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Das ist die Merkeler Gelb-Gelb-Gelb

Wie ich bei einem der letzten Beiträgen feststellen durfte, gibt es hier Experten und weniger große Experten, zu letzteren gehöre übrigens ich. Deshalb muss ich dem Auditorium noch mal einwerfen, wie es eigentlich derzeit um die Sanktion von absichtlichem Handspiel bestellt ist. Danach muss ich dann einwerfen, wie es eigentlich im Jahre 2001 um die Sanktion von absichtlichem Handspiel bestellt war. Ich bin mir nicht sicher, ob sich seitdem etwas geändert hat, meine Tendenz geht aber eher in Richtung Nein.

Jedenfalls hat der Indirekte-Freistoss irgendwo eine ellenlange Diskussion darüber, was Dr. Markus „Trink doch mal nen Schnaps“ Merk im legendären Spiel Hamburger SV — Bayern München 1:1 (0:0) eigentlich hätte pfeifen müssen oder sollen oder lassen sollen.

Nur 10 Spieltage zuvor ereignete sich ein Vorfall, bei dem es aber keinen Zweifel geben kann, dass Dr. Markus „Trink doch mal einen Schnaps“ Merk hier vollkommen falsch entschieden hat. Dass das Resultat seiner Fehlentscheidung dann doch dazu führte, dass das, was er eigentlich hätte entscheiden müssen, eingetreten ist, nämlich ein Platzverweis, spielt dafür keine Rolle.

Oliver Kahn spielt den Ball mit der Hand. So weit nichts Neues, das tut er eigentlich immer, wenn er „musse alleine de spil gewinne“, also quasi immer, wenn er aufs Feld tritt.

In diesem Fall allerdings spielte er den Ball mit Absicht im gegnerischen Strafraum mit der Hand, um genau zu sein sogar mit beiden Händen und um noch genauer zu sein sogar mit beiden zu Fäusten geballten Händen. Gerade so, wie ein Torwart eben einen Ball wegfaustet, wenn er ihn aus dem Strafraum hinaus befördern möchte.

Worauf ich nun hinaus will, ist, dass Dr. Markus „Nun trink doch endlich mal einen Schnaps“ Merk Oliver Kahn nach dieser Aktion die — und hier gefriert unser Weltbild zu Eis und wir wundern uns, warum über Dr. Markus „Ein Ouzo würde schon reichen“ Merk noch nicht das Schwert gebrochen wurde und er fortan nur noch Kirchenligaspiele pfeifen darf — dass besagter Dr. Markus „Trink schon, er tut nicht weh“ Merk nach dieser Aktion doch tatsächlich das Gegenteil von Chuzpe besitzt und Oliver Kahn lediglich eine G-e-l-b-e Karte zeigt.

Eine Gelbe Karte für ein absichtliches Handspiel mit beiden Fäusten im gegnerischen Strafraum, mittels welchem der Täter den Ball ins Tor boxt.

Geht’s noch?

Dieser Mann war oder ist jahrelang FIFA-Schiedsrichter des Jahres gewesen und er hat nicht die, Entschuldigung, Eier, Oliver Kahn eine glatte Rote Karte zu zeigen für eine Aktion, die nicht mehr Rot, sondern Dunkellila ist? Ich komme nicht umhin, es mit Dragan Trkulja zu sagen: „Skandal!“

Die Spieldaten gibt es bei Fußballdaten.de, das Video zur Szene gibt es bei youtube mit lustigen Kommentatoren.

24 Kommentare

  1. moritz moritz

    und der kicker sagt:

    Schiedsrichter: Merk, Dr. (Otterbach), Note 3,5 – Zumeist überzeugender Leiter eines verbissen geführten Spiels; einziger Makel: Er verweigerte dem FC Bayern einen Foulstrafstoß (68., Pieckenhagen an Effenberg).

  2. SLogan SLogan

    Der Pannen-Olli…

  3. ric ric

    Joaa….ich liebe es… Oliver Kahn hat sich die Behandlung verdient, Trainer Baade.

  4. liborix liborix

    Entgegen einer weit verbreiteten Legende war es nicht Dragan Trkulja, sondern Janusz Góra, der in die Kamera „Skandal“ brüllte. (Habe nur gerade keinen Beweis dafür, aber es stimmt. Echt.)

