Neuerdings scheint es in Mode zu sein, die noch zu spielenden Minuten mit folgender Formulierung zu beschreiben:
„Noch 20 Minuten zu gehen.“
Da sträubt sich das Nackenhaar zurecht, denn die einzige Situation, bei der eine solche Formulierung angebracht wäre, wäre ein Wettbewerb im Gehen. Auch Herr Wieland benutzt diese Formulierung („Noch drei Spieltage zu gehen“), bei ihm nehme ich aber in dubio pro reo an, dass er nur deshalb die Anführungszeichen als Kennzeichen der Ironie nicht setzt, weil er davon ausgeht, dass seine Leser diese Ironie begreifen. Beim Kommentator des gestrigen Zweitligaspiels Jena Duisburg bin ich mir da nicht so sicher, und auch an anderen Stellen sehen, hören und lesen wir diese falsche Formulierung.
Nein, liebe Leute, es sind keine Minuten mehr „zu gehen“. Es sind noch Minuten zu spielen.
Oh, wie doof. Den Beitrag habe ich zu spät gelesen.
Unglaublich aber wahr, nachdem ich meine Vor- und Nachbeiträge zu den Schalkespielen bislang immer wie von Dir beschrieben schloss, schrieb ich heute tatsächlich erstmals „noch drei Spiele zu spielen“!
Eigentlich nur, weil ich nach der Niederlage was ändern wollte; albern, ich weiss, Fußballfan eben …
Hätte ich Deinen Beitrag vorher gelesen wäre ich natürlich bei der alten Form geblieben!
Der Grund ist übrigens die Nachbarschaft des Satzes zur Magischen Zahl. Das ist nunmal amerikanischer Mumpitz, dazu passt das „to go“ besser. Ausserdem halte ich das Bild des langen Wegs zur Meisterschaft, der gegangen werden will, in diesem Fall für ansprechend. Aber ich will nun nicht übertreiben …
Du darfst mich also ruhig verurteilen ;-)
Gut beobachtet! Ein neuer dieser widerlichen Anglizismen. Zwanzig Minuten zu spielen („twenty minutes to go“) reiht sich ein in eine lange Liste, etwa neben die „Bush-Administration“ (genau übersetzt hieße das: Bushs Verwaltung) oder „realisieren“ (heißt im deutschen verwirklichen, doch in der Nichtübersetzung bedeutet es wahrnehmen).
Dummdeutsch.
Was soll man da noch sagen? Einen „Coffee to go“ bitte.
Gelebte Sprache wird immer Begriffe aus anderen Sprachen aufzunehmen verstehen. Das ist es, was sie lebendig hält und es ist eine Stärke, keine Schwäche. Aber meinetwegen darf natürlich jeder in Nietenhose vor dem Rechner sitzen, Profildateien löschen, Netzbriefe schreiben und doof finden, was er will.
Profildateien löschen?
Ja, Herr Wieland, es war klar, dass Sie nun das Argument der „lebendigen Sprache“, die auch aus anderen Sprachen zu importieren fähig ist, bemühen würden. Eigentlich war es nicht klar, weil ich annahm, dass Sie sich dieses billigen Argumentes nicht bemühen würden. Aber dass irgendjemand dieses Argument bringen würde, war klar, sofern es klar ist, dass auf diesem popeligen Blog überhaupt eine ausreichend große Anzahl Leute kommentiert, die die für das Auftreten eben jenes Argumentes nötige Anzahl überschreitet.
Lieber Herr Wieland, Ihr Argument ist ein Non-Argument. Und weil ich Sprachfeilschereien mit Leuten, die nicht gerne um Sprache feilschen, wenig unterhaltsam finde, lege ich den Rest der Ausführungen ins Hirn des Lesers, wo er sich die nun eigentlich folgende, an diesen Stellen immer auftretende Argumentationskette selbst denken kann. Bitte.
In der Tat, Herr Wieland hat das falsch verstanden. Was er verteidigt, sind englische Fremdwörter – also sowas wie Computer, Newsletter oder auch Fairplay. Dagegen ist erstmal nichts einzuwenden. Ich jedoch rede von Scheinübersetzungen. Weitere Beispiele:
Ich erinnere das nicht.
