Jürgen Croy – Manfred Zapf – Bernd Bransch, Konrad Weise, Frank Ganzera – Jürgen Pommerenke, Wolfgang Seguin, Hans-Jürgen Kreische – Jürgen Sparwasser, Peter Ducke, Joachim Streich (70. Eberhard Vogel)
Trainer: Georg Buschner
Torverlauf:
0:1 Jürgen Pommerenke (12.)
1:1 Uli Hoeneß (31.)
1:2 Joachim Streich (53.)
2:2 Ottmar Hitzfeld (68.)
2:3 Eberhard Vogel (82.)
Und wie um dem ganzen die Krone der Legenden vom „einzigen Spiel“ aufzusetzen, spielten die Olympia-Mannschaften der BRD und der DDR bereits 1964 eine Vor-Ausscheidung vor den Olympischen Spielen von Tokio, bei denen wiederum die Olympia-Auswahl auf westdeutscher Seite zum Einsatz kam. Die ebenfalls verloren ging, wobei immerhin der einzige Sieg gegen die DDR gelang. Im Endergebnis kam aber die Mannschaft der DDR weiter und flog nach Tokio.
Somit erhöht die DDR in unserer Wahrnehmung nun von 1:0 Siegen auf 3:1 Siege.
Dass man in der BRD nicht besonders stolz auf die beiden weiteren Niederlagen ist, ist nachvollziehbar. Sie nie zu erwähnen, riecht dennoch nach wohlgefälliger Geschichtsklitterung. Schließlich hört und liest man schon seit Jahrzehnten vom Fußball und muss erst in einer sehr späten Nacht im Jahr 2011 in diese Wikipedia-Abgründe hinabsteigen, um davon zu erfahren. Mag sein, dass die Älteren unter uns das alles wussten, weil sie es selbst (am TV) miterlebt hatten; und ein weiterer Grund für die Nichterwähnung dieser beiden Partien mag auch die ohnehin latent an Stiefmütterchen erinnernde Behandlung des Fußballs im Zusammenhang mit Olympia sein. Das wäre bei Spielen gegen Australien, Schweden, Belize oder wer sonst noch Gegner bei Olympia war, verzeihlich. Bei innerdeutschen Vergleichen allerdings mutet es äußerst merkwürdig an.
Uli Hoeneß. Ottmar Hitzfeld.
Update: Natürlich gibt es auch Farbbilder vom Spiel.
Spiele der Amateurauswahlen werden in solchen Statistiken eben kaum berücksichtigt – wäre es anders, dann würde womöglich die Bilanz zwischen S04 und BVB auch erschreckend in Richtung Schwatzgelb geschönt werden, denn deren Amateure besiegen die unseren (die Knappen) seit gefühlt zehn Jahren in jedem Spiel.
Und weil diese Spiele von Amateuerauswahlmannschaften so wenig Beachtung finden, wundert es auch nicht, dass du offenbar eine ziemlich bemerkenswerte Partie überhaupt nicht finden konntest – noch dazu, wo sie ziemlich gut zu deinem vorigen Blog-Artikel passt.
23.September 1959, Rheinstadion Düsseldorf. Ausscheidungsspiel zur Teilnahme an der Olympiade 1960. Wegen des kalten Krieges unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielten BRD und DDR gegeneinander. Das Hinspiel hatte „BRD“ mit 2:0 gewonnen, das Rückspiel endete mit einem erneuten Sieg, diesmal mit 2:1.
Zugelassen waren als Zuschauer nur Journalisten, es gab keine Begrüßung vorm Spiel, auch kein Händeschütteln auf dem Platz. Aber soviel ich weiss wurde das Spiel live im Fernsehen gezeigt.
hab ein bisschen gesucht, und einen lesenswerten Artikel über die beiden Geisterspiele 1959 im Berliner „Ulbricht-Stadion“ und in Düsseldorf gefunden: http://www.tagesspiegel.de/sport/deutsch-deutsche-geisterspiele/1601632.html
glückauf
matthias
Der Herr Berghöfer, hier treibt er sich u.a. rum. Habe Dich bzw. Deinen Blog schon vermißt …
Gegen eine solche, damalige Olympia-Auswahl der DDR durfte das C-Team der BRD ruhig verlieren. Keine Schande. Spieler wie Croy, Ducke, Kreische, Sparwasser und Streich hätten vermutlich auch in einer gesamtdeutschen Elf ganz vorn mitgemischt.
Heim-WM?
Natürlich keine WM. Danke.
Abweichend von der vom Trainer hier angegebenen Aufstellung spricht Eberhard Stanjek im Video davon, „Günter Wienhold“ habe im Tor von West Germany gestanden.
War es nun Bradler oder Wienhold? (Übrigens beides Namen, die ich noch nie gehört habe)
Auf dieser Seite findet sich ein Bild des Spielberichtsbogens. Dort steht klar lesbar: Bradler.
Und auch im Wikipedia-Beitrag zu Günter Wienhold ist zu lesen:
Ich hatte auch beide Namen noch nie gehört, wobei man Günter Wienhold kennen könnte, einige Spiele für Eintracht Frankfurt in der 1. Bundesliga. Das Eintracht-Archiv kennt ihn dementsprechend auch.
Jetzt neu wieder mit Bewegtbildern von diesem Spiel mit den Hoeneß- und Hitzfeld-Toren im Beitrag.
[…] einzige Länderspiel zwischen der DDR und der Bundesrepublik hat es bekanntlich so nicht gegeben, weil die beiden Auswahlmannschaften nicht nur bei der WM 1974, sondern auch schon […]
[…] unter 100 deutschen Weltmeistern im Fußball ist er und das wird er immer bleiben. Und dass er bei Olympia 1972 in München im Fußballwettbewerb (u. a. an der Seite von Ottmar Hitzfeld) mitspielen durfte, verdankte er dem Umstand, dass er zu seiner Anfangszeit beim FC Bayern München […]
Bei Zeigler gibt es übrigens hier ab 23:45 Bilder und Zeitzeugenaussagen vom Hinspiel der Ausscheidung für Olympia 1960 in Berlin und auch eine zum Rückspiel.