  5. Meiner Meinung nach:
    Absichtliches Handspiel -> Gelb
    Absichtliches Handspiel und verhindern einer Torchance -> Rot

    Einer Torchance hat Olli ja höchstens sich selbst beraubt. Vielleicht wäre er ja auch mit der Mütze rangekommen.

  6. liborix liborix

    Muss dem Vorredner zustimmen. Den Ball mit der Hand ins gegnerische Tor schlagen ist nicht mit dem Platzverweis sanktioniert, sondern nur mit einer Verwarnung. Gelb war richtig. Auch ein normaler Feldspieler hätte in derselben Situation keine Rote Karte bekommen – und indem Kollege Kahn seinen eigenen Strafraum verließ, war er ja nicht anders zu behandeln als Otto Normalfeldspieler.

  7. liborix liborix

    Wirklich wirklich dreist ist allerdings, wie – auf dem Video gut zu sehen – zwei Bayern-Spieler, ich glaube, es sind Kuffour und Jancker, den Schiedsrichter motzen und sich über die (zweite) Gelbe Karte beschweren. DAS hätte mal mindestens eine Gelbe Karte verdient.

  8. Kahn muss man im Zweifelsfall IMMER Rot zeigen, weil er bestimmt noch 12 bis 15 Feldverweise gut hat…

  9. Wie du schon oben schriebst: Du gehörst zu den weniger großen Experten ;)

    Laut den Fußball-Regeln vom DFB ist mit der Roten Karte zu bestrafen, wer „ein Tor oder eine offensichtliche Torchance der gegnerischen Mannschaft durch absichtliches Handspiel verhindert oder zu nichte macht (dies gilt nicht für den Torwart in seinem Strafraum)“.

    Also alles richtig gemacht Markus „zur Not trinke ich auch das After Shave“ Merk.

  10. Ja. Dann frage ich mich aber, warum Oliver Neuville damals für sein Handspiel gegen Kaiserslautern, mit dem er ein Tor erzielte (und nichts anderes wollte Oliver Kahn hier tun) nachträglich für zwei Spiele gesperrt wurde. Eine Torchance verhindert hat Oliver Neuville mit seinem Handspiel jedenfalls nicht.

    Und wenn ein solches Handspiel nur eine Gelbe Karte wert ist, verstehe ich die Sperre von Neuville erst recht nicht. „Krass sportwidriges Verhalten“ war damals die Begründung für das Urteil. Wenn ein Handspiel, mit dem man ein Tor erzielen, aber keine Torchance verhindern will, eine Gelbe Karte wert ist, dann war das richtig, was Merk gemacht hat.

    Wenn es aber eine Sperre von zwei Spielen wert ist, war es falsch oder aber im Sinne der Regeln, dann aber war die Sperre von zwei Spielen für Neuville falsch bzw. dann hat sie bei Kahn gefehlt.

    Klar, der Unterschied ist, dass bei Neuville der Schiedsrichter das Vergehen nicht gesehen und deshalb auch nicht geahndet, bei Kahn aber gesehen und geahndet hat. Warum aber wird jemand dann, wie Neuville, dafür extra bestraft, dass der Schiedsrichter das Vergehen nicht gesehen hat, Kahn aber kommt bei gleichem Vergehen mit einer Gelben Karte davon?

    Bekommt man jetzt als Spieler schon Zusatzstrafen dafür, dass man foult, der Schiedsrichter das aber nicht sieht?

  11. liborix liborix

    Also erstens kann sich die Rechtsprechungspraxis zwischen 2001 und 2006 ja auch ändern. Bis vor einigen Jahren gab es ja noch überhaupt keinen Fernsehbeweis, jetzt gibt es ihn. 2001 hätte man Neuville vielleicht noch nicht gesperrt, 2006 dann sehr wohl.

    Ist doch ein relativ normaler Vorgang, dass im Laufe der Zeit bestimmte Dinge anders bewertet und dann eben auch anders bestraft werden (mal abgesehen davon, dass ja auch das Regelwerk selbst sich hin und wieder ändert).

