Stellvertretend für die reihum gehende Grütze von der „ansteigenden Fangewalt“ in deutschen Stadien sei hier aus einer TV-Kritik (eigentlich über die Nachfolgesendung von Waldis Club geschrieben) des Tagesspiegels zitiert, der sich nicht erblödet, von Folgendem zu spinnen:
Die ausufernde Fangewalt ist ein drängendes Thema.
Herrgottnochemal, wie oft müssen wir es noch wiederholen: Die Fangewalt nimmt beständig ab. Weiterhin und immer noch.
Wäre es wirklich zu viel verlangt, dass man von Menschen, die qua der Reichweite ihrer Texte Realitäten in den Köpfen der Rezipienten erschaffen können, erwartet, dass sie sich ein ganz kleines Stück an der Wahrheit orientieren?
Offensichtlich ja. Und da wundert man sich noch, dass kein Mensch mehr Geld für eine Zeitung ausgeben möchte. Sich verarschen lassen kann man schließlich auch ohne Geld dafür zu bezahlen. Alle weiteren Beispiele derartiger Idiotie zu sammeln würde hier leider den menschenmöglichen Rahmen sprengen, denn dieses Mem von der „ausufernden Fangewalt“ spukt in allen möglichen Journalistenhirnen rum. Man könnte, wenn man wollte, fast geneigt sein, diese Journalisten die „Taliban des Journalismus“ zu nennen. Aber man will sich ja nicht mit derartiger Überdenkammschererei gemein machen, also belässt man es lieber bei der Vokabel „Brandstifter“.
Es wäre an der Zeit, dass man solchen Journalisten endlich ihre Feuerzeuge aus der Hand reißt.
(Zur Vorgeschichte bei Bedarf gerne noch mal den Spielbeobachter lesen.)
Du hast aber sowas von Recht und sprichst mir sowas von aus dem Herzen! Unglaublich, dass diese Heinis das immer und immer wieder ungestraft von sich geben dürfen und so gut wie niemand diese Scheiße mal kritisch hinterfragt.
Ungewohnt klare und wahre Worte!
Geht zwar dir und dem Spielbeobachterblog eher um die Schmierfinken, aber mir fiel da sofort was ein, was ich die Tage las. Entweder von M. Kind oder von Milkoreit über die Anfeindungen gegen Daniel Frahn im Zuge des Leipziger „Derbys“.
Kernaussage war jedenfalls, dass man anfangen sollte „Stadionverbote in Zukunft auch zu verhängen, wenn man sich nicht zu 100% sicher sei“.
Mal abgesehen davon dass dies ja z.T. schon passiert, frage ich mich, was einen zu so einem Satz treibt. Ich meine, ist einem Menschen mit gewisser Bildung nicht klar, dass das mit Recht nicht im geringsten etwas zu tun hat?
Schmarren, Trainer! 1. Wenn man die Fälle Pezzoni, Geromel und Bauer nimmt, kann man schon der Meinung sein, dass Fan-Gewalt ausufert. Muss ja nicht quantitativ sein, reicht ja auch qualitiv. 2. Im Text geht es um eine Fernsehsendung. Sich einen Randaspekt rauszugreifen, ist billig.
[…] Tagesspiegel schrieb dieser Tage, dass die ausufernde Fangewalt ein drängendes Thema sei. Trainer Baade widerspricht dieser These. Die ersten Kommentare zum Text könnten zu einer interessanten Diskussion […]
@dierk: den zweiten punkt kann ich nicht nachvollziehen, wenn man die Medienlandschaft im ganzen verfolgt kommt man da doch auf einige Quellen, die (wie mittlerweile usus, von einander abschreibend) ständig von einer ausufernden Gewalt sprechen.
Der erste Punkt ist natürlich ein Stück weit wahr, nur glaube ich, dass solche Vorfälle kein Symptom von „Fangewalt“ sind, da es lediglich Einzelpersonen waren, die als Täter auftraten und somit kein Indiz für eine allgemeine Verschärfung der Gewalt sein kann.
1. Natürlich ist es _kein_ Argument, zu sagen, dass es irgendwann mal schlimmer war, deshalb sollte man heute alles akzeptieren. Das Absinken der Frequenz ist allerdings unbestritten. Aber die Frage war ja nicht, ob irgendjemand Gewalt akzeptiert, sondern ob die Gewalt ausufert. Ich sage nein. Eine neue Qualität sehe ich nicht. Eine gesunkene Quantität bei veränderter Qualität bedeutete immer noch keine ausufernde. Die Grenzverschiebung wird doch nur dadurch scheinbar real, dass man extrem selektiv bezogen auf Vergangenheit vs Gegenwart wahrnimmt. Und dass facebook und Co. den Stammtisch eben sichtbar machen.
2. Es geht in dem Text um eine Fernsehsendung, es ist eine TV-Kritik. Warum um alles in der Welt muss der Autor, der offensichtlich von Ahnungslosigkeit (okay, sofern man meine Einschätzung der Lage teilt) geprägt ist, sich dann diesen Schlenker zu Fangewalt erlauben? Hätte er den selben Text sagen wir 2007 geschrieben, als durchaus Fangewalt vorkam, aber niemand drüber schrieb, wäre er niemals auf die Idee gekommen, einer Sendung, deren Aufgabe es ist, _ein Länderspiel zu beleuchten_, vorzuwerfen, dass sie sich nicht mit Fangewalt befasst. Was an sich schon absurd wäre, aber wenn dann auch noch diese „ausufernde“ Fangewalt, siehe Punkt 1, gar nicht existiert, wird es vollends zum Verzweifeln.
Ich glaube das, in Deinem Artikel, mit meiner Erfahrung sowieso. Und es gibt, klar, (einzelne) Ausreißer. Doch d i e werden natürlich schlimmerdings medienwirksam. Und DFB und DFL sind m e d i e n t a u c h e r. Diskussion E n d e. Weil verbandlicher Untergang.
Trainer, kennst Du vielleicht, abseits Deiner persönlichen Wahrnehmung (die sich mit meiner deckt), belastbare und zitierfähige Fakten oder gar Studien, die die These von der abnehmenden Gewalt stützen?