„Guck nur auf den Ball“, so lautet eigentlich die Anweisung, die man Verteidigern mitgibt, die Gefahr laufen, von einem wild übersteigernden und sonst rumhapelnden Angreifer umdribbelt zu werden. Guck allein auf den Ball, nur der ist wichtig, nicht welche Bewegung die Beine des Gegenübers antäuschen, sondern wohin sich der Ball bewegt. Half sogar, bei einem bis dahin ausgesprochen leicht auszuspielenden Verteidiger dessen Zweikampfquote innerhalb von Sekunden durchs Geben dieser Anweisung enorm zu verbessern.
Für Angreifer kann das natürlich nicht funktionieren. Er besitzt den Ball ja, der Verteidiger hat nur Füße (und Beine) auf dem Platz stehen. Doch auch hier liegt die einfache Lösung eines bislang als Rätsel geltenden Phänomens darin, etwas beim Gegenüber genau zu betrachten. Da er keinen Ball besitzt, sind es im Falle des Angreifers die Füße des Verteidigers.
Der eine oder andere erinnert sich an den im Titel zu 2B2F verkürzten „Big Bombastic Frantic Freezer“ von Marco Reus, der es ihm ermöglicht, mühelos durch seine Gegner zu dribbeln, so als wären diese am Boden angefroren. Oder als stünde für sie einen Moment die Zeit still, in dem sie sich nicht bewegen können, für Marco Reus aber nicht, der schnell hindurchhuscht.
Des Rätsels Lösung ist tatsächlich so banal wie die Einleitung vermuten lässt. Gleichzeitig ist es aber faszinierend, wie simpel der Weg zum Erfolg sein kann. Die NZZ berichtet von Lucien Favres konkreter Arbeit bei Borussia Mönchengladbach:
Favre hat ihnen Details beigebracht, an die sie früher nie gedacht hatten. Reus etwa hat gelernt, auf die Füsse seiner Gegner zu schauen, die er umdribbeln will: An der Fussstellung erkennt er, welche Seite er wählen soll, um an ihnen vorbeizulaufen. Und Reus sagt überrascht: „Es funktioniert.“
Wenn man das ein paar Milimeter weiter denkt, bedeutet das, dass Lucien Favre seinen Spielern tatsächlich etwas über das Fußballspielen beibringt. Das ist natürlich ein Hammer, insbesondere in Deutschland, wo man Niederlagen immer noch damit erklärt, „zu wenig gewollt“ zu haben. Man kann noch so viel wollen, wenn der Gegner Wissen besitzt, über das man selbst nicht verfügt.
Und wie dieser Artikel der NZZ spekuliert, könnte Favre durchaus ein Mann für Real Madrid sein, wo ja eigentlich nach Selbstwahrnehmung Peter Neururer hingehört. Der sich allerdings wohl eher mit Themen der Motivation („Vollfrisöre“) als mit Fußstellung beschäftigt. Dabei sind es offensichtlich diese obigen Details, die in ihrer Summe den Unterschied ausmachen zwischen einem Abstiegs- und einem Meisterschaftskandidaten.
Ich möchte die Leserschaft (und besonders sternburg^^) mal wieder mit der 100%-Statistik langweilen: alle Mannschaften, die am 1. Spieltag mit 1:0 beim FC Bayern gewonnen haben, wurden am Ende dieser Saison auch Meister.
Und was die Füße angeht: gleiches gilt ja auch für den Torwart beim 11er: die Fußstellung des Schützen verrät, wohin der Ball geht.
Wenn man mal drauf achtet, fällt auch auf, dass er es tatsächlich tut.
Zweites großes Geheimnis: Dante steht dank Favre auf seinen Fußballen in der Abwehr, um schneller antreten zu können. Es ist doch alles so einfach.
Netter Beitrag! Mal wieder „nur“ Details, die es zu verbessern gibt^^.
Ich bilde mir seit dem ich das gelesen habe ein, zu sehen wo M.R. hinguckt, während er dribbelt. Die Situationen ähneln sich: „ausgeguckt“ und „vorbei“ (Bremen, Schalke)
Und der Erfolg gibt ja zurzeit Recht.
Verdammt, wenn es so einfach ist, warum machen/sagen das nicht alle Trainer?!? ;-)
[…] sowieso die ganze Welt kennt. Ich aber bis heute nicht. Mir fiel nur im Kontext der Hymnen auf die Reussche-Fummelei und dem Betrachten dieses menschlichen Roboters ein, dass austanzen ein ganz zauberhaftes Wort der […]