    Aber selbst wenn dem nicht so wäre, könnte die Argumentation immer noch lauten: Das Verhalten von Neuville war krass sportwidrig, weil Neuville nicht von sich aus zu erkennen gegeben hat, dass er ein Tor irregulär erzielt hat. Neuville wäre demnach nachträglich dafür gesperrt worden, dass er in der Situation ein Charakterschwein war. Kahn hatte gar keine Gelegenheit, ein Charakterschwein zu sein, weil der Schiedsrichter es ja sowieso gesehen und bereits bestraft hat. Insofern kann man Kahn nicht nachweisen, er sei ein Charakterschwein („krass sportwidrig“), sondern ihm kann man nur einen läppischen Regelverstoß nachweisen, für den er bereits im ordentlichen Verfahren (nämlich auffem Platz) korrekt mit Gelb bestraft worden ist.

    Kurzum: Neuville war ein Charakterschwein, Kahn war einfach nur dumm. Und Dummsein wird eben nicht so hart bestraft wie Charakterschwein sein.

    So KÖNNTE eine m.E. saubere (wenn auch ganz unjuristisch formulierte) Antwort auf Deine Frage lauten – ob jetzt aber der DFB das genauso sieht wie ich, weiß ich natürlich nicht. Vielleicht liegt die Antwort auch einfach nur in der geänderten Rechtsprechung zwischen 2001 und 2006.

    Im Übrigen möchte ich noch ein mal anfügen, dass es wirklich Janusz Góra und nicht Dragan Trkulja war, der „Skandal“ brüllte. (Völlig zu unrecht übrigens, was man dann ja auch irgendwie als „krass sportwidrig“ ansehen könnte.)

  12. Danke.

    Ich würde mich aber auch noch über den Link zur rechtsphilosophischen Diskussion über Merkels Entscheidungen im Spiel HSV-Bayern freuen.

    Ich könnte ihn auch selbst suchen, das ist beim IF aber nicht so einfach, weil es dort keine Suchfunktion gibt.

    Zum Thema „krass sportwidriges Verhalten“ muss man hinzufügen, dass das, was Oliver Kahn gemacht hat in meinen Augen, Ohren und Bananen noch wesentlich krass sportwidriger ist als das, was Oliver Neuville gemacht hat. Es ist doch so offensichtlich, dass Oliver Kahn in jenem Moment sich außerhalb dessen bewegt, was das eigentliche Spiel bedeutet. Er verlässt vollkommen bewusst, absichtlich UND mit böser Absicht die Regeln des Spiels. Oliver Neuville erschleicht sich „nur“ einen Vorteil, den er aber im Rahmen der Regeln akzeptiert haben will. Kahn verlässt diesen Rahmen völlig, er karikiert die Regeln des Spiels geradezu. Er karikiert vor allem, dass man die Regeln des Spiels überhaupt ernst nehmen müsse. Das fänd ich gelungen und lustig bei einem Hobbyligaspiel, vielleicht auch noch in der Kreisliga C, ansonsten finde ich es nicht „lustig“, sondern „krass sportwidrig“.

    Es gibt gar keinen Zweifel daran, dass Kahns Verhalten krass sportwidrig ist. Es ist nicht nur krass sportwidrig, es ist sogar sehr krass sportwidrig. Oliver Neuville handelt wie erwähnt im Rahmen des Spiels, er erschleicht sich einen Vorteil. Oliver Kahn setzt sich über alle Regeln hinweg und begeht ganz bewusst eine Verarschung all jener, die die Regeln beachten. Krass sportwidriger geht’s kaum.

    Dessen unbeachtet muss man auch die theoretische Möglichkeit hinzufügen, dass Hansa Rostock den Ball hätte abfangen können und einen erfolgreichen Konter einleiten können. Ja, das ist das Problem der meisten Mit-Kommentierer, die sich zu diesen Themen äußern. Sie durchdenken die Dinge nicht bis zum Ende. Aus der Situation, die Kahn mit seinem absichtlichen Handspiel zunichte gemacht hat, hätte alles Mögliche entstehen können, ein Tor für Bayern, aber auch ein Tor für Rostock, aber natürlich auch eine völlig belanglose Situation, in der Hansa Rostock den Ball einfach ins Aus klärt. Was die meisten aber nicht verstehen ist, dass es keine „belanglosen“ Situationen im Fußball gibt.