Fortuna Düsseldorf ist schwer zu spielen.
Stimmt, eigentlich ist das langweilig.
Profildateien ist übrigens die Alternative des VDS zu cookies, von wegen der sich sträubenden Nackenhaare …
Ich finde es gut, dass der Trainer hier ein bischen Sprachhygiene betreibt. Es muss einfach gesagt werden, bevor es niemandem mehr auffält. „Das macht Sinn“
Das nicht reflexive Erinnern tut mir jedesmal in den Ohren weh, man hört es inzwischen so oft, bitter!
Dass die Fortuna schwer zu spielen ist, wäre ja ein korrekter Satz, wenn es um ein Theaterstück ginge, aber gemeint ist es ja eher anders… ;-)
Ach so, wenigstens wurde das ‚20 Minuten zu gehen‘ eingedeutscht und nicht ein ‚20 Minuten links‘.
@ Oliver Fritsche
Ja, ich habe Deinen/Ihren Beitrag wohl in den falschen Hals bekommen.
Dennoch sehen ich in der von mir genutzten und von Trainer zitierten Formulierung keine Scheinübersetzung. „to go“ bedeutet „gehen, (fort)führen“, das passt und ist somit nicht nicht mit „realisieren“ und „to realize“ zu vergleichen.
Wenn ich den Weg / die Distanz zum Titelgenwinn mit noch X Spiele beschreibe (s.o.), was um alles in der Welt soll mich dann auf „spielen“ festlegen? Gerade die in Deinem/Ihrem zweiten Beitrag erwähnte Fortuna aus der Nachbarstadt mag die verbleibenden Saisonspiele eher zu kämpfen als zu spielen!? Ginge „noch X Spiele zu kämpfen“? Ginge „noch X Spiele hinter sich zu bringen“? „Noch X Spiele zu gewinnen“ sollte wohl gehen, oder?
Es muß heißen: Es ist schwer, g e g e n Fortuna Düsseldorf zu spielen. Und: Ich kann m i c h nicht daran erinnern.
Herr Wieland, wenn Sie die Spiele bis zum Ende der Saison als eine noch zurückzulegende Wegstrecke betrachten, ist die Formulierung „noch x Spiele zu gehen“ nicht falsch. Sie ist aber dennoch ungebräuchlich im Zusammenhang mit der Anzahl der noch zu spielenden Partien.
Dass ich Sie hier erwähnt habe, sollte aber nicht den Eindruck erwecken, als seien Sie der einzige, der diesen (normalerweise als solchen zu betrachtenden) Fehler begeht, bzw. dass ich gerade Sie als Hauptnutzer/-verursacher dieses sprachlichen Murkses betrachte.
Hauptsächlich ging es mir um die Formulierung während eines laufenden Fußballspiels: „noch 20 Minuten zu gehen“. Und da kann man jetzt mit ein paar hanebüchenen Herleitungen oder wahlweise mit viel Humor Situationen konstruieren, in denen „noch 20 Minuten zu gehen“ auch bei einem Fußballspiel zutreffend wären.
In aller Regel ist diese Formulierung aber nicht so gemeint, wie jene Konstruktionen es dann vorschlügen. In einem Fußballspiel sind eben noch 20 Minuten zu spielen und nicht zu gehen.
Ich heiße Torsten: Prost!
Was muss ich da auf der Bloggerei lesen: „Der Baade ist rund, und ein Spiel geht 90 min.“
hihi!
Das entscheidende Problem des „20 Minuten zu gehen“ ist doch, dass „gehen“ im Deutschen nichts anderes bedeutet als eben „gehen“.
Im Englischen heißt „go“ aber eben auch ein vielfaches mehr, es ist u.a. eine Futur-Form. Nur ein Beispiel: „It’s your go“ wird ja auch (noch…?) nicht mit „Es ist Dein Gehen“ übersetzt, sondern mit „Du bist dran“.
Also: Kampf den „Geher“-Reportern!