    Aus jedem Einwurf kann eine spielentscheidende Situation entstehen. Aus jeder noch so scheinbar unbedeutenden Situation heraus kann sich schließlich die Meisterschaft entscheiden.

    Insofern, aber nicht nur deshalb, hätte Kahn hier glatt Rot sehen müssen.

    Hauptargument bleibt, dass er krass sportwidrig handelt.

  13. das.ben das.ben

    Ganz ehrlich: Ich glaube die Aktion war wirklich nicht sein Ziel, ihm ist es in der doch recht speziellen Situation schlicht und einfach ueberkommen. Boesartige Absicht wuerde ich Kahn fuer so was Bloedes nun wirklich nicht unterstellen wollen.

  14. liborix liborix

    Verstehe ich nicht. Wieso ist das eine Handspiel als „sich einen Vorteil erschleichen“ und das andere ein „verlassen des Rahmens“? Handspiel ist Handspiel.
    Im Gegenteil, man könnte sogar umgekehrt argumentieren: So offensichtlich Hand zu spielen wie Kahn, ist nicht so krass sportwidrig, wie wenn man es möglichst unscheinbar tut. Bei Kahn kann man ja sogar noch vermuten, dass er einen psychischen Totalaussetzer hatte – bei Neuville, der dann sogar noch sein eigenes irreguläres Tor bejubelt hat, kann man das nicht. Spätestens hinterher hätte er zum Schiedsrichter gehen und sich erklären können.

    Im übrigen ist der Begriff vom „krass sportwidrigen Verhalten“ ja ohnehin ein Gummiparagraph. Das ist so wie die „übertriebene Härte“ beim Eishockey. Man sucht irgendeinen Paragraphen, damit man jemanden bestrafen kann, nur weil man ihn – aus einem etwas diffusen (wenn auch durchaus nachvollziehbaren!) Gerechtigkeitsgefühl heraus – unbedingt bestrafen will.

    Ein Schiedsrichter wird selten „krass sportwidriges Verhalten“ in den Spielbericht schreiben, er wird vielmehr „Tätlichkeit“, „Treten“, „Spucken“, „Beleidigung“ oder sonst etwas hinschreiben – ansonsten kommt er auch spätestens vor dem Sportgericht in ziemliche Erklärungsnöte.

    Olli Kahn ist für sein Vergehen „absichtliches Handspiel“ korrekt mit Gelb bestraft worden. Da ist für den Sportgericht nichts mehr weiter zu tun. Oliver Neuville hat dasselbe gemacht, aber danach auch noch gejubelt, und der Schiedsrichter hat es nicht gesehen. Wenn hier das Sportgericht tätig werden will, muss es eben einen Gummiparagraphen aus der Tasche ziehen. Denn wegen absichtlichen Handspiels konnte man ihn ja nicht mehr bestrafen, weil hier die Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (ob das sinnvoll ist, sei dahingestellt, aber es ist eben so).

    Je seltener man auf so einen Gummiparagraphen zurückgreifen muss, umso sauberer ist das Rechtssystem. Das ist ja im staatlichen Recht ja auch nicht anders. So etwas wie „Verstoß gegen die guten Sitten“ stellt man auch immer erst dann fest, wenn man keinen konkreteren Paragraphen findet, den man anwenden kann. Solche diffusen Vorschriften sind eben nichts weiter als ein Notbehelf, um bestimmte Taten ahnden zu können, an die der Gesetzgeber nicht gedacht hat, die aber sehr wohl dem „Geist des Gesetzes“ widersprechen.

    Nochmal:
    Kahn = absichtliches Handspiel = Gelb; völlig korrekt.

    Neuville = absichtliches Handspiel, nicht vom Schiedsrichter gesehen, nicht von Neuville eingestanden = an sich verboten, aber offensichtlich unmoralisch, also zieht man „krass sportwidriges Verhalten“ aus der Tasche.

    Ich denke, es ist wichtig festzuhalten, dass wir uns hier zunächst einmal in der (Sport-)Juristensprache bewegen und nicht in der Alltagssprache. Da mag Kahn noch „krasser sportwidrig“ gewesen sein, aber das ist für die Juristerei nicht entscheidend. Entscheidend ist: Für Kahn gab es bereits ein Gesetz, das auch korrekt zur Anwendung kam. Für Neuville gab es keines, und deswegen holte man die Konstruktion des „krass sportwidrigen Verhaltens“ hervor. Nicht weil das so ein tolles Gesetz wäre, sondern weil man kein anderes hatte.

  15. Es ist vollkommen irrelevant, welche Beweggründe er für seine Tat hatte. Die Fußballgerichsbarkeit kümmert sich nicht, wie die echte Gerichtsbarkeit, darum, warum etwas passiert ist.

    Wenn es ihn „überkommen“ hat, ist das sein Problem, jedenfalls im Rahmen des Fußballs bzw. seiner Regeln.

    Was an der Situation „besonders“ gewesen sein soll, würde ich dann auch gerne noch wissen. Er droht ein Spiel zu verlieren, nun gut, das ist vielleicht für ihn selbst besonders, kommt aber grundsätzlich vor, wenn man auf den Platz tritt. Da steht es bei jedem Spiel zu Beginn 0:0 und man sollte als Mensch immer damit rechnen, dass der Gegner ein Tor mehr schießen könnte als man selbst.

    „Die Aktion war wirklich nicht sein Ziel“… nee, sein Ziel war sie nicht, aber es war seine Aktion.

  16. liborix liborix

    Auweh, was mache ich viele Tippfehler…

  17. liborix liborix

    Verdammt. Es sollte heißen:

    Neuville = absichtliches Handspiel, nicht vom Schiedsrichter gesehen, nicht von Neuville eingestanden = an sich NICHT verboten, aber offensichtlich unmoralisch, also zieht man „krass sportwidriges Verhalten“ aus der Tasche.

  18. liborix liborix

    Ehrlich, Trainer, diese Passage von Dir verstehe ich überhaupt nicht:

    „Oliver Neuville handelt wie erwähnt im Rahmen des Spiels, er erschleicht sich einen Vorteil. Oliver Kahn setzt sich über alle Regeln hinweg und begeht ganz bewusst eine Verarschung all jener, die die Regeln beachten. Krass sportwidriger geht’s kaum.“

    Wirklich. Verstehe ich nicht. Der eine begeht ein absichtliches Handspiel und erzielt damit ein Tor, der andere auch. Wieso ist das eine „im Rahmen des Spiels“ und das andere eine „Verarschung alle jener, die die Regeln beachten“?

    Würdest Du auch sagen: Wenn jemand offensichtlich foult, ist das eine Verarschung all jener, die sich für Fair Play einsetzen, aber wenn jemand hinterrücks oder fernab des Schiedsrichters foult, dann „erschleicht er sich eben im Rahmen des Spiels einen Vorteil“? Letztlich läuft doch der Vergleich Neuville-Kahn darauf hinaus, oder? Neuville hat getrickst, das findest Du im Rahmen des Spiels vielleicht nicht okay, aber zumindest gehört’s halt zum Fußball dazu – Kahn aber hat offensichtlich Hand gespielt und ist deswegen ein Verräter des Fußballs? – Sorry, der Logik kann ich nicht folgen.

    Und wenn Du Dich darauf berufst, dass es keine belanglosen Situationen im Fußball gibt, dann müsstest Du ja jedesmal, wenn irgendwer irgendwen am Trikot zieht, sofort „krass sportwidriges Verhalten“ rufen und die Rote Karte, weil man ja nicht weiß, was alles hätte passieren können, wenn…

    Ich glaube wirklich, Du hast die Argumentation des „krass sportwidrigen Verhaltens“ nicht verstanden. „Krass sportwidriges Verhalten“ ist nicht „ein ganz ganz schlimmes Vergehen“, sondern „krass sportwidriges Verhalten“ ist eine pure Not-Argumentation, auf die ein Sportgericht zurückgreifen kann, wenn es keinen konkreten Paragraphen findet, den es anwenden kann. Ein Spieler, der einem anderen die Knieschreibe kaputt-tritt, wird niemals wegen „krass. sp. V.“ verurteilt, sondern einzig und allein wegen einer Tätlichkeit (Treten). Nach Deinem moralischen Urteil mag so etwas „krass sportwidrig“ sein, aber das ist für die Rechtsprechung total irrelevant.

    Für absichtliches Handspiel sehen die Regeln Gelb vor, ganz egal, was hätte passieren können, wenn… (Einzige Ausnahme ist, wenn damit eine vom Schiedsrichter als eindeutig erkannte Torchance DES GEGNERS vereitelt wird, also eine „Notbremse der Hand“). Der Schiedsrichter und auch das Sportgericht haben nicht zu beurteilen, wie moralisch entrüstet die Zuschauer darüber sind und auch nicht, was in der 91. Minute noch alles hätte passieren können. Und da man schon die Regel hat, die für Handspiel Gelb vorsieht, braucht man keine diffusen Rechtskonstruktionen à la „krass sp. V.“ aus der Schublade zu zaubern. Für Kahns Vergehen gibt es eine Regel, und die besagt „Gelb“. Punkt. Ende.

    Für Neuvilles Vergehen gibt es auch eine Regel, aber der Schiedsrichter hat es nicht gesehen. Erst jetzt muss man sich – sozusagen um der Ethik willen – einen Gummiparagraphen heraussuchen, um Neuville doch noch bestrafen zu können.

    Nochmal: „Krass sp. V.“ ist nicht die Krone der Rechtsprechung, sondern eine reine Not-Konstruktion, wenn man nichts anderes findet.

    Spannende Debatte übrigens, aber ich muss jetzt weg.

    Und immer noch war es nicht Dragan Trkulja, sondern Janusz Góra! :-)

  19. sternburg sternburg

    Oliver Kahn: absichtliches Handspiel im gegnerischen Strafraum = gelb. Einen gesondert bestraften besonders dämlichen Fall gibt es bei diesem Vergehen nicht, also bleibt es bei gelb. Sofort korrekt vollstreckt, kein Diskussionsbedarf.

    Oliver Neuville: absichtliches Handspiel im gegnerischen Strafraum = gelb. Einen gesondert bestraften mildernden Umstand ‚gegen Lautern‘ gibt es bei diesem Vergehen nicht, also bleibt es bei gelb. Vom Schiedsrichter sofort als nicht vorliegend unbestraft gelassen. Jedoch wird bei bloß gelbwürdigen Vergehen auf die nachträgliche Bewertung mittels Fernseh-, Zeugen- oder sonstigem Beweis i.a.R. verzichtet. Ob es sich um eine sperrende sog. Tatsachenentscheidung handelte, kann insofern sogar offenbleiben, jedenfalls kein Diskussionsbedarf.

    Problem aber: plötzlich auftretende Kampagnen aus dem publizistsichen Bodensatz, die den Traditionsverein betrogen sehen. Furchtbar und unerwartet. es muss also etwas geschen, um das Charakterschwein Neuville zu bestrafen. Da das Handspiel nicht bestraft werden kann, wird der Umstand, daß sich der feine Herr nicht sofort dem Schiedsrichter offenbarte (und wohl sogar auf Nachfrage leugnete(?)), als „krass sportwidriges Verhalten“ gewertet.
    Daraufhin rannten bis in unsere Tage alle Fussballprofis, die in Ausübung ihres Berufes der Erdanziehung, ihren Aggressionen oder einfach nur ihren ungelenken Bewegungen erlagen, aber deren Vergehen trotzdem vom Schiedrichter übersehen wurden, selbstverständlich sofort zum Schiedsrichter, um ihn über seine diesbezügliche Fehlvorstellung aufzuklären. Dass muss auch sein. Denn andernfalls würden sie ja auch alle für zwei Spiele gesperrt. Unaufrichtige Sünder gibt es somit seitdem nicht mehr im Profifussball.

    Ihr seht, ihr könt durchaus beide recht haben.

  20. Da mir hier keiner antwortet, antworte ich mir selber: Gegen Dida wird auf der Basis von Artikel 5, Absatz 1 der Disziplinarordnung der UEFA ermittelt. Da stehen solch grobkörnige Sachen wie Loyalität, Integrität und Sportlichkeit. Wer die nicht aufbietet, kann theoretisch bestraft werden. Quelle BBC (http://news.bbc.co.uk/sport2/hi/football/europe/7034017.stm)

  21. Linksaussen Linksaussen

    der blatter-paragraph, sozusagen.

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